Elements Of Rock - Uster/Schweiz
22.03.2011 | 07:4305.03.2011, Stadthofsaal
Zwei Tage, zehn Bands, eine familiäre Gemeinschaft samt einer deutlichen Prise Schweizer Gemütlichkeit. Das ELEMENTS OF ROCK hat sich inzwischen zum alljährlichen Pflichttermin entwickelt.
Das EoR steht 2011 ganz unter dem Zeichen der großen Bands des White/Unblack Metals. Mit den US-Größen WHITECROSS und SACRED WARRIOR stehen gleich zwei einst Stadien füllende Urgesteine der Achtziger und Neunziger an der Headliner-Position. Im Lager des Schwarzmetalls spielt die norwegische Legende ANTESTOR, die bereits in den Black-Metal-Wirren der frühen Neunziger für Furore sorgten.
Doch beginnen soll es erstmal ganz anders: Mit Stau, einer langsamen Subway-Sandwich-Bastlerin und dem Verpassen der ersten Band FREAKINGS.
Der Stadthofsaal in Uster ist wie immer eine perfekte Konzertlocation. In Sachen Backline, PA und Beleuchtung werden keine Kompromisse gemacht.
Die Progressive-Metaller TWINSPIRIT aus Italien und Schweden überzeugen mit komplexen Song-Strukturen und einer sehr amtlichen Performance. Die ungeraden Takte und Rhythmuswechsel sorgen für Abwechslung, bremsen aber auch den Fluss der Musik. Die Melodien sind ansprechend und zu keiner Zeit kitschig oder abgedroschen. Die technisch-flirrenden Gitarrensoli fügen sich perfekt in das Songgerüst ein.
Blues-Rock ist freilich nicht das bevorzugte Genre der meisten EoR-Besucher. Aber dennoch springt die Menge sofort auf die coole, bluesige Musik der REX CARROLL BAND an. Die Band stellt von der ersten Minute an ihr außerordentliches Können zur Schau. Kein Wunder, denn an Gitarre und Bass spielen Musiker der White-Metal-Legende WHITECROSS. Jedes Solo sitzt, der Flow marschiert ternär groovend voraus und der Bass spielt mit Walking-Lines und Slaps auf einem Niveau, das man auf dem ganzen Festival nicht mehr finden wird. Der Sound ist sehr amerikanisch, der Einsatz einer Fender Strat und eine Paula sind obligatorisch.
Der Blues-Rock der REX CARROLL BAND ist handgemacht, hat Ecken und Kanten und wirkt sehr authentisch. Vielleicht werden sie gerade deshalb von den Metallern gefeiert und angenommen. Nachdem es die Band im ersten Teil ihrer Show regelrecht krachen ließ, wird das Programm im zweiten Teil etwas ruhiger. Mit ‘Sweet Home Chicago’ spielt die Band aus Illinois zum Schluss auch gleich eine passende Zugabe. Zusammenfassend liefert die Band eine runde Show ab, welche keine Wünsche offen lässt — auch wenn man von Blues-Lyrics keine allzu große Tiefe erwarten darf. Bleibt festzuhalten: Auch Nicht-Metal kann eine willkommene und passende Bereicherung für ein Metal-Festival sein.
Weiter geht es mit der Thrash-Death-Party von DEUTERONOMIUM aus Finnland. Ihrer Position als Headliner dieses Tages werden die sympathischen Jungs mehr als gerecht. Ab dem ersten Lied hat die Band den gut gefüllten Saal fest in ihrer Hand. Die energiereiche Musik begeistert das Publikum. Ihr Set lässt keine Wünsche offen. Sowohl der Thrash'n'Roll der früheren und des aktuellen Albums werden präsentiert, als auch angeschwärzte Songs wie 'Spell of Hell'. Ihre Hits 'Street Corner Queen' sowie die Mitsinghymne 'Northern Preise' dürfen natürlich auch nicht fehlen. Summa summarum: Sehr authentische Performance, vor allem vom dauergrinsenden Frontsänger und Gitarristen, die Lust auf mehr macht.
