SAXON - München

24.11.2014 | 11:26

20.11.2014, Backstage

Eine besondere Setlist zum 35-jährigen Bestehen!

Wobei es ja eher zum 35-jährigen Jubiläum der Aufnahmekarriere der Briten ist. 1979 kam das selbstbetitelte Debüt auf den Markt, aber das ist ja wohl auch Anlass genug. Jedenfalls kommt SAXON nochmal zwischen den Alben auf Visite und bringen dazu noch zwei Gastbands mit.

Den Anfang macht HALCYON WAY. Die US-amerikanische Band hat leider schon angefangen, als ich den Saal betrete, da ich wegen eines Interviewtermins nicht pünktlich sein kann. Aber ich sehe und höre noch immerhin zwanzig Minuten, die mich durchaus überzeugen. Die Band spielt gut zusammen und ist sehr abwechslungsreich. Jeder der Musiker singt auch. Dadurch erhalten alle Songs ihre eigene Note, das große Verbindungsglied sind die starken Refrains, die schon das letzte Album, auf dem wohl ein Hauptaugenmerk liegt, auch bei uns im Review wie auch im Soundcheck zu viel Lob geführt haben. Sicher, ein paar verwunderte Blicke zieht Bassist Skyler Moore auf sich, wenn er tiefe, gutturale Growls einstreut, aber insgesamt ist das mehr als ordentlich. Das Publikum ist auch angetan und HALCYON WAY erhält ordentlich Applaus. Eine junge Band zwar, aber eine, die sich sichtlich wohl fühlt auch in dieser etwas größeren Halle, und souverän mit dem Publikum kommuniziert, viel Bewegung zeigt und die Chance nutzt, sich positiv zu präsentieren. Dass sie einen guten Sound haben, rundet die starke Vorstellung ab. Wenn sie wiederkommen, empfehle ich: Ansehen.

Nach einer kurzen Umbaupause kommt mit SKID ROW eine ziemliche Hausnummer für einen Opener. Ich meine ja, dass diese Kapelle außer den ersten beiden Alben nur Mittelmaß abgeliefert hat, und obendrein habe ich noch den Sebastian Bach-Gig auf dem "Bang Your Head" in Erinnerung, bei dem ich schon nach kurzer Zeit vor dem Gekreische des ehemaligen Frontmannes geflohen bin, da er selbst die Hymnen ziemlich verunstaltet hatte.

Heute also zumindest mit einer hoffentlich besseren Songauswahl, denn an die besagten beiden Alben von 1989 und 1991 sind eine ganz andere Klasse als die Soloalben Bachs. Um die Temperatur hoch zu halten geht es auch gleich mit dem Titelsong des zweiten Albums los. Dass der Song ein Brecher ist, weiß im Saal jeder, und SKID ROW feuert den Gassenhauer gekonnt ins Rund des Backstage-Werks. Der zweite Sänger Johnny Solinger kreischt zwar auch wie Bach, aber so wie auf den Alben. Also gut. So bin ich durchaus angetan. Die Band scheint Spaß zu haben an dem simplen, aber effektiven Glam 'n' Punk der Band. Besonders Bassist Rachel Bolan macht dicke Backen und Gitarrist Scotti Hill zieht häufig Grimassen. Sehr unterhaltsam und zusammen mit den einfachen, aber in die Beine gehenden Songs auch ein genauso simples, wie effektives Erfolgsrezept.

Auch SKID ROW feiert Jubiläum, denn das Debütalbum ist auch bereits 25 Jahre alt. '18 To Life' in der Mitte des Sets ist der erwartete Publikumsliebling, 'Monkey Business' und 'We Are The Damned' tun ein Übriges. Dass sie sich allerdings ausgiebig feiern lassen und obendrein dauernd mit "Metaltalk" angeben, wirkt irgendwo zwischen künstlich und peinlich. Aber egal, 'Youth Gone Wild' sorgt genau dafür... oder würde es, aber so viel "youth" ist natürlich nicht im Saal. Macht aber nichts, rockt trotzdem fett. Guter Auftritt mit einer guten Gesangsleistung Johnny Solingers.

