Wacken Open Air 2002 - Wacken

16.08.2002 | 14:19

01.08.2002,

SAMSTAG - Black-Stage


CRIMINAL

Irgendwie war ich überhaupt nicht fit, als es zur Bühne ging. Ich bin zwar nicht im Stehen eingeschlafen, aber sooo weit weg war ich davon auch nicht. Nichtsdestotrotz hieß es Zähne zusammenbeißen, um zu sehen, wie sich CRIMNAL, deren letztes Album "Cancer" verdammt gut war, in Wacken schlagen. Und CRIMNAL legten auch gleich gut los, Tracks wie "Cancer", "Slave Master" oder "El Azote" sind schon ziemlich gute, moderne Thrash-Granaten, genau wie der schon ältere Kracher "Victimized". Übrigens setzten CRIMINAL dieses Mal auch auf spacige Keyboard-Sounds und Effekte, die aber die Songs nicht entscheidend verbesserten. Erschwerend hinzu kam noch, dass der Sound ziemlich schlecht war, die Gitarren waren viel zu weit im Hintergrund, so dass die Songs einiges von ihrer Durchschlagskraft verloren. Und anstelle des alten PENTAGRAM-Krachers "Demonic Possession" als Abschluss hätte ich lieber "Force Fed" gehört. Obwohl es noch relativ leer war, schlugen sich CRIMINAL ganz gut - trotz des schlechten Sounds: ein Achtungserfolg.
[Herbert]


AMON AMARTH

Mittags um zwölf war es vor der Black-Stage wieder richtig voll - kein Wunder, denn die Schweden von AMON AMARTH sind zur Zeit wohl eine der besten Death Metal-Bands weltweit. Keine andere Band verbindet so geschickt schwere, rollende Riffs mit diesen unnachahmlichen Melodien und überzeugt dabei live auch immer wieder aufs Neue. Und in Wacken war das nicht anders. Von der ersten Minute an kreisten am vorderen Bühnenrand wieder die Haare, während der hünenhafte Sänger Johann Hegg mit seiner kraftvollen Stimme Kracher wie den Opener "Masters Of War", "The Fall Through Ginnungagap", "The Last With Pagan Blood" und die beiden Highlights "Bleed For Ancient Gods" und "Victorious March" richtig geil rüberbrachte. Mit "Death In Fire" präsentierten AMON AMARTH sogar einen neuen Song, der mühelos das hohe Qualitätsniveau der Band halten kann. Da auch der druckvolle Sound stimmte und die Fans die Band ordentlich feierten und dazu noch kräftig bangten, kann man den Auftritt von AMON AMARTH getrost als ein absolutes Highlight bezeichnen. Einziger sehr kleiner Kritikpunkt: Die Pausen zwischen den Songs erweckten manchmal den Anschein, als ließen sich AMON AMARTH etwas zu sehr feiern, aber trotz allem: AMON AMARTH rulen!
[Herbert]


MACABRE

Der Einstieg war erste Sahne: Mit dem abgedrehten "Zodiac" erwischten die Mörder-Metaller aus Chicago einen Bombenstart. Das Publikum war sofort da und feierte die Band gut ab, trotz der zehnminütigen Verspätung. MACABRE dankten es dem Publikum mit einem richtig guten Gig. Natürlich waren einige Konstanten wie immer vorhanden: der krasse Gesang, sowohl von Gitarrist Corporate Death als auch von Bassist Nefarious, die detaillierten Massenmörderansagen und das technische Niveau von MACABRE. Die Jungs klingen zwar oberflächlich wie eine Grindcore-Band, bauen aber immer wieder coole Breaks und verschiedenartigste Einflüsse in ihre Musik ein. Heraus kommen dabei richtig gute Songs wie das fiese "Hitchhiker", "Albert Fish", "Ed Gain", "Night Stalker", "Exposure" oder "Vampire Of Duesseldorf". Aber MACABRE spielten nicht nur alte Sachen, sondern auch ein paar neue Songs: Ein absoluter Killer war der neue Track über Fritz Haarmann mit dem deutschen Lied "Warte nur ein Weilchen, warte nur ein Weilchen". Ziemlich krank, aber auch ziemlich geil. Auch gut kamen "Acid Bath Vampire" und "Dying To Be With You" (falls ich den Titel richtig verstanden habe). Die Fans gingen jedenfalls gut ab und brüllten die drei Sickos, die wie immer eine unterhaltsame Show boten, nochmal zu einer Zugabe zurück, die auch verdient war. So muss Massenmörder-Metal klingen!
[Herbert]


