Wacken Open Air 2001 - Wacken
13.08.2001 | 11:1603.08.2001,
SAMSTAG PARTY STAGE
CIRCLE OF GRIEF
Und wieder stand ich um 10 Uhr morgens vor der Party-Stage, um mir die erste Band des Tages zu geben. Warum quält sich jemand zu so unglaublich früher Stunde aus dem Zelt und verzichtet auf Schlaf und/oder ein ausgedehntes Frühstück? Der Grund lautet CIRCLE OF GRIEF! Die Kulmbacher Combo hatte mit "Into The Battle" ein dermaßen starkes Album vorgelegt, daß man sich zwangsläufig von deren Livequalitäten überzeugen musste.
CIRCLE OF GRIEF beschreiben ihre Musik selbst mit "Dark Fantasy Metal". Stilistisch bewegt man sich auf einem weiten Feld zwischen BLIND GUARDIAN, IN EXTREMO, Melodic Death und Black Metal erster Güteklasse. Heraus kommt eine Mischung, zu der man sich bewegen muss, die einen begeistert, die sofort ins Blut geht! Sänger Markus stellte seine sehr flexible Stimme sowohl bei cleanen Parts, als auch bei tiefen Growls hervorragend unter Beweis. Mit Liedern wie "Sword Of Wisdom" oder "Fading Away" eroberte man die Herzen der Fans im Sturm. Erwähnenswert auch die mehrstimmigen Chöre, bei denen insbesondere Drummer Sebastian mit seiner lupenreinen Stimme herausragte.
Für mich waren CIRCLE OF GRIEF die größte Überraschung auf dem Wacken Open Air. Diese Band hat es definitiv verdient, schnell einen Plattenvertrag zu bekommen.
(Christian)
DESTRÖYER 666
Früh aufstehen war am Samstag die Devise, um die kultigen australischen Black Metaller DESTRÖYER 666 zu sehen. Die Fans waren aber mindesten so ausgeschlafen wie ich und feierten Bretter wie den Opener "Rise Of The Predators", "Lone Wolf Winter " oder das coole "Eternal Glory Of War" schon ganz gut ab.
Die wie immer mit Nieten übersäten Aussies freuten sich ziemlich über die guten Reaktionen und der Sound konnte auch überzeugen. Allenfalls die Tatsache, daß die Jungs etwas statisch agierten, fiel negativ ins Gewicht, aber die Zugabe, die DESTRÖYER 666 dann spielen durften, war wieder cooler Satanic Speed Metal (T-Shirt Spruch der Band).
Ein cooler Wake Up Gig einer coolen Band.
(Herbert)
VINTERSORG
Auch wenn sie von Landsmann Mikael Stanne (DARK TRANQUILLITY) "Die blödesten Texte seit Menschengedenken" angehängt bekamen, so waren VINTERSORG doch wieder eine Klasse für sich. Untermalt von der wunderbaren Stimme von Bandkopf A. Hedlund, der erneut das gesamte Spektrum vom wütenden Kreischen bis hin zu hymnenhaften Leadvocals abdecke, gab's Stücke aus der gesamten Schaffensphase der Band zu hören.
Obwohl die in Englisch Songs vom aktuellen "Cosmic Genesis"-Output die einzig verständlichen darstellten, so waren es doch Kompositionen wie "Ödemarkens Son" oder gerade die Bandhymne "Till Fjälls", die großen Anklang beim zahlreich versammelten Publikum fanden.
Der Sound ging in Ordnung und VINTERSORG boten eine geschlossene Mannschaftsleistung, bei der sich wirklich kein Einzelmusiker zu verstecken brauchte. Mittlerweile zeigt sich das einstmalige Ein-Mann-Projekt als homogene Einheit, was hoffentlich auch weiter so bleiben wird. Äusserst sehenswert!
(Rouven)
KRISIUN
Hätte ich nach dem Gig von KRISIUN jemandem verklickern wollen, daß es sich bei dem Brüderdreierpack um reine Autodidakten handelt, so hätte man mich höchstwahrscheinlich für absolut bekloppt erklärt. Denn was KRISIUN an musikalischen Finessen offenbarten, war kaum noch in Worte zu fassen. Auf Platte ist das Material ja schon höchst beeindruckend, aber nun gab's das Ganze live auf die Ohren und Augen, ohne die Möglichkeit, technische Hilfsmittel einzusetzen.
