Party.San 2024 - Schlotheim
10.09.2024 | 22:1608.08.2024, Flughafen Obermehler
Bühnenkanone Esmeralda darf sich dieses Jahr zu den Headlinern ABBATH, BEHEMOTH und SODOM einschießen.
STILLBIRTH aus Hagen eröffnet den Freitag auf der Hauptbühne mit einer Mischung aus brutalem Surf Death Metal und Grindcore. In gelb-grünen Bermudashorts bringen die Jungs das Publikum trotz der frühen Stunde sofort in Bewegung. Die Menge tobt zu den gnadenlosen Riffs, während seltsame aufblasbare Blumenvasen durch die Luft fliegen – ein skurriles Detail, das zur ausgelassenen Stimmung beiträgt. Sogar David Hasselhoff, zumindest rein optisch unerwartet im Publikum, genießt das Spektakel. Die Jungs auf der Bühne haben sichtlich Spaß und ihre Energie überträgt sich auf die begeisterte Menge. Was für ein kraftvoller Start in den zweiten Festivaltag!
[Felix Bischoff]
Ich muss gestehen, dass ich die Alben und Songs von OBSCURITY vor diesem Auftritt nicht kannte. Und die Lust, diese zu entdecken, durch die Show auch nicht unbedingt gestiegen ist. Das Intro ist kitschig-episch, Chöre, Streicher und das Brimborium, das man sonst so kennt, wird auch hier aufgefahren. Danach folgt quasi AMON AMARTH mit deutschen Texten, wobei die Schweden jetzt nie meine allzu große Gunst erfahren haben. Es gibt also melodischen Death Metal mit Texten über… Ja, über was eigentlich? Selbst bei dem Großteil der deutschen Texte bleibt mir das schleierhaft. Doch man muss es der Band lassen, dass sie einiges an Publikum im Infield versammeln kann und dieses auch gut zu unterhalten weiß. Zumindest verzichtet man vom Bühnenaufbau und von der Kleidung her auf Schnickschnack und zockt das Set in normaler Alltagskleidung. Fokus des Sets soll auf dem aktuellen Album "Skogarmaors" liegen, wie ich gehört habe und der Ansage des Sängers zufolge steht auch ein weiteres Album an. Da haben Fans der Band bestimmt Grund zur Freude.
Kurz nach Mittag ist dann die Zeit für das belgische Black-Metal-Kommando ENTHRONED, das trotz der knallenden Sonne einen einnehmenden Auftritt aufs Parkett zaubert. Wenn man denn seinen Black Metal mit vielen Blastbeats, ohne großen Dynamiken oder Atmosphäre-Parts mag. Zwischendurch gibt es dann doch den ein oder anderen Midtempo-Teil, wobei diese das Publikum dann noch mehr anheizen und die Hyperspeed-Passagen noch heftiger wirken lassen. Mit elf Alben im Gepäck gestaltet sich die Songauswahl dann schon schwieriger und irgendeinen Fan wird man immer enttäuschen. Schade ist es da natürlich, dass die superbe "Armoured Bestial Hell" im Set gar nicht berücksichtigt wird. Zum Trost gibt es dann aber zwei Songs von der "Prophecies Of Pagan Fire". Bemerkenswert ist dabei, dass dieses Album nächstes Jahr sein 30. Jubiläum feiert. Hoffentlich kann man zu diesem besonderen Datum auch mit einem neuen Album aufwarten. "Cold Black Suns", natürlich im Set ebenfalls prominent vertreten, ist auch schon wieder fünf Jahre alt.
[Kenneth Thiessen]
In der Mittagshitze finde ich mich dann mit vielen anderen Liebhabern von Post Black Metal mit gelegentlichem Folk-Einschlag bei AFSKY ein. Das Ein-Mann-Projekt vom ehemaligen SOLBRUD-Sänger Ole Pedersen Luk steht ganz oben auf meiner Liste fürs diesjährige Party.San und offenbar bin ich da nicht der Einzige. Es ist für die frühe Zeit und die Hitze richtig voll. Erwartungsgemäß bildet sich bei AFKSY eher kein Pit – die Musik der Dänen lädt dann doch eher zum verträumten Verlieren in den Melodien ein, als im Kreis zu rennen. Wir bekommen eine schöne Bandbreite des Schaffens von Ole dargeboten, unter anderem 'Stormhulde Hav' und 'Tak For Alt'. Großartige Songs! Leider haben die Jungs immer wieder mit technischen Problemen zu kämpfen und die Lead-Gitarre ist durchgehend ein wenig zu leise. Daher hilft es schon sehr beim Zuhören, wenn man die Songs kennt. Es gibt ein wenig Stage-Acting, insgesamt ist die Show aber eher zurückhaltend. Ole fordert ab und an ein paar Pommesgabeln ein, die er auch dankend bekommt. Vorm letzten Song gibt's dann noch ein Gruppenfoto, bevor AFSKY schon wieder fertig ist. Ich wache aus meiner Trance auf und bin – trotz leichter Trübung durch die Technik – zufrieden, AFSKY endlich mal live gesehen zu haben.
