Wacken Open Air 2001 - Wacken

13.08.2001 | 11:16

03.08.2001,

SAMSTAG DOUBLE MEGA STAGE


CRYPTOPSY

Heilige Scheisse! So banal und doch nicht besser war der Auftritt der kanadischen Highspeed-Rabauken CRYPTOPSY am frühen Samstagmorgen zu beschreiben. Über die gesamte Distanz von fünfundvierzig Minuten fühlte ich mich wie der arme Mensch auf dem "...And Then You'll Beg"-Albumcover, und der ausser Kontrolle geratene Hochgeschwindigkeitszug namens CRYPTOPSY drohte, mich zu überrollen.
Dieser Gig war in puncto Instrumentenbeherrschung, kranken Ideen und abgedrehten Soli in keinster Weise zu überbieten. KRISIUN waren auch verdammt schnell, hielten sich aber immerhin noch an gängige musikalische Standards. CRYPTOPSY hingegen schienen dem Free Jazz bei ca. 200 bpm zu fröhnen - und das unterstützt von einem Hammersound und einem Mike DiSalvo am Mikro, der gesanglich als auch vom unübertroffenen aggressiven Stageacting her einem Barney Greenway das Fürchten gelehrt hätte.
Schade, daß Mike CRYPTOPSY nach diesem Gig verlassen will, denn ohne diese Frontsau dürften die Canucks einiges an Aggressivität und Originalität einbüßen. So war's aber eine Lehrstunde in Sachen extremen Materials, das auch genügend technischen Anspruch und musikalische Klasse mit sich bringt, um Proteste von ewigen Knüppelnörglern im Keim ersticken zu lassen.
(Rouven)


BRAINSTORM

Die Schwaben um Sänger Andy B. Franck hatten schon in Balingen einen granatenstarken Gig hingelegt und durften sich dort zu den absoluten Gewinnern zählen. Demnach standen sie in Wacken auf dem Pflichtprogramm und ich war gespannt, ob sie ähnlich abräumen können wie in Balingen. Sie konnten!
BRAINSTORM sind definitiv die beste deutsche Live-Band, die ich bislang gesehen habe (inkl. BLIND GUARDIAN, GAMMA RAY & co.). Sie strotzen vor Spielfreude, haben mit Sänger Andy einen glänzenden Entertainer und (!) Sänger in ihren Reihen, der vor Energie nur so sprüht und dabei völlig natürlich und sympathisch wirkt. Sehr, sehr geil!
Da war es nur logisch, daß die Fans ähnlich enthusiastisch reagierten wie in Balingen inkl. der kleinen Rothaarigen vom BYH, die einmal mehr wild bangend die Schwaben abfeierte. Andy lief wie ein Derwisch über die Bühne, sang sogar von der Empore zwischen den beiden großen Bühnen (wo er von der Security wieder verscheucht wurde *g*) und zeigte so, wie man diese in ihrer komplette Breite nutzt. Dazu wurden Kracher wie "Crush Depth", die zusätzlich in die Setlist aufgenommenen "Arena" und "Voices" oder das neue "Blind Suffering" gekonnt in die Meute geballert. Hammer!
Aber auch die Gitarristen Torsten und Milan sowie die Rhythmus-Fraktion mit Andreas am Bass und Dieter am Schlagzeug verdiente sich mit ihrem versierten und kraftvollen Spiel Bestnoten.
Und als die Band dann während des Sets Plüschtiere (!) und zum Schluss noch T-Shirts in die Menge warf, hatte sie mit hundertprozentiger Sicherheit wieder einige Fans mehr. Gewinner!
(Peter)


