JUDAS PRIEST/THE DEAD DAISIES - Oberhausen

02.08.2022 | 22:55

31.07.2022, Rudolph-Weber-ARENA

The PRIEST is back!

The Priest is back! Nicht selten kommt am heutigen Abend dieser Gedanke auf, da JUDAS PRIEST zur nachgeholten "50 Years Of Heavy Metal"-Tour heute Halt in Oberhausen macht. Lange mussten wir auf diesen Auftritt warten, doch an diesem Sonntagabend soll es endlich soweit sein! Mit im Gepäck hat die englische Metal-Legende THE DEAD DAISIES.

Auf geht es also von Grevenbroich ins nicht allzu weit entfernte Oberhausen, unser erstes Konzert in der Rudolph-Weber-Arena wartet. Sicherlich gab es schon etliche Konzerte in den Hallen der ehemaligen König-Pilsener-Arena und neben MEGADETH und FIVE FINGER DEATH PUNCH gab sich auch schon JUDAS PRIEST – 2016 mit UFO im Vorprogramm – in der altehrwürdigen Arena in Oberhausen die Ehre. Und auch unter dem neuen Banner hat sich nicht sonderlich viel verändert, einzig auf den prasselnden Regen hätten wir auf dem Weg zum Eingang gut und gerne verzichten können. Doch für die heutige Veranstaltung sollte das ein sehr geringer Preis sein, glaubt mir!

Angekommen schauen wir uns um: Shirts und Kapuzenjacken des heutigen Hauptacts für 40€ respektive 70€, Getränke für über 6€, mit einem kleinen Snack dabei zum gefühlten Preis eines Kleinwagens. Doch mit Blick auf die pitschnasse Kleidung und den 25 Ocken für ein THE DEAD DAISIES-Shirt fällt unsere Wahl doch nicht sonderlich schwer. Und diese sollte sich nicht nur ob seiner Beschaffenheit als Glückstreffer entpuppen, denn THE DEAD DAISIES ist als Opening-Act für JUDAS PRIEST ein absoluter Glücksgriff. Frisch umgezogen, hingesetzt und zurückgelehnt.

Normalerweise fungiert ein Support-Act als Anheizer, eine Art Mundwässrigmacher ob der Dinge, die da noch kommen. Und, meine Herren, diese Jungs legen los wie die Feuerwehr. Es ist das erste Mal, dass ich THE DEAD DAISIES sehe und werde künftig doppelt und dreifach nach ihnen schauen.

Dabei stand ihr Auftritt im Vorfeld unter keinem sonderlich guten Stern, musste Frontmann Glenn Hughes – richtig, der Glenn Hughes, der bei DEEP PURPLE und BLACK SABBATH Schlagzeilen machte – doch aufgrund seiner Corona-Erkrankung gleich in zweierlei Form ersetzt werden. Doch mit BUCKCHERRY-Bassist Yogi Lonich und WHITESNAKE-Alleskönner Dino Jelusic am Mikrofon entpuppt sich der Auftritt des so als Quintett agierenden Quartetts als absolutes Highlight, macht der sonnendurchflutete, aber knackige und spielfreudige Classic Rock der Supergroup doch durch die Bank weg große Freude. Bereits zu Beginn ist der Sound satt, der Fünfer spielt, groovt und rockt sich in Rage, das Oberhausener Publikum versammelt sich schon frühzeitig recht vollzählig vor der Bühne, um Stimmungskanonen wie 'Rise Up', 'Dead And Gone' und 'Bustle And Flow' vollends zu feiern. Speziell Dinos stimmliche Urgewalt passt unheimlich gut und hat einen satten Druck dahinter.

Und für 25€ kann man sich zwischenzeitlich auch guten Gewissens ein Shirt der Jungs abgreifen. Die Leinwand flackert in verschiedensten Mustern und Farben, der mit Lila verfeinerte Totenkopf passt gut zu der wuchtigen Show und in Anbetracht des zusammengewürfelten Charakters fügen sich die einzelnen Mitglieder zu einer gut geölten Rockmaschine; ineinander agierende Zahnräder, die im großen Uhrwerk des Rocks mit den beiden DEEP PURPLE-Klassikern 'Mistreated' und 'Burn' sowie 'Shine On' gar nichts falsch machen können.