Nach dem Auftritt von Deuteronomium leert sich die Halle deutlich. Beim Auftritt der Schweizer Power-Metal-Band EMERALD sind zum Leidwesen der Band nur noch kleinere Menschengruppen vor der Bühne vorzufinden. Die Band kann dennoch durch die starke Stimme des Frontsängers Thomas Winkler überzeugen. Leider wirkt die Gesamtperformance leicht unrund und statisch. Überragend sind die Vocals, die ohne Probleme in einer Liga mit Freddy Mercury und Eric Clayton spielen. Die Basslage ist kräftig und die hohen Töne sind kristallklar und immer perfekt intoniert. Die Melodien von EMERALD sind eingängig und gehen gut ins Ohr, die Songs sind amtlich komponiert und wirken in ihrer Struktur sehr rund. Einzig das Arrangement ist stellenweise holprig. Besser für die Epik der Songs wäre sicher ein durchdachteres und harmonisch gut arrangiertes Grundgerüst in Bass und Gitarren. Wenn das vorhanden wäre, dann würde EMERALD ohne Probleme in der obersten Liga des europäischen Power Metalls mitspielen.
Kurz vor 2 Uhr morgens betreten FALLEN WALLS, die letzte Band für diesen Tag, die Bühne. Trotz einer recht ordentlichen Leistung an den einzelnen Instrumenten will es den Musikern nicht so richtig gelingen den doch recht müde wirkenden Zuschauern einzuheizen. Kein Wunder, denn nach einem anstrengenden Tag ist den Besuchern nicht nach einer Death-Metal-Party zumute. Der Gesang ist abwechslungsreich in verschiedenen Tonlagen, Screams und Growls alterieren effektvoll. Das Songwriting weist zudem einen deutlichen Core-Einschlag auf, die Gitarren sind brachial und dicht, das Songwriting elegisch. Leider ist die Band nicht zu jeder Zeit tight und in time, was den Gesamteindruck etwas trübt.
Um 16 Uhr am Samstag geht es weiter. Als erste Band tritt die deutsche Band EARTH:LINK auf. Leider wird die Performance durch eine Verletzung des Frontsängers getrübt, welche er sich gleich am Anfang der Show zuzieht. Dennoch gibt die Band ihr Bestes um den erst halb gefüllten Saal zum Kochen zu bringen — was auch mit einem Sänger, der dank Verletzung auf einem Barhocker sitzt, gut funktioniert. Vielleicht zu gut, denn bei einer Band, die dem Hardcore am nächsten steht, ist dem Moshpit eher zu Violent Dancing als zum Headbanging zumute. Das Songwriting ist abwechslungsreich, aber manchmal brüchig. Die Gitarrenlinien sind originell, der Sound der Band ist generell sehr modern. In eine Genreschublade stecken lässt sich EARTH:LINK nicht. Und gerade das macht die Musik sehr interessant.
LIGHTMARE betritt die Bühne. Die Fünf aus Deutschland sorgen mit Keyboard hinterlegtem abwechslungsreichem Power Metal für ordentlich Stimmung und bescheren den Zuschauern den einen oder anderen Ohrwurm. Komplexe Songstrukturen darf man nicht erwarten, dafür aber eingängigen Heavy Metal mit passenden und gut eingesetzten Keyboards. Leider ist der Sound nicht immer transparent, die sympathische Performance macht dies aber locker wieder wett.
Als dritte Band des Abends geht THY BLEEDING SKIES an den Start. Die Halle hat sich mittlerweile gut gefüllt. Und die Band, geführt von Tausendsassa Claudio Enzler (SACRIFICIUM, MY DARKEST HATE, Ex-RIFT) hat das Publikum ab den ersten Lied voll im Griff. Gut bewaffnet mit drei Gitarren, Bass, Gesang und Schlagzeug geht die Band zu Werke und bietet eindrucksvoll eine mitreißende Show für das gesamte Publikum. Das Set ist sehr breit gefächert und umfasst Stücke aus der kompletten Bandgeschichte. Der Sound ist druckvoll und brachial, aber zu keiner Zeit matschig oder intransparent. Technische Soli gibt es keine, dafür aber eingängiges Riffing, eingebettet in ein sehr gut funktionierende Songwriting. Einen passenden Aufkleber findet man für den Stil der Band nur schwierig. Irgendwo zwischen Deathcore, Death Metal und Trash Metal wird man das Genre suchen müssen. Jeder Song zündet, was das Publikum selbst bei Mid-Tempo-Nummern mit einer Wall of Death belohnt.