Was dann fogte, war echt nicht zu fassen. Um zwölf Uhr mittags legten BRAINSTORM einen Gig auf die Bretter, den man getrost zu den Wacken Highlights zählen kann. Sänger Andy B. Franck hat sowieso eine klasse Stimme und war ständig in Bewegung, aber auch der Rest der Band nutzte die gesamte Bandbreite der Bühne und war ordentlich am Bangen. Der Sound, das konnte man schon beim Opener ?Crush Depth? erkennen, war ebenfalls astrein und daß BRAINSTORM geilen Power Metal in der Tradition von Bands wie METAL CHURCH oder VICIOUS RUMORS spielen, sollte mittlerweile auch jeder wissen. Das bewiesen BRAINSTORM dann auch mit Krachern wie ?Voices?, ?Maharja Palace?, ?Arena?, dem völlig coolen ?Tear Down The Walls? und dem Rauschmeißer ?Liars Edge?. Zwischendrin gab es noch eine neuen Song vom im Herbst erscheinenden Album, ein paar Kuscheltiere fanden ihren Weg in die Menge und die guten Ansagen von Herrn Franck trieben die Fans nochmal zusätzlich an. Wer BRAINSTORM noch nicht kennt, sollte das schleunigst nachholen, aus denen wird nochmal was. Obergeil!
(Herbert)


DARK TRANQUILLITY

Kleine Augen, flaues Gefühl im Magen, Nachdurst, Nackenschmerzen; so fühlt sich der Wackensamstag mittags um 13 Uhr an.
Tja, anscheinend wissen auch die jungen Schweden von DARK TRANQUILLITY, wie man sich mittags an so einem Festivaltag fühlt, und dementsprechend niedrig war vermutlich ihre Erwartungshaltung an das Publikum. Allerdings belehrten sie die Wackener eines Besseren und bestimmt 15.000 Metalheads empfingen die Death-Metal-Band gebührend.
Kennt Ihr das? Egal wie schlecht es einem gerade geht; die ersten Klänge ertönen und man kann nicht mehr an sich halten, aller Schmerz ist verflogen und die Nackenmuskeln müssen weiter leiden...
Diesem Phänomen verdanken die 6 Jungs einen grandiosen Auftritt, denn durch die Resonanz des Publikums kam vor allem Sänger Mikael Stanne so richtig auf Touren. Man konnte an seinem breiten Grinsen ablesen, wie überrascht er war; ich habe selten einen so gut gelaunten Düstermetaller bei der Arbeit gesehen *g*.
Die Crowd zu animieren war nicht schwer, und ich hatte den Eindruck, am liebsten wäre Mikael direkt in die Massen gesprungen, um in dem Erfolg - im wahrsten Sinne des Wortes - zu baden.
Die Auswahl der Stücke war eine bunte Mischung aus ihrem so abwechslungsreichen Reportoire. Ruhigeres wechselte sich ab mit Songs, in denen die Instrumente so richtig leiden mußten, aber keiner ließ die hintergründigen Melodien vermissen, die sich DARK TRANQUILLITY insbesondere auf die Fahnen geschrieben haben.
Der Mann am Mikro überzeugte durch sein Können in den tief geshouteten Tonlagen, ebenso wie mit seiner "normalen" dunklen Gesangsstimme; sein Mienespiel und die Körpersprache ließen vermuten, daß er hinter jedem Song steht und in seiner Musik aufgeht. Die Herren an den Instrumenten kamen ins Schwitzen und bildeten mit dem Gesang eine vollkommene Einheit. Anscheinend hatten die Techniker gut geschlafen, denn auch sie leisteten entsprechende Arbeit. Der Gesang war klar, die Bässe spürte man nicht in der Magengegend vibrieren und die Lautstärke war für den Samstagmittag angemessen ;-)
Die Show der Deathmetaller ist schlicht und einfach; sie beweisen ihre Fähigkeiten an den Instrumenten und lassen die mehr oder weniger langen Haare kreisen. Schade für Leute (wie mich), die ein wenig Drumherum auf der Bühne bevorzugen, aber ich wurde durch die gute Stimmung und den exzellenten Klang genügend entschädigt.
Abschließend kann ich dazu nur sagen, daß es ein fulminanter Gig war und wie auf ihrer offiziellen Homepage zu lesen ist, sind die Schweden derselben Auffassung. Wie dort auch erfahren ist, war eigentlich geplant, die Show für ein Live-Video aufzuzeichnen, wie sich das für einen vernünftigen Wacken-Auftritt gehört und wie es bei den meisten Akteuren auf der Hauptbühne passierte, aber ihr werdet lachen, wenn ihr lest, wieso das nicht gemacht wurde: die Techniker hatten Mittagspause. Man glaubt es nicht.
(Gastautorin Hjalana)


