Rage, Nightwish - Ludwigsburg

28.10.2000 | 08:28

12.12.1999, Rockfabrik

Gleich zu Beginn des neuen Jahres kredenzt uns die schwedische Band SCREAMER ein Album, das vollgepackt ist mit waschechten Hymnen und feinsten Melodien. Schlagzeuger Henrik Petersson führt uns in die Welt von "Kingmaker" ein.

Hallo Henrik, danke, dass du dich bereiterklärt hast, einige Fragen zu beantworten. Wie fühlt es sich an, nun da euer neues Album auf dem Markt ist?

Hallo Jens, danke für euer Interesse! Es ist ein tolles Gefühl, endlich "Kingmaker" mit der Welt zu teilen. Wir haben sehr lange darauf gewartet, das Album endlich bekanntzumachen!

Auch wenn ihr nun schon eine ganze Weile aktiv seid, denke ich, dass einige Leser von POWERMETAL.de noch nicht mit euren Veröffentlichungen vertraut sind. Wie würdest du es beschreiben, worum es bei SCREAMER grundsätzlich geht? Was ist eure persönliche Auffassung von Heavy Metal?

Es lässt sich nicht leugnen, dass wir von Anfang an versucht haben, hart rockenden, melodischen und intensiven Heavy Metal abzuliefern, und das haben wir auch getan. Wir haben nicht unbedingt das Gefühl, dass wir uns darauf beschränken müssen zu versuchen, wie eine bestimmte Band zu klingen, denn unsere Grundinspirationen mit Twin-Leads und manchmal frenetischem Riffing sprechen für sich selbst. Wir können uns musikalisch breit aufstellen und an einem Tag hymnenartige Songs für die große Bühne entwickeln und am nächsten Tag an der Grenze zum Power Metal stehen. Die großen Mitsing-Refrains wird es aber immer geben, das ist mittlerweile zu so etwas wie unserem Markenzeichen geworden!

Wohl wahr! Und das ist ja auch eine eurer Stärken! Lass uns zu "Kingmaker" kommen, eurem mittlerweile fünften Werk. Was macht es deiner Meinung nach besonders?

Ich denke, wir haben endlich unsere eigene Identität gefunden, und zwar in so ziemlich jeder Hinsicht. Wir haben uns bisher bei jedem Album sicher gefühlt mit dem, was wir gemacht haben, aber jetzt haben wir auch das Handwerkszeug beisammen, um es auf natürliche Weise zu erreichen. Unser Hauptaugenmerk bei "Kingmaker" lag auf der Devise "keine Kompromisse!". Vor allem, wenn es um die Präsentation im Ganzen ging. Songwriting, Produktion und Albumcover spielten dabei alle eine gleich große Rolle, und wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Nach meinem Verständnis habt ihr mit "Kingmaker" das Spektrum, wie ihr Heavy Metal interpretiert, im Vergleich mit den früheren Alben erweitert und auch Zutaten aus Hard Rock und sogar Melodic Rock hinzugefügt. Es gibt einen noch stärkeren Fokus auf Harmonien und Melodien, ohne die Heaviness eures Stils zu beschneiden. Bin ich da auf der richtigen Spur oder liege ich daneben?

Du liegst hier ziemlich richtig, Jens. Das ist der Ansatz der Band von Anfang an gewesen. Im Laufe der Jahre kamen wir alle aus verschiedenen musikalischen Richtungen, aber im hart rockenden Heavy Metal haben wir uns alle zusammengefunden. Wir hatten nie den Wunsch, wie eine Tribute Band für einen der Titanen von einst zu klingen, sondern unsere gesammelten Einflüsse haben uns zu einer Essenz dessen geführt, was wir als rockige Musik betrachten. Und wir haben keineswegs das Gefühl zu stagnieren. Wir entwickeln uns weiter und sorgen dafür, dass Heavy Metal auch in den 2020er Jahren von Relevanz ist.

Das führt mich zu meiner nächsten Frage: Hat die Band eine Art Routine entwickelt, wie neue Stücke geschrieben werden oder ist das von Song zu Song ganz unterschiedlich?

Es gab im Laufe der Jahre viele verschiedene Ansätze. Während der Zusammenarbeit mit Gustav Hjortsjö als Produzent für unser letztes Album "Highway Of Heroes" haben wir wahrscheinlich den Weg gefunden, der bei weitem am besten funktioniert hat. Wir haben nicht mehr nur Songs gejammt, sondern richtige Demo-Aufnahmen gemacht und viel mehr darüber nachgedacht, was gut war und was nicht. Heutzutage machen wir sogar Songs, die es nicht auf das eigentliche Album schaffen. Das gab es früher so nicht, wir haben gelernt, uns von liebgewonnenen Songs zu verabschieden. Bei "Kingmaker" sind wir noch einen Schritt weiter gegangen und haben eigentlich mehr oder weniger wegen der Pandemie das ganze Album von verschiedenen Orten aus geschrieben. Dejan (Rosić / Gitarre; J.W.) und ich haben die grundlegenden Ideen gejammt, und dann ging es hauptsächlich darum, Ideen für die Gesangsparts mit Andreas (Wikström / Gesang; J.W.) online hin und her zu schicken. Als Jon (Jonathan Morheim / Gitarre; J.W.) im Sommer '21 zur Band stieß, was das Album so gut wie fertig, aber er hat dem Ganzen definitiv seinen Stempel aufgedrückt, als er bei der Fertigstellung des Albums half.

