Keep-It-True-Festival XVII - Lauda-Königshofen
18.05.2014 | 20:4625.04.2014, Sporthalle
Das Undergroundfestival schlechthin!
Ende April, Taubertal. Der Metal-Himmel für Oldies, Ewiggestrige, Feierwütige, Spandexhosenträger und Powermetalschreiber aus dem In- und Ausland öffnet seine Pforten. Wer spielt? Egal, ist eh immer toll. Ein kleines Dorf an der B290 wappnet sich dem Ansturm der Merkwürdigen. Aber mittlerweile hat man sich arrangiert. Man kennt das aus einigen vorangegangenen Jahren, und die Veranstalter gehören zur Gemeinschaft und werden, wenn auch mit ein klein wenig hochgezogenen Augenbrauen, geachtet. Und es gibt Schlimmeres als die Invasion der Kuttenträger. Zum Beispiel die vielen Tausend Autos, die sich täglich durch den Ort quälen. Zumal ein Schnack mit der Dame hinter dem Bäckertresen offenbart, dass das Festival einen erheblichen Beitrag zum jährlichen Umsatz leistet und das Keep It True Wochenende mit großem Abstand das finanziell beste des Jahres für viele ortsansässige Unternehmer ist, zu dem es in großem Umkreis keine Zimmer mehr gibt. Dazu passt auch der Döner-Laden, der neben besonderen Öffnungszeiten auch gute Preise für hungrige Metaller macht, oder dass eine Pension extra für ihre Gäste bereits Donnerstag abends öffnet. Mit selbstgemachtem Eintopf, Flammkuchen und Erdbeertorte. Lecker war's. Aber genug der Vorrede, rein ins laute Vergnügen.
Von einer kurzen Nacht und der gestrigen Warm Up-Party gezeichnet, schleppt man sich um 11 Uhr vor die Halle, um endlich sein Ticket gegen ein Bändchen eintauschen zu können. Kaum hat man seine erste Amtshandlung getätigt, nämlich die Karte für das nächste Jahr zu kaufen, stolpert man wie jedesmal alle paar Meter in ein bekanntes Gesicht (gut, dass du mir nur Hallo gesagt hast und mir nicht ins Gesicht gestolpert bist... FJ) und erledigt neben dem Smalltalk die erste Etappe des obligatorischen Großeinkaufs auf der Plattenbörse. Neben der beinahe greifbaren Vorfreude auf zwei tolle Tage im Kreise der musikalischen Familie freuen sich auch alle Leute, mit denen ich in diesen Momenten spreche, neben ihren Lieblingsbands besonders auf STALLION. Das kommt nicht von ungefähr: Zum einen ist es erwiesen, dass es sich immer lohnt, den ersten Bands bereits die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Zum anderen haben der Gig beim Metal Assault und einige Clubshows STALLION in Anbetracht der Tatsache, dass das Quintett mit "Mounting The World" erst eine EP auf dem Markt hat, einen Ruf wie Donnerhall verschafft. Vor und nach dem Konzert begegnen mir überall in der Halle jedenfalls so einige Menschen mit besagter EP auf Vinyl unter dem Arm. Doch egal ob sich die Begeisterung nun an der sich schnell füllenden Halle, in Plattenkäufen oder der Shirtwahl der Besucher ausdrückt – die verhinderten MASQUE, dir ursprünglich hatten spielen sollen, vermisst hier heute niemand, denn diese sind von Stallion würdig vertreten. Optisch setzen die Jungspunde ganz klassisch auf Denim & Leather, Sänger Pauly Force hingegen fällt aber von Anfang an nicht nur durch seinen kraftvollen Gesang, die direkte Einbindung des Publikums in die Show und sein energisches Stageacting auf, denn er zieht auch beim Griff in die Kleiderkiste alle Register: Kajal, Stirnband, reich verzierte Kutte, Nieten, Patronengurt und eine rot-weiß gestreifte Spandexhose, bei der die japanische Sonne direkt auf dem rechten Knie aufgeht. Muss man alles ja auch erstmal tragen können! Musik und Show von STALLION weisen dann auch alle Eigenschaften auf, die man einem jungen Hengst zuschreiben würde: wild, ungestüm, voller Energie und eine Menge Hummeln im Hintern. 'Wild Stallions' eröffnet den Ritt über die Koppel des Speed Metals, 'Killing Time' setzt im Midtempo Akzente, der Refrain "one, two, three, four, party time!" macht das Motto der Show klar, das ROCK GODDESS-Cover 'Heavy Metal Rock 'n' Roll' umreisst den Rahmen von STALLIONs stilistischer Weide sehr gut, die abschließende Speedkeule 'Canadian Steele' bringt die Stimmbänder der Fans endgültig auf Betriebstemperatur und das erste Bier des Tages schmeckt schon wieder, sodass sich abschließend sagen lässt, dass man viel besser als mit STALLION nicht in den ersten KIT-Tag starten kann.
