Summer Breeze 2005 - Abtsgmünd

19.09.2005 | 22:16

18.08.2005,

BARCODE
Kaum den ersten Café (wobei mehr Milch als Kaffee in dem Fertigtrunk war) getrunken und schon vor die Bühne gehechtet, um die ersten Klänge von BARCODE nicht zu verpassen. Dabei versammelten sich einige wenige um elf Uhr morgens (bei einem Festival ist das verdammt früh), um nach den ersten Tönen schon den ersten Moshpit zu bilden. Dabei ließen die Jungs Metal außen vor und konzentrierten sich auf lupenreinen Hardcore á la SICK OF IT ALL. Mit amüsanten Ansagen á la "This next song is for the girls" ('Hardcore Whore') mischten sie auch in der Sympathie-Skala ganz vorne mit. Dabei liefen die Jungs allesamt in kurzen Hosen auf, ohne aber einen auf dicke Hose zu machen. Bestes Beispiel hierfür ist folgende Ansage: "Anyone from Kreuzberg here? This is for Heini und Schlumpf!" ('Kreuzberg Hustler') Der Sound ließ leider zu wünschen übrig, doch dafür glichen sie's mit einem Enthusiasmus aus, der einfach nur ansteckend war. Mit einem ordentlichen Applaus wurde die sympathische Truppe von der Bühne geschickt. So, und jetzt erst mal ordentlich frühstücken! Nach soviel hüpfen hatte ich's mir auch redlich verdient.
(Tolga Karabagli)

SUIDAKRA
Warum mussten SUIDAKRA eigentlich schon so früh auf die Bühne? Der Platz vor der Pain Stage war rappevoll und die Band wurde begeistert abgefeiert! Die Frühaufsteher wurden dafür mit einer ganz besonderen Show belohnt und bekamen SUIDAKRA Klassiker wie 'Darkane Times' mitsamt Dudelsackeinlage zu sehen. Neuzugang Matthias (Gitarre und Gesang) hat mittlerweile einen festen Platz in der Band gefunden und machte vorne zusammen mit Arkadius Show. Dabei entschuldigte er sich sogar noch bei den Leuten vom Jack Daniels-Stand: "Tut mir Leid, dass ich gestern aus dem Jack Daniels-Zelt geflogen bin, ich war zu besoffen". Anscheinend konnte er aber auch verkatert spielen und das Saufgelage vom Vortag schien auf die Spielfreude der Band keine großen Auswirkungen zu haben. 'Reap The Storm', 'Wartunes' oder die Dudelsackeinlage in der Mitte des Sets machten Laune. Mit 'Gates Of Nevermore' war man leider schon wieder am Ende und hinterließ ein glückliches Publikum, das vom ersten bis zum letzten Song alles gegeben hatte.

Setlist:
Darkane Times
Reap The Storm
Wartunes
Loch Lomont
Pendragon's Fall
Gates Of Nevermore

DRACONIAN
Zeit für Doom! DRACONIAN waren ein Geheimtipp auf dem Summer Breeze und schafften es tatsächlich, eine halbe Stunde Spielzeit mit vier Songs zu füllen. Ein herrlich entspanntes Set mit langsamen Traumnummern, dommig-düsteren Riffs, die auf die Tränendrüse drückten und einem hohen Gänsehautfaktor war das, was das Publikum jetzt erwartete. Auch wenn die Meinungen über die Sängerin auseinander gingen und viele den Einsatz von Lisa als ziemlich misslungen oder gar überflüssig sahen, so haben die weiblichen Gesangspassagen ab und zu durchaus ihren Charme. Lisa ist zwar keine Meisterin in ihrem Fach und das Töne treffen war hier und da nicht ihr Ding, doch auf Grund der Tatsache, dass ihr Gesang bei den meisten Songs einfach nicht im Vordergrund steht, ist das nicht so schlimm. Wer sich einmal vom Doom-Metal mit MY DYING BRIDE-Touch begeistern ließ, der konnte nicht mehr so schnell aus dieser Traumwelt aufwachen und wurde spätestens ziemlich unsanft von den Blackmetallischen Klängen von ENTHRONED geweckt. Nettes Detail am Rande: Während des DRACONIAN Auftritts hatte sich ein besonders hartnäckiger Fan den Spaß erlaubt, ein Schild mit "Drumsticks" hochzuhalten und wurde am Ende für seine Geduld belohnt, denn ein Roadie erbarmte sich, kletterte in den Fotograben und schenkte ihm tatsächlich einen Drumstick!

