Party.San Open Air 2012 - Schlotheim

16.09.2012 | 09:22

09.08.2012, Flugplatz Obermehler

Das Party.San wird volljährig! Und lässt's zum 18. Mal mit Schwarz- und Todesblei so richtig krachen. Ob BOLT THROWER, SODOM oder NAGLFAR – alle feiern mit.

Es ist früh. Verflixt früh. Die ersten Überlebenden des Abends kriechen gerade auf das Festivalgelände, um sich ihr Frühstücksbier zu genehmigen, da sind die Jungs von MALIGNANT TUMOUR schon mittendrin statt nur dabei. Durch den wilden Mix aus Crust-Elementen und melodisch groovigem Heavy Metal weiß die Band auch schon zu früher Stunde nicht nur zu überzeugen, sondern auch schwer zu begeistern. Kehliger Gesang in Richtung MOTÖRHEAD vermischt sich hier mit klassischen NWOBHM- und Hardrock-Riffs, um durch Songs wie 'Earthshaker' einmal kräftig an den verschlafenen Gemütern zu rütteln. Dank drückendem Sound, fetzigen Soli sowie zusätzlich energiereicher Bühnenshow mit viel Elan und wenig Plan bleiben MALIGNANT TUMOR mehr als nur vage Erinnerung am Morgen danach. Definitiv ein Plädoyer für das frühe Aufstehen!

[Johannes Lietz]

Die Blackthrasher ASSAULTER, die sich in ähnlichen musikalischen Gewässern wie ihre australischen Landsleute DESTRÖYER666 bewegen, treffen den Nerv des Publikums ganz gut. Die durchaus stattliche Zahl von Zuhörern spricht für sich. Und die Meute wird gewiss nicht enttäuscht. Das spieltechnisch überaus fitte Trio kloppt fetteste Thrash-Riffs im Fahrwasser von NOCTURNAL BREED oder alten METALLICA heraus und garniert dieses Gebräu mit typisch rauhen, schwarzmetallischen Vocals. Besonders gut im Hinterkopf bleibt das überlange Stück 'Exalt The Master' haften, bei dem die Aussies mit coolen Gitarrenläufen, knatternden Riffs und viel Abwechslung fürstlich vom Leder ziehen. Mit den übrigen Songtitel bin ich zwar nicht vertraut, aber was solls. Wieder eine sehr coole Band bei Party.San gesichtet, die ich allen Genre-Fans guten Gewissens empfehlen kann. Das Publikum sieht die Sache ähnlich und spendiert den Herrschaften ordentlich Applaus.

[Martin Loga]


Beschwingte Musik, die aus einer 80'er-Serie stammen könnte, leitet den Auftritt der schwedischen Death-Punk'n'Roller von IRON LAMB ein. Und als die Gitarren einsetzen und das Schlagzeug den dreckigen Takt zur frühen Nachmittagsstunde übernimmt, wird klar: Hier huldigen versierte Musiker ihren Idolen, vor allem Turbonegro werden ausgiebig zitiert. "Good Morning, Shitheads", ruft Sänger Grga Lindström gutgelaunt den Fans zu. Die werden mit flotten Songs und ausufernden Gitarren-Soli gut bedient - dass eiserne Lamm zeigt Zähne. Kein Wunder, stehen doch solche Musiker wie Johan Wallin (GENERAL SURGERY), Tomas Daun (ex-DISMEMBER) und Daniel Ekeroth (Ex-DELLAMORTE) auf der Bühne. Die Songs zu diesem unterhaltsamen Konzert tragen Namen wie 'Dubios Preacher', sind abwechslungsreich und versprühen gute Laune. So bleibt es an Frontmann Lindström, am Ende eines gelungenen Auftritts den Fans zuzurufen: "See you at the bar!" Klar, wo auch sonst. (Na ja, die Schweden erinnern mit ihrem Crust/Punk 'n' Roll ziemlich an SMOKE BLOW. Die Reaktionen des Publikums halten sich in Grenzen und die Aufregung der Personen, die für einen Überraschungs-Shot anstehen, ist definitiv größer als die der Leute vor der Bühne. Tut niemandem weh, braucht aber auch niemand... [Nadine Ahlig])

