Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen

20.08.2009 | 10:57

23.07.2009, Scheune

Der Garten brennt schon wieder! Der tradtionell metallische Untergrund zeigt sich in Deutschlands Norden einmal mehr von seiner besten Seite.

Zum ersten Mal zum Headbangers Open Air, dem von Sagen umwobenen Metal-Underground-Event des deutschen Nordens. Die Vorfreude ist riesig, zumal das Billing großartig ist und meine nordischen Bekannten mir von einer der gemütlichsten Gartenparties vorgeschwärmt haben, die man sich vorstellen kann. Nun, für mich als Neuling ist es wirklich nicht ungemütlich, doch dem Vernehmen nach soll die Zuschauerzahl gegenüber dem Vorjahr erheblich gestiegen und das Gelände somit enger geworden sein. Um die Zweitausend werden es sein, die in Brande-Hörnerkirchen auflaufen und den Obstgarten mit der kleinen Bühne unsicher machen. Da mag es den langjährigen Besucher vielleicht stören, die eine oder andere Band nicht mehr liegend vor der Bühne in der ersten Reihe sehen zu können, doch den Bands gönnen wir ja alle ein wenig Publikum, oder? Doch zum Organisatorischen und zum Umfeld kommen wir gegen Ende nochmal; widmen wir uns erst den Bands:

Die Ehre, das zwölfte Headbangers Open Air zu eröffnen, wird LICK THE BLADE zu Teil. Die junge, seit fünf Jahren aktive Band aus Cleveland in Ohio bringt das Publikum mit instrumental stark MAIDEN-lastigem, flottem Metal rasch in Stimmung und der kleine, kahlköpfige Frontmann Ted Anderson beeindruckt mit einer recht schrillen aber passenden Stimme. Die Band hat sichtlich Spaß daran, die Songs ihres Debütalbums zu spielen und kommt sehr sympathisch und euphorisch rüber. Da LICK THE BLADE überdies das neueste Signing von Auburn Records ist, wird der Eröffnungsgig gegen Ende hin zur Party zum 25jährigen Jubiläum der Plattenfirma umfunktioniert. Nach dem regulären Set klettern nach und nach diverse Ehrengäste auf die Bühne, wobei den Anfang Labelboss Bill Peters macht, der gleich mal etliche Geschenke (Shirts und Promos) an das Publikum verteilt. Er bedankt sich bei Jürgen Hegewald und seinem Team für die Einladung und kündigt BREAKER-Drummer Mark Klein, DESTRUCTOR-Sänger Dave Overkill und -Gitarrist Pat Rabid und ETERNAL REIGNs Gitarristen Mick Sebastian an. Diese zocken zusammen zunächt einmal BREAKERs 'Blood Money', das auf viel Beifall stößt. Noch größer wird die Begeisterung, als zusätzlich DESTRUCTORs 'Iron Curtain' zum Besten zu geben. Auch einen Song zum Motto des Festivals gibt es: Nämlich ein Cover zu WRETCHs 'Make This Garden Burn'. So bekommen die erwartungsfrohen Zuschauer gleich zum Einstieg ins Festivalwochenende den perfekten Mix aus hungrigem Newcomer und der Präsenz ihrer alter Underground-Heroen. In dem Stil darf es gerne weitergehen.

[Rüdiger Stehle]

Die beiden bislang veröffentlichten Alben von BULLET, nämlich "Heading For The Top" und "Bite The Bullet", sind sicherlich gut und machen auch viel Spaß, aber im Grunde gehört diese Musik auf die Bühne. Mit Kreativität und Innovation ist es bei den Schweden nämlich nicht so weit her, aber dafür transportieren sie den "alten Kram" aus den 80ern derart gekonnt in die Neuzeit, dass es eine regelrechte Freude ist. Die Stimmung ist dementsprechend von Beginn an sehr gut, und schon die ersten Songs 'Pay The Price' und 'Rock Us Tonight' vom aktuellen Album werden begeistert aufgenommen. BULLET bieten eine ausgewogene Mischung von Songs ihrer beiden Alben, und so kommt neben weiteren neuen Stücken wie 'Dusk Til Dawn', 'Roadking' und 'Bite The Bullet' auch Material vom Debütalbum zum Zug: 'Turn It Up Loud', 'Heading For The Top', 'One Deal With The Devil', 'Speeding In The Night' und 'Rambling Man'. Nur 'Heavy Metal Highway' von der 2003er-EP fehlt auch dieses Mal wieder. Viel mehr gibt's an dem Auftritt von BULLET aber nicht auszusetzen: Die Musiker auf der Bühne feiern mit den Fans vor der Bühne eine ordentliche Metal-Party, die mit der hierzu perfekt passenden Hymne 'Bang Your Head' schließlich endet, und nichts anderes hat man von den Schweden erwartet.