Setlist: Wild Stallions, Killing Time, The Right One, Bill to Pay, Shadow Run, Give It to Me, Watch Out, Heavy Metal Rock'n Roll (Rock Goddess-Cover), Canadian Steele
Mit Spannung erwarte ich dieses Jahr den Auftritt der jungen Finnen von RANGER, die zuerst mit ihrem 2012 erschienenen "Metal Gear Demo 2012" auf sich aufmerksam gemacht haben und mir kompromisslosen Speed Metal an den Kopf und in die Ohren geworfen haben. Der Fokus des Auftritts liegt aber ganz klar auf den zwei zuletzt erschienenen EPs "Knights Of Darkness" und "Shock Skull", die beide komplett gespielt werden. Und meine durchaus hohen Erwartungen werden auch nicht enttäuscht. Straight und energiegeladen kommen die Songs von der Bühne geschossen, die Jungs haben sichtlich Spaß, was man ihrer Performance auch anmerkt. Viel Bewegung, viel Stageacting, man spürt richtig, dass hier nicht einfach routiniert irgendein Set runtergespielt wird, wie das bei erfahreneren Bands manchmal der Fall ist. Der Sound ist für Keep It True-Verhältnisse relativ gut und ausgewogen, von daher gibt es auch von dieser Warte aus nichts zu meckern, und so liefern die Jungspunde von RANGER für mich einen der besten Auftritte am Freitag ab und zeigen der alten Garde, wo der Hammer hängt.
Wie so oft folgen beim Keep It True auf junge Wilde alte Herren, dieses Mal in Gestalt von DEEP MACHINE. Die Briten haben sich nach der Veröffentlichung von vier Demos Anfang der 80er und im Abschluss an fast 30 Jahre Pause 2011 entschieden, mit einem Rerelease des 81er-Demos wieder ins Geschäft einzusteigen und beweisen bei ihrem diesjährigen Auftritt, dass sie trotz mittlerweile sehr spärlichem Haupthaar noch mehr als gut in Schuss sind. Mit ihrem klassischen NWOBHM schaffen sie es, die Menge mitzunehmen, wozu sicherlich auch der clever gewählte rockige Opener 'Demon Preacher' beiträgt. Auch sonst lässt die Setlist wenige Wünsche offen, schließlich kann die Band in ihren 45 Minuten Spielzeit auch den Großteil ihres Materials runterzocken inklusive der Bandhymne 'Deep Machine', 'Whispers In The Black' und 'Gladiator'. Leider kann der Sound mit der Energie und Spielfreude der Band nicht ganz mithalten, der Gesang ist vor allem zu Beginn etwas leise abgemischt und der Bass etwas zu weit im Vordergrund, aber im Laufe des Auftritts wird das Ganze immer besser. Insgesamt ein starker Auftritt der Veteranen aus Großbritannien, die beweisen, dass es nie zu spät ist, die Instrumente nochmal in die Hände zu nehmen.