METALIUM

Gehört hatte ich von den Herren Poser-Metallern ja schon einiges, der Auftritt hier war allerdings mein erster Kontakt mit ihrer Musik. Ich hatte eine deftige Powermetal-Show erwartet und irgend etwas, das mit HELLOWEEN oder HAMMERFALL vergleichbar wäre, aber ehrlich gesagt wurde ich doch ziemlich enttäuscht.
Der Bühnenaufbau war mit den Bannern, dem schicken Sternzeichenportal hinter dem Drummer und den ziemlich originellen Mikroverkleidungen im Fantasy-Stil sehr gelungen, auch der Einmarsch war schon einmal viel versprechend. Im Partnerlook kamen sie in Lederhosen und futuristisch-metallen anmutende Overalls gekleidet auf die Bühne und gaben sich durchaus redlich Mühe, Dynamik in die
Sache zu bringen und das Publikum zu animieren, aber letztlich konnte ich mit der musikalischen Präsentation nicht wirklich viel anfangen. Das Drumming wirkte für mich oftmals wenig optimal auf die Gesangslinie abgestimmt, die Melodie des Gesangs selbst wurde häufig davongetragen oder ging im Schlagzeuggewitter unter. Vielleicht lag es auch wieder an der Aussteuerung, aber der Eindruck war nichts desto trotz nicht sehr positiv.
Mir fehlten einfach die Ohrwürmer, die erhabenen Melodien, Refrains, die das Publikum den Sänger übertönen ließen. Wer sich für STRATOVARIUS begeistern kann, dem mag die Show sicher gefallen haben, aber für mich war es einer der fadesten Auftritte und nach der Hälfte übermannte mich bereits gelangweilte Müdigkeit. Wirklich schade, ich hatte mir mehr erhofft.
Anwesende Poser-Metaller dürfen mich jetzt steinigen *g*.
(Andreas)


CULPRIT

Vor dem CULPRIT Auftritt war ich doch etwas skeptisch, immerhin enttäuschten letztes Jahr HEIR APPARENT mit ihrer Reunion doch ziemlich und das eingängigste Songmaterial haben CULPRIT auch nicht gerade. Durch die Verschiebungen durften sie dann noch parallel zu NIGHTWISH spielen....da schien das Fiasko vorprogrammiert.
Aber nichts da! Nach einer lakonischen Ansage legten CULPRIT los, als wären sie nie weg gewesen. Vom ersten Song an fegten die Jungs mit der Spielfreude eines Newcomers über die Bretter, unterstützt von einem guten Sound. Optisch wirkte die Band gar nicht metalllisch, aber wen interessiert das bei Songs wie "Fight back", "Guilty As Charged" oder Players"?
Niemand, und deshalb waren CULPRIT für mich die Überraschung des Festivals; endlich mal eine Reunion, die Sinn macht und bei der eine Band nichts von ihrer alten Frische verloren hat. Vor allem der Mörderbassist war megacool drauf, selbst wenn er vom Aussehen her auch bei THE OFFSPRING spielen könnte. Das coolste war aber der letzte Song "Tears Of Repentance", bei dem der Basser und Gitarrist Trikots der deutschen Fußballnationalmannschaft trugen. Die können sich in Sachen Frische und Spielfreude aber locker einiges bei CULPRIT abgucken.
Hammerstarker Auftritt!
(Herbert)


