Party.San 2016 - Schlotheim
10.09.2016 | 17:2511.08.2016, Flugfeld Obermehler
Beim Party.San Metal Open Air 2016 gab es wieder amtlich eins auf die Schwarzmetall- und Todesblei-Bretzel – präsentiert von POWERMETAL.de.
POWERMETAL.de präsentiert nicht nur wie immer die Zeltbühne und widmet den dort auftretenden Bands einen Stand mit eigenen Autogrammstunden – hier erhalten die Senkrechtstarter auch ihre eigene Seite im Bericht. Besonders bemerkenswert diesmal: Die freitägliche Labelnight von War Anthem Records.
Donnerstag, 11.08.2016
Um 20 Uhr bringen die vier Schweden aus Stockholm von LIK (sprich "Liek"; schwedisch für Leichnam) das Zelt zum Wackeln. Ganz im Stile DISMEMBERs geben die Jungens Songs des bisher einzigen Albums "Mass Funeral Evocation" zum Besten. Obwohl ich die Lauscher ordentlich spitze, bekomme ich nur mit, dass 'Skin Necrosis' und 'Necromancer' gezockt werden. Der Rest fällt meiner Unkenntnis bezüglich Band und dem nuschelndem Sänger Tomas Akvik zum Opfer. Der Stimmung im Zelt tut das freilich keinen Abbruch. Alles in allem ein engagierter Auftritt. [Für mich ist das alles ziemlich belanglos - einfach ein Boss-HM2-Pedal zwischen Klampfe und Verstärker kaschiert nunmal songwriterische Schwächen nicht - Haris Durakovic]
[Thorsten Seyfried]
Die Jungs von BOMBS OF HADES aus Schweden machen richtig schönen Lärm. Die Crust/Death-Mischung sorgt im gut gefüllten Zelt für hervorragende Stimmung und fliegende Haare. Fernab jeglicher Klischees lässt BOMBS OF HADES die Instrumente sprechen. Und ihre Argumente sind restlos überzeugend. Mit dem gleichnamigen Opener des aktuellen Albums ''Death Mask Replica'' wird die Messlatte gleich zu Beginn verdammt hoch angesetzt. Wenngleich das Stageacting der Band für diese Stilrichtung etwas spärlich ausfällt, sind die Songs wie 'Old Fires Die' und 'Burning Angel' nervenzerfetzende Achterbahnfahrten. Den größtenteils schnellen und aggressiven Songs setzt die Band gelegentlich atmosphärisch fesselnde Doompassagen entgegen, was den mehr als überzeugenden Auftritt nochmals aufwertet. So können es einige kaum glauben, wie schnell die 30 Minuten wieder vorbei sind.
[Chris Gaum]
Es ist für meine Begriffe schon etwas kurios, dass eine alteingesessene, seit langer Zeit etablierte Band (immerhin 23 Dienstjahre!) auf der Zeltbühne aufspielen muss. Und das, wo die Sachsen doch beispielsweise 2008 die Hauptbühne rockten. Die Band aus dem sächsischen Nossen zeigt sich dieses Mal wieder von ihrer besten Seite und legt einen sauberen, motivierten Gig hin. Genau so muss Old-schooliger Death Metal klingen und nicht anders! Das Publikum teilt offensichtlich diese Auffassung und geht entsprechend steil. Was soll ich sagen? Ich trage vermutlich Eulen nach Athen... PURGATORY knüppelt sehr amtlich und der heutige Auftritt lässt gewiss keinen Nackenmuskel ungeschont. Sollte man gesehen haben!
Freitag, 12.08.2016
Namentlich sagt mir die aus Wolfsburg stammende Truppe CRYPTIC BROOD zum Zeitpunkt des Auftritts auf der Zeltbühne noch gar nichts. Warum eigentlich? Ich kann diese Frage nicht wirklich beantworten, zumal sich CRYPTIC BROOD als eine der größten Überraschungen des diesjährigen Party.San entpuppt. Die Mischung aus Doom- und Death Metal mit derben Growls knallt mit großer Wucht vors Fressbrett. Die im Lauf des Sets gespielten - und oft sehr langen - Stücke bieten viel Abwechslung. Massive Doom-Parts werden von überraschenden, schnellen Passagen abgelöst, die nicht selten punkig daherkommen. Das hat Charme, Durchschlagskraft und es macht vor allem verdammt viel Spaß. To sum up: Toppi! Riskiert bitte mal ein Ohr.
