Ragnarök Festival - Lichtenfels
27.06.2025 | 23:0924.04.2025, Stadthalle
Mit Großkalibern wie SATYRICON und BEHEMOTH zieht es die einstige Pagan-Hochburg weiter in Richtung Schwarzmetall.
FreitagAm zweiten Tag setzen die französischen Black-Metaller HOULE mit ihrer permanent herumwuselnden sowie Öllampen-schwingenden Sängerin Adsagsona und dem Opener 'Sur Les Braises Du Foyer' ein erstes Ausrufezeichen. Während anschließend mit den Russen ULTAR die ersten Pandabären des Freitags aufwarten, kredenzen die Portugiesen DARK OATH um Frontröhre Sara Leitão episch-melodischen Death Metal. Dann werden schwarze Rollups hochgefahren und die rechte Bühne für TRYGLAV vorbereitet. Während Sänger und Mastermind Boris Behara unentwegt die Haare fliegen lässt, legen die Italo-Kroaten mit 'The Repentance' düster-oldschoolig los. Im Publikum gehen reihenweise die Teufelshörnchen hoch und zum Dank gibt's abschließend zu dröhnendem Bass noch ein gemeinsames Gruppenfoto.
Bei WOLFCHANT schießt der Drummer dann gleich während des orchestralen Intros ein Foto von der Menge, während seine Saitenkollegen freudestrahlend die Bühne betreten. Die bayrischen Folk-Metaller warten gleich mit zwei Sängern auf, die zum Opener 'Embraced By Fire' abwechselnd um die Wette röhren und die Fans eifrig zum Mitmachen animieren. Das kollektiv wiederholte "Hey!" folgt sogleich. Zu 'A Pagan Storm' wird die Stimmung noch weiter angefacht und der erste, kleinere Pogo-Pit des Tages bricht los. Gemeinsames Klatschen und hochgerissene Gitarren bei bester Partystimmung. Zu einem finalen Prosit verabschieden sich die Sankt Oswald-Riedlhüttler dann mit 'Never Too Drunk' recht passend zum Gesamteindruck.
Von Niederbayern in den Ruhrpott, genauer gesagt nach Gelsenkirchen, aber nicht weniger folkig und urig: BLACK MESSIAH-Geiger und Sänger Zagan lässt das Publikum den Song 'Wildsau' anhand eines von ihm hochgehaltenen T-Shirts erraten und schmeißt selbiges sogleich in die jubelnde Menge. Sofort kommt Bewegung in die vorderen Reihen und die Party kann weitergehen. Die anfangs akustisch etwas schwankende Bassdrum bollert immer mehr und begräbt zwar vor allem die Keyboardklänge unter sich, die Reaktionen vor der Bühne sind dennoch frenetisch. Erstmals gibt's 'The Walls Of Vanaheim' live auf die Ohren, während die Anhänger das abschließende 'Sauflied' inbrünstig mitgrölen. Na dann Prost!
Nun segeln die Langschiffe noch weiter in Richtung Norden: Mit in die Luft gereckten Pommesgabeln betreten die Niedersachsen ASENBLUT zu 'Berserkerzorn' die mit Wikingerschilden verzierte Bühne. Nicht nur Nebelfontänen und Feuerbälle schießen in die Luft, Frontsau Tetzel heizt den Fans gleich mal mit einem Flammenwerfer im Takt ein. Nach einem engen Shirt vor zwei Jahren zeigt der Hüne von einem Sänger diesmal mehr von seinem durchtrainierten und nur von einem Schulterpanzer bedeckten Oberkörper. Mit einem trockenen "hallo Ragnarök" begrüßt er das Publikum, kündigt 'Seite an Seite' an und lässt die Menge die Zeilen vollenden. Der Sound rumpelt anfangs zwar noch mehr, sei's drum: Tetzel reißt eines der Schilde hoch und mimt den perfekten Berserker. Für Odin!
Dann wird es Zeit für die Rheinländer SUIDAKRA, die sich in den zurückliegenden Jahren ziemlich rar in Sachen Live-Auftritte gemacht haben. Entsprechend lautstark werden die Monheimer in der Stadthalle begrüßt. "Habt ihr Lust?", fragt Fronter und Bandnamensgeber Arkadius, um melodischen Death Metal mit Folk-Einschlag folgen zu lassen. Zu 'Stone Of The Seven Suns' wird Sängerin Tina auf die Bühne geholt und 'Dead Man's Reel' hinterhergeschoben. Arkadius präsentiert sich als ziemliche Quasselstrippe, erkundigt sich nach dem Ermüdungszustand des Publikums, lobt die Stimmung und lässt die Menge im Takt auf und ab springen. Crowdsurfer und ein Circle-Pit runden das langersehnte Wiedersehen ab.