Texas Thrash! Schon bei der reinen Erwähnung dieses Genrebegriffes bekomme ich Schweiß im Schritt. (Super, danke holg, das wollte ich auch ganz genau wissen... FJ). Mit KARION steht in diesem Jahr eine Band auf dem Programm, die noch niemals zuvor in Europa aufgetreten ist und die mit ihrem kürzlich erstmals offiziell erschienenen Material für Freudentränen im erlauchten Kreis der Frickelfreunde gesorgt hat. Daher überrascht es mich nicht, dass die Halle trotz des bombigen Wetters und trotz des geringen Bekanntheitsgrades der Band recht gut gefüllt ist. Als das Quartett dann furios mit 'Against All Flags' in ihren Set einsteigt, wird gleich klar, dass der Auftritt sehr kurzweilig sein wird. Man erkennt sofort, mit welcher Klasse hier musiziert wird. Die alten Hasen haben halt alle eine Latte von Erfahrungen sammeln können und wirken trotz ihrer Inaktivität in der Zwischenzeit nicht statisch. Ganz im Gegenteil: Sänger Chris Cronk, der unter anderem kurzzeitig bei FATES WARNING und JAG PANZER aktiv war, wirbelt mit seinem Mikroständer herum, als würde dieser zu seinem Körper gehören. Obendrein singt er wie ein kleiner Gott. Da sitzt wirklich jede noch so hohe Note und auch die schrägsten Gesangsmelodien werden unfallfrei und mit einer nicht oft zur Schau gestellten Leichtigkeit dargeboten. Weiter im Takt geht es mit 'Silent Fury' und 'We Are The Law', bei welchen sich die Band in einen wahren Rausch spielt. Dieses Gefühl überträgt sich offensichtlich auch die Meute in der Halle, denn die Truppe wird mächtig abgefeiert. Kein Wunder, wenn man den beiden Saitenhexern zusehen darf. Pete Perez zelebriert mit seinem Tieftöner - wie schon bei RIOT oder SPASTIC INK gewohnt - den Lead-Gegenpol zu Art Villareal, der seiner Gitarre Riffs entlockt, die nicht nur mich in leichte Ekstase versetzen. Nach 'There For None To See' überrascht uns die Band mit der kompletten "Prepare To Die"-EP von SA SLAYER. Insider wissen, dass sowohl Mister Villareal wie auch Mister Cronk vor KARION in eben jener Band gezockt haben. Es ist der schiere Wahnsinn! Ich glaube, es hat kaum jemand in der Halle damit gerechnet, diese Songs jemals live hören zu dürfen. Eine Zeitreise, die ich immer wieder antreten würde.
Den krönenden Abschluss bildet dann das Doppel 'Iron Shadows'/'Panzer', bei welchem sowohl auf, wie auch vor der Bühne noch einmal alles gegeben wird. Auch Drummer Frank Ferreira, den einige Insider vielleicht noch als Trommler von HELSTAR in Erinnerung haben könnten, verausgabt sich bis zum Letzten und macht dieses Konzert zu einem absoluten Höhepunkt des gesamten Festivals. Ein Eindruck, der von dem Umstand, dass die gerade über Skol Records erschienene Wiederveröffentlichung der SA SLAYER-Scheiben während des Wochenendes in sehr vielen Einkaufstüten zu sehen ist, unterstützt wird. Ich dürfte nicht der Einzige sein, der sich sowohl neues Material der Band, wie auch eine schnelle Wiederholung dieses Live-Erlebnisses, wünscht. Top notch.
