Summer Breeze 2005 - Abtsgmünd
19.09.2005 | 22:1618.08.2005,
POWERWOLF
Guten Morgen, seid ihr bereit mit den Wölfen zu heulen? Ja? Dann haben wir heute was Besonderes für euch. POWERWOLF hieß das Frühstück am zweiten Summer Breeze-Tag und das sah folgendermaßen aus: Ein paar bleich geschminkte Vampire heizten uns mit einem Soundbrei, der aus den Tiefen der Old-School-Metalkiste stammen könnte, mächtig ein! Ihr versteht nix? Kein Problem, das ist POWERWOLF, das muss man gesehen haben, sonst glaubt man es einfach nicht. So legten die zwei Gitarristen mit Posen ohne Ende los (man kennt die Herren übrigens auch von FLOWING TEARS!) und Sänger Attila aus Rumänien (ein ausgebildeter Opernsänger) stimmte dazu so lustige Liedchen wie 'Mr. Sinister' oder 'We Came To Take Your Souls' an. Die kultigen Ansagen wie "Lasst uns doch mal das schöne Wetter anheulen" wurden übrigens später im strömenden Regen zum Running Gag. Doch am Vormittag dachte noch keiner an Regen, und so heulten die leider noch nicht so zahlreichen Frühaufsteher munter mit und ließen sich schnell von der mitreißenden Show zum Headbangen verführen. Nach dem gelungenen Auftritt traf man die Wölfe Backstage umringt von einer Meute Kinder, die nach Autogrammen bettelten. Eine der Betreuerinnen der Kindergruppe verriet, dass es sich dabei um einen Ausflug im Rahmen des Ferienprogramms handelte. Klasse Metalbildung!
(Caroline Traitler)
MAROON
Nachdem die Frühaufsteher bei POWERWOLF sich köstlich amüsiert und das (noch) schöne Wetter angeheult hatten, ging's bei MAROON ein bisschen ernster zur Sache. Dabei konnte Sänger Andre, zumindest spucktechnisch, mit Wattie von THE EXPLOITED locker mithalten. Gleich nach dem ersten Song spuckte er sich selbst versehentlich ins Gesicht. Auch 'ne leckere Morgendusche! Ansonsten bildete sich am frühen Mittag der erste Moshpit. Während beim ersten Song schon fast Black-Metal-mäßig gekeifft wurde, dominierte ansonsten zu Beginn eher durchschnittlicher Metalcore. Erst ab dem vierten Song hatte sich die Band warmgespielt und der "Hüpfende Springbrunnen" (Andre) verteilte Wasser im Publikum als ob es kein morgen gäbe. A propos Sänger: Der hatte morgens wohl mehr als einen Clown gefrühstückt und kasperte schlimmer rum als Alfred Pojer beim "Quatsch Comedy Club". Mal steckte er sich 'ne leere kleine Wasserflasche in die Hose und tat so, als ob er einem Securityfuzzi auf'n Kopp uriniert, dann benutzte er sein Mikro als Deoroller oder vollführte einen Bauchtanz. Die übrigen Bandmitglieder lieferten lediglich den Soundtrack für die One-Man-Show, und hatten keine Möglichkeit aus dem kleinen Schatten hervor zu treten. Gegen Ende wurde nochmal ein riesengroßer Moshcircle gebildet, was für die Qualtität der Gruppe sprach. Mit dem Abschlusssatz: "Wer von unseren Dreckfressen nicht genug hat, kann zur Autogrammstunde beim Hammer-Bus vorbeischauen" wurde ein recht kurzweiliger Gig beendet. Sollte man im Auge behalten.
(Tolga Karabagli)
KORPIKLAANI
Wo kommen eigentlich diese ganzen finnischen Humppa-Folk-Bands her, die gerade dazu ansetzen, FINNTROLL & Co. Konkurrenz zu machen? Rennen die wirklich alle mit einer Geige und einem Akkordeon in der Hand durch die finnischen Wälder, oder werden sie bereits des großen Erfolges wegen von den Labels gecastet? KORPIKLAANI verbinden also trollische Trademarks mit sehr viel Folk und hauen damit in eine ähnliche Kerbe wie TURISAS. Allerdings präsentierten sie sich auf dem Summer Breeze - bis auf das Elchgeweih am Mikro - völlig ohne Kostüme und Kriegsbemalung und stellten ihren Geiger noch mehr in den Mittelpunkt. Eigentlich nicht verkehrt. Jedoch hätten die Gitarren ruhig etwas lauter, der Bass dafür etwas leiser und die Show etwas lebhafter sein dürfen. So war's ein bisschen viel instrumentales Geigengefiedel und ein bisschen wenig Metal und Posing für meinen Geschmack. Das äußerst zahlreiche Publikum ließ sich jedoch zu lustigen Tänzchen hinreißen und strömte nach dem finalen Song 'Beer Beer' in Scharen an die nächste Bar.
