PSOA Herbstoffensive 3 - Weimar

11.10.2022 | 10:56

23.09.2022, Uhrenwerk

Zum dritten Mal bläst das Party.San zu seinem kleinen, aber exquisiten Nebenfestival – mit Headlinern wie Karl Willetts' MEMORIAM und den Norwegern TSJUDER.

Die Corona-Pandemie hat auch manch Gutes hervorgebracht, denn die Not der Veranstaltungsbranche in den vergangenen knapp drei Jahren machte erfinderisch. Als festivalmäßig gar nix ging, schufen die Macher des von POWERMETAL.de präsentierten "Party.San Metal Open Airs" ihre "Herbstoffensive". Streng limitiert auf 666 Besucher, da sagten auch die Gesundheitsämter nicht nein. Trotz diesjähriger Lockerungen und erstmals wieder stattgefundenem Hauptfestival halten die Veranstalter nun an dem Konzept fest und laden erneut ans Uhrwerk zu Weimar. Zwölf Bands an zwei Tagen, natürlich mit ordentlich Todesblei und Schwarzmetall.

Nachdem die vier Amis CEREBRAL ROT den Reigen mit rumpligem Oldschool-Death zwischen Uffta-Takt und Geblaste zu den ersten fliegenden Matten des Tages eröffnet haben, legt MORTIFERUM nach. Die teils ebenfalls aus Washington stammenden US-Landleute mögen es zwar ähnlich oldschoolig wie ihre Nachbarn, schlagen dabei aber einen deutlich schwermütigeren Weg ein. Immer wieder schiebt das ärmellose Shirts tragende Quartett schleppende Doom-Parts ein, ehe sich Sänger und Gitarrist Max Bowman mit einem gegrunzten "thank you so fucking much" verabschiedet.

Nach etwas QUEEN in der Umbaupause färbt sich die Bühne lila und ein düsteres Intro à la ROTTING CHRIST tönt aus den Boxen. Dann bollert CRESCENT in fast epischem Ausmaß mit 'Neb-Pehti-Ra' drauf los. Die Jungs aus Kairo scheinen in ihrer inzwischen über 20-jährigen Bandgeschichte mehr als ordentlich NILE gefrühstückt zu haben, wobei es ihnen bei ihrer Herkunft noch mehr gebührt, ägyptische Mythologie in ein technisches Todesgewand zu pressen. Inzwischen werden die Ägypter am Bass durch Stefan Dietz ergänzt, besser bekannt von einer gewissen, ebenfalls recht anspruchsvollen Mainzer Band namens NOCTE OBDUCTA. Sänger und Gitarrist Ismaeel Attallah reißt immer wieder die Faust in die Luft, während das Quartett sich hauptsächlich durch Songs des aktuellen Albums "Carving The Fires Of Akhet" prügelt. Allerdings bleibt es dabei anfangs nicht vor manchem Quietschen verschont, mit der Zeit wird der Sound jedoch besser und vor allem lauter. Beste Voraussetzungen, um einen gelungenen Gig mit 'As Nu Enshrines Death' zu beschließen.

Die Umbaumucke ist mit ALICE COOPERs 'No More Mr. Nice Guy' weiter locker flockig, dann wird's episch: Ein Intro mit Frauengesang erschallt, dann entert EMPYRIUM- und THE VISION BLEAK-Mastermind Markus Stock, auch bekannt unter seinem Pseudonym Ulf Theodor Schwadorf, mit seiner Band SUN OF THE SLEEPLESS die Bühne. Ansagen gibt es bis auf ein kurzes Dankeschön kaum, stattdessen stehen Songs wie 'The Lure Of Nyght' oder 'Romanze Zur Nacht' im Mittelpunkt. Langsam wird es dunkel, die Lichtshow legt zu und unterstreicht den epischen Ambient Black Metal. Netter Einstieg in die Abendstunden.

Um halb neun wird es dann voll vor der erstmals ganz in Rot angestrahlten Bühne: Mit einem gebrüllten "we're from Denmark, throw your balls!" stürmen die Groove-Deather ILLDISPOSED drauf los und sorgen für ordentlich Stimmung. Zum einen sind die fünf Dänen derzeit auf dem Retro-Trip und präsentieren vornehmlich Stücke ihres 95er Albums "Submit", namentlich etwa 'Flogging A Dead Horse'. Zum anderen gibt Sänger Bo Summer zwischen den Songs gern im etwas holprigen Deutsch den Pausenclown. Da kommen Sprüche wie "wir sind genauso schlecht wie die anderen" oder "das ist ein hübscher Kerl aus Kopenhagen" über einen seiner Gitarrenmitstreiter. Natürlich darf auch eine Forderung wie "trinkt noch ordentlich" nicht fehlen, ehe der fromme Wunsch geäußert wird, sich hoffentlich kommendes Jahr auf dem Party.San wiederzusehen. Dann sind die Jungs nämlich auch schon fest eingeplant.

Gerade noch von Chefveranstalter Mieze hoch gelobt, schallt auch schon MEMORIAMs 'Undefeated' aus den Boxen. Wenn schon Oldschool-Death, dann gerne die Briten um den früheren BOLT THROWER-Sänger Karl Willetts. Der 56-Jährige, der mit seinem Alter nicht hinterm Berg hält, hängt sich voll rein und lässt mit einem breiten Grinsen die ergraute Mähne fliegen. Von ihm angefeuert, gleichen die vorderen Reihen einem permanenten Moshpit, ehe sich Karl nach dem allgemeinen Wohlbefinden und der Verständlichkeit seines Akzents erkundigt. Mit einem "Fuck Putin" schickt er dann 'Restistance' in Richtung Russland. Der Spaß steht aber im Vordergrund, als der Sänger augenzwinkernd durchzählt, wer im Besitz des aktuellen Albums ist. Bei gerade mal elf angekommen, folgt davon 'This War Is Won'. Und apropos Oldschool: Wann ist mir eigentlich letztmals bewusst ein Gitarrist samt Fluppe während eines Gigs aufgefallen? Karl zieht derweil obenrum blank und springt in den Bühnengraben, da tut auch die kurz mal ausgefallene Gitarre der Stimmung keinen Abbruch. Und sogar ein weiblicher Fan darf gefühlt minutenlang die Bühne erklimmen, die Bandmitglieder herzen und mitbangen. Sehr sympathischer Abschluss des ersten Abends!

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Redakteur:
Carsten Praeg

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