Setlist: Against All Flags; Silent Fury; We Are The Law; There For None To See; Prepare To die; Final Holocaust; Unholy Book; To Ride The Demon Out; Iron Shadows; Panzer
"BATTLEAXE anschauen? Nee, du! Das klingt mir alles ein bisschen zu gleich." So der Kommentar eines guten KIT-Kollegen, als ich ihn im Gewühl traf und vorschlug, dass man sich gemeinsam den Gig ansehen könnte. Nach einer ersten Welle der Empörung meinerseits stellte sich ein gewisses Verständnis für diese Ansicht ein, denn zu Hause habe ich Alben der Briten bislang auch eher selten mit großer Begeisterung gehört. Dennoch beziehe ich - natürlich mit einem Kaltgetränk bewaffnet - meine Position vor der Bühne und die leichte Skepsis löst sich fix in Wohlgefallen auf. Das geht einer Menge anderer Zuschauer ähnlich, denn die Halle ist vom Mischpult bis zur Bühne bereits richtig voll und auch auf der Plattenbörse richten viele Leute mindestens ein Auge und ein Ohr in Richtung Bühne. Zurecht, denn live entfaltet der NWOBHM-Sound, der von typischem ACCEPT-Stechschritt und AC/DC-Boogie-Rock'n'Roll angereichert wird, seine volle Wirkung. Wo ich gerade ACCEPT erwähne: Es sollte Sänger Dave King dringend mal jemand erklären, dass Tarnhosen nur – und wirklich nur – den German Tank Udo Dirkschneider stilvoll kleiden können. Immerhin ist stimmlich alles im grünen Bereich, was mit fortschreitender Dauer der Show zum Glück von der Hose ablenkt. Die Setlist konzentriert sich in weiten Teilen auf das starke neue Album "Heavy Metal Sanctuary", wodurch die beiden Klassiker "Burn This Town" und "Power From The Universe" etwas kurz kommen. Doch immerhin werden mit den Titelsongs beider Scheiben und 'Ready To Deliver' sowie 'Chopper Attack' zielsicher die dicksten Rosinen aus dem Ohrwurmkuchen gepickt. Mit dem neuen Werk sind viele Fans noch nicht richtig vertraut, weshalb nur bei den vier gerade genannten Klassikern richtig Stimmung aufkommt und der Funke von der Band auf das Publikum überspringt. Dass der Fuß bei den neuen Stücken ähnlich stark mitwippt wie bei den alten Klamotten muss man der Band hoch anrechnen, kann im Gegenzug aber auch anmerken, dass eine klassikerlastigere Setlist hier und heute eher das Mittel der Wahl gewesen wäre. Im Nachhinein höre ich beim Smalltalk mit anderen Fans nämlich sehr viel mehr wohlwollende als begeisterte Meinungen zu diesem Gig. Hier wäre also vermutlich etwas mehr drin gewesen, wenn die Band ihre Prioritäten etwas anders gesetzt hätte. (Von der Gallerie oben kann ich diese Einschätzung nicht teilen. Wir sind eher verwundert ob der starken Reaktionen des Publikums, bei dem die gereckten Fäuste erstaunlich weit nach hinten reichen. Da hätte ich wegen des doch eher simplen Stils der Briten weniger Enthusiasmus erwartet. FJ)
Setlist: A Prelude to Battle - Legions Unite, Ready to Deliver, Power From the Universe, Rebel with a Cause, Romeo, Heavy Metal Sanctuary, Hail to the King, Too Hot For Hell, Revolution, Chopper Attack, Burn This Town
Nach KARION ist nun das zweite Mal Spannung angesagt, da mit HEXX eine Band die Bühne betritt, mit deren Auftritt in dieser Form wohl auch kaum jemand gerechnet hat. Die Amerikaner hatten ihre Karriere mit zwei formidablen US-Metal-Krachern eingeleitet, die heute Kultstatus und das Fehlen einer erschwinglichen, offiziellen Veröffentlichung genießen. Nach einer EP kam es dann zu einem radikalen Stilwechsel im Hause HEXX und Death Metal war angesagt. Zuerst verschwand das Interesse, dann die Band selbst. Umso größer dann mein Erstaunen, als ich vor einem Jahr den Bandnamen auf dem KIT-Plakat entdeckte, mit dem Zusatz "Old-School Show". So bin ich nicht der einzige, der mit Bangen und Hoffnung vor der Bühne ausharrt und diese Anspannung fällt dann auch merklich vom Publikum ab, als die Band loslegt. Denn der melodische US Metal, gradliniger als bei den Texanern vor einer Stunde, wird mit viel Können und vor allem starkem Gesang auf die Menge losgelassen. Hier sind offenbar Leute am Werk, die über die Jahre kaum etwas verlernt haben und auch einige Zeit im Proberaum verbrachten, um sich auf den Auftritt vorzubereiten. Lediglich einmal gerät ein Songbeginn zum munteren Chaos und angeschlossenem Ratespiel für die Fans. Der Rest ist dann ein Feuerwerk an tollen Hymnen, flotten Krachern und überhaupt eine weitere Demonstration der Klasse von HEXX. Wenn nach dieser Dreiviertelstunde begeisterten Mitsingens, Bangens und Luftgitarrierens eines klarer denn je ist, dann die Notwendigkeit ordentlicher Wiederveröffentlichungen von "No Escape" und "Under The Spell".
