CRIPPLED BLACK PHOENIX - Banefyre
Banefyre
Mehr über Crippled Black Phoenix
- Genre:
- Dark /Progressive / Art Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Season Of Mist
- Release:
- 09.09.2022
- Intro/Incantation For The Different
- Wyches And Basterdz
- Ghostland
- The Reckoning
- Bonefire
- Rose Of Jericho
- Blackout77
- Down The Rabbit Hole
- Everything Is Beautiful But Us
- The Pilgrim
- I'm OK, Just Not Alright
- The Scene Is A False Prophet
- No Regrets
21.09.2022 | 12:45
Der Störfaktor Mensch bestimmt diese Musik.
"Ellengaest", der Vorgänger von "Banefyre" aus dem Jahr 2020 war für mich ein großes Highlight inmitten einer seltsamen Zeit. Es lieferte passende Musik, weit ausladend pendelnd zwischen Nachdenklichkeit und Euphorie, den Blick auf die abartigen Seiten der gesamten Menschheit richtend, ohne die schicksalhaften Schatten außer Acht zu lassen, die sich auf den Einzelnen werfen können. Es ist ein Album, das nachhaltig berührt, ein Album, mit dem man aber auch gerne alleine sein will.
Nun liegt "Banefyre" vor mir, erworben nach dem Konzert der Band vor ein paar Tagen, einem Eindruck der nach wie vor nachhallt. CRIPPLED BLACK PHOENIX hat mich schon wieder erwischt, und es war schon beim ersten Liveeindruck der neuen Lieder klar, dass es so kommen würde. 'Wytches And Basterdz', 'Ghostland', 'The Reckoning', 'Bonefire', 'Everything Is Beautiful But Us' kündigten sich dort schon als Kandidaten für eine Dauerschleife an und halten nun auch ihr Versprechen. Dieser Umstand bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Lieder verhältnismäßig schnell ins Ohr gehen müssen. Es sind also keine langsam sich steigernden Post-Rock-Monumente, sondern gottverdammte kleine Ohrengeister, die sich schnell sehr hartnäckig festsetzen. Begleitet werden sie von einem warmen, aber erstaunlich kantig-fetten Doom-Rock-Sound und den mittlerweile fast als Charakteristikum zu bezeichnenden kraftvoll-hypnotischen Drumbeats.
Als erstes setzt sich 'The Reckoning' fest. Der Song ist für mich das Gegenstück zum "Ellengaest"-Hit 'Lost', in dem es um unseren brutalen Umgang mit Tieren ging. Jetzt rächen sich die Vierbeiner, drehen den Spieß um, setzen an, die Herrschaft des Menschen zu beenden. Anspielend auf die britische Tradition der Fuchsjagd scheint so, als würden CRIPPLED BLACK PHOENIX den Moment des sich nun wendenden Blattes frenetisch feiern, ist 'The Reckoning' doch der wildeste, hymnischste und einprägsamste Song, den Bandboss Justin Greaves bisher geschrieben hat. Und er ist Einstand für einen neuen Mann am Mikro namens Joel Segerstedt. Meine Hoffnung war ja, daß ex-ANATHEMA-Sänger Vincent Cavanagh nach seinem Gastspiel auf "Ellengaest" fester Bestandteil beim Phönix wird. Doch es scheint, als habe man nun mit Segerstedt endlich eine zur Musik passende männliche Sangesstimme gefunden. Mal ein wenig an NEW MODEL ARMY, mal an KATATONIA, mal an PINK FLOYD erinnernd gelingt es Segerstedt in der Folge immer wieder, den Songs seinen Stempel aufzudrücken. Auch mein Bandliebling Belinda Kordic ist nach wie vor dabei, glänzt wie gewohnt mit ihrer sanften, einfühlsamen, manchmal auch mystischen-hexenhaften Stimme. Eines der tollsten Belinda-Stücke ist der quasi-Titelsong 'Bonefire', der ob seiner Melodieführung und Einprägsamkeit wohlige Erinnerungen and ANATHEMA zu besten Tagen weckt. Doch Belinda harmoniert auch ganz prächtig mit dem neuen Mann. Oft wirken beide Stimmen zusammen und es gibt Momente in der Musik, wo sich die Stimmen zu gewaltigen Türmen aufrichten, was beim Hörer Erhabenheit und Ergriffenheit bewirkt. Auch das ist ein bislang eher selten verwendetes Element in des Phönix' Repertoire, das übrigens auch live großartig umgesetzt wurde.
