Ragnarök Festival - Lichtenfels

27.06.2025 | 23:09

24.04.2025, Stadthalle

Mit Großkalibern wie SATYRICON und BEHEMOTH zieht es die einstige Pagan-Hochburg weiter in Richtung Schwarzmetall.

Donnerstag

Met und Wikingerblut fließen zwar noch immer reichlich in Lichtenfels, Bands wie KORPIKLAANI oder THYRFING sind allerdings schon lange nicht mehr das Hauptzugpferd beim "Ragnarök Festival". Zwar ist der maskierte Black Metal anno 2025 gefühlt nicht ganz so stark vertreten wie im Vorjahr, dafür locken ROTTING CHRIST, BATUSHKA oder SAOR abwechselnd vor die beiden Bühnen der Stadthalle. Dazu dürfen die Düsterheimer EÏS gleich zweimal ran. Während es im Biergarten uriger zur Sache geht, locken im Infield alte Bekannte wie Wikingerspieß, Knobibrot und Brathahn statt Satan. Zur Verdauung geht's gerne beim Absinth-Stand vorbei, nur Helles ist leider schon am ersten Tag ausverkauft. Noch einen schönen Gruß sowie Dank an alle Mitstreiter und dann: Ab in die Halle!

Nach dem Startschuss der Todesblei-Brandenburger KILLING SPREE und den Schweizer Folk-Blackies CÂN BARDD wird es nach acht Uhr voll in der Halle. Die lange Schlange, die zuvor noch vorm Eingang stand, hat sich endlich nach drinnen gesellt, um ein Jubiläum zu feiern: Die Schwarzmetaller EÏS, vor 20 Jahren als GEÏST gegründet, bestreiten ihren ersten von gleich zwei Gigs an diesem Wochenende und dürfen als erste Band eine volle Stunde ran. Dafür wurde extra Ex-Sänger und Gründungsmitglied Klaus-Gerald alias "Cypher D. Rex" zurückgeholt, der nun in roten Hosenträgern mit 'Unter toten Kapitänen' und dem Überklassiker 'Galeere' loslegen darf. Basser und Bandkopf Flo a.k.a. "Alboîn" beschränkt sich heute größtenteils aufs Anfeuern sowie die Ansagen und hätte nicht gedacht, den alten Bandnamen je wieder live anzukündigen. Der heutige Schwerpunkt liegt selbstredend auf den ersten drei Alben und mit 'Winters Schwingenschlag' geht ein viel gefeierter Auftritt trotz 60 Minuten Länge viel zu schnell vorbei.

Die Baden-Württemberger IMPERIUM DEKADENZ dürfen danach "nur" 40 Minuten ran und lassen es mit 'Bis ich bin' anfangs erstmal etwas ruhiger angehen, ehe hinterm mit Köpfen verzierten Schlagzeug das Gaspedal wieder durchgetreten wird. "Ragnarök, erhebt euch", ruft Sänger Horaz, reckt seine Leder-Armstulpen in die Luft und schwingt die Haare auf der blau angestrahlten Bühne. Gitarrenduelle folgen, ehe nach einer halben Stunde schon das finale 'Striga' angekündigt wird. Schließlich können auch Songs von IMPERIUM DEKADENZ Überlänge haben und auf der neuen Ampel-Anzeige am Bühnenrand tickt gnadenlos die Zeit herunter. Wie beim überwiegenden Teil der diesjährigen Bands gibt es noch ein gemeinsames Abschlussfoto mit den Fans, dann geht es wieder rüber vor die linke Bühne.

Liegt es an IN THE WOODS, dass der Sound in der Stadthalle etwas klarer klingt als in den Vorjahren? Passt jedenfalls zum eingängigen, überwiegend mit Klargesang vorgetragenen Prog Metal der Norweger. Die wirken auf der etwas größeren Bühne dynamischer als eine Woche zuvor beim "Dark Easter" in München, wissen den weiteren Raum zu nutzen und bekommen dementsprechend auch gleich Applaus. Nebst ihrem erst jüngst erschienenen, neuen Album sind die Jungs wohl vor allem auf ihre dazugehörigen Video-Singles stolz. Gleich drei davon haben sie veröffentlicht, wie sie bei jeder Gelegenheit betonen und als erstes das mit einer Ohrwurm-tauglichen Melodie versehene 'A Misrepresentation Of I' folgen lassen. Im Publikum breiten sich vereinzelt seltsam psychedelisch anmutende Tänze aus, während auch schräge Komplimente wie "mit der Stimme kriegste die Frauen" zu hören sind. Mit der finalen, selbstbetitelten Bandhymne aus den Neunzigern zeigt Sänger Bernt Fjellestad aber auch, dass er das Keifen nicht verlernt hat. Alles in allem ein recht energiegeladener Auftritt.

Mit Gekeife und Melodien geht es anschließen auch bei den Schotten SAOR weiter, hinzu gesellen sich allerdings auch Blastbeats und der 13-Minüter 'Aura' zum Auftakt. Ergänzt wird das leckere Gemisch durch Backgroundsängerin Ella Zlotos, die abwechselnd auch zur Flöte und zum Dudelsack greift, ehe sie auf dem Podest neben den Drums weiterbangt. Der glatzköpfige Frontgrunzer Andy Marshall holt zu Songs wie 'Echoes Of The Ancient Land' alles aus der Stimme raus, die Fans klatschen bis zur letzten Reihe im Takt mit und bekommen Gitarrenduelle auf dem Schlagzeugpodest zu sehen. Schade nur, dass der Sound konträr zu den Melodien manchmal etwas rumpelt. Sei's drum, Dudelsack-Outro gefolgt von Jubel und noch einer Zugabe obendrauf. Lecker.

Den Abschluss am Donnerstagabend bilden dann die Mainzer Melodic-Schwarzmetaller AGATHODAIMON. Draußen vorm Burgerstand kommt vorher schon der obligatorische CRADLE-OF-FILTH-Vergleich, obschon die fünf Rheinhessen optisch eher etwas an alte DIMMU BORGIR erinnern. Natürlich ohne den ganzen Firlefanz und musikalisch zeigen sie schon seit den Neunzigern, dass sie ohne Keyboards härter ballern können. Pyros schießen in die Luft und in den inzwischen schon etwas gelichteten Reihen bangt auch ein Dinosaurierkostüm eifrig mit. Sänger Frank gestikuliert unentwegt und verkündet, "ein bisschen was aus Vergangenheit mitgebracht" zu haben. Gemeint ist 'Sfintit Cu Roua Suferintii' vom Debütalbum, das entsprechend bejubelt wird. Mit dem finalen 'Banner Of Blasphemy' entlässt uns das Quintett dann um ein Uhr nachts in Richtung Zeltplatzparty.


Text: Carsten Praeg

Fotocredits: Carsten Brand / Stefan Schumann

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