SUMMER BREEZE 2025 - Dinkelsbühl
16.09.2025 | 14:5714.08.2025, Flugplatz Sinbronn
Unser jährlicher Ausflug zu unseren Freunden in Dinkelsbühl. Auf dem Acker von Sinbronn - vier Tage Metal und mehrere Kilometer Bühnenwechsel!
Dienstag und Mittwoch
Dinkelsbühl, wir kommen! Es ist eine schöne Tradition geworden, dass wir mit einem beinahe in jedem Jahr gleichen Team den Weg auf das SUMMER BREEZE-Festival antreten. So sind auch in diesem Jahr Andre Schnittker für Fotos und Texte, Noah-Manuel Heim und Katharina Jaeger für Fotos, Texte und Social-Media-Content und ich, Frank Jaeger, hauptsächlich für Texte und ein paar Interviews für POWERMETAL.de unterwegs. Abgerundet wird das Ganze durch Kevin Hunger und Manuel Schmitt, der uns als Gastautor begleitet.Die gesamte Crew reist erst am Mittwoch an, mit einer Ausnahme: Andre bezieht sein Domizil für die nächsten Tage bereits am Dienstag und begutachtet für uns das Geschehen am ersten Anreisetag. Andre, übernimm bitte!
Andre: Alle Jahre wieder trifft sich eine Handvoll Redakteure auf dem SUMMER BREEZE, um über das großartige Festival zu berichten. Auch in diesem Jahr reise ich – im Gegensatz zu den Kollegen – bereits am Dienstag an. Es hat sich mittlerweile etabliert, dass ich mit befreundeten Fotografen und Redakteuren anderer Magazine eine aus Wohnmobilen und -wagen bestehende Wagenburg auf dem VIP-Camp errichte. Okay, VIP hört sich jetzt glamouröser an, als es wirklich ist. Der Platz unterscheidet sich nicht von den normalen Campgrounds. Es gibt keine besonderen Annehmlichkeiten, keinen Strom, keine goldenen Wasserhähne in den Duschen. Das Gras ist genauso grün und hoch wie auf den anderen Flächen.
Bei bestem Wetter erreiche ich nach 49 Kilometern den kleinen Ort Sinnbronn, in dem ich die üblichen Formalitäten erledigen muss. Hier stelle ich die erste und durchaus positive Veränderung fest. Gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Stau und Parkprobleme in der sehr kleinen Gemeinde, lotst mich heute ein freundlicher Einweiser auf einen neu eingerichteten Parkplatz. Wenige Meter von hier gibt es dann in einer Scheune mehrere Schalter, wo Händler, Mitarbeiter und eben auch Pressevertreter den Papierkram erledigen können. Das Ganze läuft zügig und reibungslos. Ich lade noch etwas Startkapital auf den Chip, und nach knapp 10 Minuten ist das Thema Akkreditierung erledigt. Ab zum besagten Campground.
Hier machen die Ordner erst einmal gewissenhaft ihren Job. Auch auf der "elitären" Wiese gilt ein absolutes Glasverbot, an das ich mich natürlich halte. Ein schneller Blick durch die Schränke, und ich darf mit meinem mobilen Wohnzimmer aufs Gelände rollen, wo ich ich schon freudig von der Rasselbande erwartet werde. Ich integriere meinen Bomber in die Wagenburg und habe mir das erste kühle Bier verdient. Natürlich werden wir uns heute schon einige Bands auf der Campsite-Stage anschauen. Doch bis dahin bleibt noch genug Zeit für Steaks vom Grill und viele Anekdoten. Eine leichte Brise weht über das Camp und macht die Hitze dadurch erträglich.Okay, wir sind nicht nur zum Vergnügen hier, sondern haben auch etwas Arbeit vor der Brust. Da der Dienstag noch Kür statt Pflicht ist, machen wir uns entspannt auf den Weg zur Campsite-Stage und stehen pünktlich zum Auftritt von SEASONS IN BLACK im Graben. Ich konnte die deutsche Dark-Metal-Band bereits vor wenigen Wochen auf dem Rock-Harz-Festival sehen. Das Genre holt mich zwar nicht ab, doch die Band um "Lucki" Maurer sorgt für mächtig Stimmung vor dem Wellenbrecher. Die Crowd hat jede Menge Spaß und möchte einfach nur feiern.
