GATECREEPER, 200 STAB WOUNDS und ENFORCED, Wiesbaden - Wiesbaden

09.11.2024 | 12:20

04.11.2024, Schlachthof (Kesselhaus)

Eine Abrissbirne, 200 Nackenschellen und eine Party bitte!

Ein Montag im November, grau, kalt und nebelig. Der Tag beginnt ziemlich stressig, nicht nur aufgrund der Arbeit, auch innerlich bin ich schon den ganzen Tag gestresst und angespannt. Als dann der Feierabend endlich eingeläutet werden kann, legt sich das ganze zumindest ein wenig, die Vorfreude auf das anstehende Konzert setzt allmählich ein und beginnt den Stress zu verdrängen. Jetzt nur noch hoffen, dass es keine Unfälle oder Staus auf der Autobahn gibt und siehe da, ich habe tatsächlich Glück, es geht problemlos voran, erst kurz vor Wiesbaden staut es sich ein wenig, aber nach ein paar Minuten geht es auch schon weiter. Eine schnelle und unkomplizierte Parkplatzsuche und eine Ankunft noch vor der Einlasszeit, lassen mich dann auch endgültig innerlich einigermaßen zur Ruhe kommen. Jetzt ein kurzer Fußmarsch und ab zum Kassenhäuschen. Nach ein paar Minuten beginnt der Einlass, auch das geht wie immer am Kesselhaus, schnell und unkompliziert. Ich möchte mich direkt zum Merchstand begeben, doch muss feststellen, dass vor dem kleinen Nebenraum wo das Merch aufgebaut ist, eine riesige Schlange steht, also beschließe ich, das ganze erst nach dem Konzert zu tun. Erstmal eine Cola und schauen, wen man so trifft und siehe da, ich kann das eine oder andere bekannte Gesicht ausmachen. Ein kurzer Plausch hier, ein kurzes Gespräch da und so vergeht die Zeit bis die erste Band die Bühne betritt wie im Flug.

Dann geht das Licht aus, ENFORCED betritt die Bühne und mir wird klar, jetzt gibt es erstmal ein paar deftige Nackenschellen in Form von Thrash Metal! Ich sehe die Truppe heute zum zweiten Mal live und deswegen weiß ich umso besser, was für eine Abrissbirne da auf uns alle zukommt. Direkt nach wenigen Sekunden, als die Jungs losschmettern, beginnt auch schon der erste Moshpit vor der Bühne. Das geht heute schnell, ist aber kein Wunder. Der Sound gefällt mir wirklich sehr gut, alles kommt wunderbar zur Geltung und auch die Vocals kommen schön direkt rüber. Doch nicht nur vor der Bühne, nein auch auf der Bühne ist ordentlich Bewegung. Die Jungs headbangen was das Zeug hält und legen sich allesamt so richtig ins Zeug. Wir bekommen unter anderem Titel vom überragenden Album "War Remains" um die Ohren gehauen, wie zum Beispiel 'Hanged By My Hand', ein absoluter Killertrack, vorallem live! Oder auch 'Kill Grid', den Titeltrack des gleichnamigen Albums, mit groovigem, aggressiven Riffing, dass man das Gefühl bekommt, einem wird hier heute mal so richtig der Kopf verdreht. Die Nackenmuskulatur arbeitet durchgehend, wie soll es auch anders sein, man kann hier gar nicht anders!

Neues Songmaterial haben die Amerikaner auch im Gepäck, nämlich 'A Leap Into Dark' und 'Casket' von der kürzlich erschienenen EP "A Leap Into The Dark". Auch diese Tracks, werden mit voller Energie durch die Boxen gejagt und in die Gehörgänge des Publikums gedroschen. Sänger Knox ist richtig gut gelaunt und schreit sowohl das Mikro als auch alle Anwesenden so an, wie man es sich als Thrash Metal Fan nur wünschen kann! Die Moshpits reißen den gesamten Auftritt nicht ab, vor der Bühne wird Gas gegeben und auch im restlichen Raum sieht man fliegende Mähnen.