[Hagen Kempf]
"Far Away From The Sun" bei bestem Sonnenschein und heißen Temperaturen. SACRAMENTUM macht das auf dem Party.San möglich und hat auch noch Spaß dabei. Zumindest Frontmann Karlen, der während des Auftritts durchgehend Gesten macht, rumhantiert und dabei manchmal unfreiwillig komisch aussieht, das aber dennoch irgendwie passend zur Musik gestaltet, die zwischen bretthart-ballernd und melodisch-schöngeistig alles kann. Es zeigt sich, dass das Debüt dieser Formation nicht ohne Grund ein Klassiker des schwedischen Extreme Metals ist. Wobei man der Band zumindest ein paar Minuten Spielzeit mehr hätte einräumen können, sodass die eben jenes Werk in seiner Gesamtheit spielen könnte. So kommt es nicht ganz dazu, auch wenn der Fokus schon auf der ersten Scheibe liegt und daneben beispielsweise 'Awaken Chaos' vom Zweitling "The Coming Of Chaos" ebenso überzeugen kann. Bei 'Blood Shall Be Spilled' begießt sich Sänger Karlen, der sowieso die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versucht, noch mit einem Kelch voll Blut, was die tolle Atmosphäre der Show absolut nicht schmälert. Während der letzten Töne des Schlussongs geht der Sänger dann auch noch in den Fotograben, um die Fans abzuklatschen – während auf der Bühne der Song schon verklungen ist und das Ende der Show so etwas abrupt kommt. Trotzdem können die Schweden insgesamt überzeugen!
[Kenneth Thiessen]
Tag Nummer zwei und auf meinem Zettel steht heute als erstes BEWITCHED aus Schweden. Die Truppe spielt zur frühen Abendstunde und es versammeln sich doch recht viele Zuschauer vor der Hauptbühne. Um nicht zu sagen, es ist ganz schön voll (was auch täuschen könnte, da ich ganz vorne stehe und durch die Menschen hinter mir nicht das Infield komplett überblicken kann). Leider hängt kein Backdrop, was ich persönlich wirklich schade finde, da sowohl das Bandlogo als auch die Albencover in meinen Augen auch optisch etwas hermachen und zu bieten haben. Aber gut, am Ende geht es hier um die Musik, was das Wichtigste ist. Und in Sachen musikalischer Darbietung gefällt mir das ganze von Anfang bis Ende ausgesprochen gut. BEWITCHED spielt eine Art Black'n'Roll, wobei die rockige bzw. rock'n'rollige Kante immer wieder gut zur Geltung kommt. Das macht nicht nur mir, sondern auch dem restlichen Publikum eine Menge Spaß. Doch das Ganze ist so schön rotzig, rau und roh und wandert musikalisch auch immer mal wieder ins eher Thrashige ab. Abwechslungsreich, energiegeladen und schön laut wird das Publikum mitgezogen, zum Headbangen sowie Fäusteballen animiert und gut angeheizt am noch recht frühen Abend. Für mich ist das heute mein erster BEWITCHED-Gig, es macht wirklich riesigen Spaß und ich würde mir die Jungs auf jeden Fall wieder ansehen wollen. Alles in allem ein wirklich gelungener Auftritt, mit in meinen Ohren gutem Sound. Außerdem mit Spielfreude, Energie und der nötigen Attitüde und Schwärze. Daumen hoch!
