DISILLUSION - Leipzig
22.04.2010 | 23:3303.04.2010, Theaterfabrik
DISILLUSION-Frontmann Andy Schmidt: "Schön, mal wieder in der Heimat zu spielen."
Anfang April, die Sonne scheint langsam aus ihrem Winterurlaub zurückzukehren, die Temperaturen steigen, die Vögel nerven schon wieder mit ihrer Nachtmusik, und das POWERMETAL.de-Team steht vor der malerischen Theaterfabrik in Leipzig. Inmitten eines gemütlichen Wohngebiets befindet sich die Location, welche vor Toreröffnung von zahlreichen langhaarigen Bombenlegern bevölkert wird. Kein Wunder, dass Oma Inge die Gardine zur Seite schiebt, um einen Blick auf die knackigen Jungs zu werfen. "Opa, geh mal Bier holen. Ich muss die Jugend näher inspizieren."
Laut Zeitplan soll der ganze Spaß um 20.00 Uhr mit ROSE KEMP beginnen. Anscheinend hat Herr Zeitplan aber zu lange mit dem Eierverstecken gebraucht, denn auch um 21.00 Uhr ändert sich an der Leere der Bühne nix. Also geht es wieder an die Bar oder in den Raucherbereich. Gähn! Laut Ankündigung soll zunächst die ungewöhnliche und mit Spannung erwartete ROSE KEMP auftreten.
Ohne Ankündigung fangen kurz vor halb zehn die Jungs von ZEN ZEBRA einfach mal an. Viel hat man von den Spunden in und um Leipzig bisher gehört. Nun erfolgt endlich die Chance, die Bande zu erleben. Und nein, ich möchte es nicht wieder tun. Fast sechzig Minuten lang werden meine Ohren mit einer Mischung aus alternativem Rock und Langweile gequält. "Take Back The Reins Apoll" heißt die aktuelle EP, wobei ein Großteil der Songs am heutigen Abend von ihr stammt. Jeder Song scheint zu lang, die Melodien versteckt und der emotionale Gesang wahnsinnig künstlich. Auch wenn es hart klingt: Das Beste daran sind die Tische im hinteren Bereich des Theaters (welches zur Hälfte mit alten Kino- bzw. Theaterstühlen bedeckt ist). So kann man wenigstens sitzend auf das Ende warten.
Als nach knapp einer Stunde und dem RÖYKSOPP-Cover 'What Else Is There?' endlich Feierabend ist, glauben die meisten, dass nun DISILLUSION an der Reihe sind. Doch Pustekuchen. Die Veranstalter haben nämlich die ersten beiden Slots getauscht. Aber jetzt kommt der eigentliche Ärger, denn die Folksängerin ROSE KEMP setzt noch einen drauf und zeigt eindrucksvoll, was Musik nicht sein soll. In einen seltsamen Umhang gehüllt steht sie mit einer Gitarre bewaffnet auf der abgedunkelten Bühne und schreit, schreddert und was weiß der Geier. Mit Musik hat das nix zu tun. Pseudokünstlerischer Scheiß, welcher von allen Anwesenden nur mit einem Kopfschütteln bedacht wird. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
[Enrico Ahlig]
Mehr ist auch nicht nötig, denn der Großteil der anwesenden Gäste ist auch vorwiegend wegen DER Leipziger Band da: DISILLUSION. Nach drei Jahren geben die Jungs endlich wieder ein Konzert in der Messestadt und können sogar Fans aus dem Ausland anlocken, wie die Anwesenheit einiger Spanier andeutet. "Schön, mal wieder in der Heimat zu spielen", sagt Frontmann und Sänger Andy Schmidt nach den ersten Songs dazu.
Gut gelaunt geben DISILLUSION direkt von Anfang an Gas und begeistern die Fans mit einer guten Mischung aus älteren und neueren Stücken. So spielen sie vom letzten Album "Gloria", das 2006 erschien, unter anderem 'Save The Past', 'Dread It' und natürlich 'Don't Go Any Further'. Gerade der letztgenannte Song ist wohl einigen Leipzigern noch von der Videopremiere im Oktober 2006 gut im Gedächtnis geblieben.
Auch von dem wohl am meisten gelobten Album "Back To Times Of Splendor", das 2004 veröffentlicht wurde, geben sie einige Stücke zum Besten. Mit teilweise recht ausdrucksstarken Bewegungen können DISILLUSION überzeugen und zeigen damit, dass sie trotz längerer Bühnenabstinenz noch lange nicht eingerostet sind. Dafür lassen sich besonders bei den ersten Songs einige Unterschiede bei dem Gesang feststellen. Wie viel hier live gesungen wird, ist an sich egal, denn die Fans stören sich nicht daran: Von Anfang an ist das Publikum in bester Stimmung und genießt sichtlich den Auftritt.
Eine knappe Stunde rocken DISILLUSION die Leipziger Theaterfabrik mit schnelleren, energischeren, packenden, aber auch ruhigeren Stücken. Vor der ersten Zugabe stellt Sänger Andy Schmidt die Bandmitglieder vor. Nach den Veränderungen in der Besetzung ist das sicher nicht verkehrt. Besonders freut sich das Publikum über die Rückkehr von Schlagzeuger Jens Maluschka.
Kurz vor dem endgültigen Ende darf sich die Dame, die ROSE KEMP Unterkunft gewährt, einen Song wünschen, und so gibt es zum Abschluss noch einmal 'Don't Go Any Further' zu hören. Ein insgesamt guter, aber im Vergleich zu älteren Gigs schwächerer Auftritt. Auf das kommende Album im Herbst wird man sich aber dennoch freuen können.
[Franziska Böhl]
- Redakteur:
- Franziska Böhl