Setlist:
Heaven Laid in Tears
The Dying
Daylight Misery
The Cry Of Silence
(Caroline Traitler)

ENTHRONED
Ach, war das am Vorabend schön. Als der Metal Hammer seine Musik ausmachen musste, drehten wir MAIDEN auf und hatten den ganzen singenden Mob vor unserem neuen Stand. Ein kräftiges 'Run To The Hills!' noch mal an alle, die da waren! Auf unserem kleinen Camping-Gelände stolperte anschließend noch Sven aus der ENDSTILLE-Crew auf ein Bier in unseren Pavillon und philosophierte über "ne Olle mit 'nem Gesicht wie ein oingetretenes Kellerfester. Des geht jo mal gornich." Mit einem dementsprechend dicken Kopp wachte ich am Morgen danach auf. Aber Abtsgmünd hielt ja die passende Portion Guten-Morgen-Geknüppel bereit. "Come on!" hallte Lord Sabathans krächzende Stimme über den Platz. Als ich mich der Painstage näherte, lief auch schon ENDSTILLE-Drummer Timm mit seinen Sticks luftknüppelnd sowie den Wachtfels im Schlepptau an mir vorbei. ENTHRONED ziehen einfach, und besonders melodischere Nummern wie 'Scared By Darkwinds' setzten Stimmungspunkte zwischen dem sonst alles niedermähenden Geknüppel. Sein Set hatte das belgische Höllenkommando übrigens weitgehend abgeändert, im Vergleich zum Party.San eine Woche zuvor. Schließlich beendete 'Hellgium Messiah' das morgendliche Nackentraining made in Belgium.

Auf dem Rückweg zum Stand kam dann von der Hauptbühne die minutenlange Durchsage, doch bitte die Autos von dem Weg, der Festivalgelände und Campingplatz verbindet, wegzufahren. Sie müssten sonst kostenpflichtig abgeschleppt. Für alle, die später irritiert vor unserem Stand oder nebenan vor Metal.de standen: Genau daraus entwickelte sich ein Insider. "Verdammt nochmal! Jetzt fahr doch endlich mal diesen scheiß Zeppelin weg! Der steht voll im Parkverbot! Verdammt, wer hat denn jetzt den scheiß Schlüssel?!" Vor allem unsere Hut tragender und Lemmy spielender Georg wusste damit so manchen Besucher zu verschrecken.
(Carsten Praeg)

LACRIMAS PROFUNDERE
Eigentlich traurig - LACRIMAS PROFUNDERE waren mal eine ziemlich gute Depri-Death-Band mit leichtem Gothic-Touch. Offenbar hat sich das aber nicht gut genug verkauft, weshalb die Jungs um Sänger Christopher Schmidt die Death- und Depri-Elemente weitestgehend eliminiert haben und jetzt nur noch eine Gothic-Band sind. Noch dazu eine ziemlich rausgeputze, allen voran der Fronter, der im schwarzen Jacket leicht overdressed wie ein eitler Gockel über die Bühne stolzierte und sich mit jeder Bewegung selbst inszenierte. Stetiger Regen sorgte laut Christopher für das "richtige Gothic-Wetter für dieses Gothic-Publikum", dessen Sklaven die Band für die nächsten 30 Minuten sein wollte. Na denn...
Der musikalische Schwerpunkt lag konsequenterweise auf den letzten beiden Outputs, wobei 'Sarah Lou' "all diesen seltsamen Frauen" gewidmet wurde. Danke schön auch. Sogar der einzige ältere Song der Setlist, 'Without', klang nur noch halb so intensiv wie auf Scheibe. Macht's gut Jungs, ich wünsch euch viel Spaß mit den ganzen Gothic-Girls. Eure letzten alten Fans habt ihr nämlich spätestens mit diesem Auftritt auch noch vergrault.
(Elke Huber)