Mit SACRED WARRIOR geht es weiter. Lange Zeit war es still um die Band, ihre produktive Phase hatten die White-Metaller aus Chicago zwischen 1988 und 1991, wo die Kult-Alben "Rebellion" und "Master's Command" das Licht der Welt erblickten. Nach einem kurzen Live-Intermezzo am Cornerstone-Festival vor 10.000 Besuchern ist die Band nun seit 2008 wieder zurück. Und das mit altem Elan und Power. Ihre Performance auf dem EoR begeistert das Publikum, auch wenn sich hauptsächlich die ältere Generation von den Iron-Maiden-artigen Songs von SACRED WARRIOR begeistern lässt. Der Sound ist kraftvoll, die Gitarren sind gut arrangiert. Hits wie 'Rebellion' und (als Zugabe) 'Holy Holy Holy' dürfen nicht fehlen. Zudem präsentieren die US-Rocker zum ersten Mal neues Material, das überraschend hart und riffbetont ausfällt. Auf jeden Fall darf man sich freuen, dass SACRED WARRIOR wieder zurück sind! Ihr Sound mit skalenbetonter Melodieführung ist im Heavy Metal auch heute noch einzigartig.
Mit STRYPER sind WHITECROSS eine der ganz großen Vertreter des White Metals. Demnach war abzusehen, dass ihr Auftritt auf dem EoR die Massen bewegen wird. Als Whitecross die Bühne betreten, ist der Saal komplett gefüllt. Mit voller Power geht die Band gleich in die Vollen. Das Publikum feiert mit. Schon nach wenigen Minuten ist klar: WHITECROSS haben ihre Headlinerposition definitv verdient und keinen Funken ihrer alten Power verloren — auch wenn die Achtziger-Jahre-Mähne inzwischen einer modischen Kurzhaarfrisur gewichen ist. Über das Können der Musiker muss an dieser Stelle kein Wort verloren werden; jedes einzelne Bandmitglied beherrscht sein jeweiliges Instrument tadellos. Die Gitarrensoli klingen wie auf CD, sind technisch, filigran und virtuos.
Der mitreißende Sänger Scott Wenzel ist ein Meister seines Fachs: Sein Gesang, der in Tonhöhe und Power in virtuose Extreme vorstößt, bleibt während der gesamten fast zweistündigen Performance kraftvoll und mitreißend. Bei der Mitsinghymne 'In the Kingdom' ist das Publikum außer sich. Belohnt wird die Masse mit dem Smash-Hit 'He Is The Rock'. Die Performance von WHITECROSS ist durch und durch überzeugend, frisch und transparent wie am ersten Tag. Und selbst die grimmigen Black-Metal-Fans, die sich schon für ANTESTOR in den hinteren Reihen bereitmachen, wippen bei den Hymnen mit.
Stärker kann der Kontrast wohl nicht sein: Nach White Metal geht es stilistisch in eine völlig andere Richtung, wenngleich die Band ähnlich legendär ist: ANTESTOR sind mit HORDE die Urgesteine und die Begründer des Unblack Metals. In den Wirren der Black-Metal-Bewegung der Neunziger waren sie schon präsent, mussten Drohungen von Euroymous über sich ergehen lassen und veröffentlichen auf Cacophonous mit Kollegen wie CRADLE OF FILTH und DIMMU BORGIR. Nach einigen Besetzungswechseln ist ANTESTOR nun zurück. Mit Corpsepaint und dem kalten Intro 'Vinterferden' betritt die Combo die Bühne. Mit 'A Sovereign Fortress' wird das Set eröffnet. Die Atmosphäre ist durchgängig kalt und grimmig, wenngleich die lockeren Ansagen von Sänger Vrede ein wenig stilbrüchig sind. Das Set setzt sich aus einer guten Mischung der neuen und alten Alben zusammen. Zudem präsentiert die Band drei neue Songs, die in ihrer Art direkt an "Forsaken" anschließen und weniger doomig daherkommen als die Vorgängeralben. Mit 'As I Die' spielen ANTESTOR eine Live-Premiere. Das Set endet - stilgerecht - ohne Zugabe.
Die Newcomerband CRESCEND MOON beendet das EoR. Leider viel zu spät. Generell sind die Spielzeiten und das Ende des Konzertes angesichts der Schweizer Gemütlichkeit nicht ganz so ernst zu nehmen. Leider müssen darunter dann immer die Bands leiden, die am Schluss des Sets platziert sind.
Summa summarum war das EoR 2011 eine lohnende Sache, vor allem für Fans von Hardrock, Heavy Metal und White Metal. Gleich zwei Urgesteine des White Metals waren platziert - zu ungusten der härteren Spielarten. Fans des Black Metals wurden mit einem legendären Auftritt von ANTESTOR aber mehr als entschädigt.
Ein Dank für die Fotos geht an Michal Bolli, http://bolli.us!- Redakteur:
- Markus Herhoffer