[Kevin Kleine]
Mit ihrem aktuellen Album "Scriptures Of Vicennial Defilement" im Gepäck kommt die einst als rein norwegisch gestartete Band KRAANIUM nach Schlotheim und ist eine der wenigen Gruppen im Line-up, die die Stilrichtung Brutal Death Metal bzw. Slam Death Metal vertreten. Dass man aber gleichzeitig einen der modernen Hochkaräter des Genres verpflichten konnte, spricht für die Qualitäten der Bucher des Party.San. [Gruß an Jarne ;-) - Anmerkung von Carsten] Diese Qualität zeigt sich dann auch direkt beim Auftritt, der von den Fans ziemlich wohlwollend aufgenommen wird. Den Ansagen des Vokalisten, der auf einmal auch Deutsch kann, wird Folge geleistet. Aus einem kleineren Moshpit vor der Bühne wird im Laufe der Show zunächst eine Wall Of Death und dann ein ziemlich gigantischer Moshpit, der auch nicht aufzuhören scheint. Bei derartig fetten Slams, die die Band fabriziert, ist das auch kein großes Wunder und so wippen auch in den letzten Reihen des Infields die Leute zu den Klängen der Jungs. Dass der Sound gerade in den Blastbeat-Momenten etwas undifferenziert ist und man streckenweise größtenteils das Schlagzeug hört, tut diesem spaßigen Auftritt absolut keinen Abbruch.
[Kenneth Thiessen]
Nach einer kurzen Pause ist es Zeit für die alten Death-Metal-Veteranen von INCANTATION. Wer guten und qualitativen Old School Death Metal hören will, komplett ohne Show, ohne Schnörkel und ohne Kompromisse, der ist bei den US-Amerikanern genau an der richtigen Adresse. In meinen Augen immer eine sichere Bank und für jeden Genreliebhaber ein Pflichttermin. Der Sound ist in meinen Ohren gut, zumindest im Bereich unmittelbar vor der Bühne. Auch das Wetter ist super angenehm, die Sonne brennt nicht mehr so gnadenlos vom Himmel und es ist windig, so kann ich das Set in aller Ruhe genießen, headbangen und mich von der Groovedampfwalze aus Pennsylvania überrollen lassen. Die Jungs performen wirklich astrein, man merkt hier von Beginn an, wie routiniert und sicher sie sind. Sie strahlen durchweg eine Ruhe und Gelassenheit aus und spielen ihre Songs gekonnt und lässig. Beim Opener 'Carrion Prophecy' bemerkt man, wie nah die Liveperformance an den Studioaufnahmen ist. Auch 'Concordat' kommt live wirklich wahnsinnig gut rüber, auch die verzerrten Parts klingen einfach sauber und ordentlich gespielt. So macht das live einfach nur Spaß! Eine richtig gute Death-Metal-Darbietung ohne viel Tamtam, ein bisschen Scheinwerfer-Geflacker und ansonsten einfach nur die Musik, ein Genuss für jeden, der die Oldschool-Schiene fährt. Auch die Ansagen von Sänger und Gitarrist John McEntee sind einfach sympathisch und absolut passend. Wie zum Beispiel die Aufforderung: "Don't be a bunch of fucking posers, let's see your fucking horns motherfuckers!" Schmunzelnd strecke ich die "fucking horns" Richtung Himmel, genau so stelle ich mir das vor, so muss das! Ein wirklich toller Auftritt, klar, sehr routiniert, aber das ist ja nichts Negatives. Wer so cool und abgezockt seine Performance durchzieht, hat sich seine Lorbeeren und den dazugehörigen Applaus redlich verdient
[Kevin Kleine]
Langsam betreten die acht (!) slawischen Messdiener von BATUSHKA die Bühne, um uns gemütlich zu einer Beerdigung einzustimmen - inklusive Sarg, aufgebautem Bild des "Verstorbenen", Weihrauch und Kerzen. Ohne es Negativ zu meinen: SCHAMMASCH, MEPHORASH und BATUSHKA haben bei der Kleiderwahl wohl hier die gleichen Schneider. Nach fünf Minuten katholischem Weihräuchern und Gedenken an den Verstorbenen – wer weiß, ob der Sarg hier wirklich leer ist – starten sie dann endlich mit 'Yekteniya I' vor der gut besuchten Main Stage voll durch. Erwähnenswert ist zudem die nicht ganz unkomplizierte Bandgeschichte um BATUSHKA [hier spielt die Version von Krzysztof Drabikowski – Anm. v. Carsten] und mit ihren Messen auf der Bühne dürfte die Band sicherlich im erzreligiösen Polen auch auf misstrauische Augen stoßen. Musikalisch ganz im Stil des klassischen Black Metals mit melodischen Einflüssen und einer gehörigen Prise altslawischer Kirche gibt es gehörig auf die Ohren. Anzumerken sind hier die vier Messdiener, welche wirklich nur für die Vocals und Backing Vocals zuständig sind. Somit kann man sich hier sicher sein, dass wirklich nichts aus der Konserve kommt. Den Abschluss gibt BATUSHKA dann mit 'Pismo IV', um dann ähnlich ausführlich die Beerdigung abzuschließen, mit ausführlichem Beweihräuchern und Löschen der Kerzen. Somit muss ich dieses Jahr an Heiligabend nun auch nicht mehr in die Kirche – Termin dank BATUSHKA abgehakt!
