FLOTSAM & JETSAM, LORD VOLTURE und HATEFUL AGONY - München

25.08.2025 | 22:01

20.08.2025, Backstage Club

Genialer, altersloser Speed- und Thrash-Metal und eine Band, die vor Energie und Spielfreude strotzt.

Tatsächlich habe ich FLOTSAM & JETSAM bislang nur auf Festivals gesehen, das letzte Mal beim Graspop Metal Meeting vor zwei Jahren, wo ich super froh war, am frühen Nachmittag noch ein paar Songs mitbekommen zu können. Jetzt ist die Erwartungshaltung an die "Flotzis" doch ziemlich hoch, denn auch die letzten Alben sind alle gut.

Also pilgern wir (Fotografin Nives und ich) wieder ins Backstage, aber nicht wie bei W.A.S.P. in das große Werk (zum Konzertbericht) sondern in den kleinen Backstage Club. Ich hätte die Beliebtheit der Flotzis ehrlich gesagt höher eingeschätzt, so bin ich verwundert.

Hateful Agony - München BackstageDoch bevor der Hauptact hier spielt, kommen noch zwei Vorbands. Die erste ist HATEFUL AGONY. Es ist für mich, der über so gut wie keine Social-Media-Accounts verfügt, schwierig, im Nachgang Informationen zu der Band zu finden, doch höchstwahrscheinlich handelt es sich um die Münchner Thrasher, die schon seit 1999 im Untergrund unterwegs sind. Die Band spielt ziemlich raubeinigen Hochgeschwindigkeits-Thrash, der an alte KREATOR, SODOM aber auch EXODUS und SLAYER erinnert, doch sie wirkt auf mich - wenn es wirklich die Münchner sind - dann erstaunlich unerfahren auf der Bühne. Zumindest mutet es an, als ob hier viele Breaks und Rhythmuswechsel nicht so richtig funktionieren, es gibt recht viele Aussetzer und wirkt nicht eingespielt. Noch weniger eingespielt ist allerdings Nives Kamera, die nach dem ersten Shot nur noch schwarze Bilder macht. Der Alptraum eines jeden Fotografen, und es ist an diesem Abend nicht zu fixen. Deshalb muss leider das Handy bei den Bildern aushelfen, sorry for that, ihr Lieben.

Zurück zu HATEFUL AGONY. Obwohl das stilistisch nicht so ganz meins ist, finde ich trotz allem viele Ansätze gut und die Gitarrenarbeit an sich ziemlich kreativ. Man will hier ziemlich viel und falls das alles klappt, wird das sicher cooler Stoff für die Ohren. Nur mit dem kehligen, fast stimmlosen Gesang kann ich wenig anfangen. Der Fronter ist auch definitiv kein Bayer und vermutlich auch noch nicht lange dabei, denn auf den wenigen Bandfotos im Netz ist er unauffindbar. Mögt ihr vielleicht mal eure Homepage updaten, HATEFUL AGONY?

Lord Volture, Backstage MünchenDanach kommt eine Band, die etwas mehr nach unserem Geschmack ist, nämlich LORD VOLTURE aus den Niederlanden. Die Jungs interpretieren ihren Metal sehr klassisch und machen überhaupt keinen Hehl draus, dass JUDAS PRIEST und IRON MAIDEN ihre großen Vorbilder sind.

Das sind natürlich große Fußstapfen und die können auch nicht voll und ganz ausgefüllt werden, aber die Mucke ist für eine Dreiviertel Stunde Warm-Up trotzdem völlig in Ordnung. Sänger David Marcelis klare Stimme ist eindeutig das Trademark der Band, ich finde aber, dass er sich hin und wieder übernimmt, vor allem in den höchsten Höhen. Manchmal klingt es einfach etwas schräg. 

Ansonsten gibt es aber kaum etwas auszusetzen, die meisten Songs gehen auch ohne Vorwissen schnell ins Ohr, ein paar schöne Harmony-Leads schmeicheln diesem zusätzlich und der Sound ist klar und druckvoll, vielleicht etwas zu laut. Gegen Ende werden dann die Vorbilder doch ein wenig zu offensichtlich zitiert, und mein Interesse, hier mal beim Merchstand vorbeizuschauen, wird geringer. 

Dann erscheint endlich FLOTSAM & JETSAM, eine weitere Veteranen-Band aus den 80ern, die auch heute noch regelmäßig tourt. Und auf geht's mit 'Hammerhead'. Den Song habe ich vor gut 30 Jahren schon auf LP gehört und bin dazu abgegangen, auch wenn ich zugeben muss, FLOTSAM & JETSAM nicht über den gesamten Zeitraum der Karriere konstant verfolgt zu haben. Bei 'Iron Maiden' vom selbstbetitelten 2016-Album war ich aber wieder dabei und die musikalischen Parallelen zur berühmtesten aller Heavy-Metal-Bands machen Spaß.

Natürlich ist FLOTSAM & JETSAM sehr oft ziemlich zügig unterwegs, klar, die Band ist einer der wichtigsten Protagonisten des Speed- und Thrash-Metal. Der kraftvoll-melodische Gesang von A.K. Knutson macht die Band aber besonders und unabhängig von jeglichen Genrebezeichnungen. Da freue ich mich besonders über Tracks, die seinen Gesang mehr zur Geltung bringen, vor allem das grandiose 'The Walls'. Und das schreibe ich, ohne den Song vorher jemals gehört zu haben, denn dass die Flotzis 2021 ein Album namens "Blood In The Water" veröffentlicht haben, ist völlig an mir vorbeigegangen. Das war die Corona-Zeit, da war vieles anders. An den saftigen Midtempo-Stampfer 'Suffer The Masses' erinnere ich mich aber vom Graspop, der war damals schon eine Wand und boxt sich auch heute mit voller Wucht in die Magengrube. Live viel besser als auf CD!

Flotsam & Jetsam, München BaclstageWas soll man sonst noch zu dieser genialen Liveband schreiben? Dass die Band vor Energie und Spielfreude strotzt? Dass die Zeit während des Konzerts schneller zu vergehen scheint? Dass Herr Knutson ein absoluter Sympathieträger und nach wie vor voll bei Stimme ist? Okay, gegen Ende meint er selbst, dass es ihm ganz schön an die Puste geht, und er bittet das Publikum beim abschließenden Killer 'Doomsday For A Deceiver' um Hilfe, falls das stimmlich nicht mehr gehen sollte. Packt er aber noch und die Fans nehmen den alten Thrash-Klassiker mehr als dankbar auf und sind danach weit davon entfernt, nach Hause gehen zu wollen. Man staut sich am Merchstand und diskutiert, welches der T-Shirts am geilsten aussieht. Leider muss ich mit leeren Händen abziehen, da der letzte Bus nach Hause nicht verpasst werden will.

Setliste: Hammerhead; Iron Maiden; Dreams Of Death; Brace For Impact; Primal; Smoked Out; A New Kind Of Hero; I Live You Die; The Walls; Demolition Man; Suffer The Masses; She Took An Axe; No Place For Disgrace; Doomsday For The Deceiver

Text: Thomas Becker 

Photo Credit: Nives Ivic

 


Redakteur:
Thomas Becker

Login

Neu registrieren