[Henri Kramer]

Mit GOSPEL OF THE HORNS ist das so eine Sache. Im Vorfeld gab es von linken Gruppen den Vorwurf gegen das Party.San, auch diese Australier würden wie SARGEIST - denen im Vorfeld wegen Vorwürfen, sie seien rechtsextrem, der Auftritt gekündigt wurde - eigentlich nicht auf ein sich weltoffen gebendes Festival gehören. So würden GOSPEL OF THE HORNS nicht nur streng gegen Juden und Christen agitieren, sondern auch gegen Ideen wie den Liberalismus, hieß es von den Kritikern. Dazu sorgten sich die Australier in Interviews auch schon mal um ihre nationale Identität, die sie durch massenhafte Zuwanderung bedroht sahen. Na ja. Einen Grenzfall in Sachen Rechtslastigkeit stellen GOSPEL OF THE HORNS also dar. Doch bei ihrem Auftritt ist davon nichts zu merken. Inzwischen sind deutlich mehr Leute vor der Bühne als noch bei IRON LAMB: Sie hören eine fiese Mischung aus Black Metal, garniert mit ein paar Rock'n'Roll-Einschlägen und gleichwohl deftigen Prügelpassagen. "Cheerz, motherfuckers", ruft Frontmann Mark Howitzer den Fans immer wieder zu. Dazwischen prügeln die Australier brachiale Nummern wie 'Absolute Power', 'Eve Of The Conquerer' oder 'Powers Of Darkness'. Angesichts der finsteren Aggression, die GOSPEL OF THE HORNS mit ihrem Sound verbreiten, wirkt nur die extrem gelbe Gitarre, die einer der beiden Axtmänner trägt, etwas deplaziert. Die Fans aber feiern den Auftritt enthusiastisch, schließlich spielen die Australier auch nur selten in Deutschland. Mit 'Strength Through Fear' ballern GOSPEL OF THE HORNS noch einen amtlichen Rausschmeißer auf die allseits gespitzten Ohren. Mark Howitzer freut sich lautstark: "You crazy bastards."

[Henri Kramer]


Die Elchtod-Veteranen ENTRAILS sind ein wahrhaft heiß erwarteter Leckerbissen für die echten Death-Metal-Fans des Festivals. Hier erwarten Fans des Genre stampfende Beats, groovige Riffs und zerschlissener Growlgesang der ersten Güte! Durch unglaublich kranken Bassound und verflucht groovigen Gitarrenlines erzeugen ENTRAILS einen eigenen Sound der Extraklasse, welcher die Menge von vorne bis hinten sofort mitreißt. Auch wenn sich eingefleischte Fans über die fragwürdige Auswahl der Tracklist wundern knallt hier ein rollender Song auf den nächsten und wirklich jeder ist ein echter Treffer. Gerade alteingesessene Songs wie der passend betitelte Track 'Entrails' bleiben auch nach dem verklingen des letzten Tones lange im Gehörgang und setzen die zu erreichende Grenze, für andere Bands am Tage, noch einmal deutlich Höher. Schade nur dass die Schweden sich mit einer eher durchschnittlichen Uhrzeit zufrieden geben mussten, hätten sie doch in den späteren Abendstunden eher die hart verdiente Aufmerksamkeit erhalten. Absolute Spitzenklasse!

[Johannes Lietz]

Die Viking Metaller SKÁLMÖLD muss man definitiv noch zu einer Nachwuchsband zählen, was verdammt schade ist, denn die "kenn ich nicht – ist mir egal"-Einstellung hat sich vor der Bühne breit gemacht. Bedeutet im Klartext: Gähnende Leere. Dabei wummst es bei den Isländern gehörig! Nach einem folkloristischen Intro beweisen die Jungs maximale Spielfreude. Fronter Björgvin Sigurðsson dominiert mit Growl-Gesang, dazu kommen Screams, Double-Bass, ein ausgefeiltes Gitarrenspiel, epische Melodien und Folk-Elemente. Sogar die Securities sind angetan und gesellen sich am Rande des Publikums dazu. Luftig-lockere Abwechslung zur restlichen Hau-drauf-Orgie! Sehr angenehm!