Setlist: Pay The Price; Rock Us Tonight; Turn It Up Loud; Dusk Til Dawn; Heading For The Top; One Deal With The Devil; Speeding In The Night; Rambling Man; Bite The Bullet; Roadking; Bang Your Head

[Martin Schaich]

 

Zum zweiten Mal nach Übersee geht es mit den für diesen Gig reformierten Q5, die ansonsten heutzutage unter dem Namen NIGHTSHADE unterwegs sind. Das Quartett aus der Grunge-Hochburg Seattle zockt am heutigen Donnerstag also die Stücke seiner 80er-Jahre-Inkarnation, die sich ein gutes Stück mehr im bluesigen und doch recht heavy bratenden Melodic Hardrock bewegen, als dies heute bei NIGHTSHADE der Fall ist, deren über Hellion Records vertriebene Scheiben eine doch deutlich metallischere Note haben. Aushängeschilder sind bei Q5 natürlich der kleine und in Sachen Stageacting stark an Brian Johnson erinnernde Sänger Jonathan K. und das nicht unbedingt sehr komplexe aber doch traumwandlerisch sichere, sehr gefühlvolle und wirklich begeisternde Gitarrenspiel Rick Pierces. Jonathan wirkt optisch beim Singen zwar recht angestrengt, aber er bringt die Stücke sehr gut und mit viel Spielfreude und der einen oder anderen witzigen Bemerkung rüber. Basser Evan hält sich derweil sehr lässig zurück, legt aber zusammen mit Drummer Frankie ein toll groovendes Rhythmusfundament. Die Songs stammen vorwiegend vom 1984er-Debüt, doch auch  "When The Mirror Cracks" aus dem Folgejahr kommt mit einigen Tracks zum Zug. Hierbei laufen mir vor allem 'Let Go' vom Zweitling und natürlich das grandiose Titelstück des Debüts "Steel The Light" toll rein. Gerade bei Letzterem ist sich das Publikum absolut einig und so wird aus vielen Kehlen inbrünstig mitgesungen.

Setlist: Intro, When The Mirror Cracks, Missing In Action, Lonely Lady, Rock On, Freedom, Ain't No Way To Treat A Lady, Pull The Trigger, Let Go, Steel The Light, Teenage Runaway.

[Rüdiger Stehle]

Es wäre gelogen, zu behaupten, ich wäre nicht skeptisch gewesen als ich erfuhr, dass Dougie White der neue Frontmann bei meinen Rumpelgöttern TANK sein würde. Als Sänger bei RAINBOW und CORNERSTONE ist er in der Vergangenheit eher sehr melodisch in Erscheinung getreten. Nicht, dass ich etwas seichtere Klänge nun schlecht finden würde – au contraire – aber TANK heißt halt Panzer und genau so klang das in der Vergangenheit auch meist. Trotz zunehmender Melodiedichte auf den späteren Werken ist der Panzer zu keiner Zeit zum Kuschelpanzer mutiert. Ein Umstand, der nicht nur im räudigen Charme von Fotzenmeister Algy Ward begründet lag. Sehr gespannt harre ich also den Dingen, die da nun kommen sollen. Neben den Gitarristen Mick Tucker und Cliff Evans (Photo rechts) spielt aktuell sogar Ur-Trommler Mark Brabbs bei den Briten. Ein gutes Omen? Nicht wenige Fans scheinen wegen TANK in den brennenden Garten gereist zu sein, wenn man die Anzahl der gepanzerten T-Shirts als Messlatte sehen möchte. In Sachen Setlist macht der Fünfer dann auch alles richtig. Und so könnte ich jetzt theoretisch schreiben, ich hätte diverse Hymnen serviert bekommen, denn nichts anderes sind Kracher der Marke 'Shellshock', 'Power Of The Hunter', 'Echoes Of A Distant Battle' und '(He Fell In Love With A ) Stormtrooper'. Praktisch bin ich aber schon beim eröffnenden 'This Means War' irritiert. Und das liegt nicht nur am anderen Gesang. Auch die musikalische Umsetzung klingt etwas zahnlos. Da ist keinerlei Ruppigkeit zu hören, die das Salz in der eisernen Suppe immer ausmacht und auch die Spielfehler wirken in dieser Häufigkeit etwas störend. Dafür strotzen zumindest die Gitarristen vor sympathischer Spielfreude und agieren wie ganz große auf der Scheunenbühne. Da sieht man halt die ewige Bühnenerfahrung. Nachdem ich mich vom ersten Schock erholt habe und zu Beginn des Bandklassikers 'T.W.D.A.M.O.' sogar der Sound besser wird, versuche ich mich mit den neuen Gegebenheiten zu arrangieren, denn immerhin spielen da ja meine Helden. Ich war im offiziellen Filth Hounds Of Hades Fan Club und habe noch immer die dazu gehörige Urkunde bei meinen CDs hängen. Allerdings schwurbelt Dougie (Photo links) derart heiß gebürstet zwischen den Panzerfahrern herum, dass ich nicht hingucken mag. Auch wenn er rein objektiv ein guter Sänger ist, passen seine Stimme und seine Optik einfach nicht zu dieser Band. Da können auch die beiden gutklassigen Neukompositionen keinen Hoffnungsschimmer in mir entfachen. Steve Perry singt ja auch nicht bei MOTÖRHEAD. Auch wenn es nicht wenige auf dem Gelände gibt, die diesen Auftritt gut finden, kann ich bei allen guten Vorsätzen, möglichst nur die positiven Aspekte des Auftrittes sehen zu wollen, leider nur schreiben, dass dieser Gig für mich leider eine Fehlzündung ist. Da der gute Algy aber auch ein im Netz frei verfügbares Demo mit recht ordentlichen neuen Songs anbietet, hoffe ich, er wird irgendwann auch den Weg in die Scheune finden. Dort wird er sich sicherlich sehr wohl fühlen.