Zu 'Dying 4', dem zweiten Song auf der Setliste, erlebe ich ein Déjà-vu. Gab es im vergangenen Jahr bei der Band FALL OF SERENITY technische Probleme und dadurch eine deutliche Verzögerung, hört das gesamte Infield plötzlich nur noch das Drumset. Der aufblasbare gruselige Clown, Markenzeichen der Campsite-Stage, ist in sich zusammengesunken, und schnell wird klar, dass es hier einen größeren Stromausfall gibt. Während wir im Pit noch etwas orientierungslos sind, machen die Mitglieder von SEASONS IN BLACK aus der Not eine Tugend. Kurzerhand tauchen die Musiker im Graben auf, versorgen die Metalheads mit Freibier und nehmen sich Zeit für Small Talk mit ihren Fans. Da ich bereits ein paar Bilder im Kasten habe, mache ich mich mit meiner Holden auf den Weg in den nahegelegenen Supermarkt. Da es hier noch Strom gibt, läuft auch die Kühlung, und wir gönnen uns ein paar Kaltgetränke. Gefühlt eine Stunde später geht es dann endlich weiter, und SEASONS IN BLACK kann das Set zu Ende spielen.
Offensichtlich hat die Verzögerung keine negativen Auswirkungen auf die Show. Die Crowd ist einfach heiß auf das diesjährige SUMMER BREEZE. Es wird Zeit für meine zweite Band am heutigen Tag. THE NARRATOR kommt aus dem Ruhrpott und hat etwas modernen Metalcore mit nach Mittelfranken gebracht. Liegt mein Fokus eigentlich auf Heavy- und Powermetal, kann ich dem nun gebotenen Genre durchaus etwas abgewinnen. Ich ertappe mich, wie ich bei 'Breach' mit dem Fuß wippe und bei 'Stained Glass Reality' anfange zu tanzen. Hinter mir hat die Security ordentlich zu tun, denn Zahlreiche Crowdsurfer landen im Graben. Die Band dreht ordentlich auf und sorgt mit elf Songs ihres Debütalbums "Lore" für viel Bewegung vor der Bühne. Durchaus ein gelungener Auftritt von THE NARRATOR.
Der Name und das Backdrop lassen vermuten, dass SPACE CHASER nun etwas Heavy Metal spielt. Doch weit gefehlt! Die 2011 in Berlin gegründete Band ballert eine gehörige Prise Thrash Metal in die Menge. Leider "versumpft" sie etwas im Nebel und ich habe Mühe, die Musiker entsprechend abzulichten. Auch diese Band sorgt für ordentlich Stimmung in Dinkelsbühl. Abgesehen von den üblichen bekannten Verdächtigen bin ich in der Richtung nicht so recht zu Hause und schaue mir das Treiben entspannt aus der Entfernung an. SPACE CHASER sorgt mit ihrer Musik für ein gutes Aufwärmen der Nackenmuskulatur, denn die nächsten Tage werden hart für die Headbanger. Da tut etwas Training sicherlich gut. Die Band hat einige Fans in unserer Redaktion. Sucht mal auf unserer Webseite nach Artikeln über SPACE CHASER.
Der Geist war willig, doch das Fleisch war angesichts der heftigen Temperaturen auf dem ROCK HARZ-Festival schwach. Doch heute schaffe ich es, mir TRAGEDY anzuschauen. Die Band sorgt in unserem Redaktionschat durchaus für kontroverse Diskussionen. Ist das Metal? Müssen wir darüber berichten? Nun, da die Band auf dem SUMMER BREEZE auftritt und ich gerade nichts Besseres zu tun habe, gibt es halt auch einen Absatz über die Cover-Combo. Es geht los mit 'Tragedy' von den BEE GEES, und ich bin leicht verwirrt, als ich einen tanzenden, mit einer Kettenkopfhaube bekleideten Blockflötenspieler auf der Stage erkenne. Klar, den Song kenne ich aus meiner Kindheit, aber nun bekommt er ein komplett neues metallisches Gewand. Ich habe noch keine Meinung, ob mir das Gehörte gefällt oder nicht.
Mit 'Take Me Home, Country Roads' von JOHN DENVER macht die BEE GEES-Tribute-Band aus New York City weiter. Ich drücke noch eifrig den Auslöser, während hinter mir die Meute außer Rand und Band ist.
Was geht hier ab? Es wird gesungen, gepogt und gesurft, dass einem Hören und Sehen vergeht. Ich traue meinen Ohren kaum. SLAYER? Zumindest den Anfang erkenne ich als 'Raining Blood' des Thrash-Urgesteins aus den Vereinigten Staaten. Doch nahtlos wechselt die Band in 'It's Raining Men' von THE WEATHER GIRLS, und ich komme aus dem Lachen nicht mehr heraus.
Natürlich ist das alles Klamauk, was hier geboten wird. Doch musikalisch ist die Band über jeden Zweifel erhaben und kann die Besucher des SUMMER BREEZE durchaus begeistern. Hier wird nicht in Schubladen gedacht, sondern es kommt rein auf die Unterhaltung an. Wir gönnen uns noch ein paar Hopfenkaltschalen, suchen uns einen Platz etwas seitlich und haben Spaß mit einer speziellen Version von 'I'm So Excited' der POINTER SISTERS. Kommt gerne wieder nach Dinkelsbühl, aber bringt dann bitte eine richtig große Diskokugel mit!