[Nadine Ahlig]

Der Kunstblut-besudelte, metzgernde Chirurgentrupp GENERAL SURGERY ist immer für eine prächtige Abreibung in der Schnittmenge von Grindcore und Death Metal gut. Und so bringt die Stockholmer Bande die Menge ordentlich in Bewegung. Die zappelnden Handwedler mischen den Circle Pit auf, wohingegen andere spontane Sitzketten bilden. Fett in Szene gesetzt durch einen krachenden Sound haut GENERAL SURGERY Blast-Geschosse wie das ultrakurze 'Necrodecontamination’, 'Decomposer’ oder 'Final Extermination’ heraus. Der Mob quittiert derartige Abrissbirnen mit wohligem Applaus, zumal am Ende des sehr coolen Sets auch noch ein neues Stück heruntergeknüppelt wird, dessen Titel dann doch etwas zu undeutlich gegurgelt wurde, um ihn zu verstehen. Egal - drauf gepfiffen, denn GENERAL SURGERY haben am späten Nachmittag auf dem PSOA wahrlich regiert!

[Martin Loga]

Zu DARK FORTRESS machen es sich die Rumliege-Metaller wieder auf der Wiese bequem. Wahrscheinlich zum Leidwesen der evil Black Metaller aus Landshut, zählen sie doch mit zu dem Besten, was der deutsche Black Metal zu bieten hat und ballern zur Demonstration erst einmal gehörig auf die Mütze. Finster-energisch aber auch doomig-schleppend – perfekt zur späten Nachmittagssonne. Die Bleichgesichter machen der Bühnenüberschrift "Hell is here" alle Ehre. Wenn man jetzt noch ignoriert, dass der Sound unter aller Sau ist, ein gelungener Auftritt!

[Nadine Ahlig]

Klassische US-Deather sind rar. IMMOLATION sind eine dieser Bands, die seit Jahrzehnten das Genre beackern ohne dabei Referenzen zu bekommen, die man bisher stets MORBID ANGEL oder NILE hat zukommen lassen. Vielleicht zu Recht: Die Jungs aus New York haben seit Anfang der Neunziger ihr klassisch-amerikanisches Todesblei im Feuer, ohne dabei auch nur ansatzweise die Sphären zu berühren, die oben genannte Bands inne haben. Wieso? Weil sie einfach "nur" traditionellen Ami-Röchelstahl spielen, nicht für Kontroversen sorgen und nebenbei keine Hobby-Ägyptologen sind. Dennoch sind Eisen wie 'Close To A World Below', 'Unholy Cult' oder auch neueres wie "Majesty And Decay" absolut spitze, weil sie keinerlei Trends hinterherhecheln und dem Spirit des technischen aber stets auch groovigen Death Metals eine Ehre erweisen wie es womöglich wenig andere Bands könnten. Keine Experimente, keine Kompromisse - die Ehrlichkeit kommt an. Eine durchaus beeindruckende Meute feiert einen Best-Of-Querschnitt durch die gesamte Diskographie ab, was zeigt, dass ehrlich vielleicht doch am längsten währt. Schön zu sehen, dass Perlen wie 'Into The Everlasting Fire' oder 'Under The Supreme' prächtig beim Bangervolk ankommen und IMMOLATION so einen großartigen Auftritt bescheren.

[Simon Desjardins]

