Coheed & Cambria - Köln

02.05.2006 | 23:57

11.02.2006, Live Music Hall

Nachdem die vierköpfige Ausnahmetruppe bereits im August 2005 auf Mini-Tour war, wollte ich mir nicht die Chance entgehen lassen, COHEED & CAMBRIA erneut in Kölschtown anzuschauen. Dieses Mal gab es allerdings mit JR EWING einen etwas "größeren" Support, und auch die Halle ist gewachsen: Statt des hoffnungslos überfüllten (und dem Breitwandsound der Band nie richtig gewachsenen) Prime Club gastierten die Amis dieses mal in der ungleich geräumigeren Live Music Hall. Ausverkauft war der Gig dann trotzdem fast - ein paar Restkarten erlaubten auch uns die Teilnahme, da einige Fans nach der Absage von THRICE auch nicht kommen wollten. Da sich Sänger und Gitarrist Claudio beim Herumalbern mit seinem Bruder einen Finger gebrochen hatte, musste die Tour schließlich um etwa einen Monat verschoben werden.

JR EWING

Mit dem Songmaterial der Norweger war ich im Vorfeld keinen Meter vertraut, was sich teilweise als nicht so gut herausstellte: Die teils arg kopflastige Mucke der Skandinavier zündet halt nicht immer auf Anhieb. Gerade die neuen Kompositionen von "Maelstrom" sind angenehm vertrackt und können mit vielen Rhythmusspielereien und Stimmungswechseln aufwarten. Dem Kölner Publikum gefällt der Fünfer teilweise sehr gut, teils stehen die Leute aber auch eher gelangweilt in der Gegend rum und warten auf die Offenbarung namens COHEED & CAMBRIA. Kann ich ihnen nicht unbedingt übel nehmen, denn insbesondere der Gesang (so gut oder einzigartig er auf Platte auch sein mag) war wirklich der einzige, massive Kritikpunkt am ansonsten recht unterhaltsamen Gig der Jungs. Das darf livehaftig gerne noch ein bisschen geübt werden! Ansonsten hätte ich mich vielleicht auch mehr auf THRICE gefreut, da ich mit deren Material etwas besser vertraut bin, aber immerhin passen JR EWING rein stilistisch gesehen genauso gut in das Vorprogramm von COHEED & CAMBRIA wie THRICE. Und Vorbands sind letzten Endes beide nur...

COHEED & CAMBRIA

Die Umbaupause zieht sich, wird den Besuchern aber mit Songs von AC/DC (das unvermeidliche 'Highway To Hell' grölt dann fast die gesamte Halle mit), IRON MAIDEN, FATES WARNING und PINK FLOYD versüßt - eine feine Einstimmung auf das, was nun folgen sollte. Begleitet von düsteren Bildern von der Leinwand betreten die Vier die Bühne, es erklingt das Intro 'Keeping The Blade', an welches sich dann gleich der Überhammer 'Welcome Home' anschließt. Leider ist der Gesamtsound etwas zu fett geraten, die Feinheiten der Gitarrenarbeit oder die coole Beckenarbeit an den Drums gehen dadurch etwas unter. Glücklicherweise bessert sich dieser Zustand bis zum Ende des Gigs deutlich - lupenrein und perfekt ausbalanciert ist aber dann doch was anderes. Perfekt war hingegen das Publikum: Da muss man Beschreibungen wie "abfeiern", "abgehen" und "durchdrehen" fast neu definieren. Crowdsurfer (!), fast schon kleine Moshpits (!!) und vereinzeltes Haareschütteln (!!!) so weit das Auge reicht. Und wir reden hier nicht von einem Metal-Konzert, sondern von COHEED & CAMBRIA. Heftig. Kontrastprogramm beim ruhigen 'Wake Up', verträumt liegt man sich in den Armen und genießt die wunderschöne, zerbrechlich-ruhige Seite der Truppe. Nur, um dann bei Hits wie 'In Keeping Secrets Of Silent Earth' wieder komplett auszuticken. Alle großen Gefühle bei nur einem Konzert? Hier schon!
Ansonsten lässt sich der Gig mit "traumhaft" beschreiben. Wahlweise auch "magisch" oder "nicht von dieser Welt". Sieht man mal vom stellenweise etwas matschigen, übersteuerten Sound und den viel zu leisen Backing-Vocals ab, so passt hier einfach alles. Die Einspielungen auf der Leinwand (insbesondere dann, wenn man die tollen Comics zu den Konzeptalben kennt), das zurückhaltende und doch so intensive Stageacting von Basser Todd, das famose Drumming und natürlich die Leistung von Meister Claudio himself. Gesanglich topp (auch wenn er auf der Büne immer mal wieder einige Wörter auslässt, aber das wurde vom stetig mitsingenden Publikum kompensiert), ist er mittlerweile auch zu einem kleinen Rockstar auf der Bühne geworden. Rein technisch würde ich zwar behaupten, dass ihm Tiefton-Todd noch deutlich den Rang abläuft (apropos "laufen": was für Bassläufe!), aber in Sachen Show zeigt sich Claudio ganz groß. Insbesondere bei der abschließenden, ausufernden Jam-Session bei 'The Final Cut' zieht der Gute sämtliche Register. Die Klampfe hinter den Kopf und Solo zocken, Solo mit den Zähnen zocken, Klampfe verdreschen und komische Sounds dabei erzeugen. Nur einen Drumstick hat er dieses mal nicht verwendet.
Nach 75 bis 80 Minuten ist dann auch schon wieder Schicht im Schacht - schade. Gerade auf der letzten Tour haben COHEED & CAMBRIA mit nicht mal einer Stunde Spielzeit (als Headliner, wohlgemerkt) den Vogel abgeschossen. Insgeheim hatte ich gehofft, dass es dieses mal wenigstens 90 oder gar noch mehr Minuten werden würden, aber die sehr kurze Spielzeit scheint wohl das Manko zu sein, welches allen C&C-Auftritten anhaftet. Unnötig und unschön, insbesondere, da der Auftritt an sich absolute Weltklasse war und dem entsprach, was man von einer Band wie dieser zu Recht erwarten kann. Naja, vielleicht sind ja aller guten Dinge drei, und ich kann bei einem zweistündigen Konzert auch endlich mal 'The Crowing' hören. Träumen darf man ja noch.

Setlist (ohne Gewähr):
Keeping The Blade (Intro)
Welcome Home
Ten Speed
Blood Red Summer
The Writing Writer
Once Upon Your Dead Body
A Favor House Atlantic
Wake Up
The Suffering
Devil In Jersey City
Everything Evil
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In Keeping Secrets Of Silent Earth
The Final Cut

Redakteur:
Rouven Dorn

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