Setlist: Terror, Invader, The Victim, No Escape, Edge of Death, Look to the Sky, Night of Pain, Beware the Darkness, The Hexx, The Other Side, Hell Riders, Under the Spell, Out for Control
Als nächstes steht mit SINNER eines der Urgesteine der deutschen Metal-Szene auf der Bühne. Matt Sinner, der den jüngeren Semestern vor allem als Bassist und Kopf von PRIMAL FEAR bekannt sein dürfte und mit jener Band den größten Teil der letzten anderthalb Jahrzehnte zugebracht hat, begann seine Karriere mit seiner eigenen Band, bei der er auch den Gesang übernimmt. Unter dem SINNER-Banner entstanden in den Achtzigern eine ganze Reihe starker Alben, die im Grenzgebiet zwischen Hard Rock und Heavy Metal wilderten und neben musikalischer Verehrung für THIN LIZZY vor allem mit Matts kraftvollem Gesang und jeder Menge Hits punkten konnten. Das KIT ist also der ideale Ort für Matt, um mit seiner aktuellen Begleitband einen Strauß jener Hits zu präsentieren. Der Termin am späten Nachmittag garantiert durch Alkohol beförderte, gesteigerte Nostalgiegefühle beim Publikum, das sich auch langsam eingesungen hat. Und so verwundert es kaum, dass die Halle gut gefüllt ist und die Klassiker vom Kaliber 'Danger Zone' ordentlich abgefeiert werden. Man merkt der Band an, dass hier echte Profis am Werk sind, die sehr viel Bühnenerfahrung und auch Routine mitbringen, was einerseits einen technisch starken Auftritt garantiert, andererseits aber auch etwas die besondere KIT-Atmosphäre vermissen lässt, die entsteht, wenn Musiker nach zwanzig Jahren plötzlich feststellen, dass es mindestens 2000 Leute gibt, die ihre Musik abfeiern. Somit ist der SINNER-Auftritt ein Sieg nach Punkten und kein emotionaler K.O. der Marke MEDIEVAL STEEL. Einen leichten Nachgeschmack bekommt das Ganze auch noch, als die Band gute zehn Minuten zu früh die Bühne verlässt und zuvor auch noch das (zwar ordentlich mitgesungene, aber) überflüssige BILLY-IDOL-Cover 'Rebel Yell' zum besten gibt. Das schmeckt nach Dienst nach Vorschrift, ein Festival wie das KIT hätte aber mehr verdient gehabt.
Setlist: Crash & Burn, Comin' Out Fighting, Danger Zone, Bad Girl, Born to Rock, Lost in a Minute, Knife in My Heart, Masquerade, Rebel Yell (Billy Idol cover), Germany Rocks
Die Freude vieler Fans war groß, als KIT-Organisator Oliver Weinsheimer bekanntgab, dass WARRIOR mit Originalsänger Parramore McCarty bei der diesjährigen Ausgabe des Festivals aufspielen würde. Entsprechend groß war die Enttäuschung als verkündet wurde, dass McCarty doch nicht auftreten kann und stattdessen Sean Peck (unter anderem Fronter von CAGE) seinen Posten übernehmen würde. Dass der Auftritt trotz der Darbietung des kompletten Debütklassikers "Fighting For The Earth" und einigen Nummern von den späteren Alben "Ancient Future", "The Code Of Life" und "The Wars Of Gods And Men" nicht zum Triumphzug wird, liegt aber nicht - oder zumindest nicht nur - an Pecks Gesangsleistung. Meinem Empfinden nach singt Peck sehr souverän, agiert etwas tiefer als sonst und ist zudem als Frontmann sehr engagiert. Der Funke mag aber einfach nicht wirklich auf das Publikum überspringen, was ganz sicher auch am schwachen Sound liegt. Beim fantastischen Opener 'Fight Or Fall' brauche wohl nicht nur ich einige Sekunden zu lang, um den Song zu erkennen, so wenig differenziert kommen die Instrumente aus den Boxen. Im weiteren Verlauf wird es zwar etwas besser, zufriedenstellend ist es aber nie wirklich. Dass es mit dem oben bemühten Funken nix wird, ist da nur folgerichtig, zumal auch der Rest der Band nicht gerade vor Tatendrang sprüht. Die Publikumsreaktionen bleiben so natürlich bis zum stimmungsvollen Abschluss mit der Bandhymne 'Fighting For The Earth' eher verhalten. Die Zugabe 'Welcome Aboard' hätte es da gar nicht mehr wirklich bedurft. Insgesamt also kein weiterer der vielen magischen Momente in der KIT-Historie, sondern nur ein durchschnittlicher Auftritt. Schade.