Okay, Haken dran an den Eröffnungs-Dienstag. Im Camp lassen wir das Gesehene noch einmal Revue passieren und gönnen uns eine Dusche. Morgen geht's dann in die Vollen.
Mittwoch. Jetzt geht es los!Die Anreise dauert etwas länger als geplant, aber zum Glück ist ja Andre bereits vor Ort und nimmt sich den traditionellen Opener BLASMUSIK ILLENSCHWANG vor.
Andre: Liebe ankommenden Redaktionsmitglieder, lasst Euch Zeit und habt keinen Stress. Ich übernehme wie in den letzten Jahren den Slot der BLASMUSIK ILLENSCHWANG auf der T-Stage. Blasmusik auf einem Metalfestival? Was auf einen unbedeutenden Fest in der nassen Tiefebene in Norddeutschland funktioniert, zündet seit vielen Jahren auch in Mittelfranken.
Ich erreiche überpünktlich die Bühne und es gibt erst einmal ein großes Wiedersehen mit den "Grabenschlampen". Die Jungs sind einfach nur spitze und werden in den nächsten Tagen für die Sicherheit der Metalheads vor den Bühnen sorgen und uns Fotografen den Rücken freihalten. In einigen Absätzen wird die top eingespielte Crew sicherlich noch Erwähnung finden. Die Blaskapelle hat mittlerweile eigenes Merch, die Shirts finden vor dem ersten Wellenbrecher reißenden Absatz.Die Bühne ist brechend voll und die vielköpfige Kapelle top besetzt. Ich selbst habe einige Jahre Schlagzeug in einer Blaskapelle gespielt (okay, Outing ist somit erledigt) und hätte sicherlich bei so einer guten Besetzung deutlich mehr Spaß gehabt. Da kommt richtig was rüber! Echt klasse, wenn alle Stimmen so besetzt sind. Aufgrund meiner Vergangenheit erkenne ich den 'Böhmischen Traum', 'Dem Land Tirol Die Treue' und Co.
Auch die anwesenden Metalheads sind bei einigen Songs, warum auch immer, extrem textsicher. Die Grabenschlampen haben gut zu tun, müssen sie doch zahlreiche Crowdsurfer auf die Füße stellen. Sänger Friedrich Lotter bekommt unter lauten "Auszie'n"-Rufe eine besondere SUMMER-Breeze Kutte überreicht und gibt dann mit seinen 86 Jahren ordentlich Gas.
Leider kann ich mir das komplette Set nicht anschauen, ich muss zur Mainstage...... die von GUTALAX eröffnet wird. Grindcore, Oh! Mein! Gott! okay, die Musik ist jetzt nicht meins, dennoch habe ich immer viel Spaß an den Auftritten der Tschechen. Das hat einfach damit zu tun, dass die Crowd extrem steil geht. Das ist das einzige Set, von der ich mehr Fotos von der feiernden Masse als von der Band mache. Warum das so ist, kann Euch Frank sicherlich erklären, der mitten in der Meute steht.
Frank: Wie ich bereits in meinem Vorbericht geschrieben habe, bin ich ob der Möglichkeit für die Tschechen GUTALAX, auf der Main Stage eröffnen zu dürfen, etwas skeptisch. Der witzige Grind mit Fäkalgrundierung ist immer Garant für eine Party, aber für mich ist die Interaktion mit den Fans ein wichtiges Element. Wird das auch über den riesigen Graben auf der Hauptbühne funktionieren? Ja, das tut es.Natürlich ist der Graben ein Hindernis, das unerbittlich und erbarmungslos Dinge verschlingt, hauptsächlich Rollen Toilettenpapier, aber auch aufblasbare Utensilien. Die Grabenschlampen sorgen dafür, das so mancher hilfreiche Gegenstand wieder dieser spielverderberischen Schlucht entrissen wird und das alberne Chaos weitergehen kann - mit passend betitelten Liedern wie 'Assmeralda','Diarrhero', 'Poopcorn' und 'Shitbusters'.
Ich erkenne die natürlich nicht, GUTALAX ist für mich live okay, daheim würde ich das allerdings niemals hören. Aber als erste Band des Tages machen die in weiße Einwegoveralls gekleideten Burschen Spaß und die Geräusche, die Sänger Martin Matoušek, genannt Maty, macht, sind einfach umwerfend komisch, die Musik dabei handwerklich gut. Daher: Daumen hoch in Richtung Kremze, Tschechien, den alle folgen dem proklamierten Motto: "Let's Dance all together!"
