Pounding Metal - Wimp Reaper Festival - Adelsheim
31.12.2009 | 16:2821.11.2009, Live Factory
Klasse Billing für Traditionalisten bei diesem Festival im nordbadischen Adelsheim. Doch wo bleiben die Fans?
Als Eröffnungsband müssen DR. SPEED aus Bad Cannstadt gegen 12:50 Uhr anrücken, die gleich mal mit ihren OP-Schürzlein, Mützchen und Mundschutz für Schmunzeln sorgen. Ob sich die spielfreudigen Herren vor der Schweinegrippe schützen wollen, ist nicht überliefert. Klassischen Heavy Metal mit speedigen Anleihen hat sich das Quartett auf die Fahnen geschrieben. Die Bassgitarre spielt übrigens Manu Glassmann, der frühere Tieftöner der Melodic-Metaller SAIDIAN aus Esslingen. Der kurz geschorene Frontmann entledigt sich gleich mal seines OP-Hemdchens und ab geht die Audiotherapie mit der Bandhymne 'Dr. Speed' über 'The Evil Path' und das starke 'The Great War'. Die Band müht sich redlich. DR. SPEED agieren spielerisch gutklassig und haben oft gute Gitarrensoli am Start, doch das unbeholfene und gleichermaßen seltsame Stageacting des Frontmanns wirkt befremdlich. Obwohl im Gitarrenbereich wegen des Fehlens einer zweiten Gitarre etwas Saft fehlt und die einzelnen Kompositionen zu gleichförmig arrangiert klingen: Eine nichtsdestoweniger relativ unterhaltsame halbe Stunde hatten DR. SPEED dennoch zu bieten.
Die Italiener TARCHON FIST sagen mir zwar vom Namen ebenso wenig, wie die OP-Kittelträger zuvor, aber das muss ja noch nichts heißen. Zum ersten Mal überhaupt ist die im Jahr 2006 gegründete Band in Deutschland zu sehen. Und diesen Auftritt können die überzeugend agierenden Musiker trotz des sehr überschaubaren Publikums getrost als Achtungserfolg verbuchen. Mit Sänger Luigi "JJ Sange" Sangermano hat die Band einen tollen Vokal-Akrobaten in ihren Reihen, der mit seiner variablen Stimme dem treibenden Stahl der Band eine tolle Note verleiht. Mit 'Metal Detector' haben die Italiener sogar einen kleineren Hit im Gepäck, der mit fetter Gitarren-Breitseite als Aufwärmtraining für die energiegeladenen Auftritte von SACRED STEEL und SAVIOR FROM ANGER vortrefflich geeignet ist. Aber auch 'Eyes Of Wolf' sowie 'Falling Down' und 'Fighters' vom neuen Studioalbum "Fighters" (erschienen im Oktober 2009) sorgen für gute Stimmung bei den Anwesenden. Spaßig auch der Ausflug eines der Gitarristen hinter die Bühnenabsperrung, wo er sich neben den Fans postiert und kräftig mit diesen bangt. Alles in allem eine Darbietung von TARCHON FIST, die sich sehen lassen kann.
Mit ihrem aktuellen Album "Decibel Disease", das Anfang 2008 erschien, konnten die aus Niederbayern stammenden Metaller DEJA VU eine coole Scheibe vorlegen, mit der die bereits in den Achtzigern aktive Band den Nerv vieler tradionsbewusster Mattenschwenker mit Faible für Band wie ACCEPT, PARADOX, oder auch JUDAS PRIEST getroffen haben sollte. Am heutigen Samstag lassen die Bajuwaren spielfreudig ihr Liedgut vom Stapel, das durch mächtige Riffs und kraftvollen, leicht rauhen Gesang von Frontmann/Gitarrist Werner Kerscher dominiert wird. Mit Krachern der Marke 'Metalhead' (hier lassen ACCEPT besonders grüßen) und dem flotten 'Under Fire' hat die Band gutklassiges Liedgut im Angebot. Auch das auf Mitsingspielchen getrimmte 'Children Of The Eighties' macht live einfach Spaß. Super-symapthisch kommt auch Frontmann Werner Kerscher daher, der nicht nur stimmlich eine überzeugende Leistung bietet, sondern auch den einen oder anderen Gag in seine Ansagen einbaut. Mit einem straff durchgezogenen Set und einer knackigen Performance zeigt hier der Daumen klar nach oben. Dass auch die Band ihren Spaß hatte, zeigt sich im weiteren Verlauf des Festivaltages. Denn zumindest ein Bandmitglied tapste einige Stunden später bereits etwas unkoordiniert durch die Halle. Es sei euch gegönnt. That's Metal!
Im Vergleich zu DEJA VU haben die aus Nürnberg stammenden ASH INHERITANCE doch einen etwas schweren Stand beim Publikum. Denn die Thrasher haben schon zu Beginn des Sets mit etwas desinteressiert wirkenden Konzertbesuchern zu kämpfen. Dabei legen sich ASH INTERITANCE ganz schön ins Zeug. Stücke wie beispielsweise 'Masters Of Lies' und auch 'Straight From Hell' vom brandneuen Album "Devastated By Fire" - das heuer übrigens auch veröffenticht wird - haben durchaus ihre Momente, zumindest phasenweise. Doch der Funke springt nicht auf das Publikum über, egal was die Band macht. Und so wuselt Frontmann Klaus Fischer vorne im leeren Bühnenraum herum, ohne dass irgendeine nennenswerte Reaktion vom Publikum kommt. Wenig mit Ruhm bekleckert sich die Band mit dem neuen Stück 'Mortar Flesh Picasso', das sowohl Spielfehler als auch Timing-Unsicherheiten zutage treten lässt. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, dass der fälschlicherweise vom Sänger als EXODUS-Cover angekündigte WHIPLASH-Klassiker 'The Burning Of Atlanta' die mit deutlichem Abstand besten Publikumsreaktionen erhält.
