FISH - Augsburg

28.11.2014 | 11:01

04.11.2014, Spectrum

Mit schöner Regelmäßigkeit kehrt FISH auf seinen Touren auch in Augsburg ein und wird immer herzlich empfangen.

So auch wieder auf der Tour zu seinem großartigen Album "A Feast Of Consequences". FISH spielt mittlerweile zumeist allein, ohne Vorband. Ist das schön? Ich habe mich immer gefreut über Vorbands, die man entdecken konnte, aber andererseits ist es an einem Wochentag natürlich auch nicht schlecht, wenn der Hauptact nicht erst um halb Zehn auf die Bühne geht. Ich glaub, ich werde alt. Aber das passt, denn der Altersschnitt ist auch ganz schön hoch hier. Das Publikum altert mit seinem Star, doch solange der Laden so voll ist, darf Herr Derek Dick, wie FISH mit bürgerlichem Namen heißt, gerne weitermachen.

Vor einem Jahr war er schon einmal unter dem "A Feast Of Consequences"-Banner unterwegs gewesen. Damals hatte er eine recht ungewöhnliche Auswahl an Songs mit einem erstaunlich starken Augenmerk auf alte MARILLION-Sachen gespielt, dafür aber eine Menge der "Pflichtnummern" weggelassen, sogar 'Vigil'. In zwei Stunden kann man aber leider auch nur eine gewisse Menge Klassiker unterbringen, wenn man denn auch noch etwas Aktuelles vortragen möchte. Wenn es nach den Fans geht, müssen zehn FISH-Klassiker kommen und genauso viele Lieder seiner alten Band, und dann kann es an die Zugaben gehen. Aber das ist natürlich illusorisch. Einmal wird FISH auch nicht jünger und zum anderen steht er jeden Abend auf der Bühne, da muss er seine Stimme auch ein wenig schonen.

Leider ist das das erste, was FISH dem Publikum heute mitzuteilen hat: er ist erkältet. Ja, selbst wenn er redet, klingt das durchaus tiefer als sonst. Das sind natürlich keine perfekten Voraussetzungen, und es wird auch den heutigen Abend ein wenig trüben, denn nicht nur klingen viele Songs heute nicht so gut wie sonst, auch der Sänger selbst ist offenbar ziemlich verärgert darüber, dass er nicht das machen und bieten kann, was er will. Zumal der Rest der Band auch eher verhalten agiert und ich irgendwie Gitarrist Frank Usher vermisse. Usher gehörte irgendwie zu FISH, und auch wenn Robin Boult makellos spielt, habe ich das Gefühl, dass die Show dennoch vollständig vom Frontmann bestritten werden muss.  Und von der Leinwand, die zur Unterstützung der Songs Videos zeigt oder Großaufnahmen der Musiker.

Unter diesen eher durchwachsenen Vorzeichen startet die Band mit 'Perfume River' und dem tollen Titelsong des aktuellen Albums in den Set. FISH kommt ganz gut klar und das Publikum wärmt sich auf. Zwei weitere Songs aus dem relativ neuen FISH-Repertoire folgen, bevor das Herzstück dieser Tour folgt: die etwa 28 Minuten lange 'High Wood Suite', zu der uns der große Schotte erst einmal Einiges erzählt. In dem Lied geht es um den ersten Weltkrieg, genauer gesagt um einen der Schauplätze in Frankreich. FISH spannt den Bogen über seine Großväter zu diesem emotionalen, vielschichtigen, aber für seine übliche Lyrik auch sehr direkten Werk. Fast eine halbe Stunde lang genießt das Augsburger Publikum diesen epischen Exkurs, der mit beklemmenden Bildern ein Wechselbad der Gefühle hervorruft. Intensiv und berührend.

Leider bemerke ich, der ich die Stücke gut kenne, alsbald, dass seine Stimme nachlässt. FISH bemüht sich, ist sehr angestrengt und versucht, teilweise etwas tiefer aber immer vernehmbar die Texte erklingen zu lassen. Das kann nicht gut sein für seine Stimme, denke ich mir. Natürlich wäre ich enttäuscht gewesen, wenn der Gig heute ausgefallen wäre, aber ob es nicht vielleicht für ihn die bessere Alternative gewesen wäre? Zwei Gigs absagen, zwei Tage in einem Hotel zum kurieren?

Nach dem Ende der 'High Wood Suite' herrscht kurz beklemmende Ruhe, dann brandet Applaus auf. Ich bin sicher, nicht allzu viele hier haben das Album schon, aber ich hoffe, nach diesem Gig wird das anders sein. FISH aber gibt jetzt den alten Fans ein Zuckerl, der erste MARILLION-Song kommt: 'Slainthe Mhath'. Wie immer kann er damit nichts falsch machen, die vier Alben, die er zu Beginn seiner Karriere eingesungen hat, sind nun einmal Meisterwerke. Wie es scheint, hat er sich damit abgefunden und spielt tatsächlich im Laufe des Abends noch 'Heart Of Lothian' und 'Incubus'. Vor einem Jahr waren es fünf andere!

Leider bleibt natürlich nur begrenzt Zeit, um noch weitere FISH-Songs zu spielen. 'Vigil' folgt zu meiner Freude. Das ist immer noch einer der ganz großen Songs des Schotten, auf einer Ebene mit den Großtaten bei MARILLION. 'Big Wedge' dagegen lag noch nie so richtig auf meiner Wellenlänge, aber ein etwas rockiger Song kommt ganz gut. Auch wenn FISH stimmlich weiter abbaut. Als Zugaben kommt nochmal ein Song von "A Feast Of Consequences" und das Pflichtlied 'The Company', von allen mitgesungen.

FISH hat eine starke Show geboten, hat versucht, Geschichten zu erzählen, natürlich auch eine kurze über das negativ ausgegangene Unabhängigkeitsreferendum, das FISH lobt wegend er sehr hohen Wahlbeteiligung und zu dem er betont "everybody has a vote, every vote counts", hatte aber schwer zu kämpfen. Es war also keine ganz große Show, aber eine wirklich bemerkenswerte Leistung, dass das Konzert überhaupt und dann noch so gut stattfand. Vier Tage später ist es dann soweit, die Konzerte in Erfurt und Köln und der ganze französische Tourteil werden abgesagt. Ich muss sagen, erwartungsgemäß. Schade für die Fans dort, denn die 'High Wood Suite' in ihrer ganzen Pracht wird sicher nicht so schnell wieder auf der Setlist stehen.

Setlist: Perfume River, Feast Of Consequences, Manchmal, Arc of the Curve, High Wood Suite: High Wood, Crucifix Corner, The Gathering, Thistle Alley, The Leaving; Slàinte Mhath, Vigil, Big Wedge, Heart of Lothian, Zugabe: Incubus, Zugabe 2: Blind To The Beautiful, The Company

Redakteur:
Frank Jaeger

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