Dem Publikum gefällt es außerordentlich gut, hier sitzt jede Note, jeder Move – auch wenn Drummer Brian Tichy den einen oder anderen Drumstick doch nicht fangen kann – und entsprechend viel Applaus begleitet THE DEAD DAISIES nach rund 50 Minuten von der Bühne.

Setliste: Long Way To Go; Rise Up; Dead And Gone; Bustle And Flow; Mistreated; Radiance; Shine On; Burn

Merkt ihr dieses Knistern in der Luft, diese unbändige Vorfreude auf die Ankunft des Geburtstagskindes, das mit uns seinen Ehrentag feiern möchte. Oh ja, es liegt Gewaltiges in der Luft, als Teile der Bühnendekoration sichtbar werden und das große JUDAS PRIEST-Symbol an der Decke montiert wird, und es steigert sich ins Unermessliche, als 'War Pigs' angestimmt und von der beinah restlos ausverkauften Halle fleißig mitgesungen wird. Und bevor Uns' Ozzy zur zweiten Strophe ansetzt, gehen die Lichter aus, Jubel steigt auf, endlich geht es los – eine Legende feiert um kurz nach 21 Uhr ihren 50. Geburtstag!

Entsprechend ist eine der beiden Speerspitzen des britischen Stahls mit ihrem "50 Years Of Heavy Metal"-Motto unterwegs und nachdem die "Metal Works"-Hintergründe klar werden, stürmen der Metal God und Co. die Bühne. Zum Glück hat PRIEST die einstige Überlegung, nur mit Richie an der Gitarre zu agieren, wieder ad acta gelegt, sodass Aushilfsklampfer Andy Sneap auch diesmal für den an Parkinson erkrankten Glenn zur Gitarre greift. JUDAS PRIEST ohne doppelte Axt-Power? Undenkbar! Und so kommt gemeinsam mit Ian Hills und Scott Travis' punktgenauer Rhythmusarbeit der Opener 'One Shot At Glory' sehr druckvoll rüber. Schon früh zeigt sich Halford gut bei Stimme und ist heute ebenso textsicher wie stimmgewaltig, sollte er die Oberhausener Arena am heutigen Abend doch ein ums andere Mal in Grund und Boden screamen. Es folgt mit dem "Firepower"-Bollwerk 'Lightning Strike' ein gewaltiges Statement vor dem Herrn und auch dank des noch immer tadellosen Sounds kennt das Publikum spätestens beim Groove-Monster 'You've Got Another Thing Comin'' kein Halten mehr.

Bei knapp 71 Lenzen kann man über das etwas hüftsteife Agieren des Metal Gods locker hinwegsehen, denn in allen anderen Belangen unterstreichen er und seine Mitstreiter ihren seit fünf Dekaden in britischem Stahl und Stein gemeißelten Status in der Metalszene. Es geht Schlag auf Schlag, die Begeisterung der Anwesenden kennt kein Halten mehr und dank entsprechend passenden Sequenzen auf der Leinwand hat der Auftritt auch seine optischen Reize. Faulkner rifft und soliert wie ein junger Gott, hat sich von seiner Aortendissektion im September letzten Jahres anscheinend gut erholt, Sneap ist nicht nur hinter dem Mischpult eine Bank und Schießbuden-Scott macht als Beat-Maschine wie eh und je einen famosen Job.

Und während 'Freewheel Burning' seine mächtigen Runden dreht, sich Oberhausen bei 'Turbo Lover' die Seele aus dem Leib schreit, Halford bei 'Hell Patrol' wieder zu seiner stimmlichen Waffe greift und sich 'The Sentinel' als absolute Waffe entpuppt, geht mein Blick immer wieder zu Ian Hill am Bass. Es ist schlichtweg bewundernswert, wie dieses Bollwerk am Tieftöner seinen Job ausführt, seit Jahren die heimliche Kraft hinter der JUDAS PRIEST-Urgewalt ist und den Laden seit über 50 Jahren zusammenhält.

