Joe Lynn Turner/ Dynazty - Aschaffenburg
07.05.2015 | 12:4020.04.2015, Colos-Saal
Joe Lynn Turner celebrates Rainbow (& more). Der US-Sänger kann trotz angeschlagener Stimme auf seiner Solotour überzeugen.
Als Musikliebhaber hat man immer irgendwie Bauchschmerzen, wenn sich große Sänger, zu denen Joe Lynn Turner unbestritten zählt, für eine Solo-Konzertreise ankündigen. Einerseits haben sie etliche Klassiker im Gepäck, sofern sie die richtige Setlist zusammenstellen, anderseits haftet den meisten Abenden aber eine Art Coverband-Stallgeruch an, da die Begleitband oft lieblos zusammengewürfelt ist. Im Fall von Joe Lynn Turner verzichtet dieser sogar komplett auf renommierte Musiker, bedient sich lieber seiner Supportband DYNAZTY, die damit gleich zweimal pro Abend auf die Bühne dürfen. Das dient im Vorfeld natürlich nicht dazu, das flaue Gefühl in der Magengegend zu beruhigen.
Als "Joe Lynn Turner celebrates Rainbow" angekündigt, hoffen die meisten anwesenden Gäste insgeheim, dass sich der ein oder andere Klassiker seiner zahlreichen Kollaborationen der Vergangenheit in die folgenden neunzig Minuten geschmuggelt hat. Und um es vorweg zu nehmen: er tat uns allen den Gefallen.
Joe Lynn Turner hat eine Setlist aus Klassikern von DEEP PURPLE, YNGWIE MALMSTEEN und eben RAINBOW zusammengestellt. Klar, ein paar andere Sachen wären auch noch cool gewesen, doch lässt sich schon mit diesen drei Bands ein kompletter Abend füllen. Startet das Konzert mit dem Doppelpack 'Death Alley Driver' und 'I Surrender' noch einigermaßen verhalten, brechen spätestens 'Perfect Strangers' und 'Highway Star' das Eis. Und schon wird auch klar, Mr. Turner beschränkt sich nicht nur auf die Nummern, die er bei den erwähnten Bands primär eingesungen hat. Gut so. Die großen Überraschungen folgen dann mit den beiden Malmsteen-Nummern 'Rising Force' und 'Deja-Vu', die man aufgrund der spielerischen Klasse des Schweden nicht erwarten durfte. Spätestens hier zeigt sich aber, dass die Band keinen der großen Musikernamen zu fürchten braucht. Allen voran Gitarrist Love Magnusson brilliert durch punktgenaue und originalgetreue Soloarbeit. Da klappt dem ein oder anderen Anwesenden doch glatt die Kinnlade nach unten. Respekt.
Joe Lynn Turner hat bereits zu Beginn angekündigt, dass er sich auf der Insel eine Erkältung eingefangen hat, mit der er noch immer kämpft und bittet daher um Nachsicht und lautstarke Unterstützung. So sympathisch ihn das auch macht, ist das der einzig wirkliche Wermutstropfen, denn seine Stimme bricht oft, die hohen Töne lässt er lieber ganz weg und mit fortlaufender Dauer ist es nicht mehr als ein heiseres Krächzen. Die Band jedoch rettet ihn. Ihre kraftvolle Darbietung, die nichts mit Begleitband und schüchterner Zurückhaltung zu tun hat, trägt ihn durch die Songs und zieht immer wieder gebannt selbst die Blicke auf sich. Man könnte fast sagen, dass DYNAZTY dem über alle Zweifel erhabenen US-Sänger doch glatt die Show gestohlen haben.
Mit der DIO-Huldigung 'Man On The Silver Mountain' und dem abschließenden 'Long Live Rock'n'Roll' packen sie noch einmal stimmgewaltige Höhepunkte aus, ehe sie für zwei Zugaben erneut die Bretter des Colos-Saal betreten. Hierfür holt sich Joe Lynn Turner mit dem etatmäßigen DYNAZTY-Sänger Nils Molin frische Unterstützung auf die Bühne. Gemeinsam intonieren sie eine starke Version von 'Burn' und ein unvermeidliches, wenn auch verzichtbares 'Smoke On The Water'. Dabei beweist der Amerikaner noch einmal eindrucksvoll, dass der erheblich jüngere Molin zwar kraftvoller und sicherer in höheren Tonlagen agiert, Joe aber trotz angeschlagener Stimme mit viel Blues und Soul wärmer und einzigartiger klingt. Hätte den 63-jährigen gerne in Topform gehört.
Alles in allem ein unerwartet toller Abend. Joe wirkt äußerst sympathisch (auch hier hatte ich vorab ein paar Bedenken) und professionell, vor den Jungs von DYNAZTY muss ich meinen imaginären Hut ziehen und die Songauswahl war ebenfalls in Ordnung. Mehr kann man für einen Montagabend nun wirklich nicht erwarten. Passt.
Setliste: Death Alley Driver (Rainbow), I Surrender (Rainbow), Perfect Stranger (Deep Purple), Highway Star (Deep Purple), Stone Cold (Rainbow), Rising Force (Malmsteen), Street Of Dreams (Rainbow), Deja-Vu (Malmsteen), Man On The Silver Mountain (Rainbow), Spotlight Kid (Rainbow), Long Live Rock'n'Roll (Rainbow),
Zugaben: Burn (Deep Purple), Smoke On The Water (Deep Purple)
- Redakteur:
- Chris Staubach