Chaos Blast Meating: ENTRAILS und FLESHCRAWL - München
29.03.2014 | 13:2422.02.2014, Feierwerk
Das Boss-HM2-Inferno im Februar!
"Irgendwie bruzzelt's!" "Ja, genau klingt auch ein bisschen nach ner Kettensäge." "Oder ist es nicht doch eine Kreissäge?" Ein typischer Dialog, der am 22.2. in jeder Ecke des Münchener Feierwerks so oder in ähnlicher Art und Weise stattgefunden haben könnte. Richtig, heute dreht sich alles um den Buzzsaw-Guitartone, den Sound, der durch die alten Helden Schwedens bekannt, berühmt und berüchtigt geworden ist. Doch was ist eigentlich nötig, um so zu klingen wie alte ENTOMBED, DISMEMBER, CARNAGE und Konsorten? Nicht viel mehr außer der kleinen, schwarz-orangen Zauberkiste, die heute Abend wohl (fast) jede Band mit im Gepäck hat. Ein Boss HM-2 (natürlich made in Japan) vor dem Amp und es bruzzelt so wie auf der "Left Hand Path"!
Wohlgemerkt, der Schwedentod ist seit einiger Zeit wieder total in und reihenweise junge Bands springen auf den Zug von BLOODBATH, GRAVEYARD & Co. auf. Ich glaub ja immer noch, dass das diese Trendwende mit dem Re-Release der alten NIHILIST-Demos einsetzte, aber dies weiter zu verfolgen würde sicherlich zu weit gehen. Um auf den Punkt zu kommen, die Jungs von Chaos Blast haben sich für ihr diesjähriges Meeting etwas ganz Besonderes einfallen lassen und gleich ein ganzes Bündel der Elchtodfraktion in den muffigen Hallen des Hansa 39-Komplexes auflaufen lassen. Ein herzliches Dankeschön geht an dieser Stelle schon mal vorweg an die Veranstalter, die über Jahre hindurch den Münchner Untergrund (und vor allem der Grindsubkultur) ein geniales Konzert nach dem anderen bescheren und dabei ein nicht unerhebliches Risiko tragen. Jedenfalls heuerten die Jungs für heute LIFELESS, REVEL IN FLESH, DESERTED FEAR, FLESHCRAWL und ENTRAILS an. Ein Package, das knapp 400 Gäste wie magisch anzog. Nebenbei bemerkt stammen außer FLESHCRAWL alle Bands aus dem Dunstkreis von FDA Rekotz (ENTRAILS wechselte mit dem Release von "Raging Death" von FDA Rekotz zu Metalblade). Das Label entwicklet sich zum echten Geheimtipp für guten, alten Old-School-Death.
LIFELESS macht den Anfang. Wie es sich für ein Underground-Event gehört, hat die Vorband gleich vorweg einen ziemlich fetten Sound, der zwar im Vergleich mit den kommenden Bands nur minimal leiser ist. Vor allem der Drumsound ist phänomenal gut. Die Bassdrum wummert messerschaft vor sich hin und durchschneidet die angedickten Boss HM-2-Gitarrenwände. Spielfreudig knallen sie dem Publikum als Opener den Titeltrack ihres 2013er Outputs "Godconstruct" vor den Schädel. Danach folgt 'Towards Domination', bevor der Vierer mit 'Seed Of Hatred' ein Abstecher in die "Beyond The Threshold Of Death" unternimmt. Das ist übrigens ihr Debüt aus dem Jahre 2002. 'Moribund', ein Anspieltipp nebenbei bemerkt, folgt natürlich auch noch. Der Auftritt ist richtig gut, doch der Schluss soll absolut fesselnd werden, denn 'The Truth Conceild', eine absoluter Groovegarant, mündet in das Outro von 'Left Hand Path', dem wohl magischsten Part der schwedischen Musikgeschichte. Die sieben oder acht Töne dieses musikalischen Unikats ziehen ganz München in ihren Bann und ein wahres Headbanger-Beben erschüttert den inzwischen ziemlich versifften, klebrigen und in Bierlachen schwimmenden Fußboden des kleinen Clubs. LIFELESS aus Dortmund legen die Messlatte ziemlich hoch!
