Rock Hard Festival 2014 - Gelsenkirchen
24.07.2014 | 22:0306.06.2014, Amphitheater
Wie auch in den vergangenen Jahren war ein fleißiges, glückliches und schwitzendes Team der Redaktion in Gelsenkirchen beim Rock Hard Festival 2014 vor Ort.
ROCK HARD FESTIVAL - TAG 3
IRON SAVIOR (12:00 - 12:40)
Der letzte Tag auf dem Rock Hard Festival beginnt nicht nur bei mir mit einem sauren Aufstoßen. Wenn man im Festivalheft IRON SAVIOR als "eine der besten deutschen Power-Metal-Bands" ankündigt, frage ich mich ernsthaft, warum die Sympathisanten um Piet Sielck einen Slot innehaben, der eigentlich Newcomern bestimmt ist. Acht aussagekräftige Alben in der Diskographie sprechen eine andere Sprache. Generell ist in diesem Jahr der Power Metal eher spärlich abgedeckt und die einzige Band dieses Sektors spielt dann zu dieser unchristlichen Zeit.
Zu allem Überfluss nähert sich kurz vor Beginn das zweite Unheil: Nachdem wir am vorherigen Tag ein fabelhaftes Festivalwetter genossen durften, beginnt es bei IRON SAVIOR wie aus Kübeln zu gießen. Das lockt natürlich eine große Menge vor die schützende Überdachung vor der Bühne. Doch eine der besten deutschen Power-Metal-Bands (!) macht das Beste aus ihrer 40 minütigen Situation und gibt Vollgas. Mit dem neuen Rundumschlag "Rise Of The Hero" und einem bestens aufgelegten Frontmann trotzen Brecher wie 'Last Hero', 'Starlight', 'The Savior' und 'Condition Red' dem schlechten Wetter. Man hätte auf Piet vertrauen dürfen, als er sagte, dass das Unwetter bald vorüber sei. Mit Aushilfsklampfer Jan Bertram (PARAGON) freut sich das wetterbedingt zusammenkauernde Publikum auf tolle Riffs, einen guten Sound und Hamburger Urgesteine, denen es enorme Freude macht, dem Ruhrgebiet die Leviten zu lesen. Mit lustigen Mitsingspielchen bei 'Heavy Metal Never Dies' ("Gelsenkirchen, geht das noch leiser?") und ehrlich gemeinten Danksagungen an das tapfere Publikum beendet IRON SAVIOR letztendlich mit dem Kracher 'Atlantis' ihr Set und geht freudestrahlend vor der Bühne. Und Nostradamus Sielck hat Recht behalten: Der Regen hat aufgehört, die Wolken haben sich verzogen und die Sonne zeigt sich von ihrer besten Seite. Tja, hätte, hätte Fahrradkette, doch hätte man IRON SAVIOR einen deutlich besseren, längeren Slot gegeben, wie sie es eigentlich verdient hätte, hätte man sie bei strahlendem Sonnenschein genießen dürfen.
[Marcel Rapp]
BLUES PILLS (13:00 - 13:40 Uhr)
Mit BLUES PILLS hat das Rock Hard das momentan wohl heißeste Eisen im Hard Rock-Business an Bord geholt. Bislang beruht ihr Ruf hauptsächlich auf ihren herausragenden Livegigs, deren ich selber auch schon zwei besuchen durfte. Deshalb ist mir schon vor dem Festival klar, wer hier als mein persönlicher Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen wird. Und so kommt es dann auch. Schon beim ersten Ton fällt der brillante Sound auf, der eine Menschenmasse in das Amphitheater zieht, die man sonst nur zu Abendstunde hier findet. Klar, jeder will zumindest mal einen Blick auf den Hype der Stunde und seine sexy Sängerin werfen, um vielleicht hinterher gepflegt gegen "retro" zu wettern und Blondinenwitze machen zu können.
Aber BLUES PILLS ist etwas Besonderes. Es scheint, als hätte diese Band schon seit ihrer frühen Kindheit den Blues geatmet. Es gibt selten Gruppen mit einem derartigen Gefühl für Harmonik, Dynamik und Musikalität, noch seltener welche, die in jungen Jahren schon so aufeinander eingespielt sind. Ich bin tatsächlich einmal mehr fasziniert.