(Elke Huber)
ABORTED
ABORTED waren danach schon heftiges Kontrastprogramm. Derbster Death Metal, der auch bei diesem Gig keinerlei Kompromisse einging. Ein dauerrotierender Sänger, der dabei nicht wenig an den Corpsegrinder erinnerte, und auch die Matten wurden hübsch geschwungen. Dazu gab's Highspeed-Gebolze en masse, immer wieder gespickt mit geilen Riffs, welche in dieser Geschwindigkeit schon beeindruckend waren. Und trotzdem: So richtig konnte man damit in Abtsgmünd nicht landen. Die Resonanz war auch im Gegensatz zu anderen Bands des Festivals eher verhalten. Grund könnten insbesondere die langen Pausen zwischen den einzelnen Songs gewesen sein, die so die ohnehin schon magere Stimmung immer wieder auf Null zurückfallen ließen. Alles in allem also kein Gig, der sich in die Annalen des Festivals gespielt hat.
(Holger Loest)
KORODED
Bei KORODED tummelten sich genauso viele Leute wie bei POWERWOLF. Eigentlich schade, denn die Truppe bot melodischen Metalcore und war meiner Meinung nach besser als MAROON. Spontan fallen mir als Vergleich DRY KILL LOGIC ein, mit denen die Jungs locker mithalten konnten. Zwar wurden die üblich Hüpfposen eingenommen, die man mittlerweile von den meisten Metalcore-Kapellen kennt, aber es wirkte zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt. Die Menge dankte der Truppe das Engagement und ging amtlich mit. Beim letzten Song stampfte Chris von UNITY NEW CRISIS ebenfalls auf die Bühne um mit dem Sänger um die Wette zu brüllen. Mit der Aufforderung "Wir können uns bei der Autogrammstunde zum Saufen verabreden" verließ die Truppe die Bühne. Hat Spaß gemacht!
(Tolga Karabagli)
NOCTE OBDUCTA
Lange hatte es gedauert, bis ich mit den Avantgarde-Blackies warm wurde, dafür aber umso intensiver. Auf dem Weg zu Schmerzbühne krachte schon 'Es fließe Blut' aus den Boxen, der härteste Song des neuen "Nektar 2"-Albums. Endgeil! Mein Kumpel Falko hielt als Dankeschön in der zweiten Reihe sogleich ein Schild hoch: "Torsten, deine Texte sind so viehs!" Als der Sänger Falkos Rechtschreibung bemerkte, schlug er grinsend die Hände über'm Kopf zusammen. Dann feuerte der Unhold das Publikum weiter an, und einige hübsche Mädels in der ersten Reihe bangten freudig mit. "Das neue Album kommt endlich", verkündete Gitarrist Marcel. "Und es hat nix mit Obst zu tun." Hä? Naja, der Gig war auf jeden Fall kongenial, und bei der Autogrammstunde an unserem Stand bescherten uns die Mainzer ein ziemliches Gedränge. Nicht nur in unserem Stand, in den sie sich zu sechs zwängten, sondern vor allem davor. Am Ende ließen sich die Spaßköpp auch noch Autogramme von ihren Fans geben oder schrieben sich gegenseitig Widmungen. Da konnte Basser Patrick auch mal zwischendurch aufs Klo und wurde kurzer Hand von mir ersetzt. Also seht euch eure Autogrammkarten noch mal genau an... ;-)
(Carsten Praeg)
KRISIUN
Die brasilianischen Radaubrüder von KRISIUN bevölkerten dann als nächste die Hauptbühne. Mag sein, dass einige zuvor dachten, das Trio könnte die Größe der Bühne nur schlecht ausfüllen doch weit gefehlt. Zum einen wurde so ziemlich der gesamte hintere Bereich mit der Backline zugestellt, so dass sich schon ein recht beeindruckendes Bild mit Verstärkern bildete, zum anderen haben die Südamerikaner eben eine gewisse Aura, mit der sie es problemlos schaffen, den Platz um sich herum vergessen zu machen. Leider war der Zuschauerzuspruch anfangs nicht allzu groß, so dass die ersten Songs wie 'Murderer' in eine ziemliche Leere hallten, jedoch schafften es KRISIUN, Song für Song mehr Leute vor die Bühne zu locken, was ein mehr als dezenter Hinweis dafür ist, dass die Brasilianer wiederum eine absolut großartige Show ablieferten. Ein weiteres Mal absolut beeindruckend, mit welcher Zielsicherheit, mit welchem, Druck und mit welcher Intensität die Songs vorgetragen werden. Da bleibt einem nicht weiter übrig als anerkennend Beifall zu zollen. Sehr gute Show.