Wir müssen jetzt aber erstmal in den VIP-Bereich und alle Bekannten und auch Andre begrüßen, da wir leider erst zu GUTALAX eintreffen, wir wollten eigentlich längst hier sein. Dem fällt bedauerlicherweise BAEST zum Opfer.Katharina: Der Tag beginnt für mich richtig mit AUGUST BURNS RED als zweiter Act auf der Main-Stage. Ich dachte, die US-Amerikaner sind eigentlich groß und total angesagt? Ich wundere mich, dass sie so früh auf die Bretter müssen. Aber zumindest wird das Battlefield genannte Gelände vor der Bühne bereits richtig voll. Immerhin dürfen die Fünf aus Pennsylvania für eine ganze Stunde ran, aber mit 10 Alben haben sie auch genug Material, um eine längere Show zu füllen.
Die Band beginnt direkt mit Chop Suey! von SYSTEM OF A DOWN und trotz der frühen Uhrzeit zieht die amerikanische Metalcore-Band damit zur schon beachtlichen Menge noch einige neugierige Besucher hinzu. Man merkt sofort, warum sie seit Jahren zu den großen Namen im Genre zählen: Diese Mischung aus harten Breakdowns, technischen Riffs und gleichzeitig melodischen Momenten funktioniert live einfach unglaublich gut. Schon beim zweiten Song zünden die ersten Pyros, zur Freude unseres Fotografen. Mit Bloodletter, ihrem selbsternannten "happiest song", legen sie noch eine Schippe drauf. Live ist die Band ein starker Einstieg ins Festival.
Frank: Die Wera-Tool-Rebel-Stage, von allen immer nur "die Wera" genannt, ist wie in den letzten Jahren die Kür. Wir versuchen, möglichst viele Bands der Main Stage und der T-Stage abzudecken, was auch mit einer mehrköpfigen Crew bei diesem riesigen Bandaufgebot nahezu unmöglich ist, und begutachten dazwischen die Wera, auf der jetzt mit COFFIN FEEDER die erste Band spielt, die ich nicht einmal dem Namen nach kenne. Ja, schon nach wenigen Tönen weiß ich auch, warum das so ist. Brutal Death Metal und ein paar Grindeinlagen, das kommt bei einer guten Anzahl von Freunden mit großer Lärmtoleranz gut an, aber die Belgier sind wirklich hart und ich finde sie auch ein wenig eintönig.Thrash aus Schottland? Ja, das geht! Während die jungen Leute noch bei ABS - habe ich schon gesagt, wie sehr mich diese Bandabkürzungen nerven? - rumhüpfen, gehen Andre und ich rüber zu HELLRIPPER. Eigentlich ist dies ein Ein-Mann-Projekt von James McBain aus der Granit-und-Rosen-Stadt Aberdeen und ich habe keine Ahnung, wer die anderen Musiker sind. Musikalisch ist das Ganze vor allem schnell, mit einem kleinen Schuss Thrash und einem größeren Schuss Black Metal verfeinert, was für eine Dreiviertelstunde sehr gut funktioniert.
Ich freue mich vor allem, dass nach dem death- und grindlastigen Beginn mal eine Stilrichtung folgt, die mehr zu meinem Geschmack passt. Eine schöne Ansage ist auch, dass wir auf die Frage, ob wir bereit seien für etwas Rock 'n' Roll gefälligst in unserer besten King-Diamond-Stimme mit "yeah" zu antworten hätten. Nicht minder legendär: "Wir haben noch zwei Minuten, einen Song spielen wir noch!" Ich habe von James zuvor noch nichts gehört gehabt, aber das ist ein vielversprechender Erstkontakt. Nicht, dass ich sofort losrenne und alle drei Studioalben eintüten muss, aber reinhören sollte ich wohl mal.Mit dem melodischen Metal von THE HALO EFFECT aus Göteburg kann ich durchaus etwas anfangen. Ich mag aber auch, wenn die alten Bands vom typischen Pfad abweichen, was ihnen aber nicht nur Lob einbringt. Das gilt besonders für IN FLAMES, sodass die alten Fans verrückt waren, als fünf ehemalige Mitglieder der Band quasi als Supergroup die Formation THE HALO EFFECT gründeten. In diesem Jahr ist das zweite Album mit dem Titel "March Of The Unheard" erschienen und die Band darf erstmals auf dem SBOA ran.