Mir ist aufgefallen, dass die Abfolge der zehn Songs auf dem Album sehr stimmig ist. Habt ihr darüber diskutiert, in welcher Reihenfolge ihr die Stücke auf "Kingmaker" haben wollt?

Für uns ist es sehr wichtig, dass wir dem Hörer das Gefühl geben, dass er während des Hörens des Albums eine Reise macht. Selbst wenn es sich um geradlinigen Rock'n'Roll handelt, sind die Dynamik und die verschiedenen Stimmungen in der Songreihenfolge umso wichtiger. Dann kommt der noch schwierigere Teil, bei dem man alles in eine Reihenfolge bringen muss, die auch auf einer zweiseitigen Vinylplatte funktioniert. Das kann man nicht über Nacht entscheiden. Haha!

Lass uns mal zum bemerkenswerten Artwork eures neuen Albums kommen. Ich schätze mal, dass es durchaus Raum für Interpretationen gibt. Kannst du uns verraten, was genau dargestellt ist? Und hat der Künstler von euch irgendwelche Vorgaben oder Anregungen bekommen?

Ich bin so froh, dass wir David Paul Seymour für "Kingmaker" weiterhin an Bord hatten! Er hat das Artwork für "Live Sacrifice" gemacht, und wir hatten sofort das Gefühl, dass er uns in eine neue und spannende Richtung führen kann. Auf dem Albumcover gibt es in der Tat eine ganze Menge zu interpretieren. Wenn man sich die Songs mit dem Textblatt in der Hand anhört und sich in das Reich unseres Demon Rider (unser Bandmaskottchen) begibt, ist es so ziemlich das, was unser Meinung nach zu sehen sein sollte. Es ist ein Konzept, das in Zukunft wahrscheinlich noch weiter ausgebaut werden wird. Es gab eine ziemlich lange Liste von Ideen, die mit dem Künstler hin und her diskutiert wurde, und ich vermute, dass sie beim nächsten Mal noch länger sein wird!

Es gibt einige sehr hymnische Stücke auf "Kingmaker", nicht zuletzt den Titelsong. Hattet ihr bereits die Möglichkeit, einige von den neuen Songs live zu spielen?

Ja, wir haben 'Hellfire' und 'Kingmaker' vor einiger Zeit auf unserer Herbsttour in Nordamerika ausprobiert. Sagen wir mal so, die Songs haben sogar noch besser funktioniert, als wir es uns je hätten vorstellen können. Die Leute haben mitgesungen, obwohl es das erste Mal war, dass jemand die Songs überhaupt gehört hat.

Mir ist aufgefallen, dass ihr in diesem Jahr wieder beim "Muskelrock"-Festival, das vom 1.-3. Juni in Schweden stattfindet, dabei seid. Was ist das bitte für ein Killer-Billing! Freut ihr euch darauf, Leute von anderen Bands zu treffen oder euch auch Gigs anzuschauen, falls ihr die Zeit dazu habt?

"Muskelrock" ist unser zweites Zuhause, und wir können es kaum erwarten, wieder dort zu spielen. Ich habe noch keine einzige Ausgabe des Festivals verpasst und hoffe, dass das auch nie passiert! Wenn wir nicht spielen, helfen Dejan und ich normalerweise aus und kümmern uns um die Technik auf der Bühne und in der Backline, oder wir begrüßen einfach einige der Bands, die noch nie dort waren, und zeigen ihnen das Gelände. Dieses Jahr werden EXCITER mit unserem langjährigen Freund Daniel Dekay wieder in der Stadt sein, was für eine Freude! Als sie das letzte Mal in Skandinavien waren, hatte ich das Vergnügen, mit ihnen auf Tour zu gehen und sie zu managen. Das waren tolle Zeiten! Dekay ist seit über zehn Jahren mit der Band befreundet, die Zeit vergeht wie im Flug, und hat 2012 sogar unsere erste Kanada-Tour gebucht. Letztes Jahr begleitete er uns sogar auf unserer Frühjahrstour in Nordamerika. "Endlich in einer Band mit dir und Dejan" war seine erste Reaktion, als er gefragt wurde, ob er für Jon einspringen könne, der in Elternzeit war. Haha!

Da wir gerade von Shows sprechen, habt ihr vor, in diesem Jahr Konzerte in Deutschland zu spielen? Ich durfte euch erst einmal live erleben.

Ja, es gibt eine europäische Release-Tour, die sehr bald angekündigt wird, und ich kann versprechen, dass wir kommen und uns in ganz Deutschland gut präsentieren werden!

Und dann noch eine letzte Frage: Was hat die Band noch vor? Gibt es irgendwelche Festivals oder Veranstaltungsorte, an denen ihr gerne mal spielen wollt? Gibt es irgendwelche großen Acts, für die ihr gerne mal den Support machen möchtet?

Unser Ziel ist es, für eine sehr lange Zeit musikalisch aktiv zu sein. Wir gehen es Schritt für Schritt an, und für dieses Jahr haben wir einen ziemlich guten Plan, mit Bands zu spielen, die etwas größer sind als wir, und dann haben einfach vor, es Jahr für Jahr zu steigern. Ich denke, wir würden nicht nein sagen, wenn HAMMERFALL oder AIRBOURNE anrufen und fragen, ob wir auf Tour gehen wollen, aber alles zu seiner Zeit!

Danke für das Interview, Henrik!

Herzlichen Dank. Denkt daran, "Kingmaker" laut zu spielen, damit es alle hören können!

 

Foto-Credits: Tom Johansson.


 

 

 

Redakteur:
Jens Wilkens

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