CANNIBAL CORPSE - Red Before Black
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2017
Mehr über Cannibal Corpse
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Metal Blade (Sony)
- Release:
- 03.11.2017
- Only One Will Die
- Red Before Black
- Code Of The Slashers
- Shedding My Human Skin
- Remaimed
- Firestorm Vengeance
- Heads Shoveled Off
- Corpus Delicti
- Scavenger Consuming Death
- In The Midst Of Ruin
- Destroyed Without A Trace
- Hideous Ichor
Zurück zu altem Klassikerstatus!
CANNIBAL CORPSE ist irgendwie wie eine Kiste mit "Pink Lady"-Äpfeln. Egal, welchen Apfel man in die Hand nimmt, jeder schmeckt verdammt gut und weist nur manchmal ein paar ganz wenige Makel auf. Und dann erinnert man sich auch nach über 25 Jahren noch an seinen ersten Bissen. Klar, im Laufe der Zeit erwischt man auch mal den ein oder anderen, der durch einen kleineren Fleck gezeichnet ist. Ebenso kann sich nach all den Jahren auch mal eine Übersättigung einstellen, so dass man ebenso gerne mal zu einer Ananas oder einer Banane greift. Nun stand neulich erneut ein Griff in die Apfelkiste an, und ich hatte das unsagbare Glück, ein Stück absolut makelloses Obst in Händen zu halten, womit wir dann nun auch endlich bei diesem Review angekommen wären...
...denn was CANNIBAL CORPSE mit "Red Before Black" aus der Kiste...ähem...aus dem Hut zaubert, ist das absolut geilste, was die Amerikaner seit vielen Jahren veröffentlicht haben. Ich gebe zu, dass ich die Band die letzten Jahre zwar nicht aus den Augen verloren habe, das Interesse an neuen Alben aber recht dramatisch gesunken war. Zu viele großartige Death-Metal-Bands kamen und konnten den mit dem Wunderdebüt "Eaten Back To Life" gezimmerten Lieblingsband-Status zunichte machen. Und dann kommt "Red Before Black" um die Ecke und schlägt dem Rezensenten so dermaßen in die Fresse, dass dieser sich erstmal vergewissern muss, es mit der richtigen Platte zu tun zu haben. So thrashig und eingängig, so technisch reduziert wie bei dem Eröffnungstriple aus 'Only One Will Die', dem folgenden Titeltrack und 'Code Of The Slashers' ging man seit Debützeiten nicht mehr zu Werke. Wobei der Begriff "technisch reduziert" natürlich nicht als simpel anzusehen ist. Hört man nämlich genau hin, erkennt man die Feinheiten und das überragende spielerische Niveau. Mit anderen Worten: auf den ersten Hör eingängig und reduziert, bei genauerem Hinhören aber erkennt man, dass jeder Covermusiker sich beim Nachspielen drei Knoten in die Finger zwirbeln dürfte. Was gibt es ansonsten noch zu genau diesen drei Songs zu sagen, außer dass die Teile killen, nicht - wie früher gerne mal - nur auf Geschwindigkeit setzen, sondern im richtigen Augenblick bei Tempo 220 eine Vollbremsung hinlegen und danach innerhalb von einer Sekunde wieder Höchstgeschwindigkeit aufnehmen? Schleudertrauma garantiert! Dazu kommen Soli, die eines Kerry King würdig sind. Heißt: es wird oftmals auf das typische Sologedudel verzichtet, dafür in den richtigen Dosen das Tremolosystem verwendet. Selbstverständlich darf an den RICHTIGEN Stellen ein kurzes virtuoses Solo auch nicht fehlen.
Aber erst mit Song Nummer Vier, 'Shedding Human Skin' kommt wieder das originale, also das typische CANNIBAL CORPSE-Element zum Vorschein, die Technik nimmt auch vordergründig wieder zu. Trotzdem bleibt es relativ eingängig, und alles mündet im Überhit 'Firestorm Vengeance', dessen plötzlich einsetzender Thrash-Part mir jedes Mal den Kopf vom Hals schraubt. Und dazu dieser simple Downstroke-Part mit kurzer Stakkato-Einlage auf einem einzigen Ton, der bei 99,8% jeder anderen Bands nichts als gähnende Langeweile entfachen würde, hier aber perfekt in den Song integriert ist. Ebenso toll ist der einleitende und später wieder auftauchende, verzerrte Basslauf bei 'Scavenger Consuming Death', der richtig schön fies klingt und dabei eher simpel, dafür umso effektiver gehalten wurde.
Um es zum Schluss etwas kürzer zu machen: "Red Before Black" vereint alle Zutaten, die man von CANNIBAL CORPSE freudig erwarten kann, zeigt die Band aber noch vielseitiger, thrashiger und abwechslungsreicher als in der Vergangenheit. Die sonst oftmals in den Vordergrund gestellten technischen Fertigkeiten werden perfekt in die Songs integriert, man legt mehr Wert auf Brachialität und Gewalt, zeigt dennoch aber immer wieder, welche Fertigkeiten in den Händen (und bei den Drums natürlich auch in den Füßen) schlummern. Dazu sind die Songs meiner Meinung nach abwechslungsreicher als in der Vergangenheit, man spielt oft mit Tempowechseln und gar vor doomigen Riffs nicht Halt (höre: die fiese Eröffnung von 'Remaimed', bevor der Song von einer auf die andere Sekunde das Tempo anzieht, nur um kurz darauf eine der oben genannten Vollbremsungen hinzulegen).
Möglicherweise werde ich mit dieser Meinung (auch redaktionsintern) alleine stehen, aber "Red Before Black" steht für mich knapp auf einer Stufe mit dem 10 Punkte-Debüt und überflügelt auch das von vielen als das beste CANNIBAL CORPSE-Werk gehandelte "Tomb Of The Mutilated". Genau genommen füllt die Platte die Lücke zwischen Debüt und Drittwerk und hätte eigentlich VOR "Butchered At Birth" erscheinen müssen. Klingt seltsam, ist wahrscheinlich für viele nicht nachvollziehbar, aber merke: ich habe Recht! Auch mit der Aussage, dass die Platte das (reine) Death-Metal-Album des Jahres ist, in dieser Form und Qualität wohl auch nichts mehr kommen wird und es nur ein kleines My an der Höchstnote entlangschrammt.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Michael Meyer