Nachdem der SOLSTAFIR-Auftritt meine Erwartungshaltung quasi ins Unermessliche gesteigert hat, erscheint es zunächst unwahrscheinlich, dass die Finnen von GHOST BRIGADE diese auch erfüllen können. Es stellt sich jedoch heraus, dass ich diese Rechnung ohne jegliche Live-Erfahrung mit den Trauerweiden gemacht habe. Anfangs hatte ich die Jungs als KATATONIA-Klon mit härteren Passagen und Growls vernommen. Auf dem Flugplatz zeigen sie jedoch, dass sie weitaus mehr als das sind: Die harten, krassen Passagen erinnern besonders livehaftig nicht nur an Depri-Könige wie DISBELIEF oder NEUROSIS, sondern beinhalten auch Frickel-Elemente der Marke MASTODON sowie BARONESS. Wow. Das kam bisher auf Platte nicht so direkt rüber und veredelt Trauermärsche wie 'Lost In A Loop', 'Traces Of Liberty' oder ganz besonders 'Into The Black Light' zu einem Gesamterlebnis, das wahrlich Seinesgleichen sucht. Ich hatte viel erwartet und bekam noch mehr geschenkt: Die absoluten Höhepunkte von "Isolation Songs" und "Until Fear No Longer Defines Us", dargeboten in einem Pool aus Herzblut und Leidenschaft. Vielleicht nicht grandios hart, aber ganz sicher grandios emotional. Wahnsinn. Alleine Sänger Manne hat seinen Festival-Oscar für seine Gesangs-Performance verdient, solch weite Kluften zwischen Emotion und Aggression schaffen sonst wohl nur noch INSOMNIUM. Und das mit zwei Sängern.

[Simon Desjardins]

Dann wird es Zeit für hieroglyphisches Pyramiden-Geknüppel: NILE dreschen so gleich mal 'Sacrifice Unto Sebek' aus den Boxen, Gitarrist und Bandkopf Karl Sanders lässt die langen, blonden Haare propellern, ehe Gitarrero zwei und der sympathische Fronter Dallas Toler-Wade die Fanschar als "crazy, fucking croud" anfeuert. Sogleich wird 'Defiling The Gates Of Ishtar' hinterher geschoben. dann singen die beiden Hobby-Archäologen erst auf ägyptisch und grunzen dann um die Wette. Der Song mit dem zweitlängsten Titel aller Zeiten, 'Papyrus Containing The Spell To Preserve Its Possessor Against Attacks From He Who Is In The Water' (den Rekord hält natürlich ein anderer NILE-Song), steht zwar leider nicht mehr auf der Setlist. 'Permitting The Noble Dead To Descend To The Underworld' erfüllt aber genauso seinen Zweck. Derweil ist es wirklich eine Augenweide, Schlagzeuger George Kollias aus der Nähe zuzuschauen, wie locker er alle Songs aus den Fuß- und Handgelenken schüttelt. Und es sogar ganz locker nimmt, wenn ihm mal mitten im Song ein Prügel aus der Hand fliegt. Die vier Amis sind eben Profis, vom ersten bis zum letzten Song. Shokran!

[Carsten Praeg]

Nach der Death-Metal-Offenbarung nun die Kings des Black Metal. Und so treten IMMORTAL auch auf: Als wären die Foto-Shoots aus den Booklets von "At The Heart Of Winter" und "Sons Of Northern Darkness" nicht genug, posen sich Abbath und Co. durch ein fast zweistündiges Set. Wow. Bisher stand ich Aussagen wie "IMMORTAL sind die MANOWAR des Black Metal" eher skeptisch gegenüber, immerhin sollte man nicht vergessen, dass das Trio ganz nebenbei spätestens mit "At The Heart Of Winter" zu den ernstzunehmenden Schwarzmalern der Szene gehört. Jedoch erinnert der feuergetränkte und theatralische Auftritt tatsächlich eher an eine Mischung aus WASP und MANOWAR. Ja, Abbath und Horgh sind muskalisch ziemlich perfekt. Bieten der Meute ein ausgewogenes Set, welches sehr zur Freude des Rezensenten auch viele "At The Heart Of Winter"-Meilensteine bietet. Gerade mit dem Titelsong hätte ich in Äonen nicht gerechnet! Aber dennoch muss man den Abstrich machen, dass hier die Show, die Selbstdarstellung über den Kompositionen zu stehen scheint. Kinners, in allen Ehren - ihr habt schwarze Musikgeschichte geschrieben. Muss es dann noch sein, dass ihr euch wie die Urgötter eben jener aufführt, euch zum Kasper macht? Lasst doch einfach die Songs für sich selbst sprechen. Und wer Stücke wie 'Damned In Black', 'Beyond The North Waves' oder 'The Sun No Longer Rises' sein eigen nennt, der braucht doch eigentlich gar nicht mehr so dick aufzutragen, oder?

[Simon Desjardins]

Redakteur:
Adrian Wagner

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