In den Reihen steht übrigens auch der Gründer der wohl bekanntesten Melodeather aus Göteburg, Jesper Strömblad, und Sänger Mikael Stanne, der mittlerweile langjähriger Frontmann von DARK TRANQUILITY ist. Wenn man das bedenkt und auch, dass beide an "Lunar Strain" beteiligt waren, ist es sicher nicht abwegig, darauf zu hoffen, dass wir im Rahmen eines Festivalgigs eventuell den einen oder anderen IN FLAMES-Ton hören werden, nicht wahr? Ja, nicht wahr, gar nicht, die Band spielt einen Gig von Achtzig Minuten ausschließlich mit eigenem Material soweit ich es höre und damit etwa die Hälfte aller Lieder, die man bislang überhaupt veröffentlicht hat!Musikalisch ist daran nichts auszusetzen, die Musiker wissen natürlich ganz genau, was sie tun. Der Death Metal von THE HALO EFFECT ist ursprünglich und kommt weitgehend ohne Klargesang aus, ist aber kein reiner Wiedergänger des alten IN FLAMES-Stils, man sucht die typischen Doppel-Leads oftmals vergeblich. Hier spielt nämlich keine vermeintliche Coverkappelle, sondern eine Band, die in diesem Stil zuhause ist und ihr eigenes Ding durchzieht, auch wenn man die Herkunft natürlich nicht völlig verleugnen kann.
Es ist noch hell und früh am Tage, daher kommt natürlich die Lichtshow nicht allzu sehr zur Geltung, stattdessen bringt Sänger Mikael Stanne etwas Farbe ins Spiel. Anscheinend hat THE HALO EFFECT einen der letzten Auftritte in prallem Sonnenlicht gespielt, jedenfalls scheint Stanne einen heftigen Sonnenbrand abbekommen zu haben und grinst mit stark gerötetem Gesicht den ganzen Auftritt über ins Publikum. Wie es scheint, hat die Band eine Menge Spaß. Ich auch.Andre: Okay, zu HELLRIPPER musste Frank mich zwingen, weil er ein paar Fotos für seinen Bericht benötigt. Bei THE HALO EFFECT muss mir der Kollege keinen unmittelbaren Zwang androhen. Allzu gerne folge ich ihm zur Mainstage. Wie Frank schon geschrieben hat, geht die Lightshow etwas im Tageslicht unter. Auch ich erkenne das gerötete Gesicht von Stanne durch meinen Sucher und sehe, wie er permanent wie ein Honigkuchenpferd grinst. Der Mann hat sichtbar Spaß an seinem Job, das ist alles rund, was er mit seinen Mitmusikern heute abliefert. Die Sonne brennt unbarmherzig vom Himmel doch das tut der Feierlaune keinen Abbruch. Für mich wird es Zeit für eine alkoholfreie Erfrischung. Dank Mitfotograf Noah hab ich erst mal etwas Pause.
Katharina: Nein. Der Sänger ist kein Japaner. CRYSTAL LAKE wurde 2002 in Tokio gegründet und die asiatische Herkunft sieht man dem Rest der Truppe auch an, aber der Sänger John Robert Centorrino hat 2023 den Posten am Mikrofon von Ryo Kimoshita übernommen. Ja, das klingt japanisch! Ich bin also überrascht, muss aber zugeben, dass ich die Band sonst nicht kenne. Das erweist sich sofort als Fehler, denn die Fünf spielen einen sehr coolen Metalcore. Die Melodien kommen meisten von den Gitarristen, Sänger John brüllt nach Kräften drüber. Es ist ziemlich voll vor der Bühne und eine einsame japanische Flagge wird hoch gehalten. Einzige Frage, die mir bei dem Auftritt in den Kopf kommt: Warum trägt der Sänger etwas, das aussieht wie eine Regenjacke? Im grellen Licht geht er damit beinahe unter. Meine Kollegen haben mich zwangsverpflichtet, da die keiner von uns kannte, aber ich bin auch nicht böse und schaue mir die Band bis zum Schluss an. Ein bisschen mehr Melodie und Gesang hätte ich mir gewünscht, aber live ist das ein Abriss.
Frank: Heute kommen die Isländer. Ich habe mir MUR notiert und stehe pünktlich vor der Wera-Stage. Die noch sehr junge Band hat erst ein Album über Century Media Records veröffentlicht und soll irgendwo in der Schnittmenge zwischen Prog, Post Metal und nordischer Atmosphäre agieren.
Gleich der Opener 'Heimsslit' unterstreicht das und lässt sich dabei mehr als zehn Minuten Zeit, beginnend mit einem simplen, ruhig und kühl pulsierenden Begin mit Kári Haraldsson und seiner Keytar am Bühnenrand bis hin zur laut-ekstatischen Klimax. Beeindruckend, ungewöhnlich, aber auch kein Easy Listening.
Die Band trägt vor allem den Post Rock prominent auf der Fahne, bricht aber aus wie einer der, Achtung, schlechtes Wortspiel, vielen Vulkane der Insel. Auf diese Band sollte man achten.