IMMORTAL

In brütender Hitze, bewaffnet mit einem schützenden Regenschirm, stand ich wartend in der zunehmend größer werdenden Menge und wartete gespannt auf die Ankunft der Black Metal-Götter IMMORTAL. Zumindest gestand man ihnen schonmal den Ansatz einer Bühnendeko in Form eines Namensbanners zu, was bei dem Sparprogramm dieses Jahr absolute Seltenheit war. Bei gleißendem Sonnenschein sicher ein etwas gewöhnungsbedürftiges Ambiente für nordisches Schwarzmetall, aber das hat die Massen zumindest nicht davon abgehalten, herbeizuströmen und den drei Mannen in zünftigem Corpsepaint die Aufwartung zu machen. Die Bühne wirkte ungewohnt verlassen mit den drei einsamen Gestalten darauf, die sich in die Eckpunkte verteilten, aber der Sound, der selbst bei mir recht weit hinten anrollte, war satt und sehr vernünftig. Und die Mucke sowieso; das Spiel ließ technisch keine Wünsche offen, der Todesgesang kam prall rüber und IMMORTAL präsentierten Black Metal in Reinkultur und Höchstform, ohne sich auf reines Herunterspielen zu beschränken und den Kontakt zur Gegenseite der Bühne zu vernachlässigen. Leider konnte von einer "Show" im eigentlichen Sinne nicht die Rede sein, etwas mehr für´s Auge hatte ich mir schon erhofft. Im vorderen Pulk ging es trotz der Bullenhitze kräftig zur Sache, reichlich Crowd-Diving inbegriffen. Zur Abkühlung gab es für die dicht gedrängten Massen Wasser aus dem Gartenschlauch, was gut mitgedacht war. IMMORTAL wurden rundweg abgefeiert und vor mir wogte eine Armee erhobener Hände, zum Zeichen des Gehörnten geformt. An Qualität und Stimmung war dieser Auftritt für mich eines der großen Highlights dieses Festivals und er war das Hitzebad allemal wert.
[Andreas]


HYPOCRISY

HYPOCRISY sind eigentlich eine Band, von der man keine größeren Überraschungen mehr vorgesetzt bekommt und die natürlich auch schon durch die Bank weg sehr erfolgreiche Festivalauftritte (gerade die letzten beiden Wacken-Shows waren ja phänomenale Konzerte) aufweisen kann. Trotzdem kann man sich Peter Tägtgren und seine Mitstreiter einfach nicht entgehen lassen. Die legten auch gleich ordentlich los, nämlich mit dem Band-Klassiker schlechthin - "Roswell 47". Neben unumgänglichen Songs wie "Fire In The Sky", "Buried" und "Fractured Millennium" musste man natürlich auch auf die neuen Stücke der Anfang des Jahres erschienenen "Catch 22"-Scheibe gespannt sein. Und die davon performten "Don´t Judge Me", "A Public Puppet" und "Destroyed" fügten sich nahtlos ein und gefielen mir live sogar noch ein Stück besser als auf der CD. Auch schon keine größere Überraschung mehr sind die gewohnt euphorischen Reaktionen der Fans, ob derer sich Peter allerdings doch schon sehr beeindruckt zeigte. Eigentlich konnten HYPOCRISY hier sowieso nichts falsch machen, da Wacken wirklich wie eine Eins hinter den Schweden stand. Da auch die Songauswahl eine gute Mischung darstellte, kann man nur wieder eines festhalten - es war eine souveräne Vorstellung wie eigentlich immer, die, wenn schon nicht besonders überraschend, immerhin sehr unterhaltsam war (auch wenn noch Zeit für einen weiteren Song gewesen wäre).
[Stephan]