BLUES PILLS spielt keinen gewöhnlichen Blues-Rock. Es sind meist sehr groovige, fast tribal-artige Rhythmen, welche zwei Ausnahmemusikern Tür und Tor zum Ausspielen ihres Könnens öffnen. Dies ist zum einen 'High Class Woman' Elin Larsson, die über eine kraftvolle und dennoch wunderschöne Rockstimme verfügt. An ihrer Seite ist es aber vor allem der mittlerweile immerhin schon achtzehnjährige Gitarrist Dorian Sorriaux, der hier alle mit seinem Spiel in seinen Bann zieht. Denn Jubel kommt auch von den obersten Rängen und hintersten Winkeln auf, wenn er seine gefühlvollen Soli zelebriert, dabei spielend seine Sounds variiert und für jede Stimmung den passenden Ton findet. Schüchtern und geschmeidig wirkt er, in seine Musik vertieft, wie ein richtiger Künstler, doch seine Hard Rock-Riffs sind messerscharf. Als dann das Bluesrock-Groovemonster 'Devil Man' kommt, das bekanntlich von Elin allein im alten Janis Joplin-Stil eingeleitet wird, gibt es für mich einfach kein Halten mehr. Was für ein krasser, was für ein genialer Song, dieser Groove, diese Stimme, willkommen Gänsehaut! Mir wird eiskalt trotz Bullenhitze.
Mit BLUES PILLS hat sich Nuclear Blast einen musikalischen Lionel Messi großgezogen. Der Karriereweg führt also unaufhaltsam steil nach oben. Jetzt kommt das Debütalbum im Juli. Ob man die Liveenegie dort einfangen kann? Selten erwarte ich Musik mit mehr Spannung.
Setlist: High Class Woman, Ain't No Change, Dig In, No Hope Left For Me, Black Smoke, Devil Man, Astralplane, Little Sun
ORPHANED LAND (14:05 - 14:50 Uhr)
"We're ORPHANED LAND from Isreal, alles klar? Shalom!" Mit diesen Worten stellt Sänger Kobi seine Band vor und läutet nach BLUES PILLS direkt das nächste musikalische Highlight ein. ORPHANED LAND war nach dem Topalbum "Mabool", welches demnächst sein Zehnjähriges feiert, ein gern gesehener Gast auf Festivals, versank dann aber ein Zeitlang im Schatten und zumindest ich habe den Anschluss verpasst. Fehler. Denn es hat sich einiges getan bei den kosmopolitischen Isrealis. Sie sind wieder voll im Geschäft und ihr aktuelles Album "All Is One" wurde überall wohlwollend bewertet. So kommt es, dass wir mit ORPHANED LAND heute auch gleich die proggigste Band des Festivals hören.
Nicht umsonst ist Meister STEVEN WILSON Fan dieser Orient-Metaller. Die neueren Songs von "The Never Ending Way Of ORwarriOR" (2010) und vor allem "All Is One" wirken zumindest hier auf dem Festival deutlich epischer und artrockiger als die eher verschachtelten Progmetal-Exkursionen von "Mabool", was es sicher einfacher macht, die Band neu zu entdecken. Und so geht das Publikum auch hier ziemlich freudig mit den sakral gekleideten Israelis um, auch auf den hinteren Rängen. Kobi, dessen Gesang mich immer wieder an der Norweger Jan-Hendrik Ohme (GAZPACHO) erinnert, erzählt, wie viele Fans die Band aus dem arabischen Raum hat, und dass dies weder auf politischen noch auf religiösen Aktionen basiere, sondern "lediglich" der Sprache der Musik entspringe. "Ist Metal dann nicht die beste Religion"? fragt er und holt später tatsächlich noch einen gestandenen Recken des Teutonenstahls als Gast und Bruder auf die Bühne: BLIND GUARDIANS Marcus Siepen. Gemeinsam intonieren sie 'Brother', eine Ballade, die sicher als großer Moment des Festivals in Erinnerung bleiben wird. Ganz viel Stimmung wird auch mit den "Mabool"-Liveklassikern 'Birth Of The Three' und dem abschließenden 'Norra el Norra' geboten, bei denen jeder vor der Bühne singt, tanzt und springt. Der nahe Osten wird nach Gelsenkirchen verlegt, sehr toll! Gute Nachricht wird demjenigen verkündet, dem dies gefallen hat: Es wird eine Tour zum "Mabool"-Jubiläum geben, und zwar zusammen mit BLIND GUARDIAN. Shalom, ihr Barden!
