RAGE, DARKER HALF und SURRENDER THE CROWN - Nürnberg

18.05.2024 | 10:59

15.05.2020, Hirsch

In 80 Minuten durch 40 Jahre Bandgeschichte.

Schweißausbrüche, trockener Hals, zittrige Hände, es wird Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Also ab nach Nürnberg in den Hirsch. Nach 2,5 Wochen Entzug kann ich heute mit dem Konzert von RAGE meine Sucht nach Livemusik endlich wieder befriedigen. Bei sommerlichen Temperaturen erreiche ich die Location und es bleibt noch genug Zeit für ein Kaltgetränk im gemütlichen Biergarten. Ich denke an den Konzertbericht meiner Kollegen Tobi und Barbara, vor einigen Tagen hat der Headliner in Siegburg für ordentlich Alarm gesorgt. Dort waren mit BROKEN FATE und TRI STATE CORNER zwei andere Supportbands am Start. Ich bin etwas enttäuscht, dass speziell die Bouzoukirocker um Sänger "Lucky" Maniatopoulos nicht in Nürnberg dabei sind. Ich habe die Band schon sehr oft gesehen und immer viel Spaß an den Auftritten. Na gut, dann heute "nur" SURRENDER THE CROWN und DARKER HALF als Support. Vielleicht wird es ja doch ganz nett. Herr Maniatopoulos ist ja trotzdem in Mittelfranken, dazu später mehr.

Der Hirsch ist nicht ausverkauft und einige genießen noch ihre Getränke vor der Halle, als SURRENDER THE CROWN die Bühne betritt. Die Band aus Saarbrücken ist mir gänzlich unbekannt. Die anfängliche Unwissenheit schlägt bei mir recht schnell in Begeisterung um. Was die Jungs an diesem Abend abliefern, ist echt klasse. Songs wie 'Let The World Adjust' und 'Out Of This Alive' sind echte Bretter und gehen zumindest bei mir durch Mark und Bein. Die Stimme vom Sänger kommt mir erschreckend bekannt vor, aber ich komme einfach nicht drauf, wem sie ähnelt. Dany, meine Fotografen-Kollegin vom "Weils Rockt"-Magazin hat dann die Lösung: Ja, er klingt verdammt nach David Draiman von DISTURBED.

Gab es mit den genannten Stücken noch ordentlich auf die Zwölf, geht es mit 'Right Now, Right Here' deutlich ruhiger zu. Für mich ist die Ballade echt ein Ohrwurm. SURRENDER THE CROWN kann die Metalheads in der Halle mit seiner Spielfreude überzeugen. Immer wieder werden die Pommesgabeln in die Luft gestreckt und anerkennend applaudiert. Die Band ist permanent in Bewegung. Nach dem durchaus gelungenen Set wird es Zeit für einen Besuch am Merchstand, SURRENDER THE CROWN hat es einfach verdient, dass ein paar Euros investiert werden. "IV - The Healing", die aktuelle Langrille, wechselt flugs den Besitzer. Und wenn ich schon mal hier bin, sacke ich auch gleich das sehr günstige Tourshirt von RAGE ein. Ich kann mich Tobis Worten in seinem Bericht nur anschließen. 25 Euro sind heutzutage leider sehr selten und wirklich fanfreundlich.

Nach einem weiteren Bier wird es Zeit für DARKER HALF. Im Gegensatz zum Opener ist mir die australische Heavy-Metal-Band ein Begriff, denn ich konnte das Quartett bereits 2023 als Supportband von JADED HEART erleben. Erinnerungen an eine fast leere Eventhall Obertraubling werden wach und obwohl zu Beginn der Show noch viele Metalheads draußen in der Sonne sitzen, sieht das heute im Hirsch schon viel besser aus. Auch in Nürnberg erleben wir wieder eine äußerst agile Band, wie bereits in Obertraubling hüpft Gitarrist Danny Ritz wir ein Duracell-Hase über die Bühne. Der charismatische Sänger und Gitarrist Vo Simpson besticht durch einen enormen Tonumfang. Wahnsinn, in welchen Höhen der Kerl singen kann. Kollege Thomas Becker konnte die Band ebenfalls im letzten Jahr in München sehen, seine Aussage, dass Simpsons Halford-Screams wie eine Eins sitzen kann ich nur bestätigen. War ich 2023 noch nicht ganz so überzeugt, passt der Gig heute für mich.