Setlist: This Means War, Echoes Of A Distant Battle, TWDAMO, Phoenix Rising, Walking Barefoot, Honour And Blood, Great Expectations, Power Of The Hunter, Stormtrooper

[Holger Andrae]

VICIOUS RUMORS: ein Name, der Power Metal definiert. Trotz der mir bekannten Tatsache ob ihrer Livequalitäten - ich erinnere nur an die Tour "Streets"-Tour mit SAVATAGE - habe ich die Amis seit einer halben Ewigkeit nicht auf einer Bühne erlebt. Vom ersten Song an weiß ich, dass das ein schlimmer Fehler war. Wer 'Digital Dictator' schon als Opener verbrät, muss sich über die Klasse seiner restlichen Songs keine ernstlichen Sorgen mehr machen. Bei exzellentem Sound tischen uns die vier Rabauken unter der taktischen Leitung von Entertainer Larry Howe eine saftige Vollbedienung auf, die jeden der zahlreich abschädelnden Kuttenträger in den Wahnsinn treibt. Dabei ist völlig gleich, ob man aktuelles Material wie 'Mr. Miracle' oder alte Hymnen der Marke 'Don't Wait For Me' in die gierige Meute ballert. Der neue Sänger Ronnie Hicks (Photo rechts) ist eine absolute Frontsau, die neben der entsprechenden Optik auch das nötige Stimmvolumen mitbringt.

Völliges Abheben ist allerdings erst angesagt als Ursirene Gary St. Pierre (Photo unten mit Geoff Thorpe) wie eine Hornisse in Ekstase Wundertüten vom legendären Debüt vor der Menge aufbläst. 'Soldiers Of The Night', 'March Or Die' oder 'Blistering Winds', es spielt keine Rolle, kein Schritt bleibt trocken bei dieser mitreißenden Darbietung. Und die merkliche Anspannung bei Gary, der anfänglich seine Probleme hat, das lässig aus dem Handgelenk geschüttelte Mikro wieder in der Halterung zu befestigen, macht ihn noch sympathischer. Ein Adjektiv, welches man Larry Howe schon immer auf die Stirn heften konnte. Dieser Drummer hackt nicht nur unglaublich wuchtige Rhythmen in seine Felle, er benutzt seine Sticks auch noch für anderen amüsanten Mummenschanz. Spasseckenmacher, wie die Belgier bei Asterix sagen würden. Diese Nettigkeiten sind aber nur das Sahnehäubchen auf einen fantastischen Auftritt, der belegt, dass VICIOUS RUMOURS noch immer zu den besten Livebands in diesem Segment zählen. Ganz großes Tennis!

Setlist: Digital Dictator, Minute To Kill, Warball/Abandoned, Only Live Twice, Don't Wait For Me, World Church, On The Edge, Ship Of Fools, [enter Gary St. Pierre] Soldiers Of The Night, Murder, Blistering Winds, March Or Die [exit Gary St. Pierre], Mr. Miracle, Six Step Sisters, The Crest, Down To The Temple, Hellraiser

[Holger Andrae]

Alle Bilder: Rüdiger Stehle

Redakteur:
Holger Andrae

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