Vielleicht führte das dazu, dass bei der Autogrammstunde einer die gesamte Band auf seinem besten Stück unterschrieben ließ. Ob er so gut bestückt ist oder die Bandmitglieder nur mit kleinen Punkten unterschrieben, bleibt der Phantasie überlassen. Immerhin packten auch zwei Mädels ihre Möpse aus, wir haben schließlich Gleichberechtigung.

ENDSTILLE
Wann wurde die Painstage ihrem Namen eigentlich mal derart gerecht wie in diesem Sommer? ANNOREXIA NERVOSA, NOCTE OBDUCTA, GOD DETHRONED, BEHEMOTH und jetzt auch noch ENDSTILLE! "The German radio has just announced that Hitler is dead." Nach dem traditionellen Intro raste das Kieler Sturmkommando mit dem neuen 'Navigator' gleich richtig fies los. Lars Wachtfels wirkte zwar etwas müde an der Gitarre, dafür grinste Mayhemic Timm hinter seiner Schießbude mal wieder umso mehr. Hinzu kamen wie immer Iblis' typische Ansagen. Mit "Jesus Christus liebt unsere Musik" und erhobenem Mittelfinger widmete er 'Biblist Burner' den beiden Zeugen Jehovas, die vor dem Festival-Eingang ihren Wachturm bereit hielten. "Seid ihr schon fertig? Geht hier nix mehr?" fragte Iblis anschließend mit norddeutschen Akzent und feuerte das Publikum an: "Dann mal los! Dominanz!" Dafür, dass ENDSTILLE nicht unumstritten sind, war es vor der Schmerzbühne ganz schön voll. Oder es wirkte nur so, da sich genau in der Mitte des Publikums durch eine gewaltige Pfütze ein großes Loch in der Menge bildete. Störte nach ein paar Songs aber auch keinen mehr und die Pfütze wurde kurzer Hand geentert. Auffällig auch, dass eine ganz Reihe Gothics von den Kieler Schwarzheimern angezogen wurde, und sei's vielleicht nur durch Iblis' Kriegsbemalung. Zum Abschluss feurte das Quartett noch 'Ripping Angelflesh' ab. Danach war auch Lars wieder wach und übte sich kurzer Hand als Stagediver. "Sportfreunde Endstille!" rief Kollege Tolga, der auch noch über einige andere Auswüchse des endstilligen Festivallebens berichten wird.
(Carsten Praeg)

ORPHANED LAND
ORPHANED LAND waren eine der Bands auf dem Breeze, die auch Freunde progressiverer Klänge ansprechen konnten, und sowohl musikalisch als auch konzeptionell eine der interessantesten Acts des Festival! Denn die Mischung ist schon einzigartig: Metal ist für die Band quasi nur ein Rahmen, in dem Spielraum für vielerlei musikalische Einflüsse frei ist. Die Israelis verwursten folkloristische, orientalische und arabische (!) Musik mit Elementen von Pop, Prog und sogar Death Metal zu - und das ist die große Kunst dabei - schlüssigen Songs. Dass diese Songs auch live tauglich sind, hat die Band unlängst im Vorprogramm von PARADISE LOST bewiesen. Cool finde ich, dass die zum Teil hochkomplexen Songs (man höre nur den Mittelpart von 'Halo Dies', der Fans von DEATH und DREAM THEATER gleichermaßen begeistern dürfte) mit einer großen Spielfreude und Begeisterung dargeboten wurden, denn es wurde fröhlich gebangt, gepost und gegrinst. Vor allem der Mann hinter den Keys hat das ganze sichtlich genossen. Ich auch!
(Thomas Becker)