STORMRIDER aus Wanne-Eickel lassen nun im wahrsten Sinne des Wortes die Axt kreisen und erfreuen insbesondere MAIDEN-Fans im Publikum mit einer makellosen Darbietung. Ein enthusiastisches "Habt ihr Bock auf Metal" von Axtträger und Sänger Stefan Hebes wird leider nur mit wenig Echo vom Publikum erwidert - abgesehen von einigen Fans an der Absperrung, die der top eingespielten Truppe Tribut zollen. Ansonsten herrscht in der Halle gähnende Leere. Der Rezensent dieser Zeilen schämt sich fremd angesichts vieler in-der-Ecke-Herumsteher.Wenigstens das in Sachen Gitarrenarbeit hörbar an IRON MAIDEN erinnernde 'Impure' erhält gute Publikumsreaktionen, aber auch 'Across The Acheron' und die mächtige Bandhymne 'Stormrider' sitzen ausgezeichnet. Zu guter Letzt graben die Westfalen etwas in der eigenen Historie und zocken mit 'March On' sogar ein Stück ihrer selbstproduzierten Debüt-EP. Für mich persönlich sind STORMRIDER eines der Highlights des heutigen Konzerttages.
Setlist STORMRIDER:
We Are One
Impure
Castle Walls
Let Metal Reign
Stormrider


Sign Of Evil
Bloody Countess
Blasphemic Assault
Alcohol Patrol
Hexenhammer
Final Detonation Satanic Majesty
Demonic War Machine
Invisible Violence
Blood Of Witches
Possessed By Hellfire
Witchburner
Nightbreed
Execute Them All
Ultra Violence
Nach diesem kruden und intensiven Thrash-Overkill steigt die Stimmung nochmals, denn SACRED STEEL locken begeisterte Banger vor die Bühne. Klar... die Reihen sind weiterhin eher licht denn prall gefüllt, aber die Stimmung ist prima. Und das kommt nicht von ungefähr, denn zum einen sind SACRED STEEL eine starke Liveband und zum anderen bietet das aktuelle Studioalbum "Carnage Victory" deutschen Edelstahl gehobener Güte. Und Gerrit, der in Kürze seinen Vierzigsten feiert, ist gut bei Stimme. Beachtliche Livequalitäten enfaltet nicht nur das heftig gegrowlte 'Slaughter Prophecy', sondern auch das 'Charge Into Overkill' vom neuen Studioalbum, das durchaus Klassiker-Qualitäten besitzt. Instrumental sind SACRED STEEL heute in prächtiger Verfassung. Hier stimmt alles: Sound, Stimmung und Performance. Mit einigen Bangern mehr im Publikum würde der heutige Auftritt noch mehr Spaß machen. Alte Kracher wie das lauthals mitgesungene 'Heavy Metal To The End' werden ordentlich abgefeiert. Als mit 'Wargods Of Metal' die Show beendet wird, gibt das Publikum keine Ruhe und nach lautstarken "Sacred Steel"-Rufen gibts tatsächlich noch eine Zugabe: Das laut Gerrit nicht geprobte 'Carnage Rules The Fields Of Death', das eine tolle Performance von SACRED STEEL schließt.Metal Is War
Battle Angel
Charge Into Overkill
Carnage Victory
Slaughter Prophecy
Hammer Of Destruction
Broken Rites
Denial of Judas (Heaven Betrayed)
Open Wide The Gate
Heavy Metal To The End
Blood On My Steel
Wargods Of Metal
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Carnage Rules The Fields Of Death
Vom Auftritt von SKYCLAD hatte ich mir im Vorfeld nicht unbedingt viel erhofft, was schlicht und ergreifend darauf zurückzuführen ist, dass ich mit dem Backkatalog der Folk-Metal-Pioniere aus Großbritannien nicht wirklich vertraut bin. Aber hey... die Live-Qualitäten dieser altgedienten Truppe sind beachtlich und auch wenn gegenüber den zuvor spielenden SACRED STEEL wieder einige Besucher abwandern: Die, die geblieben sind, feiern eine ausgedehnte Party. Einige Herren wuseln völlig losgelöst durch die Menge und tänzeln zu zweit im Kreis. Geigerin Georgina Biddle fiedelt sich die Seele aus dem Leib und begeistert mit ihrer ungemein positiven Ausstrahlung. In Sachen Setlist wird auch das aktuelle Album der Band "In The... All Together" unter anderem mit 'Words Upon The Street' berücksichtigt. Mit einem Großteil der Songs bin ich zwar nicht vertraut, aber spätestens als das famose 'Inequality Street' angestimmt wird, breche auch ich in Begeistering aus. Nach 75 Minuten endet die Folk-Metal-Fete auch leider schon. Well done, Ladies and Gentlemen!
Unter dem Strich bot das "Pounding Metal - Wimp Reaper"-Festival ein starkes Billing bei sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Dass trotz intensiver Pressearbeit seitens der Veranstalter wohl schätzungsweise nur 120 Zuschauer kamen, ist traurig - sowohl für die Macher, die hier tolle Arbeit geleistet haben, als auch für manche Bands, die teilweise vor einem Kleinstpublikum auftreten mussten.
- Redakteur:
- Martin Loga







