Fear Dark Festival - Stuttgart

02.07.2008 | 16:41

01.06.2008, LKA Longhorn

Am 01.06.2008 fand im LKA Longhorn in Stuttgart das "Fear Dark Festival" statt, bei dem insgesamt sieben Bands unterschiedlicher Stilrichtungen für einen illustren Konzertabend sorgten.

Den Anfang machen um Viertel nach vier die Waldschrate von FINSTERFORST, welche die nicht ganz einfache Aufgabe haben, das Publikum erst einmal in Bewegung zu setzen. Folk Metal mit Black- und Pagan-Einflüssen hat sich die Band aus dem Schwarzwald auf die Fahnen geschrieben. Etwas ungewöhnlich ist der recht offensive Einsatz eines Akkordeons, das Tastenmann Johannes Joseph wie aus dem Effeff beherrscht. Die Chose funktioniert live gut, und selbst wenn man nicht unbedingt auf den Einsatz von Flöten und Akkordeons steht: FINSTERFORST erweisen sich als sauber eingespielte Liveband, die ihre recht eigenwilligen, gleichermaßen aber auch eingängigen Stücke gekonnt präsentiert. Gerade das am Ende des Sets gespielte Mammutstück 'Verlorene Seelen' weiß zu überzeugen. Trotz der kurzen Spielzeit von einer halben Stunde gelingt es den sieben Musikern, das Publikum zum Bangen und Schunkeln zu animieren. Auch das Tanzbein wird von manchem geschwungen. Die positiven Publikumsreaktionen am Ende ihrer Show haben sich FINSTERFORST redlich verdient.
[Martin Loga]

Als Nächstes präsentieren sich WORLD TO ASHES den endlich zahlreich zur Bühne wandernden Festivalgängern. Die Freiburger Band ersetzt die recht kurzfristig ausgefallenen Schweden von INEVITABLE END im Billing. Musikalisch zeigen sich WORLD TO ASHES auf der melodischen Elchtod-Schiene beheimatet, wobei das Quintett oft auch Thrash-lastige Gitarrenriffs in petto hat. Bei aller Härte gehen die Melodien dennoch sehr gut ins Ohr, zumal mich der Sound nicht selten an die alten IN FLAMES erinnert. Die christlich geprägten Texte werden von Shouter Christoph Zacharias aggressiv dargeboten (Growls, energische Shouts). In Sachen Stageacting lassen WORLD TO ASHES nichts anbrennen, zumal sich die Musiker sehr bewegungsfreudig auf den Brettern des Longhorn zeigen. Dem Publikum gefällt's ebenfalls, obgleich die Publikumsresonanzen ein wenig zurückhaltender ausfallen, als bei den zuvor gesehenen FINSTERFORST.
[Martin Loga]

Setlist:
Intro
Crown Of Victory
The Killer Hypocrites
From Dust Into Haze
Vanity
Facing Death
Killing Ourselves
Path Of Uncertainty

Die Niederländer SLECHTVALK sorgen im Vorfeld ihres Auftritts für unfreiwillige Erheiterung bei einem Teil des Publikums. Sänger Shamgar schmettert und grunzt mindestens fünf Minuten lang immer wieder kurz ins Mikro, und die Band spielt einzelne Passagen an. Dazwischen gibt es eifrige Diskussion auf Niederländisch zwischen der Band und dem Tontechniker. Dann endlich legt die stilvoll in Wikinger-Kluft gewandete Band los. Rot-schwarze Kampfbemalung prangt in ihren Gesichtern. Die Musik der Schwarzheimer, die von klirrenden Gitarren dominiert wird, erinnert gelegentlich an ältere ENSLAVED, zumal auch SLECHTVALK manchmal sauberen Gesang in ihre Stücke einbauen. Die Balance zwischen Highspeed-Titeln und langsamerem Liedgut ist ausgewogen. Bei aller Rauheit der Musik haben SLECHTVALK doch einige hymnische Titel wie beispielsweise 'On The Eve Of Battle' am Start, mit denen sich die Niederländer deutlich über dem Durchschnitt positionieren. Auch drei neue Stücke werden intoniert, darunter das grimmige 'Hounds Of Battle', das klirrend wie ein Eiswind ins Gesicht fegt. Weshalb SLECHTVALK derzeit ohne Plattenfirma dastehen, ist mir jedenfalls völlig schleierhaft. Ich für meinen Teil finde die musikalische Vorstellung prima. Leiht der Band doch bei Gelegenheit euer Ohr.
[Martin Loga]

Nach der hörenswerten Performance von SLECHTVALK haben es die Italiener THY MAJESTIE schwer, die Gunst des Publikums zu gewinnen. Dies liegt weniger an den Livequalitäten der Band, sondern rührt schlicht und ergreifend daher, dass THY MAJESTIE die einzige Power-Metal-Formation in einem recht deutlich schwarzmetallisch gefärbten Billing sind. Obwohl eine kleinere Wanderungstendenz von der Bühne weg zu konstatieren ist, lässt sich das spielerisch gut harmonierende Sextett davon nicht irritieren. Der symphonisch tönende Power Metal der Italiener kommt zumeist mit viel Tempo um die Ecke und wird mit Keyboards angereichtert. Wobei die Keyboardbeimischung heute Abend gar zu klebrig klingt, denn der gute Mann am Mischpult hat das Keyboard viel zu weit in den Vordergrund gemischt. Auch die Klangfarbe des Tasteninstruments war alles andere als ohrenfreundlich (Piepspieps). Ansonsten gibt es nichts an dem Auftritt von THY MAJESTIE auszusetzen. Trotz spärlicher Publikumsreaktionen gibt die Band alles und legt eine enorme Spielfreude an den Tag. Frontmann Dario Cascio, der heute Abend übrigens ein Trikot der deutschen Nationalelf trägt, singt wie ein Goldkehlchen und ist das musikalische Aushängeschild der Italiener. Zu meiner Überraschung streut die Band eine reinrassige über weite Teile akustisch gehaltene Ballade ein, was gerade im Hinblick auf den Stil der übrigen Formationen des Konzerttages sehr mutig ist. Alles in allem liefern THY MAJESTIE eine recht gute Vorstellung.
[Martin Loga]