Setlist: All Is One, The Simple Man, Barakah, The Kiss of Babylon (The Sins), Brother, Birth of the Three (The Unification), Let the Truce Be Known, Norra el Norra (Entering the Ark)
[Thomas Becker]
Zugegeben, ich konnte erst mit dem letzten Album "All Is One" wirklich tief in die Welt der Israelis eintauchen, sodass ich im Vorfeld entsprechende Erwartungen an den Auftritt der Jungs hatte. Doch auch bei ihrem zweiten Auftritt auf dem RHF macht ORPHANED LAND unter warmen Bedingungen eine tolle Figur. Gemeinsam mit BLIND GUARDIAN-Gitarrist Marcus Siepen bringen die Herren um Kobi Farhi eine ungemein homogene Mischung aus Härte, wunderschönen Melodien und authentischem Orient-Charme nach Gelsenkirchen. Durch den tollen Sound und der Hingabe der Band kommen Klangexemplare wie 'The Simple Man', 'Barakah', 'The Kiss Ob Babylon' und 'Let The Truce Be Known' vollends zur Geltung. Mein persönliches Highlight entpuppt sich sowohl live als auch auf Platte als 'Brother', das mit ungemein viel Herzblut vorgetragen wird. Auch wenn die Sonne durch den orientalischen Hauch scheinbar heißer denn je brennt, weiß ORPHANED LAND doch zu überzeugen. Zu guter letzt stimmt 'Norra El Norra (Entering The Ark)' auch alteingesessene Fans der Combo glücklich und bringen mich zu dem abschließenden Urteil, dass das ein rundum guter Auftritt war.
[Marcel Rapp]
INSOMNIUM (15:15 - 16:00 Uhr)
Es ist nicht leicht, aus den Schatten der großen Brüder zu treten. Die Finnen von INSOMNIUM haben lange gebraucht, um ihren eigenen Pfad durch den finnischen Schnee zu trampeln. Lange hielten sie nur den Rock-Zipfel von AMORPHIS, dann durften sie für sie den Vorhang heben, nun stehen sie auf eigenen Füßen.
Mit dem dunklen, epischen Album "Shadow Of The Dying Sun" haben sie für Diskussionsstoff gesorgt. Fakt ist: Man kann sich in der Musik verlieren. Die einen, weil sie sich sanft in die zuckersüße Lakritze betten, ja, fallen lassen, die anderen, weil sie vor Langeweile Elche zählend in ruhigen Schlaf fallen. Beides bietet sich an diesem hochsommerlichen Nachmittag natürlich nicht an. Um es vorsichtig auszudrücken: INSOMNIUM erwischt keinen guten Auftritt. Gitarren fallen aus, werden mal leiser, mal lauter, die Playback-Synthies entwickeln ein Eigenleben. Die Spielfreude der Finnen wird dadurch kaum getrübt, die Freude der Zuhörer leider schon. Überhaupt: Das Abspielen von Synthies, Beats und (möglicherweise) weiteren Gitarrenspuren ist ein Unding. Das Ergebnis kann nie so gut wie auf Platte sein und wirkt darüberhinaus maximal steif (siehe die REITER am Vortag). Wie es besser geht, zeigen die alten Helden von ANNIHILATOR oder die 70ies-Puristen der BLUES PILLS auf dem Rock Hard. Aber gut. Nicht alles ist falsch, für vieles entschädigt das schön dargebotene 'Unsung' vom starken "One For Sorrow". Am Schluss bin ich mit mir selbst ziemlich einig: Während AMORPHIS viele tolle Festival-Auftritte hingelegt hat, gehört der kleinere Bruder nicht ins sonnige Freie. Außer, die Apokalypse kommt. Dann wäre das der perfekte Soundtrack.
MONSTER MAGNET (16:30 - 17:40 Uhr)
Space Lord, Motherfucker! Die goldenen Neunziger, meine Jugend. 'Space Lord' war damals und ist heute noch einer der ganz großen Tanzflächenfeger, mit 'Killing In The Name Of' und 'Smells Like Teen Spirit' vielleicht sogar der mit der größten Blaue-Flecken-Garantie. Und ich finde es toll, auf dem Rock Hard-Fest eben auch immer wieder diese Art der alten Helden hören zu dürfen und nicht nur die großen Metal-Nummern.