Dann wird es pechschwarz auf der mit roten Kerzen geschmückten Zeltbühne. Die Leipziger War Anthem Records-/Party.San-Errungenschaft VIDARGÄNGR darf bei der hauseigenen Labelnight natürlich auch nicht fehlen und lässt es mächtig krachen. Im schwarzmetallischen Untergrund ist es bisweilen ja gängig, die Bandmitglieder nur mit einzelnen Buchstaben zu benennen: Und so entert Schlagzeuger "T" seinen Platz hinter der Schießbude, während die aus "N", "F" und "U" bestehende Saitenfraktion unentwegt die Matte schüttelt. Sänger "P" rundet mit blutverschmierten Gesicht, Patronengürtel und fiesem Gurgeln das Gesamtbild ab. Mit 'No Acquiescence' starten die fünf Sachsen zwar mit dem zunächst schleppendsten Song ihres War Anthem-Debüts "A World That Has To Be Opposed", aber nach drei Minuten weichen die Midtempo-Klänge purer Raserei. Ein gekeifertes "...And death will conquer the world... ", ein kurz hingerotztes "Uh!", dann wird auch schon 'Burning Abyss' hinterher geschmissen. Herrlich abgefuckt!
Das Trio IMPLORE lässt auf der Zeltbühne gewiss nichts anbrennen. Ein wütender Death/Grind-Hybrid bricht über das versammelte Publikum herein, wie man ihn nicht alle Tage erlebt. Umso bedauerlicher ist es angesichts der massiven Wall Of Sound, dass das Zelt nur etwa zur Hälfte gefüllt ist. Dies tut der großartigen Stimmung jedoch keinen Abbruch, denn die Death/Grind-Gourmets wissen insbesondere die Abrissbirnen des Debütwerkes "Depopulate", das 2015 erschien, sehr zu schätzen. Binnen kürzester Zeit bildet sich ein sehr ansehnlicher Moshpit vor der Bühne. IMPLORE präsentiert sich sehr spielfreudig und hungrig. Es ist eine Freude, diesem überaus knackigen Auftritt beizuwohnen. Definitiv ein Highlight des diesjährigen Party.San!
Nach dieser überaus derben Abfahrt von IMPLORE würden es die Düsterheimer DÉCEMBRE NOIR aus Thüringen beim Publikum mutmaßlich doch eher schwer haben, dachte ich. Doch das glatte Gegenteil der Fall. Das Zelt ist nahezu komplett gefüllt! Die Anwesenden wollen sich die durchaus gediegene Death/Doom-Tristesse mit positivem Feeling nicht entgehen lassen. Das Quintett legt einen motivierten und gutklassigen Auftritt auf den Bühnenbrettern hin und wird mit ordentlichem Applaus bedacht. Als Schlussnummer gibt es das fast schon episch anmutende 'Distant And Unreachable' auf die Lauschlappen, das prima umgesetzt wird und in der Gesamtschau einen sehenswerten Auftritt der Thüringer Formation schließt.
Für den krönenden Abschluss des Abends im Party-Zelt dürfen die Niederländer BODYFARM sorgen. Seit ihrem Erstlingswerk "Malevolence" (2012) hat sich die Truppe permanent gesteigert und mit "Battle Breed" kloppten die Herren Ende 2015 eine Platte mit Ausrufezeichen heraus. Würde das Quartett auch live entsprechend überzeugen? Die Antwort lautet definitiv: ja! Spielerisch punktgenau und motiviert legt BODYFARM einen Auftritt hin, der sich gewaschen hat. Der Schwerpunkt der Performance liegt dabei auf dem aktuellen Studiowerk "Battle Breed", von dem die Fans unter anderem 'The Dark Age' (bombig!) und 'Death By Fire' zu hören bekommen. Weiteres Highlight: Der Titeltrack 'The Coming Scourge' vom gleichnamigen zweiten Studioalbum der Niederländer. Die Resonanz der versammelten Party.Sanen ist prima und angesichts des starken - leider nur halbstündigen - Auftritts wohlverdient. Diese Band muss man im Auge behalten!
Samstag, 13.08.2016
Zu früher Stunde darf ASOMVEL aus dem Vereinigten Königreich die Bühne rocken. Die Performance der Band mit ihrem latenten MOTÖRHEAD- beziehungsweise Schweinerock-Hang bekomme ich zwar nur in Teilen mit, doch was ich höre, hat durchaus Hand und Fuß. Und auch, wenn Sänger Ralph sich redlich bemüht und in Sachen Posing der Legende Lemmy stark nacheifert, so kann er zumindest stimmlich dem verstorbenen Meister leider zu keiner Sekunde das Wasser reichen. Fleißiger Whiskey-Konsum könnte hier hilfreich sein... Nein, mal im Ernst: diese Performance war durchaus hörenswert und eine mehr als nette Morgenbeschallung.
