KILLSWITCH ENGAGE - Köln

13.02.2005 | 07:49

29.01.2005, Live Music Hall

Ausverkauft! Alle Termine des kurzen Abstechers durch die Beneluxländer und Westdeutschland waren ausverkauft. Alleine diese Tatsache sollte klarstellen, welche Größenordnung Metalcore im Allgemeinen und KILLSWITCH ENGAGE als Anführer einer ganzen Bewegung im Besonderen mittlerweile eingenommen haben. Dementsprechend proppenvoll war dann auch die Kölner Live Music Hall ein paar Tage vor Beginn der närrischen Zeit im Rheinland. Doch von Karnevalsstimmung war weit und breit keine Spur; nein, das bunte Sammelsurium aus alten Metallern, Hardcore-Kids und neugierigen Traditionalisten wollte an diesem Abend mal richtig abgehen, so richtig die Sau rauslassen und einen der größten Circle-Pits starten, welchen die Live Music Hall je gesehen hat.

Als ALL THAT REMAINS dann um 19 Uhr den Reigen eröffneten, war die Halle bereits pickepackevoll. Offiziell sollen es 1500 Zuschauer gewesen sein, aber ich bin mir sicher, dass die Kapazität an diesem Abend noch überschritten wurde. Angestachelt von der verhältnismäßig großen Menge legten Ex-SHADOWS FALL-Sänger Philip Labonte und seine Mannen dann auch mal richtig los. Metalcore lautete auch hier die Marschrichtung, und die Jungs bewiesen während ihres halbstündigen Auftritts, dass auch sie zu den hoffnungsvollsten Bands des Genre zu zählen sind. Die Mischung aus amerikanischer Härte und skandinavischen Melodien fand beim Publikum schließlich auch breiten Anklang und der Aufforderung, die Hörner in die Luft zu recken, kam die Menge gerne nach. Zum Abschied gab es noch ein kurzes Gastspiel von KSE-Gitarrero Adam Dutkiewicz, der einige Takte mitgrölte und einen fetten Circle-Pit in den vordersten Reihen. Hut ab für diese starke Energieleistung und eine der besten Bands, die das Genre zu bieten hat.

Nach einer relativ kurzen Umbaupause durften dann TWELVE TRIBES auf die Bühne, und auch die Gruppe aus Ohio ließ sich nicht lange bitten und legte mit Vollgas los. Der Mann mit den Dreadlocks am Mikro, Adam Jackson, schrie und grunzte sich zum eher hardcore- denn metal-betonten Material die Stimmbänder heraus und bangte dabei in jeder nur erdenklichen Position, während sein Kontrapart an der Sechssaitigen ihn zwischendurch immer mal wieder mit cleanen Vocals versorgte. Und auch hier wurde die Energie der Band direkt aufs Publikum übertragen, welches ordentlich abmoshte und die Band wie auch die Vorgänger von ALL THAT REMAINS richtig abfeierte. Bleibt am Ende nur zu kritisieren, dass auch TWELVE TRIBES nur 30 Minuten Spielzeit bekamen, denn auch hier hätte man gerne noch etwas mehr gehört; die brutalen Hardcore-Klänge mit der melodischen Metal-Schlagseite sprachen jedenfalls allemal für sich, und dass die Band Humor hat, bewiesen sie ebenfalls: denn das Harley Davidson-Shirt des Sängers passte zu ihm wie der Regen zur Wüste, war aber lustig anzusehen. Aber wie gesagt, beide Daumen hoch!

Dann war es endlich soweit, die Initiatoren einer ganzen Bewegung, die Könige des Metalcore und die Band, die in den letzten drei Jahren einen Einfluss auf die härtere Musikszene gehabt hat, wie wohl kaum eine zweite, bestieg zu den majestätischen Klängen von 'A Bid Farewell' die Bühne und vorne im Fotograben kamen einem die lauten Zurufe der Fans schon fast wie ein Orkan entgegen. Selten zuvor habe ich eine solche Menge einen Chorus so laut mitsingen hören. Von Anfang an hatten KILLSWITCH ENGAGE die Meute im Griff, besonders der immer noch neue Sänger Howard Jones, der wie ein Derwisch über die Bühne fegte - und spätestens seit der Performance hier in Köln für mich zu den derzeit drei besten Metal-Shoutern zählt. Da überkam einen schon einmal eine Gänsehaut, wenn der dunkelhäutige Fronter mit voller Inbrunst 'Fixation On The Darkness' veredelte oder bei 'Numbered Days' sein volles Stimmvolumen ausnutzte.
Generell fiel an diesem Abend auf, dass die Band sich bis auf wenige Ausnahmen fast komplett auf ihr aktuelles Album "The End Of Heartache" konzentrierte, dessen Titelstück für mich persönlich der Höhepunkt des Abends war und wiederum von fast allen Anwesenden lauthals mitgesungen wurde. Lediglich zum Ende hin griff man mit dem unvermeidlichen 'My Last Serenade' noch einmal auf das vorangegangene Album "Alive Or Breathing" zurück.
Doch bevor es überhaupt soweit kam, wurde den Jungs aus Massachusetts noch eine ganz besondere Ehre zuteil, als Metal Hammer-Redakteur Matthias Weckmann zu KILLSWITCH ENGAGE auf die Bühne stieg und den Jungs den Leserpreis des Magazins zur besten Band 2004 überreichte. Davon angespornt legte sich besonders Adam Dutkiewicz im Laufe der Show immer mehr ins Zeug, schmiss sich in die unmöglichsten Posen, warf sich vor seinen Fans auf die Knie und wirkte trotzdem immer hoch konzentriert. Komisch anzusehen war nur, dass der Mann an der Gitarre eben diese fast schon auf Brusthöhe bediente – in einer Zeit, in denen manche ihr Instrument schon fast auf den Füßen liegen haben keine normale Erscheinung.
Nachdem sich besonders die beiden Gitarristen schon ziemlich verausgabt hatten, kündigte Howard Jones den letzten Song an, bei dem es sich erwartungsgemäß um die Erfolgs-Single 'Rose Of Sharyn' handelte, den KILLSWITCH ENGAGE-Track schlechthin, der zum letzten Mal den großen Kölner Chor erklingen ließ.
Als die Fans dann minutenlang nach einer Zugabe verlangten und eigentlich schon sämtliche Lichter wieder an waren, entschlossen sich KILLSWITCH ENGAGE dann doch noch einmal zurückzukehren und außerplanmäßig 'Worlds Ablaze' als endgültig letzten Song darzubieten. Nach gut 70 Minuten war dann Schluss, ungefähr 90 Prozent der Zuschauer konnten ihre schweißnassen Shirts auswringen und dennoch mit einem breiten Grinsen die Halle verlassen. Was sie nämlich an diesem Abend gesehen haben, war das Statement einer Band, die nicht nur Maßstäbe gesetzt hat sondern in Zukunft zweifelsohne noch einige Grundsteine legen wird. Nicht umsonst waren die Häuser Ende Januar restlos ausverkauft… Ja, Heavy Metal kann so geil sein!

Redakteur:
Björn Backes

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