Das war ein Thrash Metal Auftritt aus dem Lehrbuch, genau so wird das gemacht. Ich bin auch dieses Mal einfach nur begeistert und weiß, warum ich ein Fan dieser Band bin! Was für ein bärenstarker Auftritt. Die Truppe wird mit richtig fettem Applaus und unter Jubelrufen verabschiedet. Das hat sich ENFORCED verdient!

 

Nun ist die Nackenmuskulatur warm, kurze Umbaupause. Luft schnappen und sich mal kurz locker machen, denn die nächste Band wird einem definitiv die Ohren lang ziehen, in den Hintern treten und uns nochmal eine Portion Nackenschellen verpassen. Als das Equipment steht und die letzten Feinheiten auf der Bühne und an den Instrumenten eingestellt sind, geht es nach einem finsteren Intro los. 200 STAB WOUNDS legen los! Ehe ich mich versehe, finde ich mich in einem Strudel aus Geschwindigkeit, Brutalität, rhythmischen, groovigen Riffs vom Allerfeinsten und einem Schlagzeuggewitter wieder und weiß plötzlich nicht mehr wo oben und unten ist. Das, was da aus den Boxen knallt, trifft mich mit voller Wucht! In mir macht sich eine riesengroße Freude breit und das Grinsen ist nur schwer wieder aus dem Gesicht zu bekommen. Jetzt wo die Nackenmuskeln eh schon vorgewärmt sind, kann man schön weitermachen und auch hier kann man einfach nicht anders als durchgehend zu headbangen. Genau wie der Moshpit, der ebenfalls vom ersten Song an nicht aufhören will, zu wüten. Langsam aber sicher steigt die Temperatur und die Stimmung fängt an zu kochen. Aus dem Kesselhaus wird ein Hexenkesselhaus!

Mit morbiden Groovemonstern wie 'Masters Of Morbidity' oder 'Tow Rope Around The Throat' wird einem der Kopf erstmal vom Hals abgeschraubt. Der Boden bebt, die Haare und die Personen im Pit fliegen durch den Raum. Das Ganze wird abgerundet durch den mehr als guten Sound. 200 STAB WOUNDS zählt momentan ohnehin zu meinen Death Metal Favoriten, aber dass sie live so gut sind, dass mir sprichwörtlich die Kinnlade runterklappt, hätte ich nicht gedacht. Die Jungs ziehen ihr Set so gnadenlos durch, es macht unfassbaren Spaß, die Energie von der Bühne überträgt sich auf das ganze Kesselhaus! Verdammt, macht das Spaß! Als letzten Song wird ein absolutes Highlight aus dem Katalog der Band performt. 'Itty Bitty Pieces' versohlt uns allen nochmal so richtig den Hintern und nach dem Song wird es richtig laut, ein amtlicher Abschied, und viel Applaus für diese astreine groovige Death Metal Abreibung! Das waren keine 200 Stichwunden, wohl eher 200 musikalische Ohrfeigen!

 

Als die Jungs die Bühne verlassen, muss ich erstmal meine Kinnlade wieder richten und meine Sinne zusammensuchen, denn diese wurden einmal im kompletten Raum verteilt.

