DRACONIAN, NAILED TO OBSCURITY und FRAGMENT SOUL - Dortmund
26.11.2024 | 13:2409.11.2024, Junkyard
30 Jahre Liebe, Trauer und Verzweiflung.
Als damals im beschaulichen schwedischen Örtchen Säffle die Doom-Metal-Band DRACONIAN das Licht der Welt erblickte, hätte wohl niemand gedacht, dass knapp dreißig Jahre später das fast vollständige Line-Up noch gemeinsam auf der Bühne stehen wird. Vor allem Fans der Lisa-Ära konnten ihr Glück kaum fassen, als die Sängerin vor zwei Jahren ihre Rückkehr ankündigte. Es ist also kein Wunder, dass die Nachfrage für die aktuelle Jubiläumstournee sehr groß ist und auch das Dortmunder Junkyard kurz vor dem Ausverkauf steht.
Den Anfang am Abend machen die griechisch-kanadischen Kollegen von FRAGMENT SOUL. Die Musik ist langsam, sehr seicht und wirkt schon fast meditativ. Statt viel Theatralik führt Sänger Marc das Publikum sehr behutsam und vorsichtig auf eine kleine Traumreise, die vor allem zum Innehalten einlädt. Es herrscht eine melancholische und zugleich zerbrechliche Atmosphäre, die insbesondere im Duett mit Sängerin Tamara verstärkt wird. Die Band schafft es auf ihre eigene Art, dass man die Hektik des Alltags hinter sich lässt. Voraussetzung dafür ist, dass man auch in der Lage ist, sich auf dieses Konzept einzulassen, für manch einen Hörer kann das sonst schnell eindimensional und eintönig wirken. Doch in diesem Fall ist es ein gelungener Auftakt, um sich ganz und gar auf eine emotionale Talfahrt einzulassen.
Setliste: All That I Despise; A Soul Inhabiting Two Bodies; The Pain Ceased; A Choice Between Two Evils; Eternal Night In Death
Völlig konträr verläuft dagegen die Show der deutschen Melodic-Death-Metal-Band NAILED TO OBSCURITY, die schon fast mit einer explosiven Energie die Bühne erobert. Das Publikum reagiert direkt und in wenigen Sekunden kommt ordentlich Bewegung rein vor die Bühne. Passend dazu werden beliebte Songs wie 'Deadening', 'Protean' oder 'Clouded Frame' aus dem Repertoire gezogen. Man merkt schnell, dass die Leute vor allem Tracks aus dem "King Delusion"- Album richtig abfeiern. Sänger Raimund hat einfaches Spiel mit der Masse und verwandelt die Halle mit Leichtigkeit in einen brodelnden Kessel. Aus der aktuellen Scheibe haben es noch einige Songs auf die Setliste geschafft, doch für viel mehr reicht die Spielzeit leider nicht mehr aus.
Setliste: 'King Delusion; Clouded Frame; Resonance; The Aberrant Host; Liquid Mourning; Protean; Deadening, Road to Perdition
Mit Hochspannung wird nun die Ankunft der Schweden DRACONIAN erwartet. Und das Warten hat sich gelohnt, denn sie starten direkt mit dem fast 13 Minuten langen Opus 'The Cry Of Silence' aus dem Debütalbum "Where Lovers Mourn". Ein absoluter Volltreffer! Man spürt förmlich in der Luft, wie die Emotionen am Kochen sind. Als Sängerin Lisa im Anschluss mit 'Heavy Lies The Crown' einen Song ihrer Nachfolgerin Heike Langhans anstimmt, gibt es kein Halten mehr. Die Menschen eskalieren völlig zwischen erhobenen Pommesgabeln und Haare schütteln. Die Reise in die Vergangenheit geht weiter und mit 'Bloodflower' und 'Morphine Cloud' schaffen es auch zwei Publikumslieblinge aus der "Turning Season Within"-Scheibe ins Set. Hier zeigt sich vor allem die Textsicherheit der Leute und der Gesang wird zielsicher von Frontmann Anders angeleitet.
Nach so viel Nostalgie geht es zurück in die Gegenwart und zu dem Album "Under A Godless Veil". Obwohl der Geist von Heike noch deutlich zu spüren ist, kann Lisa den Liedern mindestens genauso viel Emotionen und Kraft einhauchen. Gerade bei 'Night Visitor' ist der Gänsehautfaktor groß!
Nach knapp zehn Songs nähert sich das Spektakel langsam dem Ende, aber das große Finale kommt erst noch. 'Death, Come Near Me' - der mit Abstand epischste DRACONIAN Song - wird in voller Länge zum Besten gegeben. Auf diesen Moment habe ich fünfzehn Jahre lang gewartet und ich werde nicht enttäuscht. Mit diesem Gefühl bin ich nicht allein, denn hier und da sieht man im Publikum die eine oder andere Träne kullern. Ist jetzt Schluss? Nein, denn überraschenderweise setzen die Schweden noch einen drauf und entlassen das Publikum zum Abschied mit 'The Sethian'. Die Songauswahl ist der absolute Wahnsinn und lässt wirklich keine Wünsche außen vor. Dieses Konzert zählt musikalisch für mich zu einem der Höhepunkte des Jahres!
Setliste: The Cry Of Silence; Heavy Lies The Crown; Deadlight; Heaven Laid In Tears; Morphine Cloud; Bloodflower; Night Visitor; Earthbound; Daylight Mystery; Pale Tortured Blue; Death, Come Near Me; The Sethian
Bericht und Fotocredit: Hang Mai Li- Redakteur:
- Hang Mai Le