Scheddelspalter Pt. 2 - Leipzig

29.04.2007 | 19:15

13.04.2007, Kulturbundhaus

Freitag, 13.04.

Nachdem das Scheddelspalter-Festival im letzten Jahr bereits ein voller Erfolg war, stand nun die zweite Auflage auf dem Plan - wieder als zweigeteilte Veranstaltung mit der Metal-Vollbedienung am Freitag und einer wuchtigen Portion Hardcore am Samstag. Während uns für letztere dankenswerterweise Hendryk vom Legacy seinen Bericht zur Verfügung stellt, bekam ich am Freitag Unterstützung von ex-Metalius-Schreiberin Katrin.

Die Veranstaltung war erwartungsgemäß sehr gut besucht, die Bierpreise waren okay und die Stimmung ausgelassen; somit gab es nur den einen Kritikpunkt, dass man wieder einmal mit der extrem stickigen und nahezu sauerstofffreien Luft und drückender Hitze zu kämpfen hatte, was im Kulturbundhaus ein echtes Problem zu sein scheint.

Der Auftakt mit INVOCATION und DRAIST AVAGNON entging uns leider, wobei Ohrenzeugen zufolge INVOCATION mit heftigem, aber auch ziemlich gängigem Death Metal aufwarteten, während DRAIST AVAGNON sich als lustige Truppe auf der Bühne präsentierten, die mit einer bunten Mischung quer durch den Metal- und Rock-Bereich hausieren ging. Danach war es an der Zeit für echte "local heroes" ...
[Stephan Voigtländer]

CROWD machten ihrem Namen alle Ehre: So war es bei den vier Deathern aus Leipzig rappelvoll, heiß, die Menge gut gelaunt und bewegungswillig. Genauer genommen handelt es sich hierbei nach eigenen Angaben um Deathcore: mal schnell und präzise, meistens aber amtlich groovend, mal geshoutet, meist aber hasserfüllt begrunzt. Die Devise war hier klar: Keep it simple. Trotz dessen oder gerade deswegen agierten die Herren ehrlich, agil und selbstsicher, so muss das sein. Wenn das Heimspiel dann noch bei der Menge gut ankommt, ist alles richtig gelaufen. Daumen hoch, und alle Leipziger können sich schon mal auf das im Mai kommende Konzert im Leipziger Stattstrand freuen.

"Aus dem Osten für den Osten". FALL OF SERENITY fühlten sich in Leipzig hörbar heimisch und ließen das auch ganz gern mal alle Anwesenden hören: Sänger John lobte das Publikum mit einem zehnfachen "Leipzöööög" und ging schließlich zum nächsten Melodic-Death-Metal-Song nach Schema XY über. So sehr melodischer Elchtod auf diesem Festival rein stilistisch eine Abwechslung brachte, irgendwann glich eine Nummer der Plauener einfach nur noch der anderen. Und das, obwohl man den Sound von FALL OF SERENITY beileibe nicht als mies bezeichnen kann, wie auch? Schließlich kann melodischer Death Metal mit starker alte IN FLAMES/AT THE GATES-Prägung gar nicht groß schlecht sein. Zumal der Sound fett aus der PA dröhnte und alle Musiker enthusiastisch bei der Sache waren. Der Bierkonsum stieg - klar, bei den Temperaturen! -, und so dankte auch das Publikum der Band mit immer größer werdender Ausgelassenheit. Einige sehr schnelle Nummern forderten die Headbanger der ersten Reihen zu Höchstleistungen heraus. Man war außerdem gut beraten, sich angesichts der noch immer währenden Hitze zwischen diese menschlichen Ventilatoren zu stellen. Respekt auch an alle Künstler, die im hellen Scheinwerferlicht und unter vollsten körperlichen Einsatz dem Siedepunkt noch viel näher waren!
[Katrin Kropf]

Sieben lange Jahre war Jens "Lusche" Maluschka ein Teil von DISILLUSION, hat den "Aufstieg" der Band von Anfang an mitgemacht und bestritt nun sein (vorerst?) letztes Konzert mit seinen beiden Mitstreitern Andy und Rajk, weil er zukünftig mehr Zeit für seine Familie haben möchte. Zunächst war aber wenig Platz für Sentimentalitäten...

Als Opener wurden die zwei ersten Stücke von der EP "Three Neuron Kings" gespielt, denen sich noch zwei Songs vom neuen "Gloria"-Album anschlossen (vgl. Setlist), ehe Andy, der sich übrigens von seiner Matte getrennt hat, die ersten Worte an das Publikum richtete. Ausschweifende Ansagen waren ja eh noch nie ein Markenzeichen von ihm, aber man merkte schnell, dass heute Abend noch mehr als sonst die Musik im Vordergrund stand und hierbei auf eine Songsauswahl Wert gelegt wurde, die alle Fan-Geschmäcker zufrieden stellen konnte.

Danach gab es nämlich ein echtes Highlight, indem 'Alone I Stand In Fires', 'Back To Times Of Splendor' und 'A Day By The Lake' am Stück wie auf dem Album gespielt wurden, was natürlich für Begeisterungsstürme sorgte. Später wurden auch noch beide Stücke der Single "The Porter" am Stück rausgefetzt. Was DISILLUSION boten, war einfach nur großes Kino! Fast das komplette "Back To Times Of Splendor"-Album wurde gespielt, der Sound war topp, und es war sowohl Musikern als auch Fans anzumerken, dass dieser Gig etwas ganz Besonderes war. Da auch die längeren Songs ungekürzt dargeboten wurden, dauerte die Show gut zwei Stunden. Von Müdigkeit war dennoch kaum etwas zu merken, die Leipziger hatten ihre Fans sehr gut im Griff und präsentierten sich selbst von ihrer besten Seite.

Zum Schluss gab es eine Torte für den scheidenden Drummer und ein schlichtes "Danke, Jens" von Andy (dem sich quasi zur Untermalung die einschmeichelnde Melodie aus 'Untiefen' anschloss). Dieser Moment, wie auch die Verabschiedung nach der letzten Zugabe, waren emotionale Höhepunkte und nicht nur Jens dürfte dabei eine Träne im Knopfloch gehabt haben. Es stimmt schon traurig, dass DISILLUSION in der Besetzung Andy, Rajk und Jens jetzt Geschichte sind - um so schöner, wenn man sie ein letztes Mal in dieser Form erleben konnte.
Tja, und wie geht es nun weiter mit den zum Duo geschrumpften Leipzigern? Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass DISILLUSION nicht nur die kommenden Shows nicht abgesagt haben (als nächstes steht das Wave-Gotik-Treffen in einem Monat an), sondern sogar noch weitere im Gig-Kalender hinzukommen ließen, lässt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass bereits ein Nachfolger für Jens gefunden wurde (Jens hatte seinen Ausstieg ja auch frühzeitig angekündigt). Und da das DISILLUSION-Publikum eh als ziemlich open-minded eingestuft werden kann, wird das neue Trommeltier sicherlich auch eine faire Chance von den Fans bekommen, wenngleich damit sicherlich trotzdem ein neues Kapitel für die Band beginnt. The show will go on...

Setlist DISILLUSION:
In Vengeful Embrace
Expired
The Black Sea
Save The Past
Alone I Stand In Fires
Back To Times Of Splendor
A Day By The Lake
Gloria
The Porter
Eternal Duality
Don't Go Any Further
The Sleep Of Restless Hours
And The Mirror Cracked
[Stephan Voigtländer]

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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