ANTIGONE'S FATE - Zum Horizont...
Mehr über Antigone's Fate
- Genre:
- Melodic Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Northern Silence
- Release:
- 20.09.2019
- Abendstern
- Morgengrauen
- Herbstnacht
- Der graue Block
So hat atmosphärischer Black Metal zu klingen!
Schon das Debüt von ANTIGONE'S FATE hat mich vor guten zwei Jahren überzeugt, bot es doch melodischen Black Metal, der sich erfrischend von jeglicher Stangenware unterschied. Wem es diesbezüglich genauso erging, der kann auch hier wieder problemlos zugreifen, denn "Zum Horizont..." verfolgt den eingeschlagenen Weg konsequent weiter und macht dabei auch noch einiges besser.
Da wäre zunächst mal die vollere Produktion: Sämtliche Instrumente, die wieder einmal alle von Ruun eingespielt wurden, klingen druckvoll und transparent, und trotz einer enormen Bandbreite - von Shakern bis hin zu akustischen Gitarren - herrscht fast durchgängig eine kalte Stimmung vor.
Dann der Gesang des Meisters: Es ist immer wieder eine Freude zu hören, welche stimmlichen Facetten in einem einzelnen Menschen schlummern können. Da wird geflüstert, geschrien, gesungen und geschluchzt und das alles in diversen Variationen, was den vier Kompositionen eine unheimlich dichte Emotionalität verleiht. Insgesamt aber geht die Tendenz weg vom Gutturalen hin zum Krächzigen, was dem Endprodukt sehr guttut. Stimmlich also nochmal eine Steigerung.
Das gilt auch für die Stücke an sich: Easy Listening ist ANTIGONE'S FATE natürlich nicht, dennoch gehen die allesamt sehr langen Stücke schnell ins Ohr und punkten mit einer unaufdringlichen Eingängigkeit, die jedoch weit vom peinlichem Pathos anderer Bands entfernt ist. Dazu passt es ganz gut, dass man die Texte jetzt noch etwas deutlicher heraushört.
Bei lediglich vier Liedern drängt sich eine Einzelbesprechung natürlich geradezu auf, hier ergibt sie aber auch Sinn, denn es passiert einfach unglaublich viel innerhalb der Stücke. Den Anfang macht 'Abendstern', das mit akustischen Gitarren loslegt und durch sein ungewöhnliches Schlagzeugspiel auffällt. Das charakteristische Melodiemotiv wird über das gesamte Stück aufgegriffen und gibt den roten Faden vor. Ein gelungener Albenöffner, aber nicht der Höhepunkt. Interessant ist dabei der klagende Gesang im letzten Teil des Liedes.
Mein Favorit ist 'Morgengrauen', das verdammt heavy und doomig daherkommt. Die Akkordfolge wird von spät einsetzendem Gesang begleitet, der eine Mischung aus Schreien und Singen darstellt und sehr emotional wirkt. Im Mittelteil werden starke Assoziationen zur mittleren DORNENREICH-Phase wach, was sich sowohl auf das Flüstern als auch den eindringlichen Text bezieht. Auch sehr cool sind die darauf folgenden Lead-Gitarren oder die experimentell tönende Akustik-Part. In Summe wird hier die Vermischung von Black Metal und zarter Fragilität auf einem sehr hohen Niveau zelebriert.
Sehr gut gefällt mir 'Herbstnacht', das fast schon gewohnt ruhig beginnt und sich dann in einen schweren und hypnotischen Stampfer verwandelt, der sich bis zum ersten Drittel hin mit breiten und ausladenden Sphärenklängen in eine Ekstase steigert. Dann wechseln sich bis zur Mitte geflüstert-ruhige mit schwarzmetallischen Phasen ab, woraufhin ein längerer Instrumentalpart folgt, der schon fast groovig wirkt. Dieser wird von Ohoho-Chören abgelöst, die eine positiv hoffnungsvolle Stimmung verbreiten, die das Bisherige treffend konterkarieren. Zum Ende wird es nochmal harscher, nur um dann in saften Windklängen auszufaden.
Den Abschluss bildet das 21 Minuten lange 'Der graue Block', das sich sehr viel Zeit für alles lässt und mit teilweise recht ungewöhnlichen Klängen experimentiert. Auch hier finden sich wieder starke Gitarrenpassagen und eine dichte Atmosphäre, die von einer breiten Abwechslung getragen wird. Dennoch nicht so zwingend wie die vorherigen Stücke.
Als Fazit kann man ziehen, dass es Ruun gelungen ist, mit "Zum Horizont..." im Vergleich zum starken Debüt noch eins draufzulegen und etwas durchaus Eigenes zu erschaffen. Schon nach den ersten Takten hat sich dieses ANTIGONE'S FATE-Gefühl wieder eingestellt und das muss man als Band erstmal hinbekommen.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Jakob Schnapp