Auch bei den anwesenden Headbangern kommt DARKER HALF gut an. 'Fallin' ist einer von neun Songs auf der abwechslungsreichen Setliste und geht mit seinem eingängigen Refrain richtig ins Ohr. Gestenreich untermalt Vo Simpson seinen Gesang. Der Mann kann einfach seine Hände nicht stillhalten und ich denke, Vo ist der Erfinder des Mikrofonständers. Auch die anderen Musikanten sind recht gut bei Stimme und sorgen mit ihren Chören für eine breite und interessante Gesangsbasis. Mit 'Heaven's Falling' verabschiedet sich die Band aus Down Under vom mittelfränkischen Publikum und wird zurecht für die dargebotene Leistung gefeiert.

Wie schon in Siegburg eröffnet RAGE das Set mit 'Cold Desire' vom aktuellen Album "Afterlifelines". Natürlich will das neue Werk mit insgesamt drei Songs promotet werden, aber der Fokus liegt an diesem Abend jedoch ganz klar auf 40 Jahre Bandgeschichte. Sänger und Bassist Peavy Wagner macht am Anfang deutlich, dass es unmöglich ist, an diesem Abend alle wegweisenden Songs der letzten vier Jahrzehnte zu spielen. Dennoch lässt der prall gefüllte Liederzettel eigentlich keine Wünsche offen. Peavy hat 16 Songs mit nach Nürnberg gebracht, die von 12 Alben stammen. Klar, bei bisher 26 veröffentlichten Alben geht natürlich immer mehr, doch der Abend ist nicht mehr der jüngste und der nächste Arbeitstag kommt näher.

RAGE ist mittlerweile zum Trio geschrumpft und macht in der nun sehr gut gefüllten Halle ordentlich Alarm. In den kurzen Pause zwischen den Tracks wird die Band permanent abgefeiert und der Sänger kommt kaum zu Wort. Wenn er dann am Mikrofon seine Songs abliefert, sehen die anwesenden Kuttenträger einen in Bestform agierenden Peavy. Doch was wäre RAGE-Mastermind Wagner ohne seine Mitmusiker? Fangen wir mal beim bereits oben erwähnten Lucky an. Seit fast 10 Jahren sitzt er bei der Powermetal-Band hinter der Ballerburg und er ballert, was das Zeug hält. Für mich ist der Drummer eine große Bereicherung der Band. Man darf nicht vergessen, dass ein gewisser Herr Terrana bei RAGE auch schon mal die Sticks geschwungen hat. Lucky steht Mike in nichts nach und agiert äußerst druckvoll und abwechslungsreich hinter seinem großen Set. Okay, die Doppelschicht mit seiner anderen Band fällt heute aus, aber ich bin angesichts der alternativen Supportbands mehr als zufrieden.

Aller guten Dinge sind drei und zu jeder Band gehört natürlich ein Gitarrist. Jean Bormann bedient seit 2020 den Sechssaiter und bitte nicht falsch verstehen, ich liebe den Bengel! Er fegt permanent wie ein Derwisch über die Bühne und bot dem Fotografen in mir bereits in der Vergangenheit immer wieder gute Motive. Doch natürlich steht sein musikalisches Können im Vordergrund. Jean ist an der Gitarre über jeden Zweifel erhaben. Auch am Mikrofon kann der Gitarrist glänzen und unterstützt Peavy hervorragend. Was soll ich noch groß schreiben? Das Ganze passt wie die berühmte Faust aufs Auge.

Ich könnte locker noch acht weitere Absätze schreiben, auf jeden Song eingehen, jede Emotion dokumentieren. Doch warum das Rad neu erfinden? Viel lieber verweise ich an dieser Stelle noch mal auf Tobis sehr gut geschriebenen Bericht aus Siegburg und verabschiede mich nassgeschwitzt aus Nürnberg. Ein Abend, der nicht nur mir sehr lange in Erinnerung bleiben wird.

Photo Credit: Andre Schnittker

Redakteur:
Andre Schnittker

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