MANNTRA und FLORIAN GREY - München
22.03.2024 | 00:1116.03.2024, Backstage Club
Morana, Yelena, Kriegsgötter und Königsmörder.
MANNTRA kenne ich auf Empfehlung von Nives, die mir vor vielen Jahren einen Sampler mit kroatischen Rock- und Metalbands zusammengestellt hat. MANNTRA kannte zu diesem Zeitpunkt kaum jemand außerhalb Kroatiens, zumal die Band damals auch alle Songs in Landessprache vorgetragen hat. Frühe MANNTRA-Alben wie "Horizont" oder "Meridian" sind auch heute noch gern gehörte Alben mit einigen tollen, tiefgründigen Folk-Metal-Songs.
Um international bekannter zu werden, hat die Band ihren Stil etwas verändert, Songwriting und Melodien wurden simplifiziert und die Sangessprache ist nun englisch mit ein paar Fetzen deutsch in manchen Refrains. Unser erstes MANNTRA-Konzert fiel mitten in die Umbruchphase, als man im Vorprogramm von DIE KRUPPS das erste englischsprachige Album "Oyka" präsentierte. Das war Ende 2019. Die Band wirkte damals noch etwas unbeholfen, nach sich selbst suchend, dabei aber sehr sympathisch. Und obwohl wir die letzten vier Jahre beide musikalisch nicht mit MANNTRA mitgegangen sind (das aktuelle Album "War Of The Heathens" kenne ich noch gar nicht), ist die Neugierde auf ein Wiedersehen doch sehr groß. Und wir haben gehört, das Backstage wäre ausverkauft!
Okay, es ist das "kleine" Backstage, also der Club. Dennoch sind wir sehr erstaunt, denn er platzt in der Tat aus allen Nähten und mindestens die Hälfte der Leute hat MANNTRA-T-Shirts an. Weiterhin interessant ist, dass hier alle Altersklassen vertreten sind, wir sehen Kids, ihre Eltern, Endvierziger IRON MAIDEN-Fans und gediegene Altrocker. Die hören echt alle MANNTRA?
Doch zunächst beginnt der Support namens FLORIAN GREY. Komischer Bandname, aber die Musik weiß durchaus zu unterhalten. Wir hören leicht poppigen Dark Rock, in dessen Zentrum die charismatische Stimme von Namensgeber Florian steht. Ich bin zwar den ganzen Gig über am Zaudern, ob ich diese manchmal etwas zu softe, samtene Stimme nun mag oder nicht, Nives wischt die Zweifel aber weg: "Die Stimme ist super"! Alles klar.
Was FLORIAN GREY auf jeden Fall kann, ist knackig-eingängige Songs schreiben, die keine der circa 45 Minuten langweilig erscheinen lässt. Diese heißen beispielsweise 'Bluecifer', 'The Great Nowhere' oder 'Starless Skies'. Manchmal wird es auch langsamer und nachdenklicher, manchmal auch tiefschwarz gothic ('Our Thirsty Hearts'). Und immer, wenn Florian seine Stimme mit voller Kraft vibrieren lässt, werde ich auch mitgerissen. Cool ist auch der sehr flotte, fast metallische Abschlusstrack 'Nothing Left To Love', der eine gute Überleitung zu MANNTRA ist, denen man am Schluss auch ganz herzlich dankt.
Wir sind immer noch etwas skeptisch, ob MANNTRA heute wirklich etwas bewirken kann. Doch werden wir dann sehr schnell eines Besseren belehrt, als die imposanten Gestalten die Bühne entern und mit knackigem Sound sehr selbstbewusst aufspielen. Da ist erstmal Bassist Zoltan Lečei, das zurückgekehrte Gründungsmitglied, ein bärtiger Wikinger mit bemaltem Oberkörper und Großmeister des Metal-Posings. Ein weiterer starker Mann ist der neue Gitarrist Dodo Pavlović, dem allerdings ein uns andere Mal die Show von einem Mann mit schwarzer Kapuze und Skelettmaske gestohlen wird. Skeletor ist überall zu finden, spielt Keyboards, Flöte und Gitarre und wird später noch einen Spezialeinsatz haben. Und dann ist da natürlich der in einen auffälligen Mantel gekleidete Frontmann Marko Sekul, dessen Statur ein wenig an Joakim Brodén von SABATON erinnert.