Ungefähr seit dem 2010er Album "Universal" höre ich bei BORKNAGAR einen zunehmenden Schritt weg von den Black-Metal-Wurzeln, auch wenn sie natürlich immer ein Stilmittel der Norweger war und ist.
Hinzugenommen wurden großartige, klar gesungene Melodien, klassische und sogar progressive Metalklänge, die die Alben zunehmend zugänglich und aus der Black-Metal-Truppe eigentlich eher eine Progressive-Metal-Band machen. Das Ganze kulminiert in dem aktuellen Werk "Fall".
Ich weiß, was mich erwartet, habe ich die Nordmänner doch letztes Jahr auf dem Graspop Metal Meeting schon gesehen und so stehe ich pünktlich vor der T-Stage, als die Band mit 'Nordic Anthem' ruhig in den Auftritt startet.
Dessel in Belgien und Dinkelsbühl sind recht weit voneinander entfernt. Das meint wohl auch BORKNAGAR, denn der heutige Auftritt ist eine Art aufgebohrter GMM-Gig. Es ist die gleiche Setliste, nur um zwei Stücke erweitert. Offensichtlich hat die Band eine Liederreihenfolge gefunden, die die von ihnen gewünschte Dramatik transportiert.
Dabei konzentriert man sich auf die letzten drei Alben und zelebriert auch so die gestiegene kompositorische Reife. Vor allem die beeindruckenden Vokals von ICS Vortex, alias Simen Hestnæs, machen die Lieder viel zugänglicher für mich, sodass die gelegentlichen Black-Metal-Passagen immer gut platzierte Farbtupfer im sechzigminütigen Auftritt bilden.
Als kurz vor Schluss mit 'Colossus' tatsächlich noch ein altes Stück ausgepackt wird, freut das die alten Fans, die wenigstens diesen kleinen Ausflug in die Frühphase feiern dürfen, aber für mich zeigt der direkte Vergleich auch die meiner unmaßgeblichen Meinung nach insgesamt größere Klasse des neuen Stils.
Mein Highlight ist das Doppel 'Up North' und 'Moon' in der Mitte des Sets. Ich gehe während des letzten Stückes Richtung Main Stage, denn ich möchte mir dann doch wenigstens ein paar Minuten des heutigen Headliners IN EXTREMO ansehen.Über die Berliner muss ich wenige Worte verlieren. Ich komme zu 'Frei zu sein' zum letzten Viertel des Auftrittes zur gut besuchten Main Stage. Manuel ist dort und berichtet, dass IN EXTREMO ein echtes Best-Of-Set abgeliefert hat, was ich bei so einem Festivalauftritt auch nicht anders erwartet hätte. Gassenhauer haben die Jungs ja genug, ich frage, was so gespielt wurde und bekomme auf meine Fragen immer ein "Na klar" als Antwort. Ja, Moment, die Burschen haben aber noch ein paar Minuten Zeit, was bleibt denn da noch? Oh, klar, 'Sternhagelvoll'. Nun ja, das ist nicht gerade einer meiner Lieblingssongs, aber die Stimmung im Publikum ist super. Die Bühnendeko ändert sich regelmäßig mit den Stücken, das ist ja mittlerweile schon fast ein Standard, der, zugegebenerweise, von der Musik ablenken kann, aber wenn ich eine Band wäre, würde ich die Möglichkeit, meine Stücke visuell zu unterstützen, auch nutzen.
Mit dem folgenden 'Ai Vis Lo Lop' bin ich übrigens wieder versöhnt. Überhaupt, die Lieder mit prominenten mittelalterlichen Instrumenten sind schön ins Set gestreut, wie ich feststellen kann, denn ich schaue mir später den Auftritt auf ARTE an, die filmen nämlich wieder einige Auftritte in hervorragender Qualität. Ich finde ja den Klang von Sackpfeifen gut und mag die Kombination mit hartem Rock. Zum Abschluss beweist IN EXTREMO nochmal, dass man auch sein Set mit Liedern beenden kann, die nicht aus der Urzeit der Band stammen. 'Feuertaufe' und 'Pikse Palve' sind eher Mittelalter der Kapelle und mit einem solchen Lied den Auftritt zu beenden, ist dann auch eine Aussage und ein Bekenntnis zum alten Stil, den man bei manchen Alben zwischendurch zugunsten von eher generisch-alternativen Klängen in Vergessnheit zu geraten fürchtete. Nix, die Mannen um Das Letzte Einhorn, alias Michael Rhein, können eben beides. In Kürze ist 30-jähriges Bestehen, das müsste man sich eigentlich unbedingt ansehen. Mal schauen, wo IN EXTREMO so spielen wird.
