HÄMATOM und ZOMBIEZ - Kaiserslautern
14.11.2024 | 10:1931.10.2024, Kammgarn
HÄMATOM feiert Halloween in der Westpfalz.
Nach dem letztjährigen Auftritt im Rahmen der "Zombieland"-Tour, findet in diesem Jahr die "Zombieland"-Show an Halloween mit HÄMATOM im Kaiserslauterer Kammgarn statt.
Am letzten Tag im Oktober, dem Samhain, schleicht so manch illustre Gestalt nach Einbruch der Dunkelheit von Tür zu Tür und fordert von den Bewohnern "Süßes oder Saures". Richtig was auf die Ohren gibt es jedoch im Kammgarn zu Kaiserslautern, wo nach der letztjährigen Premiere, erneut zur "Zombieland"-Feier an Halloween eingeladen wird. Man munkelt schon, dass das Zombieland auch im Jahr 2025 eine Wiederholung erleben wird. Neben zahlreichen Untoten haben aber auch noch recht lebhafte Metaller den Weg in die Westpfalz gefunden und haben dafür gesorgt, dass das Kammgarn am heutigen Abend rappelvoll ist.
Dass das HÄMATOM mittlerweile zur Marke gereift ist, wird gleich bei meinem Eintreffen vor der Halle sichtbar. Ein großer Verkaufswagen mit zahlreichen Shirts, Tonträgern und so allerlei Nippes rund um die Band, wartet hier auf zahlungswillige Kundschaft und der Rubel rollt an diesem Abend. Wer hätte das gedacht, dass ich jemals freiwillig zu einem HÄMATOM-Konzert gehen werde. Im Jahr 2005 war ich auf dem Earthshaker Festival in Geiselwind als Fotograf unterwegs und wurde um ein Uhr Nachts von unserem damaligen Chef Georg zum Fotografieren in die Eventhalle geschickt, um die letzte Band des Abends abzulichten. Eine neue Band aus dem Frankenland bekam ich als Info, die etwas anders ist. Er hatte nicht zu viel versprochen, HÄMATOM waren und sind in der Tat anders und so richtig erwärmen konnte ich mich damals nicht mit dem Spektakel auf der Bühne. Manchmal braucht es halt ein bissl länger, bis sich die Liebe entwickelt.
Passend zu Halloween hat man die Horrorcore-Rap-Formation ZOMBIEZ als Opener ausgewählt. Das ist allerdings auch schon alles was passt. Nach den ersten Klängen wird klar, dass die ZOMBIEZ so rein gar nichts mit Metal am Hut haben und die Hörnerven von Anbeginn extremst strapazieren. Selbst das Licht ist beschissen und so stehen die Herren ohne Frontlicht mit ihren Zombiemasken zumeist im Dunkeln oder im dichten Nebel. Nach einem Song reicht es mir bereits und ich verlasse wieder den Fotograben. Ein ebenfalls begeisterter Kollege raunt mir noch "was für eine Zeitverschwendung" zu. Dem ist leider nichts mehr hinzufügen. Das Publikum sieht es größtenteils genauso und man hört so einige Pfiffe und Unmutsbekundungen nach dem Ende des Sets, zumindest von denen, die nicht bereits die Flucht ins Foyer ergriffen haben. Bei mir macht sich Erleichterung breit, als das Hallenlicht angeht.
Während der Umbaupause füllt sich der Innenraum des Kammgarns beachtlich, da anscheinend jeder direkt vor die Bühne möchte. Selbst der Zugang zum Fotograben ist saueng und reicht geradeso, um meinen schlanken Astralkörper durchzuquetschen. Nein ich bin nicht im Marshmallow-Mann-Kostüm unterwegs, das ist ein anderer Besucher, bei mir ist alles mühselig in Kleinstarbeit angefuttert. Die Bühne ist mit einem Regenbogenvorhang abgehängt auf dem vier apokalyptische Einhörner abgebildet sind. Als der Vorhang fällt, erscheint HÄMATOM nicht mit den üblichen Masken, sondern passt sich dem heutigen Ereignis an.
Während Sänger Nord als Pest-Doktor verkleidet auftritt, erscheint sein Kompagnon Ost als Freddy Krüger. Das neue Mädel an der zweiten Gitarre, das bekanntlich auf den lieblichen Namen Rose hört, hat sich am heutigen Abend für das Lady Deadpol-Kostüm entschieden, sehr schick. An den Drums sitzt für den aufgrund eines Armbruchs ausgefallenen Süd, ein Ersatzmann der seine Sache mehr als ordentlich erledigt. Süd lässt es sich dennoch nicht nehmen, seine Bandkollegen mit seiner Anwesenheit zu unterstützen und von der Bühnenseite zu verfolgen.