(Holger Loest)
SKINDRED
Nach zwei Knüppelcombos war die Crossover-Truppe SKINDRED eine willkommene Abwechslung. Die Hauptrolle spielte dabei der dunkelhäutige Sänger Benji (warum ich auf die Hautfarbe aufmerksam mache hat seinen Grund und wird im Laufe des Berichts noch geklärt). Dabei war die Combo so intensiv wie STUCK MOJO, gepaart mit der Leichtigkeit von LIVING COLOUR. Vor allem Benji provozierte ein ums andere Mal das Publikum mit Sprüchen wie "If this is a Metal-Festival, what are you doing here?" Dabei konnte ihm das Publikum nicht heftig genug abgehen und war seiner Meinung nach zu reserviert. Obwohl die kleine, aber feine Menge vor der Pain-Stage Sprüchetechnisch einen Besen nach dem anderen schlucken musste, gingen sie richtig gut mit. Brüller des Sets war folgendes Statement von Benji: "You like Black Metal? I´m Black Metal! I tried to wash it out, but it didn´t work." Absoluter Oberkult! Das die übrigen Bandmitgliedern neben diesem Entertainment-Tier zu Statisten degradiert wurden, braucht man nicht erwähnen. Obwohl sich der Himmel langsam zuzog herrschte auf der Bühne eitel Sonnenschein. Mit Titeln wie 'Starfuckers', 'Set It Off', 'Pressure' und 'Bouncin´' spielten sich die Jungs in die Herzen der ´Breeze-Besucher. Ich bin sogar geneigt die Jungs vom Entertainment-Faktor in Richtung RAGE AGAINST THE MACHINE anzusiedeln. Der Überraschungsact des diesjährigen ´Breeze und nicht umsonst ertönten die SKINDRED-Rufe am Ende des Gigs! Unbedingt anchecken wenn sie in einem Club in eurer Umgebung halt machen. Ich bezweifle aber, dass die Clubs auf so eine Hüpfarmada vorbereitet sind...
EMIL BULLS
Mit einem vielversprechenden MANOWAR-Intro ('The Crown And The Ring' vom "Kings Of Metal"-Album) ging's los. Der punkig-grungige Sound dröhnte zwar ordentlich aus den Boxen, doch der Funke wollte nicht auf's Publikum überspringen. Der einsetzende Regen war darüber hinaus ein weiteres Handicap, aber das war's nicht allein. Nach der richtig guten Show von SKINDRED wirkten die Geschehnisse auf der Bühne zwar ganz lustig, doch es fehlte das Anarchische, was den SKINDRED-Gig so ausgezeichnet hat. Als ob das nicht genug wäre, besaß die Truppe die Frechheit, MEGADETHs 'Symphony Of Destruction' zu verhunzen. Ähnlich wie DIE HAPPY letztes Jahr, die beileibe keine schlechte Show boten, fielen die EMIL BULLS dieses Jahr aus dem Rahmen. Auf jedem anderen Festival wären die Jungs besser aufgehoben gewesen als beim Breeze. Schade, denn musikalisch war's, von der Coverversion abgesehen, gar nicht mal soo schlecht.
