BERGTHRON - Expedition Autarktis
Mehr über Bergthron
- Genre:
- Black Metal/Modern Metal
- ∅-Note:
- 4.00
- Label:
- Eigenvertrieb
- Release:
- 01.12.2010
- Asymmetrisch (Ginnungagap)
- 84°03'N 174°51'W (Asgard)
- Eisbrecher (Baldur)
- Harpune 2010 (Loki)
- Weiße Bestie (Thökk)
- Nordpolar° (Jormungand)
- Seepest (Naglfar)
- Experiment Apokalypse (Ragnarök)
- Autarktis (Bergthron)
Change? Yes, we can! Doch wollen wir das auch?
Wandel: Das ewige Leid des gemeinen Metallers, die Geißel eines jeden Musikhörers. Wozu soll er gut sein, fragt der eine; Never change a running system! Ein anderer freut sich über die Abwechslung und verweist auf Bands, wo ein radikaler Stilwechsel wunderbar funktioniert hat. Doch wer hat recht?
Und damit kommen wir zu den Plauener Schwarzwurzelbarden BERGTHRON, die über Jahre hinweg an ihrem folkigen Black-Metal-Sound feilten und mit ihrem letzten Album "Leben und Lebenswille" sich mehr und mehr auf Abwechslungsreichtum und Lagerfeuerklänge konzentrierten. Das war eine nachvollziehbare Entwicklung in kleinen Schritten. Wer also die Band schon immer wegen ihrer folkigen Ausrichtung und den traditionellen Black-Metal-Elementen mochte, wird hier sein schwarzes Wunder erleben. Wie der Missbrauch eines in unserer schnelllebigen Zeit mittlerweile wieder veralteten politischen Mottos in der Schlagzeile oben deutlich macht, hadere ich schon etwas länger an diesem Review. Wird wohl seinen Grund haben...
Auf "Expedition Autarktis" erwartet uns eine Band, die offenbar in letzter Zeit eher industriell angehauchten Modern Metal und viel Death Metal gehört haben. Traditionalisten werden sich mit Abscheu abwenden ob des Gebrauchs von groovigen Stakkato-Rhythmen, Death-Metal-Riffs, industriellen Loops und der generell sehr hüpftauglichen Aggressivität, die mit Black Metal gar nichts mehr gemeinsam hat.
Im flotten Tempo und mit viel Groove macht schon der Opener 'Asymmetrisch Ginnugnagap)' klar, wie der Hase knattert. Weit in den Vordergrund gerückte Growls, ein erdrückender, steriler Sound, ein harter, stoischer Rhythmus und fast schon corige Breaks werden dem Hörer in nur zweieinhalb Minuten kredenzt. Etwas ungläubig starrte ich die ersten 3 oder 4 Umdrehungen auf die schick aufgemachte Tinbox, ob ich denn auch wirklich das richtige Album gekauft hatte oder mir jemand nur einen Polarbären aufbinden wollte.
Vertrauter wird es, wenn die Band mal etwas klaren Gesang auspackt in den folgenden '84°03'N 174°51'W (Asgard)' und 'Eisbrecher (Baldur)', aber auch hier muss man sich durch sehr moderne Stakkatoriffs und Breakdowns kämpfen, ehe die klassischen BERGTHRON-Markenzeichen ertönen. Doch was nützen mir diese Markenzeichen, wenn das Drumherum eher wie eine verkorkste Mischung aus MNEMIC, FEAR FACTORY, MESHUGGAH und KATAKLYSM auf Neue Deutsche Härte klingt?
Einen Lichtblick nach viel ebenso gleichförmig klingendem Krach bietet 'Seepest (Naglfar)', welches etwas abwechslungsreicher mit dem Tempo jongliert, ein durchaus schwarzmetallisches Fundament erkennen lässt und etwas warmen Pathos andeutet, den man so auf den früheren Alben fand. Mehr davon wäre nett gewesen, doch leider folgen die meisten Songs dem gleichen Schema. Einem Schema, das dem Fan von Black und Pagan Metal mit Sicherheit nicht schmeckt, so ungewohnt tight und zügig das auch alles gespielt sein mag im Vergleich zu den eher holprigen Frühtagen. Technisches Können ist nicht der Weisheit letzter Schluss - ansprechend, melodisch und mitreißend sollte die Musik schon sein. Leider findet sich hier fast durchgehend modern gespielter Groove ohne diese Qualitäten.
Ob man dem neuen Stil nun etwas abgewinnen kann oder nicht, so oder so haben BERGTHRON ihren Fans mit "Expedition Autarktis" sicher ordentlich vor den Kopf gestoßen und am Ende verbleibe ich einfach mal bei einer eher wohlwollenden Wertung. Das ist wohl nicht unbedingt eine Benotung der Qualität des Gebotenen, sondern drückt eher mein gänzliches Unverständnis für diesen neuen Stil aus. Angesichts des trotzdem hier ersichtlichen handwerklichen Könnens der Vogtländer finden sich jedoch mit Sicherheit genügend Hörer, die dem Album selbst bei kritischer Betrachtung ein paar mehr Punkte geben würden. Und bestimmt auch solche, die ihm nicht einen einzigen Punkt gönnen mögen. Bei mir sind BERGTHRON jedenfalls mit "Expedition Autarktis" ganz klar an den falschen Mann geraten. Nervig moderner Stil und eine grauenvolle Überproduktion von Klang-Antichrist Tue Madsen. Schade.
Anspieltipp: Seepest (Naglfar)
- Note:
- 4.00
- Redakteur:
- Martin Schulz