Zwar liess man sich mit dem Beginn etwas Zeit, kam dafür aber dann noch einen Tick brachialer und schneller (!) als auf Silikon rüber. Max' Drumming konnte sich locker mit seinen Kollegen von NAPALM DEATH und CRYPTOPSY messen, bei einem kurzen Drumsolo besonders deutlich zu sehen. Gitarrero Moyses zeigte nicht nur in den Songs eine wahnwitzige Schnelligkeit, sondern insbesondere beim abschliessenden Gitarrensolo, bevor den Jungs endgültig der Saft abgedreht wurde. Aber auch das Bassspiel von Grunzer Alex brauchte sich nicht zu verstecken, und als Band zusammen leisteten KRISIUN schon fast Ausserirdisches.
Egal ob neue Killer wie "Dawn Of Flagellation" oder "Ageless Venomous", ältere Granaten des Kalibers "Conquerors Of Armageddon" oder gar Bandklassiker wie "March Of The Black Hordes", KRISIUN töteten auf einem derart hohen und vor allem schnellen Niveau, daß einem nur noch schwindelig werden konnte, insbesondere wenn man die Herren Musiker bei der Arbeit beobachtete.
Um diesem Schicksal zu entgehen, bildete sich ein durchaus beachtlicher Moshpit, der in seinen Ausmaßen und Intensität dem Auftritt der
brasilianischen Knüppelbrüder gerecht wurde.
(Rouven)
SOUL DOCTOR
Bei SOUL DOCTOR aus Berlin waren nur sehr wenige Leute anwesend (wohl auch, weil gerade drei Bands parallel spielten). Aber der Gute-Laune-Rock'n'Roll, der sehr stark an KROKUS erinnerte (sowohl musikalisch als auch vom Stageacting her), schien dann doch noch ein paar Unentschlossene zusätzlich anlocken zu können. Das war nun mal passende Festivalmucke (auch ein kurzer Ausfall der PA war leicht zu verkraften) und der Spaß stand bei Songs wie "What Do U Want", "Shake 'em On Down" und "Goodbye" klar im Mittelpunkt.
(Stephan)
TAD MOROSE
Seit Jahren liefern die Schweden aus Bollnäs sehr gute Alben ab. Als große Hoffnung des melodischen Doom traten sie auf der Party-Stage
an und verloren wertvollen Boden. Nur relativ wenige Fans konnten sich für die Show des Fünfers erwärmen. Mit CREMATORY hatten sie wohl, etwas unverhofft, zu große Konkurrenz bekommen. Trotzdem ließen sie sich nicht unterkriegen und lieferten eine solide Show ab.
Sänger Urban Breed war pausenlos unterwegs, um die Fans zu animieren, was etwas in die Hose ging, da er einen verkrampften und zu nervösen Eindruck machte. Auch schaffte er es nicht, die guten Leistungen der letzten Scheibe "Unborn", live zu bestätigen. Vielleicht war das der Grund, warum der Gig nicht zu dem geworden ist, was sich die Band darunter vorgestellt hatte. Der Funke sprang nicht über.
So verließen sie nach einer dreiviertel Stunde etwas geknickt die Bühne. Bleibt nur zu hoffen, daß sie auf einer späteren Tour den Boden
wieder gut machen.
(Mirko)
ANNIHILATOR
Weil die Mannen um Jeff Waters im Stau standen, musste ihr Gig leider von der Mega-Stage auf die Party-Stage verlegt werden. Vor dieser war es dann erwartungsgemäß brechend voll. Joe Comeau, Jeff Waters und Co. sind aber auch eine sichere Bank im Live-Sektor. Es macht einfach immer wieder Spaß, Waters bei seinem Stageacting zuzusehen. Permanent schneidet er Grimassen, rennt wie von der Tarantel gestochen über die Bühne und spielt dabei die aberwitzigsten Riffs auf seiner Gitarre. Hammergeil!
Dazu gab es diesmal eine Setlist, die gespickt war mit Klassikern der Marke "Never, Neverland", "King Of The Kill" oder dem unvermeidlichen "Alison Hell", die von Joe allesamt klasse dargeboten wurden. Hoffentlich bleibt der Mann auch mal auf den nächsten Alben am Mic.
