Party.San 2024 - Schlotheim

10.09.2024 | 22:16

08.08.2024, Flughafen Obermehler

Bühnenkanone Esmeralda darf sich dieses Jahr zu den Headlinern ABBATH, BEHEMOTH und SODOM einschießen.

Es ist Samstagmittag, noch ist es auf dem Infield nicht ganz so voll, die Sonne brennt, es ist heiß und es ist Zeit für die US-Amerikaner ULTHAR. Nicht zu verwechseln mit den Kollegen von ULTHA, die dann später auf der Mainstage spielen werden. Ehrlich gesagt habe auch ich die Bands verwechselt und noch keine von beiden live gesehen. Auch mit dem Songmaterial bin ich überhaupt nicht vertraut, kann also nichts zum Vergleich zwischen Live-Performance und Studioaufnahmen sagen. Ebenso wenig zur Setlist. Genretechnisch bewegen wir uns hier im Black Death Thrash, was in meinen Augen eine gute Mischung ist. Kein Backdrop, keine Show, schwarze Klamotten und Sonnenbrillen, eigentlich ziemlich cool und lässig. Eher weniger lässig kommt die Musik der Truppe daher. Finster, schnell und gnadenlos walzen die Riffs zum dreschenden Schlagzeuggeknüppel aus den Boxen. Ein gutes erstes Aufwärmprogramm. Das Infield und vor allem der Bereich vor der Bühne weist noch die ein oder andere größere Lücke auf, wie gesagt – erste Band. Doch die Jungs lassen sich davon nicht verunsichern, im Gegenteil: Energiegeladen und selbst ordentlich am Headbangen zocken sie ihr Set durch und können viele Zuschauer mitreißen, der Jubel und Applaus nach den Songs bestätigen das. Mir gefällt das Ganze, die Einfachheit des Auftritts und die musikalische Darbietung können bei mir punkten und ich werde mir ULTHAR nach dem Festival definitiv mal in aller Ruhe zu Gemüte führen. Die Musik macht Spaß, auf jeden Fall mal reinhören!

[Kevin Kleine]

 

Der Samstag-Endspurt beginnt für mich mit REGARDE LES HOMMES TOMBER bei brüllender Mittagshitze. Die Länge des Festivals und die frühe Stunde fordern dabei ihren Tribut: Insgesamt ist es besonders zu Beginn nur wenig gefüllt. Der Spielfreude der Franzosen tut das aber keinen Abbruch. Besonders Sänger TC fällt durch seine nimmermüde Performance auf. Er läuft auf der Bühne auf und ab, fordert Pommesgabeln und Fäuste ein, die er auch erhält. Es wird dann doch noch voller und was REGARDE LES HOMMES TOMBER da abrufen, weiß schon zu gefallen. Vermutlich der Hitze geschuldet und der Tatsache, dass Post Black Metal nicht unbedingt für Pits und Tanzbarkeit bekannt ist, verhält sich das Publikum auch hier insgesamt eher statisch. Das ist schade, denn eigentlich eignet sich die Musik der Franzosen hervorragend für etwas mehr Bewegung. Die Songauswahl stammt aus allen Schaffensperioden mit leichtem Hang zu neueren Stücken wie 'L'Ascension' oder 'The Renegade Son'. Auf den letzten Metern gibt's dann in die Hitze noch ein paar Pyros, bevor sich die Jungs während eines Akustik-Outros feiern lassen und das Publikum ordentlich jubelt. Mir hat es richtig gut gefallen und ich bin überrascht, dass REGARDE LES HOMMES TOMBER live so extrem gut funktioniert.

[Hagen Kempf]

 