Und ich erst! Das gesangliche Wechselspiel zwischen Sänger Kobi Farhi und seinen Mitstreitern war sowohl akustisch als auch optisch wundervoll. Kobi ist ein Meister der theatralischen Gesten, ohne dabei auch nur eine Spur aufgesetzt zu wirken. Und sein arabisches Gewand setzte ein besseres Zeichen, als es wortreiche Predigten tun könnten. Ich wusste das ganze Konzert über nicht, wo ich zuerst hinschauen und auf was ich am meisten achten sollte - den Gesang, die tollen Gitarren, die Keyboardmelodien oder einfach nur das glückliche Lächeln in Keyboarder Edens Gesicht? Nur schade, dass die traditionellen Instrumente hierzulande vom Band kommen. Irgendwann setze ich mich in den Flieger nach Israel und schau mir das ganze mal in voller Besetzung an...

Setlist:
Ocean Land
El Meod Náala
The Kiss Of Babylon
Halo Dies
A Never Ending Way
Norra El Norra
Birth Of The Three
(Elke Huber)

DISBELIEF
Danach ging's ganz schnell rüber zu DISBELIEF, denn ich finde "66Sick" so obermegaaffenschweinefett, dass ich mir beim Gig so richtig den Hals steif bangen wollte. Doch es kam ganz anders. Stellt euch vor, ihr steht in einer eiskalten Dusche, ihr friert Euch den Arsch ab, aber ihr wisst, ihr hab da einen Fön, so ein super Teil mit fünf Stufen von lauwarm mit sehr warm, und der wird euch nach der Dusche so richtig heiß blasen (ähem, okay lassen wir das). Jedenfalls, ihr macht den Fön an und raus kommt nur ein druckloses, lauwarmes Lüftchen - so wie der Sound von DISBELIEF! Irgendwie hatten die Verstärker noch die höhenlastige Quatscheinstellung der Streifenhörnchenbands, die davor gespielt hatten, alles war verwaschen, und wo war der Bass??? Also DISBELIEF brauchen einen fetten, differenzierten, druckvollen Sound wie der Koala sein Eukalyptus, weil die Musik von den geilen Gitarrenharmonien und dem ausgefeilten Groovemonster-Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug lebt. Aber diesmal hab ich ihn schwer vermisst, zumal vor zwei Jahren, selbe Zeit, selber Ort, alles voll supi war. Leider hat auch Sänger Jagger die auf Platte wahnwitzige Gesangsleistung live nicht ganz umsetzen können, da die leidenden Screams und Grunts oft nicht ausgesungen wurden. Schade, jedoch kein Vorwurf an den Rest der Band. Die Performance hat gestimmt, die Haare sind geflogen, und die Setlist fand ich brillant (u.a. vier "66Sick"-Songs!). Alles in allem war ich doch enttäuscht, wohlwissend sie können's besser!
(Thomas Becker)

CALIBAN
Bei dem Backdrop (dabei war ein Wolf zu sehen und da drüber der Bandname) wurden unweigerlich Erinnerungen an das komödiantische Highlight schlechthin, nämlich POWERWOLF, geweckt. Dabei hatte die Truppe musikalisch nix mit den Rumänen am Hut, sondern zockte ordentlichen Metalcore. Da durfte auch die Wall of Death oder ein ordentlicher Circle-Pit nicht fehlen. Leider war der Sound nicht das Gelbe vom Ei, obwohl meine übrigen Schreiberkollegen vom VIP-Campingplatz einen besseren Sound hatten als ich vor der Bühne. So waren zum Beispiel beim bekanntesten Stück 'The Beloved & The Hatred' die "cleanen" Gitarrenparts überhaupt nicht zu hören, obwohl sie zur Schaumkrone des Songs gehörten. Der Meute vor'm Publikum war's egal. Sie gingen trotzdem ordentlich, aber fair, mit. Das abschließende PRIEST-Cover 'Breaking The Law' setzte einen würdigen Schlussstrich. Mit einem besseren Sound wäre auf jeden Fall mehr zu holen gewesen, aber auch so gingen die Leistungen, allen voran das Stageacting, voll in Ordnung.
(Tolga Karabagli)

