HELL OVER HAMMABURG 2018 - Hamburg

22.03.2018 | 18:15

09.03.2018, Markthalle

Das tolle Indoorfestival geht in die nächste Runde!

Erneut geht es auch in diesem Jahr wieder heiß her in der altehrwürdigen Markthalle zu Hamburg. Wie schon in den Jahren zuvor öffnet das HELL OVER HAMMABURG Festival seine Pforten und bietet an zwei Tagen einen herrlich dunkel-bunten Querschnitt unserer Lieblingsmusik. Von Retrorock über Epic- und Doom-Metal bis hin in den tiefsten Black- und Death Metal wird hier so ziemlich jede Stilistik berücksichtigt. Dabei wird großer Wert auf Underground und coole Newcomer gelegt, so dass man dem Festival nach den bisherigen Jahren eine sensationelle Entwicklung attestieren kann. Auch die Organisation lässt kaum Wünsche offen, so dass es wenig überrascht, dass es in diesem Jahr erstmalig keine Karten mehr an der Abendkasse gibt. Total toll!

Eröffnet wird der diesjährige Reigen von den mir bislang unbekannten Kanadern namens GEVURAH. Das blackmetallische Quartett aus Montreal zelebriert zähflüssige Musik, die es mir schwer macht, irgendeinen Bezug aufzubauen. Erschwerend addiert sich der Umstand hinzu, dass man etliche Minuten damit verplempert, zu einem vom Band kommenden Intro Kerzen zu entzünden. So etwas kann man machen, wenn man mit einer langen Spielzeit gesegnet ist, aber bei einem kurzen Slot gleich mal sieben Minuten damit zu verbringen, finde ich unpassend. Die schon beachtlich gefüllte Markthalle begutachtet das Treiben allerdings mit norddeutscher Gelassenheit, welches sich allerdings auch während der Darbietung der musikalischen Inhalte nicht sonderlich ändert. Zu introvertiert agiert die Band um Drummer XT. Mir persönlich gefällt die kratzbürstige Musik immer dann, wenn man das Tempo etwas reduziert. Dann höre ich interessante Rhythmuswechsel und bestaune, mit welcher Urkraft der Schlagzeuger sein Instrument bearbeitet. Schaltet die Band aber in den sechsten Gang, was sie nicht selten macht, bin ich schnell raus. Da fehlt mir der rote Faden in der Musik. Mag auch daran liegen, dass man auf einer in permanentes Rotlicht getauchten Bühne eben diesen weniger gut sehen kann. Sehr wahrscheinlich bin ich aber einfach nur der falsche Rezensent für solche Musik. Von daher belasse ich es bei diesem kurzen Eindruck.

Weiter im Takt geht es mit dem schwedischen Fünfer DEAD KOSMONAUT, welcher uns einen feinen Stilmix aus Doom und Schlaghosen-Metal serviert. Die Band um NIFELHEIM-Sänger Per Gustavsson sagt mir wesentlich besser zu als GEVURAH. Schon bei den ersten beiden Nummern 'Time Is The Wound' und 'Concrete Sky' hat man das Publikum voll im Griff. Die toten Kosmonauten präsentieren sich selbstbewusst und rocken das Haus in altmodischer Manier. Für Freunde von Nifelheim und sicherlich erst recht für alle anderen, die sich bislang nicht mit der Band beschäftigt haben, mag es eine Überraschung sein, dass der Hellbutcher über so eine klare und kraftvolle Stimme verfügt, da er diese bei seiner alteingesessenen Truppe nicht einsetzt. Kenner des tollen Albums "Expect Nothing" wissen dies natürlich bereits und können genussvoll schwofen. Es folgt mit 'Vanitis Profeta' eine sehr gute neue Nummer, bevor man das zerstörerische 'Dead Men Walking' auspackt. Wer bei diesem Groove die Füße still halten kann, ist auch zu anderen Schandtaten fähig. Großartig mit welcher Lockerheit die Schweden hier mal eben durch alle Gehörgänge fegen. Nach 'Craving Mad' gibt es mit dem flotten 'Iscariots Dream' eine weitere coole neue Nummer, bevor man mit dem Opener des Albums den Auftritt beendet. Bevor die Saalbeleuchtung angeht, zollt man den großen Helden aber noch Tribut. Der Titelsong des zweiten Maiden-Albums wird in einer furiosen Version dargeboten und sorgt für überschwängliche Begeisterung in der ganzen Halle. Beinahe jeder singt mit und so endet der Auftritt von DEAD KOSMONAUT mit einem absoluten Tageshighlight. Aber auch ohne dieses Finale zählt die Band für mich zu den Gewinnern dieser tollen Veranstaltung.