Bevor man sich jedoch bei 'Space Lord' verausgaben kann, weht erstmal eine steife Brise psychedelischer Wüstensounds durch das Rund. Die Beschreibung passt, denn auf staubtrockene Riffs folgen immer wieder effektbeladene Wabersounds und die Stimme hat so viel Hall und Delay auf dem Mikro, dass man denkt, Mr. Obercool Dave Wyndorf schwebe durch das Amphitheater. Nun, er ist sicher nicht der begnadetste Sänger des Erdball, setzt seine Stimme und die Effekte jedoch sehr geschickt ein.
Auf Basis meiner Schilderung wird der Kenner sicher schon herauslesen, dass MONSTER MAGNET sich bei der Songauswahl auf ihre Frühneunziger-Alben ("Superjudge", "Spine Of God", "Dopes To Infinity" und natürlich "Powertrip") fokussiert, die die Band in deutlich experimentellerem und spacigerem Soundgewand zeigt als auf den späteren Heavy-Rock-Scheiben. Und wenn man ehrlich ist: so weit weg ist dieser MONSTER MAGNET-Sound nun nicht von heute sehr gelobten Bands wie AMPLIFIER oder CRIPPLED BLACK PHOENIX! Im Gegensatz zu diesen macht MONSTER MAGNET hier und heute jedoch live vor allem eines und das ist rocken! Zu diesen Grooves muss man sich einfach bewegen! Und trotz der unbarmherzigen Sonne tun das viele, wirklich viele! Auch für mich gibt es dann am Schluss kein Halten mehr als es heisst: Aaaaaaaaaaah, Space Lord, MotherFUCKER. Genauso heisst es. Da besteht Dave Wyndorf drauf.
BLUES PILLS, ORPHANED LAND, MONSTER MAGNET, was für ein Tag bisher. Und jetzt steht ANNIHILATOR an. Metal. Eine Stunde Ausdauersport für die Nackenmuskulatur. Oder, Marcel?
Setlist: Superjudge, Medicine, Nod Scene, Twin Earth, Dopes to Infinity, Tractor, Last Patrol, Look to Your Orb for the Warning, Powertrip, Space Lord
[Thomas Becker]
ANNIHILATOR (18:10 - 19:20 Uhr)
Die Kanadier kommen, sehen und siegen auf ganzer Linie. Später sollten einige von einem der besten Auftritte auf dem RHF der letzten Jahre berichten. Doch was sind die Gründe für den absoluten Siegeszug von ANNIHILATOR? Erstens ist es die unbedingte Spielfreude, mit denen allen voran Springinsfeld Jeff Waters glänzt. Der "Mann der hundert Fratzen" hat scheinbar immer gute Laune und auch am späten Sonntagnachmittag keine Scheu, diese dem Publikum in jeder erdenklichen Minute zu demonstrieren.
Zweitens ist der Sound ungemein druckvoll und klar, die Band spielt ihr Set locker flockig herunter und hat darüber hinaus richtig Lust, dem gesamten Amphiteater akustisch den Arsch zu versohlen. Drittens kommt aus Kanada auch eine ungemein geniale Setliste daher. Stücke wie 'King Of The Kill', 'Set The World On Fire', 'Alison Hell' und 'I Am In Command' werden textsicher mitgegrölt und mit energischem Headbangen zelebriert, neue Songs der Marke 'Deadlock', 'No Way Out' sowie 'Smear Campaign' schmiegen sich bestens ins bisherige Songgefüge und geben dem Auftritt die nötige Würze. Auch wenn persönliche Highlights wie 'Never Neverland' und 'Phantasmagoria' außen vor gelassen werden, blickt die ANNIHILATOR-Mannschaft am Ende auf ein ausgepowertes aber glückliches Publikum. Wer zum ersten Mal auf dem RHF landet und die Massen dermaßen in Grund und Boden spielt, darf doch sicherlich bald wiederkommen, nicht wahr, liebes Rock-Hard-Team?
TESLA (19:50 - 21:00 Uhr)
Und nochmals die güldenen Neunziger. Lustig, "Five Man Acoustical Jam" habe ich neulich erst bei der Besprechung des aktuellen EPITAPH-Akustikalbums lobend erwähnt. Und nun stehen die Urheber dieses kleinen Live-Denkmals vor mir. Doch die Erwartungen sind ähnlich niedrig wie der Blutzucker nach stundenlangem Sonnenzappeln. TESLAs Zeit scheint schon so lange vorbei und die ersten Songs 'I Wanna Live' und 'Hang Tough' wecken auch keine Lebensgeister.