Denn auch Nummern vom aktuellen Output "Carnival Diabolos" wie bspw. "Time Bomb" sind absolute Live-Kracher und zeigen die Flexibilität, die Joe und seine Stimme mitbringen.
ANNIHILATOR spielen in dieser Form und in dieser Besetzung die meisten Bands locker an die Wand und waren auch in Wacken einer der Höhepunkte des Festivals. Superb!
(Peter)
TANKARD
Gegenüber dem Auftritt auf dem With Full Force vor ein paar Wochen gab es eigentlich keine nennenswerten Veränderungen. Der Einstieg mit "Alien", "Zombie Attack" und "The Morning After" war genau der gleiche und auch die restlichen Stücke (u.a. "Spacebeer", "Chemical Invasion") waren mit der WFF-Setlist identisch.
Die Ansagen von Gerre waren mal wieder einen Extra-Hinhörer wert, wenn auch diesmal nicht ganz so zum Brüllen komisch wie auf dem WFF. Aber etwas war dann doch anders. Diesmal gab's beim letzten Song - "Empty Tankard" - nämlich einen Gast, und zwar HOLY MOSES-Schreihals Sabina Classen. Und die schien irgendwie "too drunk to sing" zu sein, denn vom Timing her lag wohl jeder Mitsänger aus dem Publikum besser als Sabina. Und als sie dann beim letzten Refrain ein "Empty Tankard" zu viel nachschob, zeigte ihr Gerre ganz Gentleman-like einen Vogel und bedeutete ihr, indem er mit dem Finger über seine Kehle fuhr, daß sie jetzt die Bühne wieder verlassen dürfe. Aber zumindest hatten beide ihren Spaß.
So gab es zwar nichts wirklich Überraschendes (wenn man mal davon absieht, daß sich Gerre trotz seiner Wampe formerly known as Bauch immer noch auf den Beinen halten kann), aber das hatte natürlich auch keiner erwartet. Und TANKARD scheinen sowieso machen zu können, was sie wollen, die werden immer gnadenlos abgefeiert.
(Stephan)
JAG PANZER
Das Harry Conklin und seine Mannen Gott sind, dürfte niemand ernsthaft bestreiten wollen. Aber als der Gig dann mit dem "Ample Destruction"-Doppel "Generally Hostile" und "Licensed To Kill" eröffneten, waren ich und wohl auch alle anderen Fans bereits im siebten Himmel angekommen. Unglaublich!!!
Das Ganze mit einer wieder einmal völlig überdimensionalen Gesangsleistung des Herren Conklin dargeboten. Und es wurde danach auch nicht einen Ticken schwächer. Das ungeheuer geile, hoch melodische "Chain Of Command" zwang mich dann endgültig in die Knie und ich betete diesen Sänger an. Hossa! Dazu die grandiosen Riffs der Herren Briody und Broderick. Besser geht es einfach nicht.
Den folgenden Songs wie der Hymne "Future Shock", dem treibenden "Black", "Iron Eagle" oder dem neuen Track "Take To The Sky" vom aktuellen "Mechanized Warfare"-Hammer, lauschte ich dann auf den Knien und wurde schlicht wahnsinnig. Unglaublich!!!
Die übrigen Fans sahen es ähnlich, auch wenn sie nicht alle die Demutshaltung einnahmen, doch auch so wurden Conklin und Co. frenetisch abgefeiert und jeder Song laut bejubelt und mitgesungen.
Das war Heavy Metal in Perfektion von einer der wenigen wirklichen Heavy Metal-Bands gespielt. Und mir soll jetzt keiner mit Kram wie SACRED STEEL, PARAGON oder ähnlichem 'True-Metal' kommen. JAG PANZER sind die Macht!!! Basta!!!!
(Peter)
OPETH
Es lag Magie in der Luft, als Mikael Akerfeldt und der Rest von OPETH die Bühne betrat. "Hi, we're Opeth, from Stockholm, Sweden." Das war bis auf die Ankündigungen der Songs und ein schüchternes "Thank You." Alles, was die verbale Kommunikation der Band mit dem Publikum betraf. Mit den ersten Tönen von "White Cluster" vom "Still Life"-Album war die Magie allgegenwärtig, manifestierte sich auf der Bühne, in der Musik sowie als auch in den Köpfen der begeisterten Zuschauer. Man kommunizierte auf andere Art und Weise.
