THRESHOLD, GODSNAKE & GRACE AND FIRE - Stuttgart
30.10.2024 | 18:5616.10.2024, Wizemann (Club)
"Through The Times" ist das Motto des heutigen Abends.
THRESHOLD existiert auch schon seit 1988 und gehört für mich zu den wichtigsten Bands im progressiven Hard Rock/Metal. In den dreißig Jahren seit der ersten Veröffentlichung "Wounded Land" (1993) hat man es auf eine beachtliche Anzahl von zwölf Studioalben gebracht. Auch wenn das Mikrofon fast schon wie ein Staffelholz mehrfach weitergereicht wurde, war die Qualität der Veröffentlichungen immer wieder herausragend. Im Rahmen der aktuellen "Through Time"-Tour wird THRESHOLD von jedem Album ein Stück spielen. Mit dabei sind die Landsmänner GRACE AND FIRE und die Hamburger GODSNAKE. Ein kurzweiliger Abend ist somit sicher.
Bei meinem Eintreffen am "Wizemann"-Areal bin ich etwas überrascht über die Menge an Zuschauern, die sich schon um 18 Uhr hier versammelt hat. Da die meisten ehrlich gesagt nicht wie Proggies aussehen, verhilft ein Blick auf die Homepage der Location zur Aufklärung. Neben THRESHOLD spielen heute auch noch die schwedischen Metalcoreler IMMINENCE im "Wizemann", allerdings in der größeren Halle. Also geht es für mich nach nebenan in die kleine Halle.
Diese ist gerade mal etwas zur Hälfte gefüllt, als GRACE AND FIRE pünktlich um 19:30 Uhr loslegt. Zu Beginn klingt die Stimme von Sänger André Saint noch sehr wacklig, was sich jedoch im Verlauf der kommenden dreißig Minuten legen wird. Im Vorfeld habe ich mir das bislang einzige Album "Elysium", welches im November 2021 erschienen ist, intensiv angehört und Gefallen an dem dargebotenen, progressiven Hard Rock gefunden. Zufälligerweise wurde die Scheibe von THRESHOLD-Gitarrist Karl Groom produziert. Live wirkt alles noch ein wenig hüftsteif, was sicherlich der noch fehlenden Liveerfahrung geschuldet ist. Alles in allem ist das Quartett jedoch sehr bemüht. Von den sechs gespielten Stücken hat mir am besten 'Paradise Lost' gefallen. Ausbaufähig würde ich mal sagen, da das dargebotene Material zu vertrackt für die meisten Besucher ist.
Setliste: Into The Cosmos; Elysium; Chains Of Sanity; A Warrior’s Tale; Paradise Lost; Eyes Of The Seer
GODSNAKE aus Hamburg hat sich dem melodischen Thrash Metal verschrieben und existiert seit 2015. Dank der Alben "Poison Thorn" (2020) und "Eye For An Eye" (2023) kommt man bislang auf zwei Scheiben, die schon für erste Anerkennungserfolge gesorgt haben. Mit 'The Sickening' und 'Apocalypse For Free' legt GODSNAKE gleich mal episch und gar nicht mal so thrashig los. Der kraftvolle Gesang von Sänger Torger Neuhaus ist sehr prägnant und steht absolut im Vordergrund. Die Gitarrenfraktion um Stevo und Pepe bearbeitet gekonnt ihre Instrumente, während Bassist Carsten Walter und Drummer Sid für den Bums sorgen. Ein gelungener Start, der auch beim Publikum für erste Bewegung sorgt.
Die anfänglich von mir befürchtete Thrashkeule hat man nicht dabei und GODSNAKE bewegt sich eher im gemäßigten Bereich. Erst bei den Stücken vom 2020er Album "Poison Thorn" wird das Tempo gemächlich erhöht und es ist etwas mehr Bewegung im Publikum auszumachen. Wer jetzt kreisende Matten erwartet, wird enttäuscht. Ist doch der typische Progger im Allgemeinen ja an sich nicht der geborene Headbanger und beschränkt sich in der Regel auf anerkennendes Kopfnicken oder Fußwippen. Das ändert sich auch nicht bei den flotten 'Blood Brotherhood' und 'Urge To Kill'. Nichtsdestotrotz hinterlässt GODSNAKE einen ordentlichen Eindruck und ich werde mir die beiden Alben noch intensiver zu Gemüte führen. Daumen hoch!