Zudem ist es nach den krass coolen ANNIHILATOR relativ leer und ruhig. Etwas Komisches ist zudem mit Jeff Keiths Stimme zugange, es klingt nämlich so, als habe er Kermit, den Frosch verschluckt. Doch auch hier ist der Sound gut und die Band gibt sich sehr agil und spielfreudig auf der Bühne, und die Laune hebt sich bei 'Heaven's Trail (No Way Out)', einem der vielen "Acoustical Jam"-Hits, die dann vor allem in der zweiten Hälfte des Sets gespielt werden. Ja, 'Gettin' Better', 'The Way It Is', 'Sings' und vor allem 'Modern Day Cowboy', das macht schon Spaß und es wäre unfair, TESLA dafür zu bestrafen, dass alle Bands zuvor so geil waren, dass ich mich dort voll verausgabt habe. Ich höre diese Mini-Klassiker also aus der Ferne von einem Schattenplatz aus und mag es. Marcel, wie hast Du TESLA erlebt?
Setlist: I Wanna Live, Hang Tough, Heaven's Trail (No Way Out), Mama's Fool, Into the Now, MP3, The Way It Is, What You Give, Signs, Love Song, Gettin' Better, Modern Day Cowboy, Little Suzi, Cumin' Atcha Live
Nun, Thomas, ich finde die zwei, drei Songs (ich glaube, ich habe 'The Way It Is' und 'What You Give' erlebt) wirklich sehr nett und passend zu diesem sonnigen Wetter. Trotzdem reißt der Auftritt mich nicht gerade vom Hocker. Nebenbei ist, meiner Meinung nach, der Status des Sonntag-Co-Headliners für TESLA etwas überbewertet.
TESTAMENT (21:30 - 23:00 Uhr)
Ob TESTAMENT nun ein würdiger Ersatz für die ausgefallenen Jungs von MEGADETH ist, möchte ich jetzt nicht entscheiden. Sicher ist jedoch, dass die Formation (of Damnation) um Chuck Billy definitiv den Status innehat, das RHF am Sonntagabend zu headlinen. Doch bevor der Bay Area die Grundmauern des Amphiteaters erschüttert, kündigt Herr Stratmann mit OVERKILL die erste Überraschung für die 2015er Auflage des Festivals an. Der Jubel ist groß, die Stimmung gut, die letzten Sonnenstrahlen werden vernommen und nach einem kurzen Intro betritt die Thrash-Legende mit Pauken und Trompeten die Bühne.
Am Anfang darf sich der Auftritt mit dem Zertifikat "mächtig" schmücken: Ein gut gelaunter Chuck Billy brüllt Gelsenkirchen in Grund und Boden, Gene Hoglan verprügelt sein Drumkit wie ein Weltmeister und dass DiGiorgio eh zu den besten Saitenzupfern seines Fachs gehört, steht außer Frage. Songs wie 'Rise Up', 'The Preacher', 'More Than Meets The Eye' und 'True American Hate' erwecken den inneren Schweinehund und werden mit Inbrunst und Schmackes ins Publikum gepfeffert. Doch warum diese Macht dann allmählich schwindet, weiß wohl keiner. Die Drums und Vocals werden immer lauter, wohingegen man von der Rythmusgitarre Petersons nicht viel mitbekommt. Wenn zudem Chuck mit einigen Texthängern kämpft, kommen Meisterstücke wie 'Into The Pit', 'The New Order' und 'Over The Wall' nicht ganz so druckvoll rüber wie sie es eigentlich sollten. Doch die Menge vor der Bühne scheint das nicht zu kümmern und feiert die Crème de la Crème der amerikanischen Thrash-Szene lautstark ab. '3 Days In Darkness' und 'The Formation Of Damnation' beenden schließlich einen Auftritt, der zwar stark begann, aber auch leicht nachließ. Besser als der 2008er Gig ist der heutige aber allemal. Mit einem besser aufgemischten Sound wäre jedoch aus diesem "nur" guten Auftritt ein denkwürdiger geworden.
[Marcel Rapp]
- Redakteur:
- Nils Macher