CREMATORY

Dankbar falle ich auf die Knie vor den dunkleren Göttern des Schicksals, die es CREMATORY verwehrten, wie ursprünglich geplant bereits am Donnerstag aufzutreten, denn so bekam ich Gelegenheit, sie vor ihrem endgültigen Abschied einmal live erleben zu dürfen. Ich war wirklich erstaunt über die Massen an Metalheads, die sich vor der Hauptbühne einfanden, um sich das Spektakel nicht entgehen zu lassen.
Nach einer ordentlichen Ansage marschierte die Combo, begleitet von den einleitenden Klängen von "Redemption Of Faith", auf die Bühne, Felix rollte seine imposante Gestalt als Letztes auf das Schlachtfeld.
Überaus beeindruckend fand ich die Kraft und Klarheit des Grunt-Gesangs von Felix; der normale Gesang ging leider hier und dort unter. Der Sound selbst drückte im Gesicht, wie es sein muss, das Klangbild gab zumindest bei uns im Mittelfeld keinen Grund zur Beanstandung.
Der ganze Auftritt war angenehm unverkrampft, sehr zu Gute halte ich CREMATORY, daß sie nicht versucht haben, sich absichtlich "böse" zu stylen oder eine Blut- und Messerorgie zu feiern. Felix hielt den Kontakt zum Publikum durch eingeworfene Bemerkungen und sehr amüsante Flucherei, weil die Technik ihn nicht lieb hatte und das Mikro für eine Weile ständig den Geist aufgab *g*
CREMATORY hangelten sich musikalisch durch die gesamte Bandgeschichte, es gab Schmankerl wie natürlich "Tears Of Time", "Ist es wahr" oder "Fly" auf die Ohren, auch eines meiner Faves durfte nicht fehlen: das Sisters-Cover "Temple Of Love" (Sisters go home! *g*). Zum Ende gab's noch "Take" und "Perils Of The Wind", dann war die zugestandene Stunde bedauerlicherweise abgelaufen, die Band verabschiedete sich mit einigen Dankesworten von den Fans und zog von dannen *seufz*
(Andreas)


RAGE

Mit einer mittelalterlichen Bühnendekoration schlug die Stunde für RAGE. Peavy Wagner, Victor Smolski und Mike Terrana betraten unter großem Jubel die Bühne und liessen sich von den Fans gebührend feiern. Die Songauswahl war sehr gelungen und glücklicherweise beschränkte man das Drumsolo von Mike auf knappe fünf Minuten. So hatte man mehr Zeit, alte Klassiker und neue Nackenbrecher aus dem Ärmel zu schütteln. Von den neuen Songs kam "Straight To Hell" am besten an, der übrigens auch für den Soundtrack von Bullys neustem Film "Der Schuh Des Manitou" verwendet wurde. Das obligatorische "Higher Than The Sky" (wie üblich mit endlosen Mitsingparts) erwies sich auch hier, dicht gefolgt von "From The Cradle To The Grave", als eindeutiger Publikumsliebling.
Der flotte Dreier agierte wie üblich absolut professionell und liess nichts anbrennen. Smolski fiedelte sich in den siebten Himmel, Terrana prügelte wie ein Besessener auf sein Drumkit ein und Peavy wirkte wie der ruhige Pol, der die Band im Innersten zusammenhält. Durch den sehr guten Sound konnte man weitere Pluspunkte sammeln und so können RAGE auf ein weiteres gelungenes Konzert in ihrer Laufbahn zurückblicken. RAGE sind und bleiben live ein Muss.
(Christian)


SUBWAY TO SALLY

Was soll ich eigentlich noch schreiben? Daß SUBWAY TO SALLY eine coole Liveband ist, wissen doch eh alle und das Songs wie "Böses Erwachen", "Wenn Engel Hassen", "Das Messer", "Kleid Aus Rosen", "Henkersbraut", "Die Schlacht" und "Ohne Liebe" immer wieder cool rüberkommen und sich nicht abnutzen, weiß doch auch jeder Fan der Potsdamer. Und wer die Songs nicht mag, den wird auch ein Festival Auftritt nicht bekehren.
Und daß SUBWAY TO SALLY (einheitlich in schwarz gekleidet, bis auf die "weiße" Frau Schmitt) mit einem Rinderschädel, aus dem sich weiße Flügel enfalteten, Trommeln und Feuer, sowie einem Tanz mit Feuerspucken auch ordentlich was fürs Auge bieten, ist eh kein Geheimnis. Daß die Fans lauthals mitsangen und hüpften, kann sich auch jeder zusammmenreimen.
Und was als letzer Song kam, muss ich ja wohl nicht mehr erzählen, oder? Es ist trotzdem immer wieder erstaunlich, daß die omnipräsente Band nie langweilig wird. Bleibt als Fazit nur folgendes: SUBWAY TO SALLY legten zwar einen verdammt guten Auftritt hin, der für mich zwar nicht zu den absoluten Highlights zählte, aber trotzdem Spass gemacht hat. Klasse wie immer halt....
(Herbert)