CANNIBAL CORPSE

Es gibt Bands, bei denen weiß man bis auf´s letzte Detail, was einen erwartet. CANNIBAL CORPSE sind so ein Fall. Neben der schon gewohnt guten Stimmung bei CORPSE-Auftritten gab es natürlich auch wie immer eine absolut brachiale Vollbedienung, die in punkto Aggressivität einmal mehr keine Wünsche offen ließ. Hier wurde man brutalstmöglich durchgeschreddert bis einem vor Erschöpfung fast der Sensenmann erschien. Dazu war auch der Sound spitze und vor der Bühne wurde noch ein bisschen mehr getobt als bei den Vorgängern von HYPOCRISY. Bei der Songauswahl gab es auch keine Überraschungen, egal ob alt oder neu, die Abrissbirnen trafen todsicher bis ins Mark. So kann man nur eines festhalten - CANNIBAL CORPSE kamen, zerstörten und ließen nur noch Schutt und Asche übrig. Gerade auf dem Live-Sektor gibt es nicht viele Bands die CC in Sachen Härte und Aggressivität das Wasser reichen können. So ging die Stunde auch sehr schnell vorbei, wobei nach dieser Abfahrt ein bisschen Erholung auch dringend notwendig war. Der letzte Song "Stripped, Raped And Strangled" wurde noch fix Christa Jenal gewidmet, und dann war das Inferno auch schon wieder vorüber.
[Stephan]


KREATOR

Das Festival neigte sich schon langsam dem Ende entgegen, doch da traten KREATOR auf den Plan. Mille und seine Mannen lieferten eine überzeugende Show ab, die allerdings viel zu kurz war, weil man den Ruhrpott-Thrashern erstaunlicherweise nur eine Dreiviertelstunde Spielzeit zugestanden hatte (die musikalisch und in Sachen Erfolg in etwa vergleichbaren DESTRUCTION durften z.B. 60 Minuten lärmen). Die konnten Mille, der stimmlich sehr gut drauf war, und Co. natürlich nur für ein kurzes Best Of-Set nutzen, das durch die neuen Granaten von der "Violent Revolution" zusätzlich aufgewertet wurde. So machten der Titeltrack und "Reconquering The Throne" auch gleich den Anfang, gefolgt von Klassikern der Marke "Extreme Aggression" und "People Of The Lie". Da auch noch "All Of The Same Blood" und "Servant In Heaven, King in Hell" im Set vertreten waren, machten die neuen Sachen fast die Hälfte der Songs aus, was zwar bei dem breiten Fundus, aus dem KREATOR schöpfen können, etwas verwunderlich ist, was aber aufgrund der Klasse dieser Songs absolut in Ordnung geht. Den Abschluss bildeten dann wie immer "Flag Of Hate" und das direkt drangeklatschte "Tormentor". Das war heute schon einer der besseren KREATOR-Auftritte, irgendwie scheint diese Band ihren Zenit noch lange nicht überschritten zu haben. Positiv anmerken möchte ich noch den guten Sound und die Tatsache, dass es KREATOR vorzüglich verstanden, dass bereits ziemlich ermüdete Publikum nochmals anzustacheln und durch ihre Darbietung in Verzückung zu versetzen.
[Stephan]


ONKEL TOM

An ONKEL TOM scheiden sich sicherlich die Geister, aber wer sich bei ihm vor die Bühne stellt (und es war erstaunlich, wie viele ausgehalten hatten), ist im seltensten Fall nüchtern und der will auch nix anderes hören als bedeutungsschwangere Sauflieder (mal abgesehen vom natürlich auch diesmal wieder geforderten "Bombenhagel"). Davon gab´s dann auch reichlich, die von seinen 30 Saufkumpanen auf der Bühne teils gesanglich mitintoniert, teils auch einfach nur durch chaotischen Bewegungsdrang dieser heiteren Kameraden visuell untermalt wurden. Stimmliche Unterstützung (wenn auch nur im Background-Gesang) bekam Tom übrigens auch von Sabina Classen von HOLY MOSES, die, in einen langen, schwarzen Ledermantel gehüllt, durchaus Textsicherheit bewies, sich aber in puncto Action doch einigermaßen zurückhielt. Und eigentlich war ja klar, wie es wieder enden würde - es wurde fröhlich "Immer wenn ich traurig bin", "Trink, Brüderlein, trink", "In München steht ein Hofbräuhaus" und "Der Teufel hat den Schnaps gemacht" von den anwesenden Leuten mitgegröhlt, denen man bei Tageslicht sicherlich die blutunterlaufenen und vor Alkohol glänzenden Augen schon auf hundert Meter Entfernung angesehen hätte. Was soll man sonst noch groß dazu sagen - wer diese Trinkerparade doof findet, hat sich sicherlich HAGGARD angehört oder war bereits im Zelt verschwunden, und wer den ONKEL TOM kultig findet, der war eben bei ihm und hat sicherlich auch seinen Spaß gehabt. Also, warum nicht...?
[Stephan]


Redakteur:
Martin Schaich

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