Doch müssen Fans der alten Tage nun Angst haben? Ist der an PINK FLOYD angelehnte, bombastische Art Rock jetzt ganz Geschichte? Nun, "Banefyre" (auf dem Booklet steht Banefyre - The Musical!) ist eine Doppel-CD mit einer Spielzeit von über 90 Minuten und enthält ganze vier Songs mit über zehn Minuten Spielzeit, die jede Menge CRIPPLED BLACK PHOENIX-typische Kompositionsweisen enthalten. Einer davon ist 'Rose Of Jericho', der den ersten Akt abschließt. Hier zeigt sich der Phönix zunächst von seiner altbekannten Seite, in post-rockiger Manier langsam sich auftürmend, mit herrlicher Trompete im Hintergrund. Und dann kommt die plötzliche Wendung wieder hin zu diesen hypnotischen Beats und nahezu gothic-rockigen Elementen. Ich feiere es, das bringt Spannung in die Band und Würze in den Hörgenuss.
Akt2 beginnt mit einer düsteren Reise in New Yorks dunkelste Nacht anno 1977, als der Strom ausfiel und die Menschen in den Armenviertel angefangen haben, die Geschäfte zu plündern. Eine typische CRIPPLED BLACK PHOENIX-Geschichte, die einmal mehr die krassen Unterschiede zwischen Arm und Reich darlegt. Allgemein ist die zweite CD etwas weiter ausschweifend, dabei auch dramatischer und melancholischer, muß deshalb auch konzentrierter gehört werden. Aber es lohnt sich, weil der Phönix es immer wieder schafft, Haken auszuwerfen, um Ohren zu fangen. Und in der Mitte der zweiten CD ist mit 'Everything Is Beautiful But Us' noch einmal eine unwiderstehliche Dark-Rock-Hymne vertreten, die die Welt im Lockdown feiert, weil kein Mensch draußen sein kann, um die Szenerie zu beflecken. Nee, ein Menschenfreund ist er sicher nicht, der schwarze Vogel. Dafür ein musikalischer Heilsbringer, der mich von Runde zu Runde immer mehr in seinen Bann zieht. Vor allem die Kombination der Musik mit Booklet und Texten addiert hier nochmal eine Dimension. Fuchs, Wiesel, Dachs, Wolf, Katze, Hase und Maus in Menschengestalt zieren das stimmungsvolle Coverartwork, skurrile Illustrationen begleiten das Booklet und manche Texte sind so pfiffig formuliert, dass sie zur weiteren Recherche einladen. Ein Beispiel ist das Schlussepos 'The Scene Is A False Prophet'. Hier wurde der Text von 'Sound Of Silence' (SIMON & GARFUNKEL) umgeschrieben und adressiert anstatt der Stille nun den Punk Rock. So richtig schlau werde ich hieraus zwar nicht, doch zusammen mit der Musik durchleben wir hier einmal mehr tieftraurig-meditative Stimmungen, die sich langsam aber stetig in eine geisterhaft-apokalyptische Kulisse verwandeln, gipfelnd in gewaltigen Gitarrenleads eines weitern neuen Mannes an Bord, Andy Taylor. Spätestens bei diesem Song wird der schon früher angestellte Vergleich mit einer modernen Version zu PINK FLOYD wieder wahr, und kein Fan der frühen Tage sollte hiervon enttäuscht sein.