(Tolga Karabagli)
NORTHER
Wie viele Bands eines Genres kann die Szene eigentlich vertragen? Offenbar mehr, als man denkt. NORTHER klingen wie die CHILDREN OF BODOM, haben den gleichen Sänger wie ENSIFERUM, sind somit relativ unoriginell und austauschbar - und zogen auf dem Breeze trotzdem die Massen. Auch das mit dem nach vorne geneigten Keyboard hab ich schon mal anderswo gesehen. Und nein, lieber Petri, nicht alle saufen so viel wie ihr Finnen und hatten demzufolge einen Kater vom Vortag. A propos - mein Bier war schon wieder leer. Musste ich doch mal schnell auffüllen gehen...
(Elke Huber)
DIE APOKALYPTISCHEN REITER
Die APOKALYPTISCHEN REITER lösten das Problem, die große Bühne zu füllen, mal wieder auf ihre ureigenste Art: Sie stellten einfach eine Hüpfburg drauf und luden ein paar Fans zum munteren Auf und Nieder ein. Es gibt glaube ich wenig, was diese Band nicht tun würde um auch nur ein bisschen aus der Masse herauszustechen. Gut so. Auch die Reaktionen im Publikum waren mit die ausgelassensten des ganzen Festivals. Derartig viele Crowdsurfer sind jedenfalls nie zuvor über meinen Kopf gewandert, Minutentakt ist da noch nicht mal ausreichend. Da störte es auch nicht, dass Pitrones Gitarre zwischendurch mal ausfiel. Hier war einfach Metalparty angesagt, und die wurde bis zum Ende durchgezogen wurde. Und dieses Ende war dann doch überraschend, denn es war einer der wenigen Gigs, bei denen 'Metal Will Never Die' mal nicht zum Einsatz kam ('Unter der Asche' im Übrigen ebenso wenig...), als letzten regulären Track gab´s 'Dschinghis Khan', und als Zugabe verdutzten die REITER mit 'Vier Reiter stehen bereit'. Irgendwie wohltuend, mal ohne 'Metal Will Never Die' auszukommen, wenn es sich auch insbesondere auf 'nem Festival sehr gut anbieten würde.
(Holger Loest)
BEHEMOTH
Dann machten sich die polnischen Death-Metaller im Shagrat-Outfit daran, die Painstage niederzutrümmern. Während Sänger und Gitarrist Nergal zu Doublebass und Strobo-Geflacker dämonisch drein guckte, übten sich seine Saitenkollegen im High-Speed-Propellering. So verdammt schnell hab ich echt noch keinen Musiker die Haare kreisen sehen, und das wirkte auf einige Fans ansteckend. Dazu bolzten BEHEMOTH Songs wie 'Antichristian Pandemonium' oder 'The Universe Illumination' absolut drückend heraus. Das Intro der Zugabe nutzte Nergal, um seinen Oberkörper freizulegen, was einige Pfiffe aus dem Publikum nach sich zog. Düstere Wolken zogen zu, während die vier Polen auch noch 'As Above So Below' nachschoben. Absolut brachial!
(Carsten Praeg)
DARK TRANQUILLITY
Sie sind wohl einer der heißesten Exporte aus Schweden und wenn DARK TRANQUILLITY erstmal live so richtig loslegen, dann gibt's kein Halten mehr! Leider schienen BEHEMOTH, die davor die Pain Stage in Schutt und Asche legten, den Wettergott ganz schön verärgert zu haben, denn als DARK TRANQUILLITY mit 'The Treason Wall' anfingen, gab's zur Abwechslung wieder Regen auf einem Festival (gab es diese Saison überhaupt ein Open Air, das trocken blieb?)(Ja, das Up From The Ground eine Woche später - Carsten). Sänger Mikael Stanne wuselte wie immer mit einer unbändigen Energie über die Bühne und machte sogar Anstalten, am Gerüst hochzuklettern (was er auf Grund des Regens aber zum Glück doch nicht tat). Die Gitarrenfraktion machte mächtig Druck und stampfte einen Schweden-Death-Kracher nach dem anderen aus dem Boden: 'The New Build', 'The Wonders At Your Feet' und der Projector-Song 'ThereIn' (der auf der letzten Tour sträflich ignoriert wurde) machten einfach Spaß! Die Crowdsurfer bahnten sich ihren Weg durch die Menge und das Publikum hatte trotz Regen einfach gute Laune. Die Schweden waren am Ende zufrieden mit ihrem Auftritt und feierten das Gelingen mit Komasaufen. Skol!