GRAVE DIGGER

Daß bei GRAVE DIGGER ordentlich was los ist, war schon vorher klar, denn daß die Band eine Live CD und DVD aufzeichnete, war lange bekannt. So war denn schon beim "Tunes Of War" Intro megamäßig Stimmung im Publikum und bis zum Schluss des Sets ebbte diese auch zu keiner Sekunde ab, sie nahm eher noch zu. Sehr cool auch das Reaper Backdrop und der Reaper himself, der bei einigen Songs auch das Keyboard bediente. Neu-Gitarrist Manni Schmidt spielte solide und Chris Boltendahl kann immer noch kein Englisch. Das störte mich und die Fans aber überhaupt nicht, denn die Songauswahl war verdammt gut.
Ob nun "Excalibur", "Scotland United", The Dark Of The Sun", natürlich "The Reaper", "Round Table", "Circle Of Witches" "Ballad Of Mary", "Lionheart", "Knights Of The Cross" oder "Morgana Le Fay", ein cooler Song jagte den nächsten, die Fans sangen lauthals mit, schwenkten ihre Plastik Waffen (unerreicht: die Plastiksense) oder machten einfach nur mordsmäßig Stimmung.
Klar, daß da der GRAVE DIGGER Klassiker "Heavy Metal Breakdown" nicht fehlen durfte. Der Sound war auch vollkommen in Ordnung, alles in allem ein verdammt cooler Gig. Und obwohl einige Klassiker gefehlt haben, wird das bestimmt ein cooles Livealbum... well done!
(Herbert)


IN FLAMES

Recht spartanisch mutete der Bühnenaufbau dem Zuschauer an, der zur Prime Time auf den Auftritt von IN FLAMES wartete; mit anderen Worten: Gähnende Leere in den Kulissen, nicht einmal ein klitzekleines Bännerchen mit dem Schriftzug der Prügel-Metal-Götter. Ebenso schlicht auch ihr Outfit, als sie endlich unter tosendem Jubel der Massen die Bühne betreten, geradezu brav sehen sie aus, wie sie da in ihren einfachen Hemden stehen, der Sänger Anders Fridén gar in Weißhemd und Krawatte. Aber auf solche Kinkerlitzchen wie Bühnenaufbauten oder Flaggen sind die Jungs auch gar nicht angewiesen. Wer nichts mit der Band anzufangen wusste, dem wurden schon bei den ersten Takten ordentlich die Haare gefönt; wer hier erwartete, dass die Musik so brav würde wie die Jungs aussahen, wurde ganz schnell eines Besseren belehrt.
IN FLAMES haben auch live unter Beweis gestellt, dass sowohl an den Instrumenten als auch am Mikro echte Könner sitzen und keine Haudraufprügelmetaller, die Krach produzieren, weil es nicht zu mehr reichen würde. Leider war die Aussteuerung des Gesangs nicht sehr gut, so dass die Melodien oft untergingen und allein von den Gitarren getragen werden mussten. Für Fans sicher kein Problem, da sie die Stücke im Kopf haben, aber wer die Band noch nicht kannte, empfand das Gekreische vielleicht als etwas unausgereift, da es einfach unterging.
Dieser Auftritt war der Einzige auf Wacken, bei dem ich tatsächlich spürte, wie die Erde unter meinen Füßen erbebte - die Massen tobten wortwörtlich; auch meine Frau ließ es sich nicht nehmen, sich zweimal via Crowd Diving über die Mosh Pit tragen zu lassen, inklusive einem ordentlichen Sturz auf den Allerwertesten *g*.
Der Sänger hatte übrigens ebenso wenig Kontakt-Ängste mit dem euphorischen Publikum und schob sich gegen Ende in die ersten Reihen, um von einer Vielzahl Hände und Schultern gestützt ein Weilchen von dort aus die Menge anzukreischen. Die Auswahl der Stücke reichte von den älteren Metzelorgien bis hin zu den neueren, komplexeren und melodiöseren Stücken, für jedermanns Ohren wurde ausreichend geboten.
Auch die Augen bekamen ihren Teil ab, denn die Pyrotechniker ließen sich mit Funkenregen und Flammenstößen nicht lumpen. Rundum einfach nur vom Feinsten, wäre die Gesangsaussteuerung nicht ein kleiner Wermutstropfen gewesen. Ganz klar für mich einer der besten Auftritte dieses Festivals.
(Andreas)