Abends um halb neun ist die Stadthalle dann erstmals nicht nur bis in die allerletzte Reihe, sondern bis hoch auf die Sitztribüne knüppelvoll. Die Grazer ELLENDE lassen es mit 'Freier Fall' zunächst etwas ruhiger angehen, drücken das Gaspedal mit ihrem leicht postigen Schwarzmetall dann aber auch schnell durch. Der mit Knochen behangene Bandkopf Lukas Gosch alias L.G. steigt immer wieder auf die Monitorboxen, gestikuliert und feuert die Fans an, verzichtet ansonsten abgesehen von einem kurzen "Dankeschön" oder "auf euch" aber weitgehend auf Ansagen. Stattdessen stehen Songs wie 'Der Blick wird leer' zu Strobolichtgewitter für sich, was der Stimmung vor der Bühne keinen Abbruch tut.
Dann ist es endlich Zeit für die allererste maskierte Black Metal-Band des diesjährigen Ragnaröks, was bislang tatsächlich auffallend zu kurz kam. Die russischen Baummasken GRIMA entern die Bühne und legen mit 'Giant's Eternal Sleep' amtlich los. Quasi das ULTAR-Nebenprojekt, obwohl es ja eigentlich umgekehrt ist und GRIMA schon länger existiert. Sänger Vilhelm hantiert mit Totenkopfstab, während neben Nebelfontänen auch Schneekanonen abgefeuert werden. Songs wie 'Beyond The Dark Horizon' ballern recht ordentlich aus den Boxen, lassen aber auch ruhigere Parts nicht vermissen. In der übrigen Halle wird es derweil nicht leerer. Eine tiefe Verbeugung zum Abschluss, dann ist's auch schon viel zu schnell vorbei mit dem russischen Düsterwald.
Ein paar Minuten früher als erwartet stürmt anschließend die Partytruppe des Tages auf die linke Bühne: Die Humpa-Finnen KORPIKLAANI legen mit 'Rankarumpu' amtlich los und sorgen von der ersten Sekunde an für gute Stimmung. Akkordeonspieler Sami und Geiger Olli wirbeln breitgrinsend wie die Irrwische über die Bretter, während Sänger Jonne mit Zylinder abwechselnd zur Trommel oder auch mal selbst zur Gitarre greift. Lange auf sich warten lässt der Partyhit 'Saunaan' natürlich nicht, zu dem dann gleich mehrere kleine Moshpits ausbrechen. Dazu gibt es im Publikum ganz individuelle Tanzeinlagen bis auf die Tribüne hoch. Die sechs Jungs zeigen, dass sie noch lange nicht zu alt zum Feiern sind und setzen zu guter Letzt mit 'Vodka' einen angemessenen Partyschlusspunkt.
Währenddessen werden nebenan hinterm Vorhang schon die ersten Kerzen angezündet, um den darauffolgenden optischen Höhepunkt des Tages angemessen vorzubereiten: Die polnischen Mönche BATUSHKA – in jener Version von Krzysztof Drabikowski, die andere Hälfte hat sich nach dem Split und einem jahrelangen Namensstreit inzwischen in PATRIARKH umbenannt. Neben dutzenden von Kerzen zieren Kelche, Gemälde von orthodoxen Heiligen und ein in Tuch eingehüllter Sarg die rechte Bühne. Die sieben in Mönchskutten gehüllten Maskierten lassen nahezu unbewegt das Gesamtbild wirken und präsentieren atmosphärische Songs wie 'Pesn' zweiter und dritter Teil. Bewegung kommt auf, wenn sie Weihrauch verteilen oder Weihwasser ins Publikum spritzen. Nach rund einer Dreiviertelstunde ist die wie immer viel bestaunte Düstermesse dann vorbei.
Mit noch mehr Geblaste geht der Abend anschließend zu Ende. Angelehnt an alte Expeditionsforscher betreten die Würzburger ANTRISCH mal mit alten Mützen und Westen, mal mit Ledermänteln und Steampunk-Sonnenbrillen die passend zum Echolot düsterblau angestrahlte Bühne. Nebelfontänen, Schneekanonen, ein würdiger Tagesabschluss.
Text: Carsten Praeg
Fotocredits: Carsten Brand / Stefan Schumann
Hier geht es zum Samstag.
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