ANTHROPIA - The Ereyn Chronicles - Part I: The Journey Of Beginnings
Mehr über Anthropia
- Genre:
- Progressive Metal
- Label:
- Magna Carta / Rough Trade
- Release:
- 08.12.2006
- Welcome To Ereyn
- Question Of Honour
- Lords Of A World
- Through The Sleeping Seaweed
- Forgotten
- Lion-Snake
- Where The Secrets Lie
- The Walk Among The Ruins
- In The Maze Of A Nightmare
- The Desert Of Jewels
Bei ANTHROPIA handelt es sich weniger um eine Band im eigentlichen Sinne als um ein Ein-Mann-Projekt des Franzosen Hugues Lefebvre (kurz: "Hugo"). Der junge Gitarrist aus dem Nachbarland kommt eher von der klassischen Schule - immerhin hat er an der École de Musique d'Antibes studiert -, hat sich aber hörbar auch von einigen Art-Rock-, Progressive- und Metal-Bands beeinflussen lassen. An Selbstbewusstsein, auch in der Rock- und Metal-Szene zu bestehen, mangelt es dem Franzosen allerdings scheinbar nicht, denn gleich mit seinem ersten Album wagt er sich ganz ambitioniert an ein insgesamt dreiteiliges Projekt mit dem Titel "The Ereyn Chronicles" heran. Die zugrundeliegende Geschichte stammt im Übrigen von Quentin Borderie, einem wohl recht guten Freund von Hugo, der plant, diese auch noch in Buchform zu veröffentlichen. Hier soll es aber erstmal um Hugos musikalische Umsetzung des ersten Teils von "The Ereyn Chronicles" gehen, nämlich "The Journey Of Beginnings". Wie schon angedeutet, hat Hugo das Songwriting im Alleingang absolviert, und auch bei den Aufnahmen wurde er lediglich von dem Schlagzeuger Damien Rainaud sowie der Sängerin Marie-Eve Orengo unterstützt - alles, was entfernt mit Bass oder Gitarre zu tun hat sowie der überwiegende Gesang blieb natürlich Chefsache ...
'Welcome To Ereyn' ist - wie der Titel schon vermuten lässt - lediglich ein Intro, das mit bombastischen Keyboardklängen, einem mehrstimmigen Chor, aber auch ersten Gitarrenriffs aufwarten kann. Richtig los geht es aber dann schließlich mit 'Question Of Honour', das sogleich richtig Fahrt aufnimmt und mit kräftigen Gitarrenriffs aufwarten kann. In der Folge nehmen die progressiven Einflüsse immer mehr zu, und so wechselt Hugo wie nach Lust und Laune Tempo und Rhythmus, ohne aber den roten, weitgehend recht zielgerichteten Faden zu verlieren. Auch neoklassische Elemente tauchen hier und da auf - auch Hugo hat wohl schon etwas von Yngwie Malmsteen gehört -, sodass für Abwechslung durchaus gesorgt ist. Ganz so flexibel, wie der Franzose im Umgang mit der Gitarre ist, ist seine Stimme nicht, aber sie ist immerhin sehr kraftvoll und auch sonst gut hörbar.
'Lords Of A World' ist danach nicht mehr so geradlinig, denn es werden hier mitunter auch musikalisch völlig unterschiedliche Teile aneinandergefügt. Dabei entstehen aber keine allzu harten Brüche, und wer mit Bands DREAM THEATER - hier insbesondere zur "Train Of Thought"-Phase - klarkommt, der sollte auch mit diesem Stück keine größeren Probleme haben. An Heaviness fehlt es diesem Song jedenfalls zu keiner Zeit - auch wenn mal das Tempo etwas herausgenommen wird -, denn die Gitarrenriffs sind immer sehr kraftvoll, und auch die teilweise mehrstimmigen Chöre leisten hierzu ihren Beitrag. Die US-Amerikaner um John Petrucci scheinen allgemein einen großen Einfluss auf Hugo gehabt zu haben, denn auch beim Hören des achtminütigen, in allen Belangen abwechslungsreichen Instrumentals 'Through The Sleeping Seaweed' kommen einem DREAM THEATER in den Sinn. Dabei weiß der Franzose aber immer genau, was er tut, und er ist auch meilenweit von einer Kopie entfernt.