NIGHTWISH

Auf dem diesjährigen W.O.A. spielten fulminante Bands wahrhaft um die Wette und eigentlich war ich den Großteil des Samstages damit beschäftigt, mir vor der "Mega-Double Stage" die Füße platt zu stehen. Die beiden Hauptbühnen befanden sich ja diesmal direkt nebeneinander, was wohl den Weg abkürzen sollte, um von einem Hauptakteur zum nächsten zu gelangen, in der Praxis war es allerdings ein heilloses Gedränge, in dem man kaum noch unterscheiden konnte, vor welcher Stage man sich denn nun eigentlich befand.
So sah es auch aus, als sich Alles - die Hälfte der Wackenbesucher war sicherlich zugegen - in Richtung Stage drängte, auf der NIGHTWISH auftreten sollten; für mich und sicher auch viele andere einer der Höhepunkte an diesem Tag (rein musikalischer Natur, versteht sich *g*). Irgendwo links außen hatte ich einen ziemlich guten Blick über die Bühne und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Erstaunlicherweise fingen die Finnen pünktlich an und sogleich schlug die ansteckende Stimmung der gut gelaunten Tarja auf das Publikum über - oder war es andersherum? Schon bei mehreren Akteuren auf diesem Festival hatte ich eine ähnliche Reaktion erlebt: die Nightwish-Sängerin war von der Wacken-Crowd mehr als begeistert, und als ich mal einen Blick in die Runde warf, konnte ich ihre Euphorie verstehen - selten bei einem Wackenauftritt solche Massen und soviele emporgereckte Arme gesehen.
Wie schon bei anderen Auftritten der Gothic-Combo erlebt, hatte Tarja mal wieder die Menge völlig im Griff. Auf einen Wink von ihr und einen Zuruf in den höheren Tonlagen und in nordisch akzentuiertem Englisch gröhlten die Metalheads los, um bei einem ruhigeren Stück zu verstummen, sobald die Dame auf der Bühne ein entsprechendes Zeichen gab. Das Publikum war in der Zusammensetzung sehr durchwachsen und die Goths, die sich für den Auftritt in Schale geworfen hatten, standen dicht an dicht mit Punks, Blackmetallern und Altrockern, die alle miteinander die Zeilen der Nightwishsongs auf den Lippen hatten.
Gespielt wurde ein Rundgang durch sämtliche Alben, und auch die erst vor Kurzem erschienene EP "Over The Hills And Far Away" mit dem grandiosen Gary-Moore-Cover als Titelsong kam dabei nicht zu kurz. Wie immer bestachen NIGHTWISH durch den göttlichen klassischen Gesang von Tarja und die eingängigen Melodien. Einen besonderen Leckerbissen hatten sich die Finnen für ihren Wackenauftritt noch aufgehoben, und so bekamen wir exklusiv als erstes deutsches Publikum "Sleeping Sun" live zu hören; und ich denke, daß sich da nicht nur bei mir die Gänsehaut einschlich ;-)
Auch an der Aussteuerung kann ich diesmal kaum meckern; zwar war bei den ersten beiden Songs Tarjas Stimme etwas dünn, aber die Techniker haben das tatsächlich hinbekommen und zauberten für den Rest des Auftrittes eine fulminante Harmonie zwischen Gesang und Instrumenten. Obwohl ich im Allgemeinen von dem Auftritt begeistert bin, finde ich allerdings die Bühnenshow der Dame und vor allem der Herren etwas mager. So eine gutaussehende und aktive Frontfrau macht natürlich schon viel her, und Gitarrero Emppu hat auch optisch etwas zu bieten, vorallem weil er ebenfalls gern das Publikum animiert und auch mal den Blondschopf kreisen lässt. Allerdings vermisste ich Sami, den Bassisten und fand ihn hinter Tuomas, dem Mann am Keyboard, wo er sich den Großteil des Gigs verkrochen hatte. Vielleicht haben ihn die Massen Langhaariger, Schwarzgekleideter da unten doch etwas erschreckt. ;-)
Generell denke ich, daß das Hauptgewicht der Show auf Tarjas Schultern liegt, und sie sollten in diesem Punkt auch bedenken, wie der Rest der Band dabei wirkt und vielleicht einmal etwas wie Bühnendeko oder die allseits beliebten Pyros in Erwägung ziehen. Um aber zum Schluß noch etwas Positives an der Show zu nennen und die Meckerei nicht ausarten zu lassen sei erwähnt, daß die Beleuchter wahrhaftig mit einer grandiosen Lightshow ein besonders gutes Licht auf die finnischen Gothen warfen.
Alles in allem ein sehr gelungener Auftritt, und wenn in Zukunft vielleicht noch etwas mehr fürs Auge geboten wird als die menschlichen Reize, dann habe auch ich dem nichts mehr hinzuzufügen.
(Gastautorin Hjalana)