Dann ist es auch schon wieder fünf Jahre her, dass die vier Isländer von SÓLSTAFIR das letzte Mal in Schlotheim gestanden haben. Wie schon damals zur besten Sendezeit auf der Main Stage wird diesmal mit 'Ljos I Stormi' losgelegt. Bei einer Liedlänge von über elf Minuten hat man genug Zeit zum Einsteigen in die Islandfähre. Die langjährigen Profis rund um Aðalbjörn Tryggvason kennen ihr Handwerk sehr genau und auch wenn SÓLSTAFIR zur musikalischen Abwechslung auf dem Pary.San gehört, ist man mit den regelmäßigen Auftritten schon eine Stammband. Nach dem zweiten Song 'Ótta' lässt sich Aðalbjörn Tryggvason nicht nehmen, eben genau das auch zu erwähnen. Dass man schon über zehn Jahre Thüringen besucht, ehe es dann mit 'Hin Helga Kvöl' weitergeht. Um mit 'Fjara' daran anzuschließen, auch wenn Aðalbjörn den Song mit "a bit Lady-Metal" ankündigt. Zum Abschluss bittet uns Tryggvason nochmal, alle laut zu sein, bevor der Gig mit 'Goddess Of The Ages' ausklingt. Freue mich schon auf das nächste Mal mit SÓLSTAFIR auf dem Party.San.
[Benjamin Kutschus]
Den Abschluss am Freitag übernimmt dann die polnische Abrissbirne BEHEMOTH. Die Jungs um den charismatischen Fronter Nergal werden dabei ihrer Rolle als Headliner auch definitiv gerecht. Die Show ist ziemlich cool, geizt nicht mit Pyros, Choreographie und Effekten. Zu Beginn sehen wir die Bühne in weiße Tücher gehüllt. Die Band wird angeleuchtet und man sieht die Schatten von Nergal & Co. während des Intros. Beim Opener 'Once Upon A Pale Horse' fällt dann der Vorhang und gibt den Blick auf die Bühne frei. Die Drums erhöht, rechts und links Emporen, auf denen Seth und Orion im Laufe des Gigs immer wieder mal posieren. Nergal zeigt sich ganz gut aufgelegt, fordert schon zu Beginn zum Mitsingen auf. Vor der Bühne ist es richtig voll, BEHEMOTH wollen sich nur wenige Fans entgehen lassen. Die Polen spielen sich durch eine ansprechende Setlist voller Hits, wir hören neben 'Demigod' zum Beispiel 'Christians To The Lions' und 'Blow Your Trumpets Gabriel'.
Alles begleitet von viel Pyros und Choreo: Mal steht das Schlagzeug in Flammen, mal laufen Seth und Orion durch Feuerwände, die im genau richtigen Moment verschwinden. Nergal holt zur Hälfte des Auftritts dann noch seinen Umhang raus und fordert das Publikum immer wieder zum Mitsingen und Klatschen auf. Insgesamt ein toller Auftritt, der die typische BEHEMOTH-Energie mitbringt. Trotzdem will der Funke aufs Publikum nicht so recht überspringen. Ob es nun an der fortgeschrittenen Stunde, der Hitze am Tag oder Müdigkeit liegt, weiß niemand. Fakt ist aber: Es gibt kaum Moshpits, Circle-Pits glänzen durch Abwesenheit. Das liegt definitiv nicht an BEHEMOTH, Nergal und seine Mitstreiter geben sich sichtlich Mühe und haben alles dabei, was für einen ordentlichen Hexenkessel eigentlich nötig ist. Wir hören das nie langweilig werdende 'Chant For Ezkaton 2000 E.V.', bevor sich BEHEMOTH von der Bühne verabschiedet. Nach kurzer Pause geht es dann in eine Zugabe, bevor die Polen sechs Minuten früher als geplant fertig sind. Da hätte locker noch ein Song gepasst, vermutlich hat da die verhaltene Publikumsreaktion aber ihren Teil beigetragen. Trotzdem eine tolle Show, die in Erinnerung bleibt.
[Hagen Kempf]
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- Redakteur:
- Carsten Praeg