THE VISION BLEAK
THE VISION BLEAK sind ein vampirisches Musiktheater, was man beim ersten Hören nicht so recht verstehen mag. Wer sich aber mit den Platten der Band befasst hat, der weiß, dass hier ganz großes Kino geboten wird und lässt sich auch nicht vom dezenten Corpsepaint in die Irre führen. Nein, das ist kein Black Metal, das ist einfach unbeschreiblich düstere Musik! THE VISION BLEAK haben es gerne theatralisch, dramatisch und spielen gelungen mit diesen Elementen. So baute sich die Dramatik langsam auf und man spannte einen Bogen zwischen neuen und alten Songs, präsentierte 'Wolfmoon' oder das aktuelle 'Carpathia' und lud das Publikum damit auf eine kleine Reise ein. Wer kommt mit?
(Caroline Traitler)

SUCH A SURGE
Waren SAS unter die "Pandabären" gegangen oder warum hatten sich Sänger Michel Begeame und Basser Axel Horn weiß angemalt? Auf den Sound hatte die neue Gesichtsfarbe keinen Einfluß, und so versuchten sie auf Teufel komm raus gute Stimmung zu erzeugen. Das war, trotz musikalischer Klasse, bei dem Dauerregen kein leichtes Unterfangen. Das bemerkte auch der Sänger, der dann folgendes Statement von sich gab: "Sagt doch mal ehrlich: Der Regen ist doch mal richtig scheiße!" Die Band hatte gut reden, musste sie doch ganzen Tag nicht mit "Schirm auf/Schirm zu"-Spielchen verbringen. Bei Sonnenschein wäre das ganze leichter zu ertragen, so prallten Songs wie 'Chaos', 'Fleisch' und 'Überfall' am Großteil der Menge ab, wie die Regentropfen vom Regenschirm. Apropos 'Chaos': Das widmete der Sänger den "Jungs im Matsch". Brachte zwar auch keinen Sonnenschein, aber war ja egal! Einzig und allein 'Schatten' entfachte so was wie eine euphorische Stimmung, aber da war der Gig auch schon zu Ende. An den Jungs lag's nicht, denn die waren bestens aufgelegt und hatten ihr Programm gut runtergerissen. Nur der nicht enden wollende Regen schlug einem mehr als auf die Gemüter.
(Tolga Karabagli)

SYMPHORCE
SYMPHORCE ist die zweite Combo von Ex-IVANHOE, jetzt BRAINSTORM-Sänger Andy B. Franck, ausgewiesenermaßen ein begnadeter Metalsänger. Zumal er auch, glaube ich, ganz gute Chancen hatte, seinerzeit bei IRON MAIDEN unterzukommen, als die Nachfolge für Bruce gesucht wurde. Bei SYMPHORCE ist Andy sogar der Cheffe, es ist "seine" Band, und die ist gut! Musikalisch wird gottlob mehr "force" geboten als "symph", dafür gab's aber viel Sumpf oder vielmehr Schlammpfütze, die vom jüngeren Teil des Publikums ausgiebig genutzt wurde, um sich darin rumzusuhlen und andere Menschen nass zu spritzen, und die triefende junge Rothaarige war für einen Teil des Publikums interessanter als die Bühnenperformance von SYMPHORCE. Aber zurück zum Gig: Die Band zockt so in den Breitengraden von NEVERMORE oder VICIOUS RUMORS, also deutlich härter und progressiver als BRAINSTORM, und Mittelpunkt ist natürlich Andy mit seiner Wahnsinnsstimme, der die Songs, allesamt Power-Metal-Kracher vor dem Herrn, veredelte. Ehrlich, ich hab keine Scheibe von SYMPHORCE, aber was ich da gehört hab, kann keine bessere Kaufempfehlung sein, sofern man Metal mit viel Power, hohem Gesang, aber trotzdem ohne Klischees und Plastikschwerter mag! Bis zur letzten Sekunde ein Genuss.
(Thomas Becker)

