POWERWOLF, HAMMERFALL und WIND ROSE - München

28.10.2024 | 09:55

25.10.2024, Olympiahalle

Feuer und Flamme im grauen Münchener Herbst.

Die Tage werden kühler und grauer, ich benötige dringend Wärme und Licht. Da es bis zum konzertfreien Urlaub in Südeuropa noch ein paar Tage dauert, quäle ich mich an diesem Freitag einmal mehr durch den Berufsverkehr nach München. POWERWOLF hat im Vorfeld angekündigt, dass die derzeitige Hallentour die größte Produktion in der 20-jährigen Geschichte der Band ist. Wer die Shows der Powermetal-Band aus dem Saarland kennt, weiß, dass dort immer hell und eben auch warm ist. Verdammt, ich habe meine Sonnencreme vergessen.

Ich bekomme noch einen günstigen Parkplatz im P&R-Parkhaus Olympiazentrum, vertreibe mir ein wenig die Zeit in der großen Ausstellung eines bekannten bayerischen Autoherstellers und erreiche überpünktlich die Olympiahalle. Die Formalitäten sind schnell erledigt und es bleibt noch etwas Zeit für einen Plausch mit zwei Fotografen eines anderen Magazins. Ich freue mich immer, wenn ich Hartl und Manfred irgendwo auf diesem Planeten treffe, um mit ihnen gemeinsam im Pit zu stehen.

Bei dem ersten Kaltgetränk stellen wir fest, dass nur sehr wenig Fotografen für das heutige Konzert anwesend sind. Somit werden wir einen komfortablen Arbeitsbereich haben und uns nicht gegenseitig im Graben auf die Füße treten. Es werden noch ein paar Anekdoten und Erinnerungen ausgetauscht, bevor wir uns am vereinbarten Sammelplatz treffen. Wie in München gewohnt, werden wir von einem Produktionsmitarbeiter abgeholt und zum Graben begleitet. Erinnerungen an die Kindheit werden wach, immerhin müssen wir uns nicht an der Hand nehmen.

Da in der olympischen Halle um 23 Uhr das Licht ausgeht, beginnt WIND ROSE als erste Supportband bereits um 18:30 Uhr das sechs Stücke umfassende Set. Ich konnte die Band gemeinsam mit meinem Kollegen Julian bereits im letzten Jahr in München sehen, allerdings fasst das Backstage Werk deutlich weniger Metalheads als die heutige Location. Zudem hat die Band aus Italien mit "Trollslayer" vor einigen Tagen ein neues Album veröffentlicht. Ich bin gespannt, wie WIND ROSE auf der großen Bühne vor der enormen Masse an Leuten klar kommt.

Es geht los mit 'Fellows Of The Hammer' vom 2022 veröffentlichten Album "Warfront". Schon nach wenigen Augenblicken lässt sich erahnen, dass das ein grandioser Abend wird. Die Crowd tanzt, klatscht, singt und feuert die Band auf der Bühne ordentlich an. Selbst in dem von mit oft kritisierten "Golden Circle" herrscht ordentlich Partystimmung. Diese gute Stimmung überträgt sich in Windeseile auf die Combo aus Italien. Wenn Sänger Francesco Cavalieri nicht düster aus seinem aufwendig gestalteten Outfit schaut, wirkt er sehr glücklich und zufrieden. Immer wieder steht ihm ein breites Lächeln im Gesicht.

Doch auch der Rest der Band hat viel Spaß auf der Stage. Diese lässt WIND ROSE trotz des umfangreichen Aufbaus für den heutigen Headliner viel Bewegungsfreiheit. Zu 'Mine Mine Mine!' vom 2019 veröffentlichten Album "Wintersaga" schnellen die Hände nach oben und Francesco hat die Meute absolut im Griff. Selbst auf den Rängen im sehr weiten Rund hält es zumindest einige Leute nicht auf ihren Sitzen. Mit 'Rock and Stone' gibt es dann auch den ersten und einzigen Song vom aktuellen Album. Auch dieser funktioniert hervorragend live.

