Kaltenbach Open Air - Spital am Semmering
12.08.2009 | 12:0317.07.2009,
Das metallische Ereignis in den österreichischen Bergen bietet auch im Jahr 2009 eine Menge Highlights und Extreme!
Es war einmal eine idyllische Berglandschaft umgeben von düsteren Wäldern und glasklaren Bächen ... So in etwa liest sich der Beginn des Kaltenbach-Open-Air-Märchens im Jahre 2009. Das Festival ist zwar auf ein neues und größeres Gelände übergesiedelt, doch die wunderschöne Landschaft des Semmerings zaubert auch in der neuen Location ein unvergleichliches Flair. Dass das Gelände eigentlich ein Hochwasser-Auffangbecken ist, ist am Anfang noch nicht relevant, denn das Wetter spielt mit. Doch am Samstag kommt es fast zu einer kleinen Katastrophe - zum Glück nur fast.
Und noch etwas ist neu am diesjährigen Kaltenbach, es gibt drei Tage Festivalspaß, wobei der erste Tag fast ausschließlich den lokalen Bands gewidmet ist. Leider muss ich diesen ersten Tag verpassen (ja, wir Schreiberlinge leben eben nicht nur vom Schreiben allein) und komme erst am Samstag in größter Hitze zum Ort des Geschehens, genau rechtzeitig zu den steirischen Groove-Death-Metallern OUTRAGE!
OUTRAGE sind live einfach eine Macht, die Jungs haben mächtig Spaß auf der Bühne, bangen bei gefühlten vierzig Grad im Schatten und im prallen Sonnenschein und animieren die immer zahlreicher werdende Menge zum Mitmachen. Da kommt schon am Nachmittag ordentlich Stimmung auf, und auch der neue Mann am Bass fügt sich sowohl optisch als auch musikalisch bestens in die Band ein.
HATE warten schon hinter der Bühne und malen sich an. Dabei stört es kaum, dass zahlreiche Presseleute drum herum stehen und sich das Schminkritual der Polen genau ansehen. Die Bühnenshow ist dann auf jeden Fall spektakulärer als der Sound, und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass hier BEHEMOTH für Outfit und Mucke Pate gestanden haben. Nicht schlecht, aber auch nichts wirklich aufregend Neues.
Da grooven VOMITORY schon heftiger los. Egal, was man von diesem Sound jetzt halten mag, aber die schwedische Prügelmaschinerie macht keine halben Sachen und zerlegt mit Brachial-Sound und Monster-Grooves einfach alles. Mir tun die Ohren weh.
Inzwischen wird auch die schlechte Nachricht verbreitet, dass DYING FETUS nicht spielen können, denn die Jungs wurden am Flughafen in New York aufgehalten und schaffen es nicht mehr rechtzeitig zu ihrem Auftritt. Diese Absage führt dazu, dass alle Bands etwas länger spielen dürfen, was für die Fans der Band leider kein großer Trost ist.
DARK FORTRESS sind nach HATE das zweite Black-Metal-Häppchen an diesem sonnigen Tag. Verdüstert durch eine Menge Rauch auf der Bühne und mit bösen Grimassen und finsterem Corpse-Paint verziert schaffen es die Deutschen, einen soliden Eindruck zu hinterlassen. Vergangen sind die Tage, in denen man DARK FORTRESS "nur" als DIMMU BORGIR-Abklatsch belächelt hat, und auch die mit Blut bemalten Shirts lassen die Herren dieses Mal zu Hause. Dafür beeindrucken DARK FORTRESS mit feinstem Melodic Black Metal auch alle, die noch immer an ihnen zweifeln!
Es ist ein herrlich warmer, sonniger Tag, und selbst in der Nacht bleiben die Temperaturen für diese Gegend angenehm, so dass man sich zum Chillen am nahe gelegenen Bach eingeladen fühlt und dort einfach die sternenklare Nacht genießt. Dann spielen auch schon MELECHESH in die anbrechende Dunkelheit hinein und verbreiten mit ihrem orientalischen Death Metal eine dazu passende, mystische Atmosphäre. MELECHESH sind einfach die Exoten des Tages, wahrscheinlich auch des ganzen Festivals, und in die Welt ihrer Musik muss man sich erst einmal einfinden, bevor man den Gig voll und ganz genießen kann.
DARK TRANQUILLITY sind die Headliner des ersten Tages, und zahlreiche Fans der Göteborger haben sich vor der Bühne eingefunden, sogar einige Fahnen mit Fanaufschriften hängen über der Grabenabsperrung. Die Schweden sind schon vor dem Auftritt bestens gelaunt, geben sich wie gewohnt fannah bei ihrer Autogrammstunde, und auch live lässt es sich Rotschopf Mikael Stanne nicht nehmen, immer wieder in den Fotograben zu klettern und mit den Fans gemeinsam Arm in Arm zu singen. Und nicht nur die Interaktion mit den Fans stimmt hier, auch die Setliste hat einiges zu bieten, und trotz der vielen Jahre, die ich die Band schon kenne, wage ich zu behaupten, dass es an diesem Abend die beste Setliste ist, die DARK TRANQUILLITY je gespielt haben.
Natürlich legt die Band immer noch einen Schwerpunkt auf ihr aktuellstes Album "Fiction", doch nachdem das Werk nun auch schon zwei Jahre auf dem Buckel hat und man derzeit mit Hochdruck an einem Nachfolgealbum arbeitet, nehmen sich die Schweden einige Song-Freiheiten raus und präsentieren neben den neuen Hits wie 'The Treason Wall' oder dem Ohrwurm 'Misery's Crown' auch zeitlose Klassiker wie das wunderschöne "The Gallery"-Stück 'Lethe'. Besonders 'There In' vom umstrittenen "Projector"-Album ruft wahre Begeisterungsstürme hervor und zeigt, dass sich Mikael Stanne mit seinen Clean-Vocals keineswegs verstecken muss. Der Mann hat sowohl beim Grölen als auch beim cleanen Gesang eine unglaublich geniale Stimme und darüber hinaus ein sympathisches Charisma, das auch die Fans zu schätzen wissen.
Mit 'Yesterworld' graben DARK TRANQUILLITY noch einmal tief in der Oldies-Kiste (immerhin stammt der Song vom Debütalbum von 1992), und als Mikael dann noch das neue 'The Mundane And The Magic' ankündigt, kommt mir schon im Voraus Gänsehaut, denn der Song zählt zum Gefühlvollsten, was die Schweden je geschrieben haben! Für die weiblichen Vocals springt Mikael in den Fotograben und singt zusammen mit einer Norwegerin, die der Band wohl überall nachreist und auch stimmlich so sehr überzeugt, dass ich zuerst glaube, dass das vom Band kommt. Aber Mikael Stanne versichert mir nach dem Gig, das sei live gewesen. Also glaube ich ihm das mal so. Immerhin darf die Dame dann noch auf die Bühne hüpfen und mit der Band zum abschließenden Song 'Terminus' bangen. Was für ein Auftritt! Da freut man sich umso mehr auf das nächste DARK TRANQUILLITY-Album und die nächste Tour!
Setliste:
The Treason Wall
Lost To Apathy
Focus Shift
The Wonders At Your Feet
Final Resistance
Inside The Particle Storm
Misery's Crown
Dreamlore Degenerate
Lethe
There In
Yesterworld
Punish My Heaven
The Mundane And The Magic
Terminus
- Redakteur:
- Caroline Traitler