ARCTIC MONKEYS - Whatever People Say I Am, That's What I'm Not
Mehr über Arctic Monkeys
- Genre:
- Alternative
- Label:
- Domino / Rough Trade
- Release:
- 20.01.2006
- The View From The Afternoon
- I Bet You Look Good On The Dancefloor
- Fake Tales Of San Francisco
- Dancing Shoes
- You Probably Couldn't See For The Lights But You Were Looking Straight
- Still Take You Home
- Riot Van
- Red Light Indicates Doors Are Secured
- Mardy Bum
- Perhaps Vampires Is A Bit Strong But...
- When The Sun Goes Down
- From Ritz To The Rubble
- A Certain Romance
Oh, was ist das für ein Eisberg, der da auf uns zukommt? Selten gab es in letzter Zeit ein Album, das so heißblütig erwartet wurde wie das der ARCTIC MONKEYS, so viel war von der grünen Insel schon herübergeschwappt von der Welle der Begeisterung über den neuen glanzvollen Stern am alternativen Himmel. " Whatever People Say I Am, That's What I'm Not" - das sind sie nun also! Die mächtigen ARCTIC MONKEYS! The next big thing! Der Hype des Jahres (ganz gleich ob 2005 oder 2006)! Schlägt man bei Wikipedia das Wort Superlativ nach, müsste zwangsläufig auch ein direkter Link zu den MONKEYS angezeigt werden. Ja selbst, wenn es zuletzt um (derzeit) noch größere Bands ging, ganz und gar die Größten von Britannien, OASIS, dann fiel zuletzt auffällig häufig der Name des Quartetts aus Sheffield. Einen Hype wie diesen kannte man zuletzt nur von THE USED, die noch vor ihrem Debüt schon die Konzerthallen ausverkauften. Und auch hier passt der Satz wieder super: Das wird bei den MONKEYS genauso sein, wenn nicht noch heftiger!
Und ausgerechnet mir obliegt nun die Ehre/der Fluch, dieses Phänomen, wie sie immer so schön betitelt werden, auszubremsen oder ihm meinen Segen mit auf den Weg zu geben.
Man denkt noch vor dem ersten Hören: Dieses Album muss einfach der Hammer sein! Wie sonst ist schließlich der Kult um diese Band zu begründen? Und tatsächlich, gleich der Opener 'The View From The Afternoon' bleibt sofort beim ersten Hören kleben wie eine Zunge an gefrorenem Metall im Winter. Das Lied ist für die Musikrichtung sogar ein besseres Aushängeschild als das veröffentlichte Video 'I Bet You Look Good On The Dancefloor'. Auf dem Weg durch das Album kristallisiert sich immer mehr heraus, dass es bei den MONKEYS nicht darauf ankommt, Neues zu erfinden oder die Welt der Musik in seinen Extremen auszuloten. Nein, das Geheimnis findet sich in Präzision wieder.
Besonders Leadvocalist/Gitarrist Alex Turner und Gitarrist Jamie Cook zeigen Klasse und Talent an ihren Instrumenten. Sie wagen es, statt wie viele Musiker gleichen Genres inflationär die Gitarren zu verzerren, größtenteils klare Melodien zu kreieren, wobei die Musik ihre Ruppigkeit keineswegs verliert. Dafür sorgt schon der freche Leichtsinn, den man einfach nur bei einem Debüt finden kann. Daraus ergeben sich frappierend viele Hooklines, von denen mindestens eine den Hörer gefangen nimmt. Am Laufen gehalten werden die Lieder von galoppierenden Rhythmen, die, wann immer nicht die Melodie das Lied dominiert, dennoch das Tempo hochhalten.