Setlist: PTM 1, Fight Or Fall, Day Of Reckoning, The Wars Of Gods And Men, Kill The Machine, Mind Over Matter, Defenders Of Creation, Ruler, Day Of Evil (Beware), Cold Fire, Only The Strong Survive, Fighting For The Earth, Welcome Aboard
Ich weiß tatsächlich gar nicht, ob ich FLOTSAM & JETSAM seit ihrem triumphalen Konzert im Vorprogramm von MEGADETH im Jahre 1987 noch einmal live gesehen habe. Der damalige Auftritt ist mir auf jeden Fall als superb im Gedächtnis haften geblieben. Da der Phoenix-Fünfer einen reinen Set mit Songs der beiden Frühwerke zum Besten geben will, bin ich schon etwas gespannt, ob das die aktuelle Besetzung, in der immerhin drei Originalmitglieder spielen, in ähnlicher Qualität darbieten kann. Beim eröffnenden Überflieger 'Doomsday For The Deceiver' fällt dann erstmal amtlich die Gitarre von Michael Gilbert aus, was die Jungs aber völlig locker weg stecken. Als wenn es gar nichts wäre, zocken die verbleibenden vier Musiker den Neun-Minuten-Kracher und zeigen zu keiner Sekunde eine Anspannung, dass die Klampfe eventuell gar nicht mehr röhren wird.
Beim nachfolgenden 'Dreams Of Death' ist dann aber alles wieder in Butter und die Flotzis thrashspeeden alles in Grund und Boden. Allen voran Eric AK, der nach wie vor keine Sekunde älter klingt. Da sitzt jeder Ton und so frisst die Meute ihm auch aus der Hand. Es fällt mir schwer, Highlights heraus zu picken, denn zu jeder Sekunde ist die Band in Höchstform und scheint es förmlich zu genießen, wie das Publikum auf die alten Kamellen reagiert. Da ist es völlig egal, ob 'Iron Tears' oder 'Hard On You' ertönen, bis auf den Balkon hinauf sieht man überall fliegende Matten und gereckte Fäuste. Beim überirdischen 'Der Führer' gleicht die Halle gar einem Tollhaus. Alter Neubasser Mike Spencer rasselt sich die Finger blutig und Urdrummer Kelly David-Smith zerhackt sein Instrument nach allen Regeln der Kunst. Was für ein Feuerwerk! Getoppt wird dieses Gourmet-Gemetzel dann nur noch vom finalen Genickschlag: Als Eric die Menge fragt, ob sie 'I Live, You Die' oder den Titelsong des zweiten Albums spielen sollen, steht die Antwort eigentlich schon vorher fest: 'No Place For Disgrace' wird dann auch zum Sahne-Thrasher auf einem Beeren-Gig. Ich hätte natürlich gern auch noch den anderen Song gehört, aber irgendwann ist halt leider Schluss. So müssen wir uns halt bis zur nächsten Tour gedulden und ich Dummerchen werde nicht wieder zwei Dekaden verstreichen lassen, bis mir die Band wieder ansehen werde. Definitiv nicht!
