AUTUMN HOUR - Dethroned
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2010
Mehr über Autumn Hour
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Cyclone Empire/Soulfood
- Release:
- 29.01.2010
- Oblivion
- End User
- Techcceleration (The Machine Speaks)
- Here Comes The Rain Again
- Fade Out
- Unbelievable (The Mind Speaks)
- Dethroned
- How Were We Supposed To Know?
- Every Day (The Body Speaks)
- Transcend
- The Past (The Heart Speaks)
- Rebirth
- Rafi
- How Were We Supposed To Know (Acoustic Version)
Emotional, facettenreich, spannend. Tecchio-Metal at its best!
Bevor jetzt irgendwer beim Lesen des Reviews die Augen im Kopf verdreht, weil ich erneut mit völlig verklärter Sichtweise über ein musikalisches Lebenszeichen meines absoluten Lieblingssängers referiere, gebe ich es offen zu: Selbst ein unter der Dusche eingesungenes Jodelalbum von Alan Tecchio würde von mir eine wohlwollende Kritik erhalten. So viel zur Objektivität der nächsten Zeilen.
AUTUMN HOUR ist die neue Band des Sängers, der uns bei HADES, NON FICTION, POWER, WATCH TOWER und zu letzt SEVEN WITCHES mit seiner unvergleichbaren Stimme erfreut hat. Mit von der Partie ist als alter Weggefährte Drummer Dave Lecsinsky (ex-HADES/SEVEN WITCHES), sowie Clint Arent (b.) und Justin Jurman (gt.). Also kein All-Star-Project, sondern offenbar eine richtige Band.
Und genau so klingt das Material dann auch. Kompakt, auf den Punkt und im Gesamtpaket durchaus schlüssig. Wobei sich dieser Eindruck erst nach etlichen Durchläufen einstellt, denn das musikalische Spektrum von AUTUMN HOUR ist extrem breit gefächert. Während das Quartett zu Beginn gleich mit zwei schwer im Magen liegenden Verschachtel-Up-Tempo-Brechern über den unvorbereiteten Hörer herfällt, serviert man als Überraschungs-Bonbon eine äußerst effektive Nachspielversion des EURYTHMICS-Songs 'Here Comes The Rain Again'. Es ist wirklich erstaunlich, wie fett und gleichzeitig einfühlsam diese Adaption klingt. Ich muss nicht extra erwähnen, dass Tecchios' Gesang dazu mehr als nur ein Quäntchen beisteuert. Er hat nichts von seiner vielseitigen Sangeskunst verlernt, wobei er klug genug ist, die hohen Schrillschreie auf ein nötiges Minimum zu reduzieren. Einige wird dies sicherlich freuen.
Im weiteren Verlauf gibt das hitverdächtige 'Fade Out', zu welchem es auch ein Video gibt, in dem Mister Tecchio die neueste Bartmode vorstellt. Man könnte es den Nicholson-Gedenkflausch nennen. Egal, die Nummer rockt wie Hölle, was vor allem am mehr als kraftvollen Drumming von Dave liegt. Der gute Mann bollert hier mit einer jazzigen Lässigkeit ein paar Ahornwälder zu Sägespänen. Und das Feine daran ist, dass es trotz der ungemein heftigen Wucht immer grooved.
Dieser Umstand kommt luftigen Nummern wie dem entspannten 'Unbelievable' oder dem psychedelischen 'Transcend' natürlich sehr entgegen. Diese Kompositionen belegen die Fähigkeiten der Band emotional tiefgründige Songs ohne Kitsch zu basteln. Das facettenreiche Gitarrenspiel und die voluminösen Tieftöne lassen Gefühlswelten entstehen, die aufsaugen. Niemals muss man auf typische Vers-Chorus-Vers-Chorus–Solo–Chorus-Aufbauten zurück greifen, was das Material aufs erste Ohr etwas sperrig erscheinen lässt. Allerdings spürt man sofort, dass es sich lohnt ein wenig Zeit in "Dethroned" zu investieren. Und als Belohnung bekommt man ein Album geboten, welches nicht allein aufgrund seines textlichen Konzeptes – es basiert auf dem Buch "The Singularity Is Near", in dem es um künstliche Intelligenz und Nanotechnologie geht – ein sehr langes Hörvergnügen beschert.
Wer grundsätzlich auf emotionale, vielseitige harte Rockmusik mit Köpfchen steht, der sollte AUTUMN HOUR eine paar Ohren leihen. Wer, wie ich, auf die Veröffentlichung von Alans' ALL TIME LOW-Demos wartet, bekommt hier eine tolle Alternative geboten.
Ich ziehe meinen imaginären Hut vor dem Mut der Band, so eine unkonventionelle Scheibe zu veröffentlichen. Das zeugt von Herzblut. Und genau dies hört man "Dethroned" auch an. Denn auch wenn auf dem Album, ausreichend Nummern vorhanden sind, die eine gewisse Massentauglichkeit aufweisen, wird AUTUMN HOUR aufgrund der obligaten Strukturen des Musikgeschäftes der Erfolg verwehrt bleiben. Denn ohne Musikvideo, Werbespot und Toursupport müsste sich der normalsterbliche Musikkonsument ja selbst auf die Suche nach solcher Musik machen.
Ich tauche erneut ab in die Sphären dieser tollen Scheibe.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Holger Andrae