'Forgotten' beginnt dann zunächst relativ verhalten und melodisch, legt aber im Laufe des Songs deutlich an Härte und Aggressivität zu, ohne den harmonischen Aspekt zu vernachlässigen. Es dominieren nur eben wieder kräftige Gitarrenriffs das Geschehen, die Hugo natürlich nach Belieben variiert und anordnet. In diesem Stil geht es auch bei 'Lion-Snake' weiter, das aber zusätzlich mit zwei Neuerungen aufwarten kann: Zum einen wird dem Keyboard immer wieder relativ viel Raum gelassen, und zum anderen wird Hugo von Marie-Eve Orengo gesanglich unterstützt. Sowohl das Keyboard als auch der weibliche Gesang tauchen bei 'Where The Secrets Lie' erneut auf, im Unterschied zum vorhergehenden Song ist diese Nummer aber deutlich ruhiger ausgefallen. Zwischendurch kommt zwar auch das eine oder andere harte Gitarrenriff zur Geltung, und auch Hugos Gesang nimmt mal diabolische Züge an, aber im Wesentlichen steht hier die Melodie und Eingängigkeit im Vordergrund.
'The Walk Among The Ruins' ist dann lediglich ein kurzes Intermezzo, das von Marie-Eves Gesang lebt und ebenso auf einer TRANS-SIBERIAN ORCHESTRA-Scheibe passen würde. Deutlich schwermetallischer geht es anschließend mit 'In The Maze Of A Nightmare' weiter, das vor allem im ersten Teil von allerhand Gitarrenriffs lebt und auch sonst sehr druckvoll daherkommt. Der Chorus ist dennoch ein ganz extremer Ohrwurm, den man noch Stunden später vor sich hin trällert (zumindest mir geht's so ...). Im weiteren Verlauf wird unter anderem das Tempo immer wieder variiert, sodass sowohl langsamere, melodische Teile ebenso vorkommen wie schnellere, neoklassisch inspirierte Passagen. Der abschließende, über zehnminütige Song 'The Desert Of Jewels' ist im Prinzip zweigeteilt: Während die erste Hälfte ein melodischer Uptempo-Song im eigentlichen Sinne ist, ist die zweite Hälfte im Wesentlichen rein instrumental. Hugo verwurstet dabei den "Venezuelan Waltz #3" von Antonio Lauro, der eigentlich für klassische Gitarre geschrieben wurde und hier vielleicht auch etwas fehl am Platz ist. Der Song plätschert in dieser Phase nämlich ziemlich vor sich hin und nimmt erst wieder Fahrt auf, als Hugo das Hauptthema aus der ersten Songhälfte wieder aufgreift und dementsprechend "richtige" Gitarrenriffs dominieren.
Ansonsten ist "The Ereyn Chronicles - Part I: The Journey Of Beginnings" aber ein wirklich gelungenes Debütalbum, mit dem sich Hugo wirklich nicht verstecken muss. Technisch ist der junge Franzose sowieso über jeden Zweifel erhaben, und auch kompositorisch gibt es nicht viel auszusetzen. Man hört zwar schon immer wieder recht deutlich, von welchen Bands er beeinflusst wurde, aber den Vorwurf eines Plagiats muss er sich trotzdem nicht gefallen lassen. Dazu sind die Einflüsse und Inspirationen von Hugo einfach zu vielfältig - angefangen bei der klassischen Musik, über 70er-Rock wie von GENESIS oder RUSH, bis hin zu traditionellen und/oder progressiven Metal-Bands, wie zum Beispiel IRON MAIDEN, SYMPHONY X oder die bereits erwähnten DREAM THEATER. Wer also glaubt, mit einer solchen Mischung gut klarkommen zu können, der kann hier ruhig mal ein Ohr riskieren, und Freunde von SAVATAGE in den 90er Jahren können sowieso fast blind zugreifen.
Anspieltipps: Question Of Honour, Lords Of A World, In The Maze Of A Nightmare
- Redakteur:
- Martin Schaich