Setlist: Doomsday For The Deceiver; Dreams Of Death; Hard On You; Der Führer; Hammerhead; Iron Tears; Descecrator; Escape From Within; She Took An Axe; P.A.A.B; No Place For Disgrace
[Holger Andrae]
Ja, holg, stimmt, ein guter Gig. Aber genau dieser führt mir vor Augen, wie wenig ich eigentlich von diesen "Special Sets" halte. Denn als alter Flotter finde ich die Reduktion auf die ersten beiden Alben spätestens ab Mitte des Gigs, der mir bis dahin wirklich gut gefallen hat, nur damit das jetzt niemand falsch versteht, bei dem aber jetzt langsam das Füllmaterial bringt, beinahe als ärgerlich. Elf Studioalben minus neun? Im Ernst? Wenn jedes einzelne Songs enthält, die wert wären, gespielt zu werden? Es ist ja nun so, dass selbst das schwächste Album "Dreams Of Death" und die nur guten "My God" und "Unnatural Selection" immer noch mehr echte Hämmer enthalten als 90% allen, was im Genre jährlich so erscheint. Obendrein sind die Jungs keine regelmäßigen Gäste in unseren Breiten, auch wenn ich sie ein paarmal mehr gesehen habe als du. Darum finde ich es insgesamt gut, aber einige der schwächeren Songs der ersten beiden Scheiben hätte ich gerne gegen bessere der späteren Phase ausgetauscht. Ich brauche jedenfalls kein 'She Took An Axe', 'P.A.A.B' oder 'Escape From Within'. Und den 'Führer' hätte ich auch rausgeschmissen. Stattdessen wäre das hier meine Wunschsetlist gewesen:
Doomsday For The Deceiver; Dig Me Up To Bury Me; Dreams Of Death; Swatting At Flies; Hard On You; Ugly Noise; Hammerhead; Destructive Signs; Desecrator; The Master Sleeps; Better Off Dead; Natural Enemies; No Place For Disgrace; bin ich jetzt raus?
[Frank Jaeger]
Nein, Frank, Du bist natürlich nicht raus, aber gerade 'Escape From Within' hat es mir seit dem Auftritt wieder sehr angetan. Eine - auch von mir - völlig unterschätzte Nummer, die ich absolut großartig fand. Aber ich hätte natürlich auch gern 'Smoked Out' oder 'Swatting At Flies' gehört. Zusätzlich. Und 'I Live, You Die'.
Ja, ja, so geht's. Da zolle ich dem Mangel an Kondition Tribut, um für den heiß und innig geliebten Jagdpanzer fit zu sein, und verpasse dafür den offenbar riesigen Flotz-Gig. Jedenfalls lassen Holgs Worte und der nicht nachlassende Strom an schweißgebadeten Fans, die mir am Ausgang entgegen stürmen, den Schluss zu, dass die Arizona-Gang die Bude ordentlich gerockt haben muss. Nun bin ich doch ein wenig traurig, mir diese Pause gegönnt zu haben. Aber das wird nicht lange anhalten, denke ich mir, denn ich erwarte ja nun meine Helden von JAG PANZER, die für mich nicht mehr und nicht weniger sind als eine der großartigsten Livebands, die ich je gesehen habe. Unvergessen mein erster JAG PANZER-Gig am 16.12.1998 in Augsburg, als die Band vor kaum 50 Nasen aufgespielt hat, als gäbe es kein Morgen. Heute steht nun mein zehntes Treffen mit dem Jagdpanzer an, und ja, ganz ehrlich, ich erwarte nicht mehr und nicht weniger, als wieder genauso gepackt zu werden wie damals, als ich diese Band zum ersten Mal erleben durfte.
Dabei ist es gar nicht so selbstverständlich, dieses Quintett heute und hier bewundern zu dürfen. Immerhin sträubte sich Joey Tafolla jahrelang gegen eine richtige Rückkehr, und dann gab es da ja diesen unglückseligen Split der Band vor knapp drei Jahren, der unter doch sehr traurig und frustriert wirkenden Umständen zu Stande kam. Doch das KIT hat es einmal mehr geschafft, die Recken wieder zu mobilisieren, und so touren Harry Conklin, Mark Briody, John Tetley, Rikard Stjernquist und Joey Tafolla dieser Tage wieder durch Europa, wärmen sich in Thessaloniki, Athen und Dornbirn auf, um nun in Königshofen zu regieren.