So sehr man jetzt schon einen Schutzwall um die Band aufbaut, wann immer es auf das Thema "Verwandschaft zu anderen Bands" kommt, so interessant ist es dennoch herauszuhören, wo die Einflüsse der Affen liegen. Natürlich will ihnen niemand unterstellen, dass sie von anderen Band klauen, und auch der Vorwurf, sie seien nur eine Kopie von demunddem, wäre absolut lächerlich. Trotzdem macht es Spaß, dem Album zu entlocken, zu welchen dickeren Ästen des Stammbaus die Lieder führen. Ein ganz kleiner Schuss SYSTEM OF A DOWN, eine dicke Portion astreiner Brit Rock (so sehr sie sich dagegen auch wehren), zwei dicke Hände voll Verschrobenheit à la QUEENS OF THE STONE AGE, ein Tom-Morello-inspiriertes Gitarrenspiel, ganz viel "The …" von allen Bands, die mit diesem Wort anfangen, und gar noch mehr Eigenständigkeit, Spielwitz und Frische – das sind ARCTIC MONKEYS. Eben jene Eigenschaften bilden ungemein viel Substanz, um flächenddeckend Fans zu ernten.
Sollen wir nun alle blind in den Hype einfallen? Nein! Das Album ist super, genial, ein Hammer, klasse, aber es rechtfertigt nicht das Tohuwabohu, das darum gemacht wird. Das extrem hohe Niveau der ersten beiden Lieder, die vor allem durch entweder treibende oder abwechslungsreiche Rhythmen punkten, kann über die Dauer von 41 Minuten nicht gehalten werden. Lieder, bei denen eben nicht diese Kriterien ziehen, werden durch Alex' angenehme, klare Stimme getragen. Besonders kommt diese bei den Songs 'Mardy Bum' und 'When The Sun Goes Down' zum Tragen, die vor gesanglicher Melodie nur so sprühen. Instrumentale Kompetenz und Feingefühl für tanzbare, ansteckende Takte lassen quasi nie Langeweile aufkommen. Verspielt jongliert man mit hypnotisierenden Liedläufen, die immer gerade so noch verändert genug sind, um nicht zu offensichtlich mit Ska verwandt zu sein. Am Ende freilich, als es nix mehr zu verlieren gibt, wagt man mit 'A Certain Romance', eben jene Verwandtschaft offen zu legen. Sollen sie ruhig, genauso, wie sie mit 'Riot Van' mal eben ihre Fähigkeiten zu gefühlvoller, sensibler und ganz und gar depressiver Musik demonstrieren.
Ja, meinen Segen haben ARCTIC MONKEYS. Ein grandioses Debüt einer sicherlich einschlagend genialen Live-Band. Mögen sie ausziehen, die Welt zu erobern und wünschen wir ihnen, dass der Hype aus ihnen nicht das macht, was er mit schon so vielen Bands vor ihnen gemacht hat. Immerhin hat dieser auch SYSTEM OF A DOWN klein gekriegt. Und eigentlich ist doch auch egal, was ich hier schreibe, weil alle, die die englischen Affen schon für sich entdeckt haben, ohnehin schon mit leuchtenden Augen und der Banane in der Hand in den Schnee gefallen sind.
Wie schon gesagt: Wer viereckige Räder erwartet, wird enttäuscht. Die MONKEYS erfinden die Musik nicht neu, sondern blasen nur frischen Wind in eins der etabliertesten Genres der Musik. Und eben jene Frische, die mit Turbinenkraft auf uns zukommt, wird diese Band noch eine ganze Weile nach oben tragen. Rein an der Qualität dieses Albums und ihren Weltherrschaftsbestrebungen gemessen, kann man den ARCTIC MONKEYS durchaus eine genetische Verbindung zu "King Kong" attestieren!
Nettes Gimmick: Hört euch mal den Anfang von 'Red Light Indicates Doors Are Secured' an. Fast möchte man meinen, gleich fängt Judith von WIR SIND HELDEN an zu singen.
Anspieltipps: The View From The Afternoon, I Bet You Look Good On The Dancefloor, Still Take You Home, Mardy Bum, When The Sun Goes Down, A Certain Romance
- Redakteur:
- Michael Langlotz