Mit - natürlich - 'Diggy Diggy Hole' geht es in den Endspurt. Die ausverkaufte Olympiahalle steht Kopf und wirklich jeder hier singt den Coversong von THE YOGSCAST mit. Ich muss meine Glaskugel nicht lange polieren um zu sehen, dass der Track auch noch in den kommenden 40 Jahren der letzte Track auf den Konzerten von WIND ROSE ist und jede Halle zum Beben bringen wird. Rundum ein sehr gelungener Auftritt vom ersten Support an diesem Abend in München.

Mein geschätzter Kollege Maik Englich hat vor wenigen Wochen ein Interview mit Sänger Francesco geführt, welches Ihr hier lesen könnt.

Setliste: Fellows Of The Hammer; Drunken Dwarves; Mine Mine Mine!; Rock And Stone; Together We Rise; Diggy Diggy Hole

Hätte mir vor fünf Jahren jemand gesagt, dass HAMMERFALL den Support für den heutigen Headliner macht, ich hätte nur müde gelächelt. Was habe ich schon für großartige Konzerte von den Schweden um Sänger Joacim Cans erleben dürfen. Ich erinnere mich an meine Gänsehaut, als die schwedische Band für 'Sweden Rock' von über 30.000 Leuten auf dem Sweden Rock Festival in diesem Jahr frenetisch bejubelt wurde. Das war schon ein geiles Erlebnis. Auch werden Erinnerungen an Headliner-Shows in großen Hallen und an viele weitere tolle Gigs aus der Vergangenheit wach.

Heute also Support für POWERWOLF, welche mittlerweile weltweit riesige Hallen füllt. Auch HAMMERFALL bringt neues Material mit nach München. Auf der Setliste stehen immerhin drei Songs vom Album "Avenge The Fallen", das im August des laufenden Jahres veröffentlicht wurde. Mit dem Titeltrack steigt die Band in das Set ein. Wir stehen im Graben, hören viel und sehen erst mal wenig. Eine enorme Nebelwand hüllt die schwedischen Rocker ein und es dauert eine Weile, bis ich Sänger Cans erblicke. Er steht auf einem als Mauer verkleideten Bühnenteil neben dem extrem hohen Drumriser. Schlagzeuger David Wallin ist hinter seinem Instrument während des kompletten Sets nicht wirklich zu erkennen.

Zu 'Heeding the Call' wird es dann endlich etwas heller auf der Bühne und ich erkenne, dass HAMMERFALL mit den Axtmännern Oscar Dronjak, Pontus Norgren und Fredrik Larsson nach München gekommen ist. Oscar fällt natürlich mit seiner weißen Mähne extrem auf und sorgt für das eine oder andere gelungene Foto. Auch bei der zweiten Supportband am heutigen Abend muss die Stimmung als grandios bezeichnet werden. Die drei Saitenspieler sind permanent in Bewegung und wechseln oft die Seiten.

Seit über 30 Jahren bespielt HAMMERFALL die Metalbühnen dieser Welt, folglich hat die Band jede Menge Hits im Gepäck. 12 Songs stehen heute auf dem Liederzettel, welcher eigentlich keine Wünsche offen lasen dürfte. So ist es kein Wunder, dass 'Renegade', 'Hammer High' und 'Last Man Standing' lauthals von den Headbangern mitgesungen werden. Ständig werden Pommesgabeln in die Luft gereckt und Herr Cans benötigt nicht viele Worte, um die Massen zum Mitmachen zu mobilisieren. Das ist hier ein Selbstläufer.

Da ich HAMMERFALL mittlerweile schon dutzende Male live erlebt habe, kenne ich natürlich die üblichen Gesten der Band-Mitglieder und ja, einige Fotos vom Konzert haben eine extreme Ähnlichkeit von anderen Shows. Dennoch sehe ich die Schweden immer wieder gerne und freue mich wie ein kleines Kind, wann ich die Gruppe ablichten kann. Doch eine kleine Änderung kann ich dann doch noch entdecken. Joacim steht nicht in Kutte und Shirt auf der Bühne, sondern trägt am Oberkörper "irgendwas mit Leder und Ketten". Wie gewohnt dagegen schafft es Gitarrist Oscar sich extrem zu verbiegen und in auffälliger Pose ein Solo zum Besten zu geben.