Aufpassen sollte er aber trotzdem, denn am Ende gibt es noch einen Bonustrack (wohl nur auf der Vinyl-Version) namens 'No Regrets'. Und der überrascht mit fiependen Metalgitarren, schnellen Riffs und Keifgesang. Jawohl, auch Black Metal ist bei CRIPPLED BLACK PHOENIX angekommen. Allerdings sollte dieser Track wohl eher einen Vorgeschmack auf JOHNNY THE BOY, ein metallisches Nebenprojekt von Justin und Belinda liefern, auf das man nach dem Eindruck sehr gespannt sein darf. Offenbar kann Belinda auch im Stile von Satyr (SATYRICON) kreischen, der Wahnsinn!
Nun liegt "Banefyre" vor mir, erworben nach dem Konzert der Band vor ein paar Tagen, einem Eindruck der nach wie vor nachhallt. CRIPPLED BLACK PHOENIX hat mich schon wieder erwischt, und es war schon beim ersten Liveeindruck der neuen Lieder klar, dass es so kommen würde. 'Wytches And Basterdz', 'Ghostland', 'The Reckoning', 'Bonefire', 'Everything Is Beautiful But Us' kündigten sich dort schon als Kandidaten für eine Dauerschleife an und halten nun auch ihr Versprechen. Dieser Umstand bedeutet im Umkehrschluss, dass diese Lieder verhältnismäßig schnell ins Ohr gehen müssen. Es sind also keine langsam sich steigernden Post-Rock-Monumente, sondern gottverdammte kleine Ohrengeister, die sich schnell sehr hartnäckig festsetzen. Begleitet werden sie von einem warmen, aber erstaunlich kantig-fetten Doom-Rock-Sound und den mittlerweile fast als Charakteristikum zu bezeichnenden kraftvoll-hypnotischen Drumbeats.
Als erstes setzt sich 'The Reckoning' fest. Der Song ist für mich das Gegenstück zum "Ellengaest"-Hit 'Lost', in dem es um unseren brutalen Umgang mit Tieren ging. Jetzt rächen sich die Vierbeiner, drehen den Spieß um, setzen an, die Herrschaft des Menschen zu beenden. Anspielend auf die britische Tradition der Fuchsjagd scheint so, als würden CRIPPLED BLACK PHOENIX den Moment des sich nun wendenden Blattes frenetisch feiern, ist 'The Reckoning' doch der wildeste, hymnischste und einprägsamste Song, den Bandboss Justin Greaves bisher geschrieben hat. Und er ist Einstand für einen neuen Mann am Mikro namens Joel Segerstedt. Meine Hoffnung war ja, daß ex-ANATHEMA-Sänger Vincent Cavanagh nach seinem Gastspiel auf "Ellengaest" fester Bestandteil beim Phönix wird. Doch es scheint, als habe man nun mit Segerstedt endlich eine zur Musik passende männliche Sangesstimme gefunden. Mal ein wenig an NEW MODEL ARMY, mal an KATATONIA, mal an PINK FLOYD erinnernd gelingt es Segerstedt in der Folge immer wieder, den Songs seinen Stempel aufzudrücken. Auch mein Bandliebling Belinda Kordic ist nach wie vor dabei, glänzt wie gewohnt mit ihrer sanften, einfühlsamen, manchmal auch mystischen-hexenhaften Stimme. Eines der tollsten Belinda-Stücke ist der quasi-Titelsong 'Bonefire', der ob seiner Melodieführung und Einprägsamkeit wohlige Erinnerungen and ANATHEMA zu besten Tagen weckt. Doch Belinda harmoniert auch ganz prächtig mit dem neuen Mann. Oft wirken beide Stimmen zusammen und es gibt Momente in der Musik, wo sich die Stimmen zu gewaltigen Türmen aufrichten, was beim Hörer Erhabenheit und Ergriffenheit bewirkt. Auch das ist ein bislang eher selten verwendetes Element in des Phönix' Repertoire, das übrigens auch live großartig umgesetzt wurde.