Ein weiterer Pflichttermin für jeden Death-Metal-Fan ist der Auftritt von NECROT. Die Band aus Oakland hat im Frühjahr ihr neuestes Album "Lifeless Birth" veröffentlicht, welches bei mir vor dem Festival den ein oder anderen Durchlauf verzeichnen konnte und welches ich als stellenweise sehr gut betiteln würde. Puristischer Death Metal, ursprünglich und ohne Experimente. Das bedeutet Blastbeats, kratzige Growls, messerscharfe Soli, die sich ihren Weg ins Gehör der Zuschauer und Fans schneiden, eine dumpfe Snaredrum, die alles zerlegt und zwischenzeitliche Grooveattacken, die das Publikum überrollen. Soundtechnisch passt hier alles, aber die Drums sind wirklich ziemlich laut und knallen und scheppern echt deftig. Aber das soll den Auftritt der Jungs nicht schmälern, der durchweg unterhaltsam ist. Mit Ansagen, die darauf hinweisen, man solle auf jeden Fall genug trinken, weil das ja der Onkel Doktor geraten hat. Und dann zur Bierdose gegriffen wird, ja, typischer Metalhumor. Da ich allerdings selbst schon Bier intus habe, muss ich auch an dieser Stelle zumindest schmunzeln. Die Publikumsreaktionen fallen durchweg positiv aus und es ist zwar kein Moshpit oder ähnliches vor der Bühne auszumachen, aber der Jubel und der Applaus bestätigen die gute und energetische Performance der Kalifornier. Bei 'Winds Of Hell' entsteht tatsächlich dann doch noch ein Mini-Moshpit, was wirklich lustig anzusehen ist. NECROT legt sich ins Zeug und zeigt, dass die Band es nicht nur im Studio, sondern auch live einfach drauf hat. Der Auftritt macht großen Spaß und die Stimmung vor der Bühne ist ausgelassen. Nun ist man vollends aufgewärmt und bereit, den Rest des Tages zu bestreiten. Daumen hoch, NECROT!

[Kevin Kleine]

 

Am Nachmittag zieht es mich dann zu einem weiteren Post-Black-Metal-Highlight: ULTHA. Ohne R, aus Köln, wie es uns Sänger R (nur mit R, haha) erklärt. R kündigt außerdem an, dass die Jungs jetzt in 45 Minuten vier Songs spielen werden und wünscht uns viel Spaß. Es ist ähnlich wie bei REGARDE LES HOMMES TOMBER nicht ganz so voll, allerdings kennt man sich im Publikum inzwischen schon: Die Post-BM-Szene ist auf so einem Festival dann doch bei ähnlichen Shows vertreten, man sieht viele aus den letzten Tagen bekannte Gesichter. Die Jungs um R und den zweiten Sänger C schaffen es, die Meute trotz der Hitze und Helligkeit in Trance zu versetzen. Allein der erste Song dauert schon mindestens 15 Minuten, wir hören getragene Melodien in schon fast ausufernder Monotonie. Natürlich funktioniert diese Musik im Dunkeln mit ordentlich Nebel und Lichtshow viel besser, aber selbst in der Nachmittagssonne schafft es ULTHA, zumindest einen Teil des Publikums wegzubeamen. Die Bühnenshow erinnert dabei stellenweise an Post-Metal-Bands wie CASPIAN, vom Shoegazing bei "einfacheren" Stellen bis hin zu exzessivem Springen und Tanzen während komplexeren Song-Höhepunkten ist alles geboten. Die 45 Minuten vergehen wie im Flug, ULTHA wird ordentlich gefeiert. Und ich notiere mir mental, dass ich die Jungs unbedingt mal in einer kleinen Location sehen möchte, in der sie ihre Show mit dem entsprechenden Licht darbieten können.

[Hagen Kempf]

 

"Eins, zwei, drei" – eingezählt wird auf Deutsch, dann wird's finster. Die Polen HATE verschmelzen das Beste aus Black und Death Metal zu einer düsteren, bedrohlichen Atmosphäre auf der Bühne. Trotz des strahlenden Sonnenscheins, der uns am hellen Nachmittag auf den Pelz brennt. Kraftvolle, aggressive Klänge und die dunkle, raue Stimme von Adam The First Sinner ergänzen sich perfekt. Schnelle und getragenen Passagen wechseln sich ab und sorgen für Spannung. Etwa zur Halbzeit wird es dann sphärischer und passend zum Einspieler von "Crusade: Zero" werden stilecht die Feuerschalen entzündet. Nach über dreißig Jahren Bandgeschichte ist es kein Wunder: ein absolut professioneller und intensiver Auftritt der Polen HATE.

[Barbara Sopart]

 

Puh, hier muss ich mich jetzt etwas zurückhalten. Als UNTO OTHERS die Bühne betritt, scheint noch alles gut zu sein, doch sobald Gabriel Franco den ersten Ton des Songs 'Nightfall' ins Mikrofon jauchzt, scheint etwas nicht zu stimmen. "Hallo, Ton, Technik, Mischpult!", denke ich mir und drehe meinen Kopf Richtung Technikus im FoH. Leider merkt man schnell, dass hier die Technik nicht wirklich Schuld hat - war es bei Franco zu viel Feiern am Abend zuvor? Der erste Song ist jedenfalls kein guter Start und auch der zweite Song holpert etwas halbherzig daher. Schade, 'Butterfly' war auf dem Album "Never, Neverland" einer der besseren Songs. Gut, ist nun mal so - Touren sind nicht immer einfach. Zu 'Double Negative' vom Album "Mana" wird es endlich besser. Franco hat sich gefangen, auch wenn der Auftritt keine 10 Punkte mehr beim Metal-Vision-Song-Contest holen wird. Die Mischung aus klassischem Heavy Metal und Rock mit schwerem Einfluss der Achtziger ist dennoch eine Bereicherung für das Party.San und bietet eine Abwechslung zum bisherigen Nachmittag. Das nächste Mal wird es bestimmt besser.