Doch der Hauptact ist SAXON. Um Viertel nach Neun geht es los und die gesetzten Herren von der Insel legen nach einem AC/DC-Intro mit 'Motorcycle Man' gehörig los. Die Idee dieser Tour ist, auch mal ein paar Songs zu spielen, die sonst nicht auf der Setliste stehen, während natürlich einige der unsterblichen Klassiker eben mal im Köcher stecken bleiben müssen. So folgt mit 'Sacrifice' tatsächlich der einzige Song vom aktuellen Album, was die Tatsache des Besonderen unterstreicht.

Mittelpunkt der Show ist wie immer Sänger Biff, der das Publikum fest in der Hand hat. Kurze, effektive Ansagen, ansonsten lässt die Band die Musik sprechen. Das ist natürlich ein Heimspiel, hier freut sich der Saal über jedes Lied, auch wenn die ausrastende Meute auf den Part direkt vor der Bühne beschränkt ist. Der Rest kennt SAXON bereits auf früheren Jahren und genießt die Show, die sich immerhin zu etwa der Hälfte von den Songs der "Sacrifice"-Tour vor einem Jahr unterscheidet. Dass es allerdings ein Langweiler wie 'I've Got To Rock (To Stay Alive)' auch auf so einer Tour wieder auf die Setlist geschafft hat, ist mir unverständlich. Dafür gibt es mit 'And The Bands Played On' einen selteneren Gast zu hören, gefolgt von 'Frozen Rainbow' vom Debütalbum. Das ist ein wirklich selten gehörtes Lied, dass allgemein genossen wird. Ich freue mich darüber besonders, denn obwohl ich SAXON schon so einige Male gesehen habe, ist das ein Debüt für mich. Ein ganz großartiger Song und der Höhepunkt des 1979er Albums.

Auch die folgenden 'Suzie Hold On' und 'Demon Sweeney Todd' vom "Into The Labyrinth"-Album sind ebenfalls Überraschungen der positiven Art. 'The Eagle Has Landed' legt nach. Die Stimmung könnte nicht besser sein. Dass Biff mit auf die Bühne geworfenen Kutten Spaß hat, zeugt von Fannähe. Gleich zwei davon probiert er an. Dem sympathischen Fronter nimmt man den Metaller absolut ab, er macht eine authentische, überzeugende Figur in Denim And Leather.

Der Rest des Gigs besteht dann natürlich aus Klassikern, ohne die ein SAXON-Gig nahezu undenkbar ist. 'Crusader', 'Princess Of The Night', '747 (Strangers In The Night)' und als Zugaben 'Wheels of Steel' und 'Denim and Leather', da kann nichts schief gehen. SAXON haben wieder überzeugt, und auch wenn man sicher sogar noch mehr in die Trickkiste hätten greifen können, ist diese Setlist außergewöhnlich genug, um einen Besuch zu rechtfertigen, selbst wenn man die Band auf der letzten Tour gesehen hat. Wobei: SAXON ist immer einen Besuch wert. Die Jungs leben Heavy Metal absolut glaubwürdig und unterhalten wirklich immer bestens. Chapeau.

Setlist: Motorcycle Man, Sacrifice, Power and the Glory, Solid Ball of Rock, Lionheart, Strong Arm of the Law, I've Got to Rock (To Stay Alive), And the Bands Played On, Frozen Rainbow, Heavy Metal Thunder, Suzie Hold On, Demon Sweeney Todd, The Eagle Has Landed, To Hell and Back Again, 747 (Strangers in the Night), Crusader, Princess of the Night, Encore: Wheels of Steel, Denim and Leather

Redakteur:
Frank Jaeger

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