Der Schweizer Folk-Musikantenstadl ELUVEITIE rockt mal wieder die Menge. Nach einem halben Jahr Auslandsreise in Australien kann ich die Jungs und Mädels endlich wieder aus aller Nähe betrachten und kräftig meine Haarpracht schütteln. Die Stimmung kocht wie bei jeden Gig der Schweizer absolut über, und die beiden Brüder an der Flöterei und dem Dicksaiter heizen der Menge wie die Kaputten kräftig ein. Witzig waren die Sprüche von Chrigel, dem hechelnden Sänger. Jener kündigt erst einen erotischen Liebessong an, welcher wunderschön von Anna (Drehleier) vorgetragen wird, und betitelt den nächsten Song als einen "Blowjob" für das Publikum. Interessante Vorstellung, ehrlich gesagt.

Der Sound funktioniert bis auf einige Aussetzer wunderbar und lässt das Konzert kraftvoll rüberkommen. Dem Publikum gefällt's sichtlich, was man an der Party vor der Bühne festmachen kann: Fliegende Haare, Pommesgabeln und wildes Mitgeschrei zeichnen das Gesamtbild. Die Band spielt heute Abend eine gute Mischung von Songs all ihrer Veröffentlichungen.
[Sebastian Schneider]

Die Schweizer ELUVEITIE scheinen zweifellos die meisten Konzertbesucher in das LKA Longhorn gelockt zu haben, was sich an den langsam immer dünner werdenden Reihen nach dem Auftritt der Schweizer festmachen lässt. Das Kieler Abrisskommando ENDSTILLE bläst heute Abend als letzte Band zum Angriff. Die Vehemenz und Brachialität des heutigen Auftritts ist für mich eine Überraschung, hatte ich ENDSTILLE das letzte Mal auf dem Up-From-The-Ground-Festival 2006 gesehen.

Aushängeschild von ENDSTILLE ist auf alle Fälle Frontmann Iblis, der in Sachen Ausstrahlung und Bühnenpräsenz selbst den früheren MARDUK-Frontmann Legion übertrifft. Iblis lauert wie ein Raubtier am Bühnenrand, er keift garstig und mit seiner Gestik und seinen Bewegungen verkörpert er den Idealtypus eines klassischen, charismatischen Black-Metal-Fronters. Die Setlist der Kieler bietet eine gute Mischung aus so ziemlich allen Veröffentlichungen der Band, wobei die neuen Stücke 'Endstilles Reich' sowie die schwarzmetallische Midtempo-Dampfwalze 'Vorwärts (Sturmangriff II)' besonders intensiv zelebriert werden. Im Zugabenteil wird noch 'Bastard' sowie das im Laufe des Sets immer wieder nachdrücklich eingeforderte 'Navigator' in die mittlerweile etwas müde wirkende Menge gefeuert. Schätzungsweise ein Viertel der zu Beginn des Auftritts noch anwesenden Konzertgänger hat bereits den Heimweg angetreten.

Klar, bei ENDSTILLE gibt es keine Spielereien, sondern stattdessen eine Vollbedienung in Sachen reinrassiger Black Metal. Der ENDSTILLE-Auftritt am Ende des Fear Dark-Festivals ist jedenfalls an Kompromisslosigkeit kaum mehr zu überbieten. Aus meiner Sicht eine sehr starke Vorstellung der Kieler!
[Martin Loga]

Witzige Momente:

- ein halb verhungerter Chrigel, der direkt aus dem Trog futternd fast in Panik ausbricht, als wir das Catering wegräumen wollen: "Nein! Ich hab heute noch NICHTS gegessen!" *schling*

- ein ziemlich angetrunkener Redaktionschef, der den Jungs von SLECHTVALK in knuffigem Englisch mehrfach klarmachen will, wie klein doch ihre besten Stücke sind

- der höchst betrunkene Basser von SLECHTVALK, der mehr deutsche Volkslieder (vor allem von HEINO) auswendig vorträgt als eine Armee Omas beim Kaffeekränzchen
[Sebastian Schneider]

- Im Backstage-Bereich ergibt sich ein Gespräch mit THY MAJESTIE-Sänger Dario Cascio, der ein Trikot der deutschen Nationalmannschaft trägt. Auf die EM 2008 angesprochen, interessiert mich natürlich, wie Dario die Chancen der deutschen Elf für den Titelgewinn auf einer Skala von eins bis zehn einschätzt. Trockener Kommentar des Italieners "Minus eins!". Falscher hätte der Mann allerdings nicht liegen können. Oder stand etwa Italien im Finale der EM?

Ein Dankeschön für zusätzliche Konzertfotos geht an Gernot Büxel.

Redakteur:
Martin Loga

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