Einen richtigen Death-Metal-Fan haben wir in diesem Jahr nicht zur Hand, also muss ich mal wieder das Todestahl-Banner tragen. Im Fall von AEPHANEMER ist das auch sinnvoll, denn immerhin besitze ich das 2021er Scheibchen namens "A Dream Of Wilderness", das mir recht gut gefällt.
Wobei ich die Franzosen eher in die Ecke Symphonischer Black Metal gesteckt hätte, auch wenn die Band selbst von Death-Einflüssen redet. Ist aber auch egal, in jedem Fall ist das Ganze hochmelodisch mit Extremgesang.
Zu Beginn gibt es gleich mal zwei Stücke vom aktuellen, dritten Album, das Intro und das großartige 'Antigone'. Frontdame Marion Bascoul versucht, mit Kreischgesang der Melodie einen Gegenpart zu bieten, und spielt dabei gleichzeitig noch Gitarre. Man mag gar nicht glauben, dass aus dieser attraktiven jungen Dame solcher Gesang entsteigen kann. Im zweiten Stück, das ich nicht kenne, das folglich also älter sein muss, gibt es dazu auch mal Blastbeats, danach kehrt die Band zum letzten Mal mit 'La Radeau De La Meduse' zum aktuellen Werk zurück. Interessant, aber tatsächlich wäre da langsam mal ein weiteres Scheibchen fällig. Die Mischung aus Black Metal, Bombast und durchaus auch klassischem Metal ist auf jeden Fall ein Ohr wert und macht vierzig Minuten lang Spaß. Auch wenn man kein Wort versteht.Island, die Zweite. Ich habe tatsächlich ja nicht häufig Lust auf SOLSTAFIR, für die Mischung aus postrockiger Monotonie, extremmetallischer Härte und nordischer Verzweiflung muss ich in der richtigen Stimmung sein.
Aber es ist meine Live-Premiere, bisher sind die Band und ich uns noch nicht in einem Bühnenumfeld begegnet. Da es bereits dunkel ist, was der Musik sicher entgegenkommen wird, bin ich äußerst gespannt.
Ich werde nicht enttäuscht, gleich zu Beginn drehen die vier Sonnenstrahler auf und hauen uns einen Zwölfminüter um die Ohren, der an Intensität kaum zu überbieten ist. Leider kann ich nicht mit Songtiteln aufwarten, dazu kenne ich mich zu wenig aus, aber das, was ich kenne, eignet sich nahezu durchgehend für diesen Abend.
Die hypnotische Rhythmik nimmt auch die Musikfreunde um mich herum gefangen, wir schwelgen in den sphärischen Wellen der Musik, unterbrochen von etwas Schwermetall, dann wieder leichtfüßig über Gitarrensaiten trippelnd. Was ist schon Zeit, beinahe störend sind die Unterbrechungen zwischen den Liedern.
Einmal horche ich auf, meine ein Stück zu erkennen. Da ich nur ein Album daheim stehen habe, wird wohl etwas von "Khöld" gespielt. Dann ist nach einer Stunde und, ja, wieviel eigentlich? - ich meine, es waren sechs Lieder, auf jeden Fall ist dann Schluss. Eine wirklich intensive Erfahrung. Live ist SOLSTAFIR noch eindrucksvoller als auf Konserve.
Andre: Hey Frank, mit dem Songtitel kann ich Dir aushelfen. Der 12-Minüter hört auf den Namen 'Ljós í Stormi'. Da ich in der Vergangenheit von DIMMU BORGIR schon sehr gute Motive eingefangen habe, überlasse ich Noah den fotografischen Slot und mache mich auf den Weg zur T-Stage.Ich kann wirklich nicht sagen, was mich an SOLSTAFIR fasziniert, aber die Band haut mich einfach weg.
Ich hatte in der Vergangenheit ein mal das Vergnügen, die Band aus Island live zu erleben und auch heute freue ich mich sowohl auf das Klangerlebnis als auch auf die Herausforderung, die passenden Fotos zu machen. Bei dem Licht durchaus eine spannende Aufgabe.
Meine Herzdame steht etwas weiter hinten, auch ihr gefällt die Musik von SOLSTAFIR. Besser wird es heute wohl für uns nicht mehr. Wir verabschieden uns ins Camp und überlassen der Spätschicht den Rest. Viel Spaß noch bei ASP und Co.
Katharina: Auf der Suche nach meinen Freunden, die sich das Festival-Erlebnis "Camping" geben, komme ich an der Campsite-Stage vorbei, auf der gerade FRAYLE spielt. Nachdem mir die Band bereits von Chris von unserem Team empfohlen wurde, bleibe ich kurz für ein, zwei Lieder stehen und höre zu. Als erstes höre ich ihr Cover von 'Summertime Sadness' von LANA DEL REY, das mir sofort im Ohr bleibt. Die Band spielt einen Doom-Rock mit Pop-Fransen, der gut zum Abend passt.Frank: Viel Zeit, den Nachhall zu genießen, habe ich nicht. DIMMU BORGIR hat genau parallel zu den Isländern auf der Main Stage begonnen, hat aber etwas mehr Spielzeit.