SUBWAY TO SALLY
Diese Potsdamer Mittelalterband ist ein Gewinn für jedes Festival und hätte eigentlich an die Headliner-Position gehört. Menschenmassen versammelten sich vor der Hauptbühne, um zu den mitreißenden SuToSa-Songs, verpackt in eine beeindruckende Show, nochmals mittelalterlichen Klängen zu frönen. Okay, Eric Fish hat einen seltsamen Kleidungsstil und erinnert immer mehr an eine Mischung aus DJ Ötzi und Udo Dirkschneider. Aber die von Jahr zu Jahr appetitlicher aussehende Frau Schmidt und der Traum-Schwiegersohn Bodenski setzten einen leckeren optischen Gegenpol. Mit fetten Pyroeffekten, der besten Bühnendeko des ganzen Festivals (unter anderem Orgelpfeifen neben dem Schlagzeug, mit Metallrohren umhüllte Mikrophonständer und ein leuchtender Kreis als Backdrop), zahlreichen Crowdsurfern und einer gut gewählten Setlist entfachten sie die übliche überschäumende Stimmung, wie man sie von ihnen kennt und erwartet. Definitiv die beste Party des ganzen Festivals!

Setlist:
Veitstanz
Knochenschiff
Unsterblich
2000 Meilen Unterm Meer
Die Schlacht
Sieben
Mephisto
Henkersbraut
Sag dem Teufel
Ohne Liebe
Falscher Heiland
Julia und die Räuber
(Elke Huber)

END OF GREEN
Der Sänger von END OF GREEN ist ein armer Tropf. Denn er ist dazu verdammt, ständig an den Ohren zu frieren, sogar im Sommer, und deshalb muss er sein ganzes Leben lang eine Wollmütze zu tragen. Am diesem Tag war's aber auch für andere Anwesende kalt, doch warm ums Herz wurde es mir spätestens beim Gig von END OF GREEN. Ich liebe diese Art melancholischen Alternative Rock, der sowohl etwas von den Großen der Grunge-Ära (PEARL JAM, SOUNDGARDEN, oft auch BUSH!) als auch Einflüsse des Melancholic Rock (SENTENCED, späte PARADISE LOST) hat und dabei live auch noch dermaßen gut rockte, dass die anwesenden, erstaunlich textsicheren Fans so richtig am Rad drehten - geil! All das wäre aber nicht möglich, wenn der Kopfsocken-Mann am Mikro keine so außergewöhnliche, weil warme, leidende und dennoch kraftvoll rockige Stimme hätte - das war gänsehautmäßig. Eins mit Sternchen und Sahnehäubchen für END OF GREEN!
(Thomas Becker)

J.B.O.
Hatte ich eigentlich schon erwähnt, wie schön so ein gut gefüllter Kühlschrank im eigenen Stand ist? Wohl zu oft, und dementsprechend gut gefüllt war auch meine Blase. Auf dem Weg zum Dixi schallte 'Ein guter Tag zum Sterben' herüber. Mitsummend verpeilte ich aber irgendwie, dass ich eigentlich gerade vor der rosa angestrahlten Bühne stehen müsste. Muss wohl irgendwie an der Urform dessen gelegen haben, was ich gerade entleerte. So verpasste ich zwar den Gig, sah dafür aber später zwei der Spaßköppe an unserem Stand. Während Sänger Hannes in seinem rosa Tarnanzug nur kurz vorbeilief, verweilte Gitarrist Vito doch etwas länger und war dem ein oder anderen Schwätzchen nicht abgeneigt. So ließ ich mir die Chance nicht entgehen, ihm Respekt für den Gig beim "Vaya Con Tioz" zu zollen. Schließlich hatte eine ganze Reihe von den Bands beim Thema ONKELZ den Schwanz eingezogen. "Aber wir wussten ja, worauf wir uns einlassen", meinte Vito. "Erst unterschreiben und dann absagen, ist doch kindisch!" Und die 100.000 Onkelz-Fans hatten J.B.O. auch gut angenommen. Das bekräftigt mich in meinem Vorhaben, nach dem Ende der Tioz nun vermehrt J.B.O. zu hören. Auch wenn der Anfang zugegebener Maße etwas in die Hose ging...
(Carsten Praeg)