Die Band spielt sich gut gelaunt munter durch die Setliste und die Zeit vergeht wie im Flug. Nach meinen üblichen drei Fotosongs suche ich mir einen der wenigen freien Plätze und genieße den Rest der Show. Klar, dass ich mir bei 'Sweden Rock' die Seele aus dem Leib singe, bevor ich sich die Band mit 'Hearts On Fire' vom Münchener Publikum verabschiedet. Zig mal gesehen und doch wieder viel Spaß gehabt. Danke HAMMERFALL, bis garantiert zum nächsten Mal.

Setliste: Avenge The Fallen; Heeding The Call; Any Means Necessary; Hammer Of Dawn; Renegade; Hammer High; Last Man Standing; Let The Hammer Fall; The End Justifies; (We Make) Sweden Rock; Hail To The King; Hearts On Fire

Es ist mittlerweile gut warm geworden in der großen Halle und den Verfasser dieser Zeilen dürstet es. Über die unverschämt hohen Getränkepreise habe ich mich ja schon des Öfteren ausgelassen, doch was solls, nützt ja nix. Also, Karte gezückt und ab dafür. Immerhin geht der Vorgang recht flott, da in der Olympiahalle mittlerweile ausschließlich Kartenzahlung möglich ist. Durch den umfangreichen Bühnenumbau bleiben uns 35 Minuten Zeit, um uns auszutauschen. Wir Redakteure sind der Meinung, dass der Abend bisher sehr gut verlaufen ist und freuen uns auf die Show des heutigen Headliners.

Auch POWERWOLF konnte ich schon recht oft sehen und auch fotografieren. Stand ich sonst wie üblich im Fotograben, gibt es heute einen kleinen Wermutstropfen. Da die komplette Show mitgefilmt wird, müssen wir Fotografen uns einen alternativen Platz in der Halle suchen. Hier ist nun pokern angesagt. Während Hartl und Manfred sich seitlich auf der Tribüne niederlassen, um ein paar gute Motive zu erhaschen, mache ich mich auf den Weg zum anderen Ende der großen Halle. Mittig genau gegenüber der Bühne müsste sich doch in der Totalen das eine oder andere gute Foto machen lassen. POWERWOLF ist bekannt für ausschweifende Feuer- und Pyro-Exzesse und eigentlich ein Garant für tolle Motive.

Nun gut, ich habe aufs falsche Pferd gesetzt. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will, immer habe ich eine Traverse mit Licht-Equipment vor der Linse. Um Punkt 21 Uhr fällt der Vorhang und Sänger Attila steht auf einem sehr hohem Podest. Organist Falk und Drummer Roel halten jeweils eine Fackel in den Händen, während Attila in rotem Licht erstrahlt. Lasse die heilige Metalmesse in München beginnen! Die Band startet ihre Show mit 'Bless 'em With The Blade' von der diesjährigen Veröffentlichung "Wake Up The Wicked". Ständig brennt es irgendwo auf der großen Bühne und eines sei bereits jetzt gesagt: während der nächsten zwei Stunden wird sich dieser Zustand nicht ändern. Es wird sehr hell und sehr warm. Genau das, was ich mir auf der Fahrt nach München so sehr gewünscht habe. Der Sänger möchte ein paar Worte an die Gemeinde richten, aber er kommt nicht dazu. Die ganze Halle brüllt laut POWERWOLF!, POWERWOLF!  Und es dauert eine Weile, bis Attila zu Wort kommt.

Doch wichtiger als Worte ist nach wie vor die Musik der Powermetal-Band. Es geht weiter mit 'Incense & Iron' und 'Army Of The Night', bevor ich meinen Fotokram einpacke und mir abermals einen freien Platz auf der Tribüne suche. POWERWOLF hat im Vorfeld angekündigt, dass die derzeitige Tour die aufwendigste in der Bandgeschichte sein wird. Anwesende Metalheads werden dies bestätigen können. Okay, das überdimensionale digitale Backdrop konnte ich bereits schon auf dem Summer Breeze im vorigen Jahr sehen, ich denke jedoch, dass die Effekte hier noch einmal deutlich besser zur Geltung kommen. Neben der Musik wird hier auch viel fürs Auge geboten. Pyro-Effekte, Flammenwerfer, Raketen, die bis zur Mitte der Halle und wieder zurück zur Stage fliegen. Die Band setzt definitiv Maßstäbe im Metalshow-Bereich.