Jetzt dauern die Umbauarbeiten etwas länger, auf der Bühne herrscht reges Treiben, es wird alles für den Headliner des Abends vorbereitet: GATECREEPER! Wir haben jetzt einmal Abrissbirnen-Thrash und einmal brutalen, rhythmischen Death Metal serviert bekommen und gehen nun über zum Death Metal der melodischen Sorte. Nein, ich sage bewusst nicht Melodic Death Metal, auch wenn die Jungs aus Arizona ihren Todesstahl sehr melodisch verzieren, bleibt es doch eher die klassische Spielart des Genres. Als das Licht aus geht und die Amerikaner die Bühne betreten, dauert es nicht lange und es ballert 'Oblivion' vom neuesten Werk "Dark Superstition" aus den Boxen, was ich bereits mit Spannung erwartet hatte, da ich wissen will, wie die neuen Songs, welche in Sachen Melodie noch einmal ein bisschen zugelegt haben, um es vorsichtig auszudrücken, live herüberkommen. Bitte nicht falsch verstehen, nichts gegen gute Melodien oder melodische Songs oder gar Melodic Death Metal, allerdings gefallen mir die GATECREEPER Scheiben vor Dark Superstition wirklich gut, ich persönlich, habe mehr Spaß an der Truppe, wenn die Songs aggressiver und schnittiger ohne zu viele Melodieschnörkel daherkommen. Doch 'Oblivion' entpuppt sich genauso wie 'Deadstar' oder auch 'The Black Curtain' als spaßige Livenummer! Ja, das muss ich zugeben, es macht Spaß! Wo wir schon beim Thema Spaß sind, das ganze Set lang ist im Kesselhaus Party angesagt, ich meine Death Metal Party. Der Geruch von Bier liegt in der Luft, nicht abreißende Moshpits, fliegende Mähnen, erhobene Fäuste und Devil Horns, eine astreine Performance, bei einem super Sound und eine Band, die sichtlich Spaß auf der Bühne hat. Sänger Chase, trägt passen dazu heute Sonnenbrille und punktet durch sympathische Ansagen zwischen den Songs beim Publikum. Bei der Frage, wer alles am nächsten Tag auf die Arbeit muss und sich die meisten Gäste melden, kommt die lässige Ansage: "Wenn ihr morgen auf die Arbeit kommt und nach Schweiß und Bier riecht, sagt eurem Chef, ihr habt mit GATECREEPER gefeiert, so einfach ist das!"

Da muss ich ihm recht geben, so einfach ist das! Doch natürlich werden nicht nur neue, sondern selbstverständlich auch ältere Songs gespielt, die, wie auch letztes Jahr auf dem Party San, live so richtig, energetisch und euphorisierend wirken. Beispielsweise 'Ruthless' vom 2019er-Album "Deserted" oder 'Craving Flesh' von der 2016er-Scheibe "Sonoran Depravation", richtig fett!

'Flamethrower' darf natürlich auch nicht fehlen, ebenfalls von 2016. Ja, das sind auch heute Abend neben meinem Lieblingssong 'From The Ashes' wohl wieder meine absoluten Highlights. Hier überkommt es mich einfach jedes Mal, dieses wohlige Gefühl, erzeugt durch die ENTOMBED Anleihen, die hier sehr deutlich durchschimmern. Dieser Part ab Minute 2.30, der mich einfach jedes Mal beim Hören des Songs in komplett andere Sphären befördert und komplett abdriften lässt, dieser melodisch epische Teil zum Ende des Songs, Gänsehaut, geballte Faust und ein "Wow" kann ich mir nach dem Song einfach nicht verkneifen. Verabschiedet werden wir ebenfalls mit einem älteren Song. 'Bolied Over' beendet die Show und die Band verlässt nach einigen High-Fives, ein wenig Interaktion mit dem Publikum die Bühne und lässt ein glückliches Publikum zurück.

Was für ein gelungener Konzertabend! Ich habe drei richtig gute Bands sehen dürfen, alle haben Gas gegeben und jede Band hat mir persönlich noch einmal etwas bewiesen:

ENFORCED zeigt mir erneut, warum sie zu meinen Lieblingsbands gehört, die zuverlässige Abrissbirne!

200 STAB WOUNDS, erweist sich live als wahnsinnige Death-Metal Dampfwalze, live nochmal mehr Spaß als sowieso schon auf den Scheiben. Diese Band klettert dadurch in meinem Ranking ein paar Sprossen hoch!

GATECREEPER ist wirklich ein Garant für einen guten Melodie-Abriss im tödlichen Gewand, auch wenn die jüngsten Entwicklungen auf "Dark Superstition" nicht ganz meinen Nerv treffen, live ist das spaßig und die alten Songs, sind einfach super!

Das Paket aus diesen drei Bands ist einfach super durchdacht, tolle Kombination, passend und stimmig. Da geht es mit den schönen Erinnerungen und einem Grinsen im Gesicht hinaus in die eiskalte und sternklare Novembernacht auf den Heimweg.

Redakteur:
Kevin Kleine

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