Setlist:
The Treason Wall
Lost To Apathy
Through Smudged Lenses
White Noise Black Silence
The New Build
The Wonders At Your Feet
Monochromatic Stains
Punish My Heaven
ThereIn
My Negation
Final Resistance
(Caroline Traitler)
ATROCITY
Nachdem der erste Versuch, das Intro vom Band zu spielen, ordentlich in die Hose ging, klappte es zum Glück beim zweiten Anlauf. Nach dem Intro (von einem Sandalen-Film, aber fragt mich nicht welcher) ging's nahtlos über in den "Atlantis"-Opener 'Phenomena'. Zwar hatte man zu Beginn Alex Krull nicht gehört, doch die technischen Probleme wurden nach relativ kurzer Zeit behoben. Was dann folgte, war eine Lehrstunde in Entertainment. Dabei beschränkte sich die Setlist fast ausschließlich auf das aktuelle "Atlantis"-Album und das ältere "Werk 80". Zwar rotzt sich Alex beim Opener voll ins Gesicht (leckere Dusche am frühen Abend), aber ansonsten war er souverän aufgelegt. Natürlich war auch Liv Kristine dabei, die vor allem bei den "Atlantis"-Stücken dem Chorus mehr Power verlieh, aber ansonsten gab's nix Außerordentliches zu melden. Außer, dass die Jungs verdammt gut drauf waren und die Publikumsreaktionen, trotz Regen, am oberen Ende der Euphorie-Skala anzusiedeln waren. Ganz lustig war auch ein Besucher, der die ganze Zeit über einen Wischmop hochhielt. War das vielleicht 'ne Anspielung auf die arschlangen Haare von Herrn Krull? Ma waas es net! Vor allem die "Werk 80"-Stücke 'The Great Commandment' und 'Shout' kamen total gut an und wurden aus fast jeder Kehle geschmettert. Fazit: Ein geiler Gig und einer meiner Favoriten. Nächstes mal bitte für die Herrschaften die Hauptbühne freihalten.
(Tolga Karabagli)
OPETH
Diese schwedische Ausnahmeband hat sich spätestens seit dem "Blackwater Park"-Album eine stetig wachsende Fangemeinde erarbeitet. Ihr Logo prägte auf vielen T-Shirts das Festivalgeschehen, und der Ansturm auf die Main Stage war beeindruckend. Was mit daran liegen könnte, dass ich eigentlich noch kein schlechtes OPETH-Konzert gesehen habe und auch an diesem Tag schon zu den ersten Klängen von 'Deliverance' in Verzückung geriet. Meine gerade frisch angezündete Kippe landete auf dem Boden und mein Nacken erzählte mir noch zwei Tage später, wie geil diese Band war. Aushilfs-Drummer Martin Axenrot (unter anderem BLOODBATH) erledigte seinen Job ebenso souverän wie sein leider erkrankter Namensvetter und erntete dafür den üblichen Szenenapplaus. Und Per Wiberg, der neue feste Keyboarder, erwies sich als echte Bereichung, da er mit seinem schönen Retro-Sound insbesondere dem folgenden 'The Drapery Falls' einen anderen, fast noch wärmeren Klang verpasste. Auch bei 'To Rid The Disease', der "Damnation"-Ballade, wusste er wie bereits auf der dazugehörigen Tour zu überzeugen. 'The Grand Conjuration' vom kommenden Album "Ghost Reveries" war noch zu wenig vertraut, um so richtig zu begeistern, aber OPETH-Songs brauchten schon immer den einen oder anderen Durchlauf mehr. Das fast schon obligatorische 'Demon Of The Fall' war dann leider schon das letzte live dargebotene Werk.
Wie gesagt, ich habe noch nie ein schlechtes OPETH-Konzert gesehen. Phantastische Musiker, atmosphärische Songs und sympathische Ansagen - gefärbt von Mikael Åkerfeldts leicht trockenem Humor - erschaffen eine gewisse Magie wie bei kaum einer anderen Band. Rückblickend gibt es höchstens zu bemängeln, dass die Setlist etwas vorhersehbar war. Ich hoffe, dass die bevorstehende Tour ein paar mehr Überraschungen als lediglich einen neuen Song beinhaltet und die zwar immer noch guten, aber halt auf jeder Tour gespielte Klassiker mal durch andere ebenso gute Songs ausgetauscht werden.