Die Musiker haben sichtlich Spaß an der Geschichte. Attila bedankt sich wie gewohnt zigmal mit "vielen Dankeschön, liebe Freunde" bei dem begeisterten Publikum und Tastenmann Falk Maria Schlegel brennt auf dem Scheiterhaufen zu '1589', einem Track vom aktuellen Silberling. Dieser kommt wie die insgesamt fünf Songs von "Wake Up The Wicked" echt gut beim Publikum an. Zum Glück hat der Organist das Feuer überlebt und darf weiter an der Show mitwirken. Zur Ballade 'Alive Or Undead' sitzt er am brennenden Klavier und tausende Handylichter erleuchten die riesige Halle. Das ganze hat eine enorme atmosphärische Dichte, wer da keine Entenpelle bekommt, hat ein Herz aus Eis.

Neben den neuen Songs gibt es allerlei Klassiker zu sehen und hören, davon hat POWERWOLF verdammt viele in den letzten 20 Jahren angehäuft. 19 Songs von 8 Alben sorgen dafür, dass das Publikum ordentlich steil geht und jeden Song feiert, als gäbe es keinen Morgen mehr. Die Greywolf-Brüder wechseln ständig mit ihren Gitarren die Positionen und Falk bekommt heute Kilometergeld. Ein ums andere Mal verlässt er seinen Platz an der Orgel, wagt einen Tanz mit Attila und feuert die Crowd an. Für mich hat der Organist enorme schauspielerische Qualitäten.

Auch beim Headliner rennt die Zeit und die Halle hat sich extrem aufgeheizt. Noch ein schnelles Getränk, bevor es in den Zugabenblock geht. Zu 'Sanctified With Dynamite' vom 2011 veröffentlichten Album "Blood Of The Saints"  schießen abermals meterhohe Flammensäulen Richtung Hallendecke und Falk peitscht wieder das Publikum an. Wenn es mit der Schauspiel-Karriere nichts wird, könnte er auch Robben dressieren. Zu 'We Drink Your Blood' hüpft die ganze Halle und der Oberrang vibriert! Hier hält es längst keinen mehr auf dem Sitz. Im Innenraum entdecke ich immer wieder mal einen Circle Pit. Vor 'Werewolves of Armenia' bedankt sich Attila noch einmal in seiner gewohnten Form bei den Fans, welche lauthals eine Zugabe fordern.

Attila teilt die Masse in 2 Abschnitte und das Huh! Hah!-Battle mit Falk sorgt für viel Gelächter bei den knapp 15.000 Fans. Noch einmal wird pyrotechnisch aus allen Rohren gefeuert, bevor die Band endgültig nach schweißtreibenden 120 Minuten die große Bühne in München verlässt. Die bayerische Hauptstadt hat sich als guter Gastgeber präsentiert und man darf gespannt sein, was sich POWERWOLF für die kommenden Tourneen einfallen lässt. Klar, meine persönliche Foto-Situation war nicht optimal, doch shit happens. Ich freue mich auf die hoffentlich bald erscheinende Blu Ray, um mir den denkwürdigen Abend noch einmal in Erinnerung rufen zu können. Zudem wird die Band auf dem Rock Harz 2025 zugegen sein. Da gibt es dann wieder Fotos aus der ersten Reihe.

Setliste: Bless 'em With The Blade; Incense & Iron; Army Of The Night; Sinners Of The Seven Seas; Amen & Attack; Dancing With the Dead; Armata Strigoi; 1589; Demons Are A Girl's Best Friend; Stossgebet; Fire And Forgive; We Don't Wanna Be No Saints; Alive Or Undead; Heretic Hunters; Sainted By The Storm; Blood For Blood (Faoladh); Sanctified With Dynamite; We Drink Your Blood; Werewolves Of Armenia

 

Text und Photo Credit: Andre Schnittker

 


Redakteur:
Andre Schnittker

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