HAMMERFALL

Dann wurde es Zeit für die wohl umstrittenste Power Metal Band der Neuzeit. Ich hatte die Band auf der Tour leider nicht gesehen und war umso mehr gespannt auf den Gig. Schon die Bühnendeko mit der Burg und der Zugbrücke machte klar, daß die HAMMERFALL-Gegner die Band auch nicht besser finden würden. Und auch Oscar Dronjak wird mit seinem Outfit weiterhin die Metal Szene spalten, das war spätestens bei "Templars Of Steel", dem Opener des Sets klar. Trotz allem boten HAMMERFALL eine verdammt agile Show.
Joacim Cans sang richtig gut, die Songauswahl mit Krachern wie "At The End Of The Rainbow", "The Metal Age", "Steel Meets Steel", "Way Of The Warrior", "Let The Hammer Fall", bei dem der Renegade mit einem Hammer fette Pyroschläge auslöste und "Heeding The Call" war ebenfalls klasse und der Sound stimmte auch.
Als kleine Überraschung gab es dann ein Drumsolo (doch eher überflüssig), das Instrumental "Raise The Hammer" und "Destined For Glory". Fand ich persönlich klasse, beendet wurde der verdammt gute Auftritt dann standesgemäß mit "Hammerfall".
Wie gesagt, in meinen Augen ein Highlight, nur hatte ich die gesamte Zeit das Gefühl, die Fans gingen nicht richtig mit. Ob die meisten die Band schon zu oft gesehen hatten oder am Ende des Festivals die Kräfte fehlten, keine Ahnung. Ich fand es jedenfalls verdammt cool und freue mich schon auf das neue Album, das Sänger Joacim fürs nächste Jahr ankündigte.
(Herbert)