Da ich weiß, dass der Rest unserer Kerntruppe mit Black Metal, auch dem symphonischen, gar nichts am Hut hat, möchte ich zumindest dafür sorgen, dass die Norweger mit dem isländischen Namen - ich sagte ja bereits, heute ist Island-Tag - zumindest auch erwähnt werden können.
Ich werde genau so empfangen, wie ich es erwartet habe, mit einer Extraportion Bombast in dem Stück 'Progenies Of The Great Apocalypse', das Sänger Stian Tomt Thoresen alias Shagrath gerade ansagt.
Das Stück hat wirklich alles, was man sich von DIMMU BORGIR erhofft, da flirren die (elektronischen) Streicher, da röchelt und kreischt der Sänger, da poltert rasant das Schlagzeug. Dazwischen die Gitarren und manchmal etwas Klargesang.
So halte sogar ich Black Metal aus. Zum Abschluss gibt es natürlich den großen Hit 'Mouring Palace', ohne den die Burschen nicht von der Bühne dürfen.
Apropos Bühne: Auch wenn diese hier riesengroß ist, füllt die Band sie gut aus mit Bildern und ihrem ebenso monströsen Sound, der einfach solche Bühnenweiten benötigt. Auch wenn DIMMU BORGIR in meiner Gunst gegenüber SOLSTAFIR den kürzeren gezogen hat, unter anderen Umständen hätte ich mit diesen Gig auch gerne komplett angesehen.Katharina: Bereits letztes Jahr habe ich SEVEN BLOOD als Vorband von FUTURE PALACE gesehen und war hin und weg von der Emo-Metal-Band, die damals ihre bis dato veröffentlichten Singles eine halbe Stunde zum Besten gegeben hatten.
Genauso ist es heute, denn ihr Debut-Album "Life Is Just A Phase” wird erst im November erscheinen.
Die schwarz gekleidete Sängerin Azaria Nasiri ist kaum zu halten und wuselt auf der Bühne herum. Etwas ganz Besonderes ist ihr Bühnenoutfit, trägt sie doch tatsächlich einen kurzen, schwarzen Faltenrock, der zwei weiße Streifen unten am Saum hat, womit sie aus dem ganzen Festival heraussticht, denn soweit ich mich erinner ist sie damit die Einzige.
Jeder Kenner von SEVEN BLOOD darf jetzt einmal raten, wie viele Lieder die Band gespielt hat. Die Antwort ist sieben, mehr hat die Band noch nicht veröffentlicht.
Wenn die zusätzlichen Lieder, die auf dem Debut-Album sein werden, von ähnlicher Qualität sind, steht uns im November ein spätes Jahres-Highlight ins Haus.
Zumindest wenn die Berliner ihre Bühnenpower ins Studio transportieren konnten. Der Auftritt hier ist nämlich großartig.
Nachdem ich ASP bereits im letzten Jahr auf dem M'era Luna gesehen habe, freue ich mich, die Band diesmal auch auf dem Summer Breeze wieder zu erleben.
In klassischem Schwarz-Weiß gekleidet, liefert die Goth-Kapelle eine starke Show ab. Der einzige Farbkontrast: die blauen Haare des Gitarristen. Schon beim ersten Song kommt eine Menge Pyrotechnik zum Einsatz und auch danach bleibt die Show visuell imposant.
Das große Haus vom Artwork ihres Albums "Returning To Haunted Places" ist auf dem Backdrop zu sehen und prägt mit der schwarz-weißen Ästhetik und immer wieder aufflammenden Feuereffekte das Bild. Mit Songs wie 'Raise Some Hell' und 'Fürst der Finsternis' holen sie das Publikum ab.
Zu meiner Überraschung spielt die Band so gut wie kein Stück von ihrem auf dem Backdrop abgebildeten Album, dennoch bin ich mit der Songauswahl sehr zufrieden, auch wenn ich gerne 'Wechselbalg' noch gehört hätte. Aber die Show war so gut, wie ich gehofft hatte und so, wie ich sie von dem M'era Luna in Erinnerung habe.
Texte: Frank Jaeger, Katharina Jaeger, Andre Schnittker, Noah-Manuel Heim, Kevin Hunger, Manuel Schmitt
Photo Credits: Andre Schnittker, Noah-Manuel Heim
Hier geht es zum Donnerstag.
- Redakteur:
- Frank Jaeger