Die ersten drei Songs 'Heathens', 'Morana' und 'Tanz' kommen absolut tight von der Bühne, und die auf CD oft recht einfach strukturierte Musik entpuppt sich als perfektes Material für die Livesituation. MANNTRAs Bühnenpräsenz dazu ist absolut headlinerwürdig. Man sieht mich beeindruckt! So singe ich dann auch lautstark beim Song über die perfekte Frau mit dem tödlichen Lächeln mit: "Yeeeeeelena, heeey!" Bei 'Barren King' holt man dann eine Art SUP (Stand-up Paddle) auf die Bühne, auf dem Skeletor dann auf den Händen der Fans für ein Bier zur gegenüberliegenden Bar und wieder zurück surfen darf. Ähnliche Aktionen haben zwar DIE APOKALYPTSCHEN REITER auch schon mal gehabt, unterhaltsam ist es trotzdem, da es einfach sehr sympathisch wirkt, wie die Band dabei auftritt.
Auch in der Folge wird das (Unterhaltungs-)Level hochgehalten. Es gibt den Hit 'In The Shadows', mit dem sich MANNTRA in den Dora, die kroatische Vorentscheidung für den Eurovision Song Contest, geworfen hat. Ich denke, MANNTRA ist dort Fünfter geworden. Mir gefällt auch die Akustikversion von 'Everlasting' sehr gut, und weil die Fans hier alle mitsingen, nehme ich Marko gerne ab, wenn er sagt, dass dies wohl der bislang emotionalste Vortrag des Liedes auf einem Livekonzert gewesen sei. Heute finde ich dann sogar 'Königsmord', einen auf CD ziemlich doofen Song, gut, der, den Reaktionen nach gar ein Fan-Highlight zu sein scheint. Am Schluß des Hauptsets wird dann noch einem Kriegsgott namens Ori gehuldigt ('Ori Ori, give me glory'). Doch was ist mit uns alten Fans? Dürfen wir nicht wenigstens einmal auch Markos Gesang auch auf Kroatisch hören? Schließlich gibt es hier doch einige Fans, die während des Gigs immer wieder die kroatische Flagge hochhalten.
Jawohl, wir dürfen! Denn die Band spielt tatsächlich 'Kiša' vom ersten Album "Horizont" (2012). Spätestens jetzt sind wir voll mit MANNTRA versöhnt, zumal es danach gleich noch einen kroatischen Song gibt, nämlich 'Lipa' von "Monster Mind Consuming". Danach kommt dann auch noch mein Lieblingssong der neueren Bandphase, nämlich der Megaohrwurm 'Nightmare' (von "Kreatura"). Danach ist Schluss.
Denkste! Der gesamte Club skandiert nach weiteren Songs und tatsächlich kommt MANNTRA noch ein zweites Mal zurück. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob das geplant oder spontan war, aber zwei Songs gibt es noch. 'Volhov' ist MANNTRA-Standardfutter, doch der allerletzte Track bietet dann noch einmal kroatisches Liedgut at its best. MANNTRA covert hier einen in Kroatien sehr beliebten und oft rezitierten Folksong namens 'Naranča', was noch einmal für sehr viel Spaß sorgt. Hei, das war ein Fest! Die Tour läuft noch, ab 4. April geht es weiter, also falls ihr also angefixt seid, geht hin!
Setliste: Heathens; Morana; Tanz; Yelena; Et in Peccatum; Barren King; In The Shadows; The Hunter; Königsmord; Monster Mind Consuming; Not Guilty; Slave; Everlasting (acoustic); Domain; Ori Ori; Zugaben: Kiša; Lipa; Nightmare; Volhov; Naranča
Fotos: Nives Ivic
- Redakteur:
- Thomas Becker