Tjaja Carsten, dumm gelaufen ;-) Wie gut, dass meine Blase schon leer war, als mich die ersten rosafarbenen Schallwellen erreichten, denn meine unteren Extremitäten fühlten sich davon wohl magisch angezogen und führten mich so direkt vor die Bühne. Dort hatte sich eine riesige - nicht ganz rosafarbene - Menschenmenge versammelt, um dem Blödsinn zu frönen. Und da sag nochmal einer, die Spaßmucke von J.B.O. würde bei einem Metal-Publikum auf Festivals wie dem Summer Breeze nicht ankommen! Auf die Frage, ob denn da unten nicht nur SLAYER-, sondern auch J.B.O.-Fans wären, ertönte ein einstimmiges JAAAAAH! aus der wogenden Menge. Apropos Kommunikation zwischen Band und Publikum - die klappt ja inzwischen auch schon richtig gut, denn die meisten wissen, dass die Höflichkeit verlangt, dass auf ein "Danke Summer Breeez!!!" ein laut vernehmliches "Bitte Vito!!!" oder gegebenenfalls ein "Bitte Hannes!!!" durch die Luft schallen muss.
Doch nun sollte ich wohl noch ein bisschen über die Show erzählen: Dass J.B.O. nicht nur was für's Gemüt, sondern auch für Augen und Ohren sind, hat sich glaube ich schon rumgesprochen. Ständig wechselnde Outfits, wie Vito als Pabbarotti, der "Roots Bloody Roots" singt, Gasmasken für die RAMMSTEIN-Satiere "Ein bisschen Frieden" oder Vito als Rock'n'Roll-Priester beim "Glaubensbekenntnis" gehören genauso zum Programm, wie eine musikalische Glanzleistung, die metallische Ohren wie Balsam verwöhnt. Und bei dem Ganzen haben die Jungs immernoch die Kondition, ständig wie wahnsinnig von einen Ende der Mainstage ins andere zu wetzen. RESPEKT!
Nun noch was zu DEM Stück, das auf keinem J.B.O.-Gig fehlen darf und das Carsten ja auch schon angesprochen hat: "Ein guter Tag zum Sterben". Die komplette erste Strophe wurde vom gewaltigen Chor der J.B.O.-Fans fehlerfrei durch die Nacht gebrüllt - ich weiß ja leider nicht, wie sich das auf der Bühne angehört hat, aber es muss ein geiler Sound gewesen sein, denn Hannes und Vito gingen vor Überwältigung fast die Augen über! Nachdem Vito dann die restlichen Strophen - begleitet von dem Mega-Chor - zu Ende gebracht hatte, hieß es schon fast Abschiednehmen. Doch es wurde kein trauriger Abschied, sondern 'Ein Fest', das mit Silber-Konfetti-Regen zu Ende ging.

Setlist:
Verteidiger des Blöedsinns
Bolle
Laichobein/Kuschelmetal
Ein bisschen Frieden
Roooots
Glaubensbekenntnis
Wir ham ne Party
Arschloch und Spaß dabei
Gänseblümchen
Ein guter Tag zum Sterben
Ein Fest
(Ulrike Weihrauch)

