BETWEEN THE BURIED AND ME - Colors
Mehr über Between The Buried And Me
- Genre:
- Progressive Metal
- Label:
- Victory/Soulfood
- Release:
- 28.09.2007
- Foam Born (A) The Backtrack
- Foam Born (B) The Decade Of Statues
- Informal Gluttony
- Sun Of Nothing
- Ants Of The Sky
- Prequel To The Sequel
- Viridian
- White Walls
BETWEEN THE BURIED AND ME sind endgültig auf ihrem eigenen Planeten gelandet und haben sich dort häuslich eingerichtet. Entspannt zurückgelehnt und mit Schirmchendrinks in den Flossen winken sie Bands wie DREAM THEATER aus der Ferne zu und zeigen ihnen, was es bedeutet, progressiv zu sein. Was ziehen die Amis auf ihrem vierten Longplayer bloß ab? Es passiert so ziemlich alles, was überhaupt passieren kann: Siebziger-Progrock, Blumenwiesen-Psychedelic, Hardrock mit Hammond-Orgel, Frickel-Metal, Mathcore, klirrendes Schwarzmetall, OPETH, Jazz, Country, Comicfigur-Gastbeiträge. Hier hängt die Kinnlade dauerhaft unten, und wenn sie doch mal oben ist, hilft sie, ein seliges Lächeln zu formen.
"Colors" ist zu gleichen Teilen Kopf- und Bauchmusik und somit die faszinierendste Form tonaler Kunst. Der Fünfer interessiert sich nicht für stilistische Limitierungen, wobei man festhalten muss, dass die Basis des Sounds eisenharter, proggig rausgeballerter Maulsperren-Extrem-Metal ist. Zusammen mit der Offenheit in alle Richtungen entsteht so ein Klangkosmos, in dem man vermutlich auch nach hundert Erkundungstouren noch neue Dinge wird entdecken können. Der Startpunkt der Reise, 'Foam Born (A) The Backtrack', kann nur vage andeuten, welcher Ideenreichtum in der folgenden Stunde zu erwarten ist: Ein verträumter Piano-Part wird von QUEEN-artigen Gesängen begleitet, die Spannungskurve steigt an, verzerrte Gitarren schleichen um die Ecke, und zum Schluss blastet das Teil in EMPEROR-Regionen. Und für diesen (erstklassig ausgeführten) Sprung brauchen die Jungs nur etwas über zwei Minuten; im weiteren Verlauf nehmen sie sich auch mal das Fünf- bis Siebenfache an Zeit.
Dass dieses Album in einzelne Tracks unterteilt wurde, ist letztlich nur Schein. Man bekommt es mit einem Monumentalsong inklusive wiederkehrender Themen zu tun, der am Stück erschlossen werden muss und nach der ersten Runde ähnliche Reaktionen hervorruft wie der Genuss eines ganz besonderen Films. Genauso, wie man den Film nach dem Abspann sofort noch mal sehen will, lässt man diesen Dreher umgehend wieder rotieren. Man weiß genau, dass gerade was Fabelhaftes abgelaufen ist, obwohl man nur die Hälfte verstanden hat. Nach und nach realisiert man, dass beispielsweise Alexi Laiho den CHILDREN OF BODOM-Part in 'Ants Of The Sky' nur etwas in die Länge ziehen müsste und einen der besten Songs seiner Combo hätte oder dass sowohl PORCUPINE TREEs Steven Wilson als auch RADIOHEADs Thom Yorke die Passagen aus 'Sun Of Nothing', die an ihre Bands erinnern, abnicken würden.
Welcher geheimen Formel sich BETWEEN THE BURIED AND ME bedienen, damit der Hörer während dieses (keineswegs chaotischen) Wahnsinns-Ritts nicht an Reizüberflutung stirbt, ist nicht bekannt. Aber es gelingt ihnen, jedem Break (und davon gibt's jede Menge) so viel Sinn zu verleihen, dass man alle Schlenker gerne mitmacht. Und so gerät auch das abschließende Vierzehn-Minuten-Ungetüm 'White Walls' nicht zu einer "Ich kann zwar spielen, aber nicht komponieren"-Tortur, dafür aber zu einem letzten Satz, der so furios ist, dass man vor Begeisterung knapp unterhalb der Zimmerdecke schwebt und wie wild zappelt. Wer es schafft, ZERO HOUR, Trad-Metal, vertrackten Prog-Death und PORCUPINE TREE auf allerhöchstem Niveau zusammenzubringen, wer es sich leisten kann, den famos gesungenen Eher-nicht-Refrain einmal und nie wieder zu schmettern und damit zig Bands lächerlich zu machen, und wer das Hook aus 'Sun Of Nothing' aufgreift, auf das Piano überträgt und somit ganz zum Schluss eine Brücke zum Anfang der Scheibe schlägt, hat keine Konkurrenz zu fürchten.
Egal, welche Farben die Burschen im Einzelnen sehen und was sie machen, um diese Farben überhaupt sehen zu können, hoffentlich ändert sich daran nie etwas, damit uns in regelmäßigen Abständen Offenbarungen wie "Colors" aus den Schuhen hauen können. Grenzen sprengend, erfüllend, fordernd, unglaublich inspiriert und inspirierend, technisch makellos und trotzdem nicht kalt, brutal und im nächsten Moment sanft. Perfekt? Das wird der Langzeittest zeigen. Eine grandiose Platte!
Anspieltipps führen hier zu nichts. Einfach kaufen.
- Redakteur:
- Oliver Schneider