Setliste: Time Is The Wound; Concrete Sky; Vanitis Profeta; Dead Men Walking; Craving Mad; Iscariots Dream; Amdaut

Dass ich mich mit Black Metal nicht besonders gut auskenne, ist kein Geheimnis. Die Band ULTHA aus Köln ist mir aber natürlich trotzdem geläufig, zu präsent war ihr Name in den einschlägigen Magazinen. Allerdings überfordert ihr brachialer Black Metal meine altmodischen Ohren schnell, denn trotz abwechselndem Gesang und teils interessanter Gitarrenarbeit, habe ich es schwer, Zugang zu der Musik zu finden. Während andere von grandiosem Songaufbau und einer fesselnden Atmosphäre schwärmen, bin ich nach einiger Zeit einfach nur erschlagen. Die in permanentes Rotlicht getauchte Bühne untermalt natürlich die blutroten Noten von Ultha sehr eindrucksvoll, aber musikalisch bin ich da raus. Freunde dieser Stilistik sprechen aber später von einem sensationellen Auftritt. So denn...


Nach dem blutigen Ritual von Ultha folgt nun wieder Musik, die mir eher liegen sollte. Die Damen und Herren von SAVAGE MASTER bitten zum wilden Ritt und ich bin gespannt, ob ich dieses Mal mehr mit der livehaftigen Darbietung anfangen kann als beim KIT. Gleich zu Beginn fällt der druckvolle Sound positiv ins Ohr. Die Gitarren drücken dieses Mal richtig nach vorne, do dass ich beim Eröffnungstrippel 'Black Hooves', 'Vengeance Is Mine' und 'Whips & Chains' gut in den Auftritt rein komme. Während ich den guten Klang nicht unbedingt der Band zuschreiben kann, muss ich allerdings dieses Mal anerkennen, dass sich die ganze Chose weniger rumpelig – andere würden sagen "charmant" – anhört als zuvor. Es scheint, man hat geprobt. Vielleicht nimmt dies für eingeschworene Fans den Nummern den Kauzfaktor, ich finde es so deutlich angenehmer. Optisch ist der Mentors-Look natürlich immer noch eine Geschmacksfrage, aber ich finde vor allem den bebrillten Klampfer jedes Mal prächtig anzuschauen. Dass ich mit dem Gesang von Stacey noch immer nichts anfangen kann, ist mein alleiniges Problem, denn den meisten Anwesenden scheint es prima zu gefallen. Ich mag ihre sehr raue und metallische Art, sich zu artikulieren, aber es ist die Klangfarbe ihres Organes, welches mir nicht zusagt. Als sie sich zum Ende des Sets in ihren Umhang gewandet, wissen alle, dass nun mit 'Ripper In Black' der heimliche Underground-Hit der Band folgt und so ist es auch keine Überraschung, dass hier die Halle mal kurz kocht. Das kann auch das abschließende 'Death Rides The Highway' nicht mehr toppen. Insgesamt ein wirklich guter Auftritt von SAVAGE MASTER, dem ich gern beigewohnt habe.

Setliste:Black Hooves; Vengeance Is Steel; Whips & Chains; Sacrifice; Burning Leather; Child Of The Witch; Ready To Sin; Path Of The Necromancer; Mask Of The Devil; Dark Light Of The Moon; Creature Of The Flames; Ripper In Black; Death Rides The Highway