TRISTANIA
Da hatte man auch noch SUBWAY TO SALLY verpasst und musste sich als Ausgleich für Elkes Einspringen TRISTANIA zu Gemüte führen. Die Ex-Band von SIRENIA-Frontman Morten Veland legte aber mit 'Beyond The Veil' ganz gut los. Recht melodisch das Ganze, und gleich zwei Sänger und eine Sängerin schlawenzelten über die Bühne, auf der es recht eng zuging. Wenn die Sängerin doch nur nicht auch noch WITHIN TEMPTATION-mäßig mit den Armen rumfuchtelt hätte. Insgesamt aber ein recht ansehnlicher Gig mit guter Lightshow, und das Publikum klatschte bis zum Tonturm. Songs wie 'Aphelion' vom aktuellen Album kamen mit klaren Chören gut rüber, auch wenn sich zwischendurch mal ein Verspieler einschlich. Allerdings hätte die Sängerin nicht auch noch die Ansage vom letzten Song 'Angina' fast trällern müssen.
(Carsten Praeg)

LACUNA COIL
Die Italiener sind gut, keine Frage. Sie heben sich vor allem sehr positiv von sonstigen Bands mit Sänger und Sängerin ab. Denn Cristina Scabbia ist nicht nur eine Augenweide, sondern hat auch eine sehr ausdrucksstarke Stimme und meidet jegliches Gothic-Klischee. Auch ihr männliches Pendant Andrea Ferro, der anfangs neben ihr förmlich verblasste, wird von Scheibe zu Scheibe besser. Allerdings ist ihnen eines noch nicht gelungen: richtige Hits zu schreiben. Songs, bei denen man sich nicht denkt, dass man sie zwar von irgendwoher kennt, aber beim besten Willen nicht zuordnen kann - und das, obwohl man sämtliche Alben im Schrank stehen hat. 'Heaven's A Lie' kommt ganz dicht ran an das Hitpotenzial, auch das in ihrer Muttersprache vorgetragene 'Senzafine' sticht hervor. Der Rest ist gefällig, mehr nicht. Und schon gar nichts für die Hauptbühne um 23 Uhr. Ich mag LACUNA COIL, ihre sympathische Bühnenpräsenz, ihre vielen Live-Aktivitäten. Aber wenn sie nicht bald mal anfangen, Songs zu schreiben, die ein wenig besser hängen bleiben, kommen sie wohl nie über ihren ewigen Vorgruppen-Status hinaus. Das ebenfalls dargebotene Stück von der kommenden Scheibe klang vielversprechend, da es harte, recht moderne Elemente enthielt, die ich von der Band so nicht kenne. Schaun wir mal, was die Zukunft so bringt - verdient hätten sie den ganz großen Wurf allemal.

PAIN
Was ist denn nur mit Peter Tägtren los? Der schwedische Tausendsassa sieht derzeit nicht nur erstaunlich gesund aus, er tritt auch richtig Arsch. Hat mit seiner Hauptformation HYPOCRISY einen gewaltigen Brecher am Start, rülpste kürzlich das letzte BLOODBATH-Album ein, und auch seine elektronische Nebenspielweise PAIN kommt auf dem aktuellen Output "Dancing With The Dead" erstaunlich heftig rüber. Zu viel Energie durch Alkoholentzug, oder was? Egal, Peter ist gerade nicht nur körperlich fit bis in die langen braunen Haarspitzen, sondern auch live ein Garant für Topleistung. Dazu schmückt er sich bereits seit der letzten Tour mit zwei durchaus hübschen und talentierten Damen an Gitarre und Bass, die den Sound von PAIN auch optisch gut rüberbringen. Tanzbare Mucke für die Mädels und was zum Kucken für die Jungs sozusagen. Und auch wenn Meister Tägtren auf der Pain(!)-Stage gut aufgehoben schien, so hat er sich eigentlich schon längst einen Auftritt auf der großen Bühne verdient. Vielleicht mit dem nächsten Album? PAIN waren ein temporeicher Ausklang eines langen Festivaltages und ließen das miese Wetter darüber beinahe vergessen.

Setlist:
Supersonic Bitch
End Of The Line
Dancing With The Dead
Eleanor Rigby
Bye/Die
Greed
It's Only Them
Shut Your Mouth
Same Old Song
On And On
Suicide Machine
(Elke Huber)

Redakteur:
Elke Huber

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