 

Anschließend öffnet sich das Meer und spuckt die Fünf von SULPHUR AEON auf die spätnachmittägliche Bühne, um dann sogleich mit 'Yuggothian Spell' ein solches Ding von der Leine zu lassen - da ist man sofort drin! Keine Zeit zu verlieren! Dass die Jungs aus NRW mit ihrer Mischung aus Death Metal mit melodischen Einflüssen und einer gehörigen Prise Cthulhu hier in Schlotheim genau richtig liegen, zeigen sie mit 'Invantation' und 'Seven Crowns And Seven Seals' ebenso wie mit 'Swallowed By The Ocean's Tide'. SULPHUR AEON ist mit inzwischen drei Besuchen auch mehrfacher Wiedergänger des Party.San. Richtig Schwefel in die Menge gelassen wird zum Abschluss mit 'Gateway To The Antisphere' gefolgt von 'Devotion To The Cosmic Chaos', wonach die Fünf dann auch wieder von den Wellen verschluckt werden, aus denen sie hervorgekommen sind.

[Benjamin Kutschus]

 

Bei herrlicher Abendsonne betritt nun OBSCURA die Hauptbühne. Die Reihen im Publikum dünnen im direkten Vergleich zum vorherigen Auftritt von SULPHUR AEON leider etwas aus. Inszeniert von einem enorm druckvollen, klaren Sound bietet OBSCURA heute Abend abermals auf dem Party.San progressiven Death Metal voller genialer Melodien auf höchstem musikalischen Niveau. Die sechs überlangen Stücke, die heute präsentiert werden, bieten eine guten Überblick über das bisherige kreative Schaffen der Band. Es ist nicht weniger als ein Hochgenuss zu erleben, mit welcher Raffinesse und spielerischer Leichtigkeit OBSCURA progressiven Death Metal der besten Sorte präsentiert. 'The Anticosmic Overload' sowie 'Septuagint' stechen aus meiner Sicht musikalisch besonders hervor. Mit dem Chuck Schuldiner (R.I.P.) gewidmeten Stück 'Incarnated' endet ein ausgezeichneter Auftritt von OBSCURA, bei dem der einzige Kritikpunkt darin besteht, dass die Publikumsreaktionen für meinen Geschmack deutlich zu verhalten ausfallen mit Blick auf diese ausgezeichnete Performance. Schade.

[Martin Loga]

 

LEGION OF THE DAMNED betritt die Bühne und liefert einen Auftritt ab, der die Fans von Anfang an mitreißt. 'Progressive Destructor' rollt über Schlotheim. Der Sound ist kristallklar und druckvoll, genau wie es für intensiven Thrash-Death sein muss. Das Wetter spielt perfekt mit – blauer Himmel und angenehme Temperaturen schaffen ideale Bedingungen für den Auftritt. Wem dennoch kalt sein sollte, dem wird geholfen: Flammen schießen in die Höhe, perfekt synchronisiert mit den harten Breaks und schnellen Tempowechseln der Songs. Die Menge tobt, und die Stimmung kocht, als die intensive Pyroshow zündet. Mit donnernden Riffs und gnadenlosen Drums heizen die Niederländer den Fans ordentlich ein. Die Band sprüht vor Energie und hat offensichtlich Spaß auf der Bühne, was sich schnell auf die Menge überträgt. Die visuelle und akustische Wucht dieses Auftritts lässt keinen Zweifel daran, dass LEGION OF THE DAMNED in Topform ist. Am Ende gehen Band und Fans gleichermaßen begeistert aus dieser Show, die ein echtes Highlight des Festivals ist.