REVEL IN FLESH kann da leider nicht mithalten. Vielleicht bin ich einfach noch zu geflasht von der 'Left Hand Path'-Interpretation, die live von LIFELESS irgendwie authentischer wirkt als ENTOMBED sie präsentiert. Aber nein, an den Sound der ersten Band kommt REVEL IN FLESH nicht heran. Dem Drumset fehlt es irgendwie an Druck. Auch schießen die Gitarren nicht ganz so roh und fett aus den Boxen. Von den Engl- und Marshall-Stacks der beiden Gitarristen hab ich mir etwas mehr erhofft. Die Bandhymne 'Revel In Flesh' matscht sogar so arg, dass es selbst mir nicht mehr gefällt. Trotzdem entern die Jungs aus Schwäbisch Gmünd ziemlich dynamisch und vom Adrenalin gepuscht die Bühne. Musikalisch muss sich die junge Band ja auch nicht verstecken. Der 2013er Release "Manifested Darkness" ist noch brandaktuell und kann für meine Begriffe das Debüt "Deathevocation" sogar noch ein klein wenig toppen. Nein, schlechtes Material hat REVEL IN FLESH nicht im Programm. Egal ob 'Rotting In The Void', mit dem genialen Übergang zwischen Klaviergeklimmper vom Band und den stehenden Akkorden, 'Iron Coffin' oder der groovende 'Warmaster', Fans beider Alben kommen voll auf ihre Kosten. Zu guter Letzt gibt es noch ein Benediction-Cover, obwohl 'Subconcious Terror' das Boss HM-2-Soundgewand nicht wirklich passt.
DESEARTED FEAR war für mich wohl die Überraschung des vergangenen Jahres. Zumindest haben die vier Jungs aus dem Osten der Republik das Party San von der Tentstage aus weggeblasen. Was soll man noch groß dazu sagen? In der Halle hat die Combo wesentlich mehr Druck. Nicht zuletzt stechen die Jungs heute auch dadurch heraus, dass sie als einzige der Bands nicht auf die Boss HM-2-Tretmine setzen. Die Show ist absolut energiegeladen und jedes einzelne Bandmitglied trägt seinen Teil dazu bei. Es macht einfach verdammt viel her, wenn jeder Saitenzupfer und Axtfräser in ein Mikro röhrt, denn alleine dadurch entsteht eine absolut mächtige Bühnenpräsenz. Über die Setlist braucht man sowieso nicht viele Worte verlieren, da die Jungs bis jetzt nur einen Release zu verbuchen haben. Dementsprechend folgt ein Best Of von "My Empire". Ich glaube sogar, dass das Album komplett gespielt wird. 'Bury Your Dead', 'Pestilential' und der Titeltrack machen eben nicht nur auf der Langrille ordentlich was her. Eisenberg: Death Metal City!
Kaum zu glauben, aber es sind seit der letzten FLESHCRAWL-Scheibe inzwischen schon wieder sieben Jahre vergangen. Komisch, aber irgendwie scheint es so als hätte FLESHCRAWL seit dem Release von "Structures Of Death" (2007) ihre Setlist nicht mehr geändert. Egal, denn die Songs darauf sind einfach schmissig. Keine Nummer fehlt. Ob nun beim Titeltrack der "Soulskinner", mit dem der Gig ordentlich loslegt, oder bei 'As Blood Rains From The Sky', der zweiten Nummer, FLESHCRAWL ist von Beginn an präsent. FLESHCRAWL heißt heute 100%ige Konzentration und Show. Heute scheint bei der Band einfach alles wie am Schnürchen zu laufen. Der Sound ist hochauflösend und brillant. Ja, er erreicht nahezu CD-Qualität. Jeder einzelne Anschlag der beiden Gitarristen scheint greifbar zu sein. Dazwischen röhrt Svens Stimme, die sich auf ein breites Bassfundament stützt, wie ein Donnerschlag aus der Anlage. Sie ist es, die bei FLESHCRAWL für das kleine Quäntchen "mehr" sorgt, das den schwedisch angehauchten, leicht melodiös-eingängigen Death Metal zu etwas Besonderem macht. Dazu tritt Energiebündel Oli, der mit seinem Stageacting für ordentlich Unterhaltung sorgt. FLESHCRAWL scheint echt Spaß auf der Bühne zu haben und sorgt für selbigen auch beim Publikum, das sich vor Feierlaune kaum noch auf den Beinen halten kann. Hier und da muss sogar der eine oder andere Banger aus dem Moshpit getragen werden. Selbst eine Verwechselung bei den Songansagen ('Into The Fire Of Hell' und 'Damned To Fire' wurden vertauscht) kaschiert Sven mit Humor. Ich schau mir die Show gefesselt von der Seite an und genieße altbekannte Hits wie 'Flesh Bloody Flesh', 'Made Of Flesh' und natürlich 'Structures Of Death'.