MOTÖRHEAD

Das lange Warten auf MOTÖRHEAD beim WFF hatte ja doch ziemlich genervt, und als man gerade geneigt war, anzunehmen, es würde wieder so enden, ging es mit 15 Minuten Verspätung los. Aber auch wenn sich Lemmy heute in bester Laune und sehr gesprächig präsentierte, wollte einfach keine richtige Stimmung aufkommen. So einen geringen Lautstärkepegel in den Pausen zwischen den Songs habe ich bei MOTÖRHEAD noch nicht erlebt.
Beim Einstieg mit "We Are Motörhead" und "No Class" (mit "Bomber" hatte man später noch große Pläne) war Lemmy mit seinem Mikro irgendwie noch nicht zufrieden, aber dieses Problemchen ließ sich dann auch noch beheben. Natürlich gab es einige Konstanten im Vergleich zur WFF-Show, nämlich u.a. das Gedenken an Joey Ramone -natürlich beim Song "Ramones" - "God Save The Queen" für alle Punks im Publikum, das absolut geile Drum-Solo bei "Sacrifice (Junge, der Mikkey Dee ist ja ein richtig guter Schlagwerker) oder "Orgasmatron" mit einer ganz in grün gehüllten Bühne.
Aber es gab auch erfrischend viele Veränderungen. So wurde von der "Overnight Sensation"-Scheibe "Civil War" statt "Broken" zum Besten gegeben, außerdem wurden "Metropolis", "Damage Case" und erfreulicherweise auch "Going To Brazil" ausgepackt. Und bei "Born To Raise Hell" durfte statt DORO diesmal Nina von SKEW SISKIN die zweite Stimme übernehmen. Und diese hörte man im Gegensatz zu Frau Pesch beim Refrain sogar (wenn Lemmy mal die Klappe hielt).
Und dann beim Zugabenteil wurde endlich der Bomber, der die ganze Zeit regungslos an der Bühnendecke hing, von der Leine gelassen. Denn der erste Song hieß - Überraschung - "Bomber". Dann ging es mit den normalen Zugaben "Ace Of Spades" und "Overkill" weiter. Vor letzterem wurde auf der Bühne noch fix ein Heiratsantrag über die... äh, Bühne gebracht, was Lemmy mit einem ziemlich dreckigen Grinsen beäugte.
Und zu guter Letzt wurde der Bomber noch einmal losgelassen und beendete einen guten Set, bei dem lediglich das zu zahme Publikum etwas negativ auffiel.
(Stephan)


SODOM

Der Letzte macht das Licht aus. Und das waren dieses Jahr die Jungs von SODOM, die bei diesem Auftritt sogar noch das 20-jährige Bandbestehen feiern konnten. Das erste Lied musste gleich mal ohne Gesang auskommen, aber ab dem dritten Song war Onkel Tom dann endlich in gewohnter Manier zu hören. Und wie sich das für solch ein Jubiläum gehört, gabs eine Best-of-Show, die sich über alle Schaffensperioden erstreckte. Ob "Outbreak Of Evil" und "Blasphemer" vom "In The Sign Of Evil"-Debut, das "Agent Orange"-Album mit "Remember The Fallen", "Ausgebombt" und eben "Agent Orange" oder etwas neuere Sachen wie "The Saw Is The Law" und "Wachturm" - SODOM haben schon eine Menge Kultsongs auf Lager.
In diese Kategorie gehören auf jeden Fall auch "Die Stumme Ursel" und das Schlager-Cover "Aber Bitte Mit Sahne", wo jeder entfesselt mitgröhlte. Bei "Blasphemer" hatte übrigens Ur-Mitglied Grave Violator einen Gastauftritt.
Aber auch der Blick in die Zukunft wurde nicht vergessen und schon mal zwei Songs vom Ende diesen Jahres erscheinenden neuen Album preisgegeben (einer davon mit dem coolen Titel "Napalm In The Morning"). Als Zugabe kam dann natürlich der ebenso unumgängliche wie geniale "Bombenhagel" zum Zuge. Der endete in einem AC/DC-ähnlichen Kanoneninferno (ihr wisst schon: "For Those About To Rock").
Obwohl es kaum eine günstigere Abschlußband gibt als SODOM, schien das Publikum nach den anstrengenden zwei Tagen zumindest für SODOM-Verhältnisse doch etwas müde.
Anyway, geil war's trotzdem und so lobte der Veranstalter danach mit Recht ein gelungenes und friedliches W:O:A 2001 und äußerte seine Hoffnung auf ein gut besuchtes Festival im nächsten Jahr. Dem kann ich mich nur anschließen.
(Stephan)

Redakteur:
Christian Debes

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