(Elke Huber)
THE EXPLOITED
Mittlerweile verkommt Wattie mitsamt seinem "Starensemble" zu einer Karikatur seiner selbst. Zwar hat er sich nicht in den Schritt gefasst und alle zwei Sekunden in die Ecke gerotzt, doch dafür ähnelt seine Performance einem Boxer, der kurz vor dem Glockenschlag noch ein bisschen in der Gegend rumzappelt. Kommunikationstechnisch hat's der Gute auch net drauf, außer die Songs anzusagen. Zwischendurch ist auch mal kurz der Bass ausgefallen, doch das war den paar Hardcorefans egal. Die hatten trotzdem ihren Spaß. Im Zwei-Minuten-Takt wurde immer wieder ein neuer Song angesagt, doch während das Ganze bei RAMONES noch Stil hatte, klang das Punkgeschredder zu einförmig. Nach knapp fünfzig Minuten wurde dem Spuk ein Ende bereitet. Definitiv in der Kategorie "Leichenfledderei und überflüssig" einzuordnen.
(Tolga Karabagli)
IN EXTREMO
Irgendwie hatten die Charterfolge der Mittelalterrocker in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass IN EXTREMO in meiner Gunst etwas gesunken waren. Zugleich hatten sie sich aber als Live-Band sichtlich gesteigert, und das sollten sie an diesem Abend auch wieder in Abtsgmünd beweisen. Mit 'Krummavísur' ging's los, und die Fans klatschten von Anfang an mit. IN EX schoben erstmal den Lateinischen und 'Omnia Sol Temperat' gleich hinterher. Unter Jubel loderten hohe Feuerbrunsten, ehe die Dudelsackbläser zu 'Horizont' und 'Wind' am Bühnenrand entlang wirbelten. "Ob ihr dort steht oder auf Klo" meldete sich Sänger Michael alias "das Letzte Einhorn" zu Wort, "ein großer Applaus für unsere Crew!" Goldenes Konfetti rieselte von der Bühne, was dann vielleicht doch etwas übertrieben war. Bei der letzten Single hatte ich den TOTE-HOSEN-Einschlag ja schon etwas groß gefunden, und nun kletterte Michael zu 'Vollmond' auch noch wie Campino aufs Bühnengerüst. Doch dann zogen die Mittelalterrocker richtig an: Zu 'Spielmannsfluch' sprühten Funken, Micha ließ die Fans den Refrain mitgrölen und rief anschließend "ihr seid verdammt geile Jungs und Mädels!" Das rockte und machte verdammt viel Spaß!
(Carsten Praeg)
WINTERSUN
Vielleicht sollte man vom ersten Auftritt einer neuen Band einfach nicht zu viel erwarten. Das Debütalbum von WINTERSUN, der ehemals als Projekt konzipierten und inzwischen zu einer Band gewachsenen neuen Truppe von Ex-ENSIFERUM-Sänger Jari Mäenpää, hatte mich ziemlich beeindruckt, weil es vielschichtiger, hymnischer und, wie ich fand, besser klang als seine Stammformation. Typisch finnische Elemente treffen dort auf eher melodische, an Combos wie BORKNAGAR erinnernde, Parts und machen jeden Song zu einem kleinen Erlebnis. Das ganze live umzusetzen war offenbar nicht ganz einfach. Die ruhigen Elemente klangen meist etwas zu breiig, der klare Gesang war ebenfalls eine Nummer schlechter als auf Scheibe, und gerade die zwischen aggressiv und harmonisch variierenden Stücke wirkten leicht verfahren - ein Effekt, den ich übrigens beim BORKNAGAR-Auftritt in Wacken damals ähnlich empfunden habe. Richtig begeistern konnte mich nur die Ballade 'Death And The Healing'. Tolle Musik, aber an der Umsetzung scheitert's noch etwas. Mal sehen, ob das auf der X-Mass-Festival-Tour, für die WINTERSUN gebucht sind, schon besser klappt.
(Elke Huber)
- Redakteur:
- Elke Huber