Doch müssen Fans der alten Tage nun Angst haben? Ist der an PINK FLOYD angelehnte, bombastische Art Rock jetzt ganz Geschichte? Nun, "Banefyre" (auf dem Booklet steht Banefyre - The Musical!) ist eine Doppel-CD mit einer Spielzeit von über 90 Minuten und enthält ganze vier Songs mit über zehn Minuten Spielzeit, die jede Menge CRIPPLED BLACK PHOENIX-typische Kompositionsweisen enthalten. Einer davon ist 'Rose Of Jericho', der den ersten Akt abschließt. Hier zeigt sich der Phönix zunächst von seiner altbekannten Seite, in post-rockiger Manier langsam sich auftürmend, mit herrlicher Trompete im Hintergrund. Und dann kommt die plötzliche Wendung wieder hin zu diesen hypnotischen Beats und nahezu gothic-rockigen Elementen. Ich feiere es, das bringt Spannung in die Band und Würze in den Hörgenuss.
Akt2 beginnt mit einer düsteren Reise in New Yorks dunkelste Nacht anno 1977, als der Strom ausfiel und die Menschen in den Armenviertel angefangen haben, die Geschäfte zu plündern. Eine typische CRIPPLED BLACK PHOENIX-Geschichte, die einmal mehr die krassen Unterschiede zwischen Arm und Reich darlegt. Allgemein ist die zweite CD etwas weiter ausschweifend, dabei auch dramatischer und melancholischer, muß deshalb auch konzentrierter gehört werden. Aber es lohnt sich, weil der Phönix es immer wieder schafft, Haken auszuwerfen, um Ohren zu fangen. Und in der Mitte der zweiten CD ist mit 'Everything Is Beautiful But Us' noch einmal eine unwiderstehliche Dark-Rock-Hymne vertreten, die die Welt im Lockdown feiert, weil kein Mensch draußen sein kann, um die Szenerie zu beflecken. Nee, ein Menschenfreund ist er sicher nicht, der schwarze Vogel. Dafür ein musikalischer Heilsbringer, der mich von Runde zu Runde immer mehr in seinen Bann zieht. Vor allem die Kombination der Musik mit Booklet und Texten addiert hier nochmal eine Dimension. Fuchs, Wiesel, Dachs, Wolf, Katze, Hase und Maus in Menschengestalt zieren das stimmungsvolle Coverartwork, skurrile Illustrationen begleiten das Booklet und manche Texte sind so pfiffig formuliert, dass sie zur weiteren Recherche einladen. Ein Beispiel ist das Schlussepos 'The Scene Is A False Prophet'. Hier wurde der Text von 'Sound Of Silence' (SIMON & GARFUNKEL) umgeschrieben und adressiert anstatt der Stille nun den Punk Rock. So richtig schlau werde ich hieraus zwar nicht, doch zusammen mit der Musik durchleben wir hier einmal mehr tieftraurig-meditative Stimmungen, die sich langsam aber stetig in eine geisterhaft-apokalyptische Kulisse verwandeln, gipfelnd in gewaltigen Gitarrenleads eines weitern neuen Mannes an Bord, Andy Taylor. Spätestens bei diesem Song wird der schon früher angestellte Vergleich mit einer modernen Version zu PINK FLOYD wieder wahr, und kein Fan der frühen Tage sollte hiervon enttäuscht sein.
Aufpassen sollte er aber trotzdem, denn am Ende gibt es noch einen Bonustrack (wohl nur auf der Vinyl-Version) namens 'No Regrets'. Und der überrascht mit fiependen Metalgitarren, schnellen Riffs und Keifgesang. Jawohl, auch Black Metal ist bei CRIPPLED BLACK PHOENIX angekommen. Allerdings sollte dieser Track wohl eher einen Vorgeschmack auf JOHNNY THE BOY, ein metallisches Nebenprojekt von Justin und Belinda liefern, auf das man nach dem Eindruck sehr gespannt sein darf. Offenbar kann Belinda auch im Stile von Satyr (SATYRICON) kreischen, der Wahnsinn!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Thomas Becker