[Felix Bischoff]

 

Nach kurzem Intro eröffnet dann ANAAL NATHRAK das Abendprogramm auf der Mainstage. Die Jungs um Sänger Dave Hunt, bekannt für sein loses Mundwerk und Hang zum Anekdoten-Erzählen, legen auch direkt mit Vollgas los. Das Publikum bekommt die irre Mischung aus wilder Grindcore-Raserei kombiniert mit Black Metal und stellenweise Power-Metal-ähnlichem Klargesang bei bester Laune serviert. Auch hier ist man während des Openers 'Unleash' ein wenig verhalten, so richtige Pits bilden sich noch nicht. Das nimmt Dave dann zum Anlass, nach dem ersten Song mit den Worten "wir können doch hier 'ne richtige Show draus machen" ein bisschen Action einzufordern. Kurze technische Probleme werden erfolgreich wegimprovisiert, insgesamt zeigt sich Dave recht redefreudig. Es gibt ein paar Pyros, Mitklatschen funktioniert auch ganz gut. Wir bekommen irre brutale Titel wie 'The Age Of Starlight Ends' oder 'Feeding The Death Machine' um die Ohren und spätestens da bildet sich dann doch ein Circle Pit, wie es sich für ein ANAAL NATHRAK-Konzert gehört. Es gibt noch ein paar Anekdoten aus Daves Vergangenheit, bevor wir einen verirrten Crowdsurfer ('Forging Towards The Sunset' - wie passend) sehen. Als Rausschmeißer dann das geniale 'Endarkenment' vom gleichnamigen Album, bei dem ein großer Teil des Publikums mitsingen kann. Dann ist's auch schon wieder vorbei und ich eile weiter zu AKHLYS ins Zelt.

[Hagen Kempf]

 

Persönlich kommt es mir so vor, als wäre es erst vorletztes Jahr gewesen, als ich PARADISE LOST zuletzt auf dem Party.San gesehen habe. Tatsächlich war das aber 2016. Die fünf erfahrenen Jungs aus England beginnen ihre musikalische Reise sofort mit einem älteren Stück – 'Enchantment' vom 1995er-Power-Album "Draconian Times", um daran sogleich mit 'Say Just Words' anzuschließen. Anekdote aus dem Zeltlager: In einer Diskussion mit Mitschreibern über PARADISE LOST und die "experimentellen Jahren" dr Band um die Jahrtausendwende hatte ich genau 'Say Just Words' als Beispiel eingebracht für einen musikalischen Umbruch im klassischen eigenen Band-Stil. Schließlich gilt PARADISE LOST nicht umsonst mit über 30 Jahren Band- und Bühnenerfahrung, fast immer gleicher Besatzung (mit Ausnahme des Drummers) und eigenem Stil als einer der großen Wegbereiter des Death Doom Goth Metals. Professionell wie PARADISE LOST nun mal so ist, steht die Band nicht alleine auf der Bühne – wir, das Publikum, sind voll mit dabei. Holmes am Mikrofon bringt bei 'As I Die' auch den Unwilligsten zum Mitsingen. Als kleines Schmankerl gibt es den Song 'Smalltown Boy' von BRONSKI BEAT als Cover im ganz eigenen LOST-Stil obendrauf, um mit meinem persönlichen Highlight 'Embers Fire' dann einen sehr gelungenen Abschluss zu finden. Zu guter Letzt kann man nur sagen: Wenn einem acht Jahre wie gestern vorkommen, kann eine Band nur gut sein. Weiter so!

[Benjamin Kutschus]

 

Der Headliner-Auftritt von SODOM wird von vielen mit Spannung erwartet, denn das 18 Stücke umfassende Set basiert ausschließlich auf Wünschen der Fans, die über ihre Lieblingssongs abstimmen durften. Man sollte meinen, dass nach drei Tagen Festival die müden Knochen nicht mehr so leicht mobilisiert werden können. Doch weit gefehlt. SODOM zieht zum Ausklang des Party.San eine große Anzahl von Fans vor die Bühne und zockt ein spielerisch blitzsauberes Set, das auch einige musikalische Überraschungen bietet. 'Jabba The Hut' sowie 'The Crippler' vom "Tapping The Vein"-Album werden lautstark von den Fans bejubelt. Klassiker wie 'Agent Orange' oder 'Napalm In The Morning' stehen ohnehin immer auf dem SODOMschen Speiseplan, um Thrasher glücklich zu machen. Dass aber ein schneller Knüppler wie 'Gomorrah' auf der Setlist steht (seit 1994 nicht mehr live gespielt) und sogar der uralte Demo-Song 'Let's Fight In The Darkness Of Hell' in die Meute gepustet wird, das ist doch eine handfeste Überraschung. Der sehr energiegeladene Gig wird durch das Klassiker-Triple 'Remember The Fallen', 'Ausgebombt' und dem obligatorischen 'Bombenhagel' krachend beendet. Dank des fetten Sounds und der messerscharfen Performance von SODOM bleibt nur ein Resümee zu ziehen: ein musikalischer Sieg auf ganzer Linie für die deutsche Thrash-Institution!

[Martin Loga]

 

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Redakteur:
Carsten Praeg

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