Die erste Band, der ich mit sehr hoher Erwartungshaltung entgegen blicke, ist DIAMOND HEAD. Eine Band der NWoBHM, die etliche Hits geschrieben hat und die niemals wirklich aus dem Quark gekommen ist. Während mein letztes Konzerterlebnis mit der Band beim HOA 2014 eher zwiespätlig ausfiel, läuft der letzte Longplayer immer wieder sehr gerne. Von daher bin ich gespannt, mit welcher Qualität die Band um Originalgitarrist Brian Tatler dieses Mal aufwarten wird. 'Play It Loud' finde ich als Opener schon mal schräg. Das ist natürlich keine schlechte Nummer, aber diesem Backkatalog ausgerechnet hiermit zu starten, zaubert ein paar Falten auf meine Stirn. Ebenfalls erstaunt mich die Tatsache, dass die Band nur als Quartett angereist ist, da man zuletzt ja mit einer zweiten Gitarre am Start war. Dafür hat man als Ausgleich aber den saftigsten Klampfensound des gesamten Festivals am Start. Alter Verwalter, wie spritzig springen uns denn hier die fetten Riffs des Meisters entgegen und wie knusprig sumseln die Basslinien von Dean Ashton aus den Speakern? Das ist mächtig! Als dann 'Living On Borrowed Time' angestimmt wird, bin ich elektrisiert. Dieses Riff hat noch immer die gleiche Wirkung auf mich wie vor 35 Jahren. Das ist sensationell! Daran kann auch der etwas überambitionierte Gesang von Rasmus Bom Andersen nichts ändern. Klar, er ist nicht Sean Harris, aber er macht seine Sache sehr gut. 'Bones' vom aktuellen Album beweist, wie toll auch die neuen Nummern ist Gefüge passen, und als mit 'In The Heat Of The Night' der nächste Kracher abgefeuert wird, habe ich meinen Tagessieger schon gekürt. Nach dem nächsten aktuellen Kracher 'Set My Soul On Fire' gibt es dann nur noch Sahnehaubitzen aus der guten alten Zeit. Ich habe längst meinen Seelenfrieden mit dem Sänger geschlossen, der offenbar einfach nur mächtig viel Spaß auf der Bühne zu haben scheint und daher an manchen Stellen etwas übers optische Ziel hinaus schießt. Das ist mir aber tausend Mal lieber als diese introvertierten Kapuzen-Gestalten, die mich in ihrer Statuenartigkeit genau gar nicht erreichen können. Natürlich gibt es als Rausschmeißer die obligatorische Frage, ob wir alle "evil" seien und noch natürlich schreien wir alle artig "Yes!". So wie im Anschluss daran die Matten fliegen, die Luftgitarren knattern und die Kehlen heiser gesungen werden, scheint dies auch zu stimmen. Ganz famos!

Setliste: Play It Loud; Living On Borrowed Time; Bones; In The Heat Of The Night; Set My Soul On Fire; Lightninbg To The Nations; Helpless; Shoot Out The Lights; It's Electric; Sucking My Love; The Prince Am I Evil?

Den Headliner des heutigen Freitages kenne ich tatsächlich auch nur sehr sporadisch. Natürlich weiß ich um den Kult, der um die tschechischen Kollegen von MASTERS HAMMER in bestimmten Kreisen betrieben wird, und mir ist auch bekannt, dass die Band mit der recht langen Diskographie so gut wie nie live auftritt. Von daher bin ich gespannt, was uns nun geboten werden wird. Schon die Bühnendekoration fällt aus dem Rahmen und lässt erahnen, dass wir es nicht mit handelsüblichem Düstermetal zu tun bekommen werden. Zu bunt ist das Coverartwork des letzten Albums "Fascinator", welches als Backdrop dient. Interessant ist auch die Besetzung, die neben den üblichen Instrumenten noch einen Paukenspieler beinhaltet, den man allerdings nicht hören kann. Das ist aber nebensächlich, denn Frontmann Franta Štorm zieht allein schon durch seine Optik alle Augen auf sich. Ein dunkelrotes Seidenhemd und ein Cowboyhut sieht man nicht alle Tage an einem Musiker dieser Musikrichtung und sein Sidekick am Bass ist mit seinem Zwergenoutfit nicht weniger skurril. Das alles passt wunderbar zur völlig abgefahrenen Musik, der man sich wahrscheinlich nur richtig hingeben kann, wenn man sie jahrelang inhaliert hat. Ich fühle mich so zwar bestens unterhalten, weiß aber nicht so recht, was ich von der rein musikalischen Darbietung halten soll. Wie mir hinterher gesteckt wird, hat sich die Band dabei sogar auf die eher weniger progressiven Nummern konzentriert. Der bewusstseinserweiterte Freund der Truppe wird dies anhand der Setliste besser beurteilen können, ich für meinen Teil finde auch die gespielten Stücke schon reichlich durcheinander. So wird es zum Ende auch etwas leerer in der Markthalle, was allerdings wenig über die Klasse von MASTERS HAMMER aussagt.

Setliste: Intro; Pád modly; Věčný návrat; Geniové; Zapálili jsme onen svět; Ve věži ticha; Estetika ďábla; Ja Mizerii Osudu; Každý z nás...!; Fascinator; Psychoparasit; Černá svatozář; Útok; Mezi kopci; Vracejte konve na místo; Jáma pekele

zum zweiten Tag:

Redakteur:
Holger Andrae

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