Mit die größte Überraschung war, daß sich eine fast schon riesige Meute vor der Party-Stage eingefunden hatte und OPETH unablässig anfeuerte, ohne daß Mikael ein Wort hätte sagen müssen.
Mit "The Drapery Falls" gab's dann einen Song vom aktuellen "Blackwater Park"-Album zu bestaunen, bevor mit "Advent" (von "Morningrise") der absolute Höhepunkt musikalischer Kreativität erreicht war. Es ist kaum in Worte zu fassen, was Akerfeldt und seine Mannen dort boten, das war lebendig gewordene Kunst, Musik in ihrer reinsten Form, anmutige Schönheit und Brachialität in einem. Da man bisher nur Songs jenseits der zehn-Minuten-Marke gespielt hatte, war nach "Demon Of The Fall" (von "My Arms, Your Hearse") leider schon Schluss, und nicht nur ich hätte OPETH gerne noch einige Stunden länger lauschen können und wollen.
Bleibt unterm Strich der dank des perfekten Sounds und der makellosen musikalischen Performance der Band der eindeutig beste Auftritt des diesjährigen Wacken Open Airs, besser und vor allem schöner kann man Musik nicht darbieten. Dankeschön, OPETH.
(Rouven)
DEATH SS
Auf diese Band war ich auch tierisch gespannt, denn ich kannte von DEATH SS bisher nur "Scarlet Woman", das ich extrem cool finde. Auf einer Video Leinwand flimmerten düstere Filmauschnitte, ein nicht minder düsteres Intro ertönte und der Sänger wurde an einem Leuchtkreuz hängend auf die Bühne gebracht. Und schon legte die Band los und das gar nicht mal schlecht. Ich würde die Musik mal als eine Mischung aus Gothic, Electro und ziemlich viel Metal beschreiben, abgerundet durch coole Keyboardsounds und eine originelle Stimme.
Cool war auch die Show , bei der Mönche über die Bühne wandelten, eine Priesterin sich ganz und gar unkeusch gab, eine Domina alle unter ihr Kommando zwang und eine orientalische Tänzerin die Sinne betörte. Auch die Band selber, optisch eine Mischung aus Massenmörder- und Horror Punk-Ästhetik, zeigte sich engagiert und machte den Auftritt, bei dem es keine einzige Ansage gab, zu einem wahren Genuss.
Mit einer Zerstörungsorgie endete dann der seltsamste Gig des gesamten Open Airs, trotzdem waren DEATH SS, die trotz der Konkurrenz von MOTÖRHEAD ordentlich Leute anzogen, für mich ein weitere sehr coole Band, die ich unbedingt näher kennenlernen muss.
(Herbert)
MÄGO DE OZ
Als ich bei MÄGO DE OZ stand und auf die Band wartete, nur noch von Willenskraft aufrechtgehalten, konnte ich es kaum fassen, daß Wacken schon wieder vorbei war. Naja, zum Abschluss gab es noch mal Metal vom Feinsten. MÄGO DE OZ, das ist traditioneller Heavy Metal, vermischt mit starken Folk Einflüssen. Und diese Mischung kam absolut geil.
Aufgrund von Verspätungen konnnte die Band zwar nur eine halbe Stunde spielen, aber in dieser reihte sich Kracher an Kracher. Vor allem die traditionellen Metal Leads und die munter aufspielende Geige sorgten für mächtig Stimmung, sowohl vor (mit starkem Anteil spanischer Fans) als auch auf der Bühne. Zwar ging die Querflöte etwas unter und die Keyboards waren doch etwas lauter als der Rest der Band, trotzdem waren MÄGO DE OZ ein würdiger und verdammt guter Abschluss für das beste Metal Open Air Deutschlands.
Und daß MÄGO DE OZ gut ankamen, bewiesen die lautstarken Sprechchöre, mit denen die Band nach dem abrupten Ende gefeiert wurde. Heavy Folk Metal vom feinsten!
(Herbert)
- Redakteur:
- Christian Debes