Mein Blick geht wieder zu Richie und Andy, die sich mittig auf der Bühne zusammenfinden, um zu dem von Gott gegebenen 'Victim Of Changes'-Gitarrenintro anzusetzen. Ganz großes Kino, zu dem sich einmal mehr die Urgewalt Rob Halfords gesellt. Danach animiert er Oberhausen zum obligatorischen Nachsingen, was das Publikum lautstark und dankbar annimmt, ehe sich die Bühne beim 'The Green Manalishi (With The Two Prong Crown)'-Monster entsprechend verfärbt und ich vom Druck dieses Ungetüms beinah gegen die Wand gepresst werde. Ein Headbanger vor dem Herrn. Danach wird es – zumindest für mich – etwas sentimentaler, gehört das JOAN BAEZ-Cover 'Diamonds And Rust' in der Balladenversion doch zum Schönsten, was JUDAS PRIEST mit ab und an ruhigeren Tönen in 50 Jahren fabriziert hat. Am heutigen Abend leitet Richie die etwas knackigere Hardrock-Version ein, die Akustikklampfe bleibt also verborgen, und irgendwie passt die härtere Version dieses Meilensteins auch besser zum heutigen Live-Statement, obgleich mir die ruhigere Version mehr gemundet hätte. Scott greift danach zum Mikro, äußert seine Liebe zum deutschen Publikum, Essen und Bier und legt mit dem 'Painkiller'-Schlagzeugintro wieder los wie die Feuerwehr. Rob lässt sich daraufhin nicht zweimal bitten und untermalt einmal mehr mit fettem Screaming seine Ausnahmestellung, trifft die Töne und bläst das Publikum gegen die Wand. Puh.

Nach einer kurzen, wirklich sehr kurzen Verschnaufpause ist die Zeit für das "Screaming For Vengeance"-Inferno gekommen, als nach 'The Hellion' die Band zum grandiosen 'Electric Eye' ansetzt. Hiernach kommen noch jene Evergreens, die einfach zu jedem JUDAS PRIEST-Konzert dazugehören, ohne die die Jungs niemals die Bühne verlassen dürfen: 'Hell Bent For Leather' sowie der 'Breaking The Law'/'Living After Midnight'-Doppeldecker runden letztendlich nach knapp 90 Minuten diesen bockstarken Auftritt ab, der in jeder einzelnen Sekunde deutlich macht, dass die Band noch hungrig ist.

Setliste: Battle Hymn; One Shot At Glory; Lightning Strike; You've Got Another Thing Comin'; Freewheel Burning; Turbo Lover; Hell Patrol; The Sentinel; Victim Of Changes; The Green Manalishi (With The Two Prong Crown); Diamonds & Rust; Painkiller; The Hellion; Electric Eye; Hell Bent For Leather; Breaking The Law; Living After Midnight

Der heutige Abend ist ein offener Schlagabtausch, bei dem sich Band und Publikum gegenseitig nach oben pushen, sich trotz vorangeschrittenen Alters Hill, Halford und Co. von ihrer absoluten Sahneseite zeigen und allen Anwesenden, ob jung oder alt, ob groß oder klein, ob Auftrittsroutinier oder Heavy-Metal-Konzert-Jungfrau gleichermaßen imponieren. An den zufriedenen Gesichtern sieht man, wie sehr die Massen auf Live-Darbietungen wie die heutige gewartet haben und wie dankbar sie ob dieser superben Show sind. Fest steht: The priest is back! And hopefully will be back!

Ein großes Dankeschön geht an Thorsten "Doc Rock" Seiffert vom RocknRoll Promoter für die Bereitstellung seiner Bilder für diesen Bericht!

Redakteur:
Marcel Rapp
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