CINNAMOON - Cinnamoon
Mehr über Cinnamoon
- Genre:
- Country/Blues Rock
- Label:
- HoneyMilk
- Release:
- 19.01.2004
- Dogtown
- Head 'em Up
- Distant Thunder Rolling
- Drumhead Trial
- The Forest
- Dry
- No Shame
- Tomorrow
- Madman
- River Black & Rock Full
- Roll On
Wer kennt diese Situation nicht? Man fährt mit seinem Pickup über die verstaubten Straßen von Bottrop-Boy, auf der Suche nach dem besten Saloon. Dabei läuft im Transistorradio die neueste Bohlen-Single – doch halt, was stimmt hier nicht? Richtig, Dieter Bohlen mag zwar zu einer trostlosen Gegend wie dieser passen, nicht jedoch seine Musik. Das dachten sich wohl auch CINNAMOON aus Norwegen, wo es ja bekanntlich so einsam ist, dass sich Katz und Hund Gute Nacht sagen. Was lag also näher, als das Debüt "Dogtown" zu nennen und sich darauf ganz dem Country/Blues Rock zu verschreiben? Vermutlich so einiges, denn am Ende ist das Album doch selbstbetitelt, aber zumindest der Opener trägt den aussagekräftigen Titel.
Und das beweist ja zunächst mal Mut zur Lücke. Denn, mal ehrlich, wer hat schon auf Country-Mucke aus dem tiefsten Norden gewartet? Aber auch ansonsten stimmt hier so einiges nicht. Country ist Musik von alten Männern für alte Cowboys ab 50 Jahren. Sagt die Theorie. Nun, ich verstehe mich nicht sehr gut auf die Bewertung von Männerphotos, aber 50 Lenze zählt wohl keiner der adrett gekleideten und so gar nicht nach Cowboy aussehenden Männer. Egal, hier geht’s ja um Musik.
Und die überzeugt durchaus. Da geht’s mit dem besagten 'Dogtown' schon ganz tief hinein in die melancholische und sentimentale Stimmung eines verlassenen ... nun ja, Hundes. Jedenfalls setzt hier zum ersten mal Sänger/Gitarrist Joachim Akerstrom ein Ausrufezeichen mit seinem charismatischen und rauen Gesang, der sich durch einen starken skandinavischen Akzent auszeichnet. Es sind vor allem die ruhigen, verträumten Songs wie dieser, die zu begeistern wissen und da darf man sich auch in jungen Jahren mal als 'Cowboy' fühlen – oder 'Cowgirl'. Danach gibt’s einen kleinen Durchhänger, also nix mit 'Head 'em Up'. Das Lied weist einige Folk-Charakteristika auf und schippert deshalb recht belanglos am Hörer vorbei. Macht aber nichts, da dann einer der stärksten Songs der Scheibe folgt. 'Distant Thunder Rolling' ist alles, was ich an einem guten Country-Song immer vermisst habe. Das klingt jetzt widersprüchlich, aber bis auf einige wenige wirken die meisten Songs dieser Gattung immer sehr kitschig und künstlich auf mich. Nicht so CINNAMOON bei diesem Lied. Der Song ist schon nicht mehr melancholisch, sondern eine Mischung aus tiefster Verbittertheit und einer Art Zynismus, was sehr cool und lässig rüberkommt. Und weil’s bislang so gut funktioniert hat, ändern die Skandinavier ihr Rezept auch im Verlaufe des Albums nicht: Es wechseln sich beschwingte Blueshymnen mit ruhigen Lagerfeuersongs ab, bis man dann im letzten Song sogar noch mit einer mir unbekannten Gastsängerin aufwarten kann. Quasi der Höhepunkt des Saloon-Konzertes. Und wenn man dieses Bild ausreizen will: Danach geben sich die Herren an der Theke erst mal 88 Runden Bier & Whiskey, bevor es zur umjubelten Jam-Zugabe '1234' kommt.
Leider liegen mir die Lyrics nicht vor, aber wenn sie nur halbwegs zur Musik passen, dann runden sie den gelungenen Eindruck ab, den auch das stimmungsvolle Artwork unterstützt. Dieses Album ist die perfekte Scheibe für einsame Wölfe in ihrem Ford Mustang abends auf der Landstraße (klappt aber auch im Lada 100, für die Puristen). Auch wer sonst wie ich mit dem Genre nichts anfangen kann, sollte vielleicht mal reinhören, denn so frisch und unverbraucht klingen viele etablierte Cowboy-Rocker nicht (mehr). Man sollte also die Augen und Ohren offen halten, vielleicht erschallen CINNAMOON ja schon bald in der Scheune eures Vertrauens und bringen den Heuboden zum Schwingen. Es wäre nicht das Schlechteste.
Anspieltipps: Dogtown, Distant Thunder Rolling, The Forest, River Black & Rock Full
- Redakteur:
- Kilian Fried