Setliste: The Sickening; Apocalypse For Free; Poison Thorn; Blood Brotherhood; Urge To Kill; Stone Dead Pony; Stone The Crow
Im Vorfeld zur Tour wurde Ende September bekannt gegeben, dass Sänger Glynn Morgan aufgrund einer Kehlkopferkrankung nicht dabei sein kann. Als Ersatz wurde kurzerhand der italienische Sänger Alessio Garavello (A NEW TOMORROW/ex-POWER QUEST) verpflichtet. Ich war 2017 schon sehr enttäuscht, als sich THRESHOLD zum dritten Mal von Sänger Damian Wilson getrennt hat. Ich persönlich war im Vorfeld eigentlich am meisten darauf gespannt, wie Glynn Morgan sich live schlägt, da ich THRESHOLD zuletzt 2016 auf dem "Bang Your Head"-Open Air in Balingen mit Damian Wilson gesehen habe. Zumindest auf Platte konnte mich Glynn Morgan auf den letzten beiden Alben "Legends Of The Shires" und "Dividing Lines" überzeugen und den Trennungsschmerz etwas lindern.
Den Abend eröffnet 'Slipstream' vom "Dead Reckoning"-Album aus dem Jahr 2007 und somit ein Song aus der Andrew McDermott-Phase. Ebenfalls ist hiermit auch eine weitere Frage des Abends geklärt, ob man die Stücke in chronologischer Reihenfolge nach dem jeweiligen Veröffentlichungsjahr zum Besten gibt. Mit 'Devoted' vom "Psychedelicatessen"-Album, welches von Glynn Morgan 1994 eingesungen wurde und 'Virtual Isolation' vom "Extinct Instinct", dem ersten Album mit Damian Wilson aus dem Jahr 1997, darf es der Ersatzmann am Mikrofon gleich zu Beginn mit allen drei Sängern der Bandgeschichte aufnehmen und beweist eindrucksvoll, dass er sich vor keinem zu verstecken braucht. Auch wenn er eine etwas andere Art hat, die Stücke zu interpretieren.
Im Anschluss werden mit 'The Mystery Show' vom 2014er "For The Journey"-Album und 'Falling Away' vom 2002er "Critical Mass"-Album erst einmal ruhigere Töne angeschlagen. Auch hier gibt es von meiner Seite her nichts zu meckern. Auch die beiden Masterminds Karl Groom an der Gitarre und Richard West an den Keys haben ihren Spaß, auch wenn der Zuschauerzuspruch mit etwas über einhundertfünfzig Fans doch eher spärlich ausfällt. Schade, dass eine Band wie THRESHOLD nicht mehr Anklang findet, sicherlich ist dies auch dem Umstand geschuldet, dass zahlreiche Konzerte in diesem Herbst stattfinden und der geneigte Fan halt auch keinen Dukatenesel zu Hause stehen hat. Doch all diejenigen, die am heutigen Abend den Weg hierher gefunden haben, bereuen es sicherlich nicht und erhalten in den achtzig Minuten eine Lehrstunde in Sachen Progressive Metal, bei der natürlich auch die Meilensteine 'Ashes' und 'Mission Profile' nicht fehlen dürfen.
Im Zugabenteil setzt es mit 'Snowblind' und 'Small Dark Lines' noch zwei weitere Songs vom "Legends Of The Shires"-Album. Eine herausragende Show, bei der der Ersatzmann am Gesang seinen Job mehr als ordentlich gemacht hat. Einziger Wermutstropfen sind die für mich etwas lieblos gestalteten Shirts am Merchstand.
Spare ich mir halt das Geld für die rechtzeitig zur Tour gerade wiederveröffentlichten vier ersten Alben, die natürlich klangtechnisch neu überarbeitet wurden und auch auf Vinyl erhältlich sind.
Setliste: Slipstream; Devoted; Virtual Isolation; Freaks; The Mystery Show; Falling Away; Mother Earth; The Man Who Saw Through Time; Ashes; The Ravages Of Time; Silenced; Mission Profile – Zugabe: Snowblind; Small Dark Lines
- Redakteur:
- Frank Hameister