Hm, als ich vor einigen Tagen die News bei POWERMETAL.de upgedatet habe, habe ich mir ehrlich gesagt schon meinen Teil gedacht. ENTRAILS lädt zur Autorgrammstunde ins Münchener RAW ein und lässt jede Menge Freibier springen. Ob das wohl gut geht? Zumindest hat es mir die Frage nach Jockes Gleichgewichtsproblemen beantwortet. Auch Jimmy macht beim Soundcheck keine allzu gute Figur. ENTRAILS ist angeschlagen, ja hat sichtbar eine Schlagseite, aber egal, es handelt sich ja schließlich um Death Metal. Mit leichten Soundproblemen, die sich nach ein zwei Songs legen, starten die Schweden durch. Zumindest versuchen sie's. Aber eigentlich ist nur der neue Mann an der zweiten Gitarre dynamisch unterwegs. Der Rest der Band klebt zu Beginn der Show auf der Stelle und zieht ihr Ding einfach nur durch. Schlechter als FLESHCRAWL? Nein, halt einfach nur anders, denn auch der räudige Schwedentod von ENTRAILS reißt die Münchner Kuttenträger die letzten Nieten aus der Jeans. Wie gesagt, spätestens seit 'Eaten By The Dead' sind die Soundprobleme, die den Opener 'The Tomb Awaits' noch vermatschten, vergessen und die Show steigert sich langsam zu einem wahren Old School Fest. Auch kommt nun nach und nach etwas mehr Bewegung ins Spiel und schon bald hat es auch der letzte Begriffen: Schwedentod ist derbe angesagt! Schon der erste Track, der – wem ist es nicht aufgefallen – natürlich eine Variation der 'Left Hand Path'-Linie enthält, offenbart das klar und deutlich. Boss HM-2, viel Hall und drückende Kicks dürfen dementsprechend nicht fehlen. Sie übertünchen sogar Jockes besoffen-verhunzte Versuche, deutsche Ansagen ins Mikro zu grölen. "Todesmusik" ist natürlich auch die Devise bei 'Bloodhammer', meinem Lieblingsstück von der "Raging Death". Der Groove des Refrais lädt zum Tanzen ein und so schwingt auch das gefüllte Feierwerk im Takt die Köpfe. Von der neuen Scheibe, auf der natürlich der Schwerpunkt des Sets liegt, folgen übrigens noch 'In Pieces', 'Carved To The Bone', 'Headless Dawn' und 'Death League'. Das soll aber nicht heißen (obwohl das Debütalbum nur geschnitten wurde), dass Fans der ersten beiden Scheiben nicht auf ihre Kosten kommen. 'Crawling Death' und 'Blood Red' fehlen natürlich auch heute nicht. Bei 'To Live Is To Rot' fällt dann nach dem ultralangsamen Intro sogar auf, dass das Schlagzeug ein bisschen rumpelt. Das gehört zum Elchtod nun einfach einmal dazu. Mit 'The Morgue' schließt das Set und ein gelungener Abend neigt sich dem Ende zu.
- Redakteur:
- Michael Sommer