Quasi in der Spielpause zwischen den Gigs von MEMORIAM und NIFELHEIM sehe ich mir den Auftritt der atmosphärisch klingenden Black Metaller MOSAIC an. Die Band zieht eine gewaltige Zahl von Zuschauern an und schafft es, das Zelt fast komplett zu füllen. Eine kräftige Weihrauch-Fahne weht von der Bühne herab, als die Herrschaften loslegen. Sänger Inkantator Koura, dessen silberfarbene Schminke auffällt, zelebriert die Lieder seiner Band mit einer gehörigen Portion Theatralik in der Stimme, die oft durch für meinen Geschmack überpräsenten Hall in den Vordergrund gerückt wird. Unter dem Strich ist der Auftritt der Band für mich eher ein durchwachsener. So richtig packt mich der Sound von MOSAIC jedenfalls nicht. Weite Teile des Publikums sehen dies anders und spendieren durchaus ordentlich Applaus.
Um 18:15 Uhr legt MOR DAGOR aus Essen mit einer höchst explosiven Mischung aus Black- und Death Metal los. Wild ist insbesondere das Stageacting der Saitenfraktion, die ihre langen Matten häufig in bester Propeller-Manier rotieren lässt. Dank des guten, klaren Sounds ist die Intensität, mit der die Band über die Bühne tobt, zum Greifen nah. Leider ist das Zelt nur etwa zur Hälfte gefüllt. Womöglich, weil den Party.Sanen vielleicht die Puste am dritten Festivaltag auszugehen droht oder die ein oder andere Pause eingelegt werden muss? Wie dem auch sei: Mein persönlicher Erstkontakt mit MOR DAGOR lässt mich folgendes Kurzfazit ziehen: Höchst intensiv agierende Band mit starker Musik. Unbedingt antesten!
Auch wenn mir zu Ostfriesland nur Witze eines Komikers mit Comic-Elefanten einfallen: Ein Witz ist der akustische Qualitätsstahl aus dem Hause WEAK ASIDE definitiv nicht. Die vier Jungens verstehen sich auf ihr Handwerk, Melodisches mit Knüppelhartem zu kombinieren. Das alles kann die Tentstage leider auch nicht gänzlich füllen und somit gibt es viel Platz, um die Haare zu schwingen. Dennoch zeigt sich das Publikum anfangs eher etwas verhalten. Im Konzertverlauf taut die Meute - ebenso wie die Band - auf . Man legt etwas an Geschwindigkeit zu. Mit ihren bisher nur zwei offiziellen Scheiben, "Ghostleader" und "The Next Offensive", ist die Auswahl der Songs recht gut vorhersehbar. Alles in allem legt WEAK ASIDE einen guten Gig hin, auch wenn ich mir wünsche, dass sich die Band weiter steigert und dass man sie irgendwann auf der Mainstage sehen kann. Die Jungs haben es sich verdient!
Wenn man über Brasilien redet, denkt man in diesen Monaten eher an die Olympische Spiele, als an brasilianischen Death-Metal! Moment mal... es gibt brasilianischen Death Metal? Einige werden jetzt sagen "Klar, KRISIUN!". Aber REBAELLIUN ist da nur wenigen ein Begriff und noch wenigeren in Erinnerung, zumal sich die Band schon im Jahre 2002 nach nur kurzem Bestehen auflöste. Dementsprechend wenige Zuschauer finden sich im Zelt zur Reunion-Tour der Band ein. Da nur drei Studioalben veröffenticht wurden, ist das musikalische Repertoire ebenfalls entsprechend klein. Musikalisch zeigt REBAELLIUN partielle Ähnlichkeiten zu VADER in ihren frühen Tagen - brasilianisch zubereitet. Natürlich sind die Polen kilometerweit vorne und haben schon damals mehr Bums gehabt. Man sollte sich RAEBELLIUN aber im Gedächtnis behalten und vielleicht das neue Album "The Hell's Decrees" anhören. Ein Fehler ist es mit Sicherheit nicht.
[Benjamin Kutschus]
Die letzte Band auf der Zeltbühne lässt es nochmal ordentlich krachen. DROWNED überzeugt mit einerseits ungewöhnlich obskurer Melodieführung, die ein wenig an alte AFFLICTED erinnert und andererseits mit geilem Todesgeriffe. Verdammt, geiler, origineller Death Metal anno 2016 geht auch ohne HM-2-Pedal und klingt dabei nicht minder oldschool. Das Powertrio verzichtet bis auf eine kurze Verabschiedung komplett auf Ansagen. Ich als Fan bevorzuge das eh. Schließlich geht man auf Konzerte, um die Band zocken und nicht labern zu sehen. Jedenfalls lockt DROWNED als Anheizer für SODOM auf der Hauptbühne eine Menge Leute ins Zelt. Die wenigsten werden es bereut haben.
- Redakteur:
- Martin Loga