Das Kammgarn ist gleich auf Betriebstemperatur und gleich bei den ersten drei Songs 'Ein' auf den Tod - zwei auf das Leben', 'Gaga' und 'Zombieland' geht ordentlich die Post ab. Die Texte werden lautstark mitgesungen, während die Pommesgabeln hundertfach gen Himmel gereckt sind. Mit 'Gott muss ein Arschloch sein' verarbeitet HÄMATOM auf seine Art den Tod von Bassist West, der im August letzten Jahres nach langer schwerer Krankheit leider viel zu früh verstorben ist. Hatte man noch bei der letzten Tour einen Bassisten (R2R) mit auf Tour genommen, wird dieser mittlerweile durch die Hinzunahme einer zweiten Gitarre live kompensiert. Auch der obligatorische Käfig kommt wieder zum Einsatz, indem man als Fan ganz exklusiv das Treiben auf der Bühne aus nächster Nähe verfolgen kann. Erstaunlicherweise meldet sich immer wieder überwiegend das weibliche Geschlecht, wenn Sänger Nord den besonderen Platz anbietet. Immerhin müssen die Gäste im Käfig nicht verdursten und bekommen ein Getränk ihrer Wahl.
Zu meinen Highlights zählen eindeutig 'Wir sind keine Band', 'Ich liebe dich zu hassen' oder 'Wir ficken unsren Kopf'. Aber auch 'Lichterloh' oder die neue Single 'Pogogirl' haben ihren Charme. Zu 'Bleib in der Schule' gesellt sich als Gastsänger SALTATIO MORTIS-Barde Alea im männlichen Deadpol-Kostüm mit auf die Bühne und gibt gemeinsam mit Nord den Song zum Besten. Die folgende Ballade 'Alte Liebe rostet nicht' gewährt ein wenig Zeit zu Verschnaufen. Ein von der Bühne bis zum Mischpult getragenes Bühnenpodest, dient wenig später Nord und Ost als kleine Bühne, um mitten im Publikum das Stück zum Besten zu geben, nicht neu aber immer wieder eine coole Aktion. Die Band brennt nicht nur musikalisch ein Feuerwerk ab, immer wieder steigen irgendwo auf der Bühne Flammen empor oder es sprühen Funken. Auch der Ersatzdrummer wird von den Fans wie gewohnt auf einer kleinen Plattform und einem spartanischen Schlagzeug quer durch die Halle getragen. Die Show ist äußerst kurzweilig und die Nacht des Grauens biegt nach gut anderthalb Stunden mit 'Eva', 'Ihr wisst gar nichts über mich' und 'Wir sind Gott' so langsam in die Zielgerade ein, ehe 'Dagegen', 'Kids' und 'Es regnet Bier' dem Spektakel ein Ende setzt.
HÄMATOM hat in den vergangenen zwei Stunden alles gegeben und die Band weiß ganz genau was sie tut und dass sie polarisiert. Über all die Jahre hinweg hat sich der Sound der Band gewandelt und die Kompositionen sind reifer und strukturierter. Man scheut sich nicht, auch mal genreuntypische Klänge einfließen zu lassen. Das gefällt natürlich nicht jedem und vereinzelt halten gerade alte Fans der Band vor, sich dem Kommerz hinzugeben. Nun ja, wir müssen bekanntlich ja alle irgendwie unsere Brötchen verdienen und der Erfolg gibt den Franken recht. Ansonsten einfach mal die Fresse halten, wie HÄMATOM singt. Ich glaube nicht, dass irgendjemand heute Abend unglücklich nach Hause geht. Genau so soll es sein. Ich freue mich schon auf die Jubiläums-Tour im nächsten Jahr.
Setliste: Ein' auf den Tod – zwei auf das Leben; Gaga; Zombieland; Gott muss ein Arschloch sein; Wir sind keine Band; Ich hasse dich zu lieben; Leichen pflastern unsern Weg; Ficken unsren Kopf; Diego Maradona; Lichterloh; Scheisse kommt – Scheisse geht; Pogo-Girl; Bleib in der Schule; Tanz auf dem Vulkan; Alte Liebe rostet nicht; Eva; Ihr wisst gar nichts über mich; Wir sind Gott; Dagegen; Kids; Es regnet Bier
Text und Fotocredit: Frank Hameister
- Redakteur:
- Frank Hameister