Für JAG PANZER ist es heute Abend nach KIT V und KIT X der dritte Besuch beim KIT, für Harry Conklin gar der sechste, war er doch zudem schon mit TITAN FORCE und SATAN'S HOST sowie als Gastsänger bei ROXXCALIBURs NWoBHM-Special am Start. Es ist daher eine Heimkehr, und die gerät trotz des müden und ausgepowerten Publikums zum Triumphzug. Der flott gemachte Jagdpanzer knattert und rattert durch sein Frühwerk, dass es eine wahre Freude ist. In chronologischer Reihenfolge föhnen uns die Herren aus den Rocky Mountains die Matten mit dreien der vier Stücke von der "Tyrants"-EP und dem kompletten "Ample Destruction"-Meisterwerk. Wirklich alle Songs der Kultscheibe sind zu hören, und so kommen die Fans in der trotz der späten Stunde noch immer sehr vollen und stickigen Tauber-Franken-Halle aus dem Feiern und Mitsingen gar nicht mehr heraus.
Aber klar, wenn du als Band einen Opener wie 'Battle Zones' ziehen kannst und damit gleich einmal zum Vernichtungsschlag erster Kajüte ansetzt, dann stehen die Vorzeichen auf Sturm, und wenn dann Überhymnen wie 'License To Kill', 'Symphony Of Terror', das aus 1500 Kehlen mitgebrüllte 'Generally Hostile' oder ein Meisterepos wie 'The Crucifix' nachgelegt werden können, dann wird dich dieses Publikum lieben, achten, ehren und feiern; auch wenn Gitarrenhexer Joey Tafolla optisch noch nicht ganz zurück im Metal scheint und Basser John Tetley wegen Knie- und Knöchelproblemen im Sitzen zocken muss.
Das stört kein bisschen, denn die Band sprüht vor Energie und Spielfreude, und man merkt vor allem Rikard, Mark und Frontmann Harry die Freude an, die sie daran haben, wieder mit dem Panzer auf die Bühne fahren zu können. Dabei beweist der ungekrönte König des KIT einmal mehr, dass er einer der heißesten Anwärter auf den Titel des besten Metal-Frontmanns aller Zeiten sein dürfte. Auch wenn mancher Anwesende über ein paar rauere Screams meckert, die ihm zu sehr in die Richtung SATAN'S HOST gehen, ist es letztlich doch völlig grandios, wie klar, wie hell und wie sicher Harry Conklin diese meisterlichen Hooklines intoniert, und wie grandios er dabei das Publikum durch seine passende Gestik und Mimik mitnimmt und jeden Text nicht nur singt sondern auch spielt. Besser geht es einfach nicht.
Dass neben den bereits im Vorfeld angekündigten Songs der "Ample Destruction" vornehmlich Stücke zum Zuge kommen würden, die auch im Original von Rückkehrer Tafolla eingespielt wurden, das war zu erwarten, doch auf die genaue Auswahl durften wir gespannt sein. Es sei vorweg genommen: Auch hier gibt es nichts, aber auch genau gar nichts zu meckern. Zielsicher pickt die Band einige der größten Highlights von "The Fourth Judgement" und natürlich das legendäre 'Shadow Thief' heraus, bevor sie nach einer kleinen Ansprache Harrys und einer tollen Version von 'Tyranny' die Bühne erst einmal verlässt.
Das Publikum will mehr, und natürlich bekommt es auch mehr, denn was wäre ein solches Event ohne die große Metal-Community-Hymne 'Chain Of Command'? Eben, es wäre unvollständig, und dementsprechend wird die Kette auch gefeiert wie der Messias. Kaum einer, der nicht mitsingt. Noch immer schallen Zugabe-Rufe durch die Halle, und eine kleine Granate hat die Band auch noch im Magazin. Zum Schluss zockt die Truppe eine brachiale Coverversion von ACCEPTs 'Fast As A Shark', das Harry nicht nur durch seine hier besonders fiese Stimme veredelt, sondern auch noch durch einen wunderbar witzigen Haifisch-Ausdruckstanz.
JAG PANZER's on the attack... attack... attack... attack!
Setlist: Battle Zones, Death Row, When Metal Melts The Ice, Licensed To Kill, Warfare, Symphony Of Terror, Harder Than Steel, Generally Hostile, The Watching, Reign Of The Tyrants, Cardiac Arrest, The Crucifix, Shadow Thief, Black, Call Of The Wild, Future Shock, Tyranny - Zugabe: Chain Of Command, Fast As A Shark (ACCEPT-Cover)
- Redakteur:
- Holger Andrae