With Full Force 2004 - Roitzschorja
17.08.2004 | 14:4902.07.2004, Flugplatz Roitzschorja
With Full Force 2004
Erlebnis-/Konzertberichte
Teil3:
Abschwächeln am letzten Tag? Nicht am Bierstand. Da geht es erst richtig zur Sache. Eine kleine Gruppe TURBONEGRO-Fans hat es sich in unmittelbarer Nähe auf dem Drecksacker bequem gemacht. Zwei dickliche Jungs fallen besonders auf, einer mit rotem Shirt, einer mit gelbem Shirt. Im völligen Alkoholwahn lecken sie an einander. Irgendwann setzt sich T-Shirt-Rot auf das Gesicht von T-Shirt-Gelb und verbiegt ihm die Brille. T-Shirt-Gelb sabbert dämlich vor sich hin.
Es ist nicht die einzige Gruppe, die geradewegs straight ahead in Richtung Entmenschlichung steuert. Wenn solche Leute vor dir stehen und ein Bier wollen: "Rülps! Bier!", was etwa klingt, als würde ihr Kehlkopf sich gerade in eine Fräs-Maschine verwandeln.
Erst bei SOULFLY können einige schwer geschädigte Exemplare des Homo Alcoholicus wieder so weit geradeaus laufen, dass sie zumindest in die Nähe der Bühne schwanken. Am Bierstand ist derweil zum SOULFLY-Hit "Eye For An Eye" ein echtes Prachtpärchen erschienen: Die Frau hat ihre Stimme schon erfolgreich in eine Kettensäge verwandelt, ihr riesiger Busen wogt aufgeregt unter dem langen verschwitzten Haar: "Biier!!". Ihr Freund: "Biiieeer!!!". Ohne Mitleid bekommen sie nachgeschenkt, falsch und roh singend ziehen sie wieder ab.
Bei so viel Action bleibt der SOULFLY-Auftritt nur geniales Hintergrund-Geschredder mit einem optischen Höhepunkt: Wenn die Scheinwerfer ins Publikum leuchten und tausende Leiber gleichzeitig vor der Bühne hüpfen. Dagegen wirken die Auftritte von TIAMAT, LAKE OF TEARS und THE VISION BLEAK nach der Knüppelnacht fast wie weiche Daunenkissen. Gewinner hier ist eindeutig LAKE OF TEARS - melodisch, dramatisch, romantisch verträumt und wunderschön depressiv feiert die Band ihre Wiedergeburt. Dagegen überzeugen bei TIAMAT nur die alten Klassiker, die neuen Songs fallen dagegen spürbar ins Leere.
Und THE VISON BLEAK sind zwar mit Orchester und genialer Instrumentenführung am Start, die Stimme von Frontmann Allen nervt aber schon nach wenigen Minuten durch Monotonie - ein wenig Kreischerei würde die Band in völlig neue Sphären heben. Doch so bleibt nur der Gang zum Met-Mann. Dort sammeln sich die besonders trunkenen Kinder der Nacht - noch ist es lange nicht hell...
[Henri Kramer]
- Redakteur:
- Herbert Chwalek