DARJA KAZIMIRA - Medea Forgives Jason
Mehr über Darja Kazimira
- Genre:
- Experimental Ritual Ambient
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Cyclic Law
- Release:
- 01.04.2022
- Morning Of The Severed Head Of A Black Cock
- Submissiveness Awakens Hate
- No, Deities, I Won't Listen To You Anymore
- And The Gods Are Leaving Me
- My Brother's Body Parts Shine And Sing From The Water
- A Hungry Dagger Plays With My Children
- Now I'm Your Mutt, Jason
- Wash Me With Tears, Colchis
- Dance Of The Obedient With Daggers
- Therefore Be Damned Jason And Your Offspring Will Die
Keine leichte Kost.
Das Projekt der lettischen Improvisatorin Darja-Kazimira Zimina, welche mittlerweile in Tiflis, Georgien ansässig ist, berührt die Bereiche Experimental, Avantgarde, Ritual und Dark Ambient. "Medea Forgives Jason" ist das zweite Album, das die Künstlerin allein stemmt. "Monochromia" erschien bereits in 2016 zwischen den beiden EPs "Εσχατος" vom Vorjahr und "Nyx Is Coming" vom Folgejahr. In 2019 wurden dann "Ο θάνατος Του Ταύρου (Death Of The Bull)" und "Deep Water Groan" veröffentlicht, an denen jeweils auch die russische Experimental-Künstlerin Dagmar Gertot beteiligt war. Bei dem zweiten Album handelt es sich um ein Split-Werk mit SHIBALBA. Zudem gibt es zwei EPs mit Livesessions aus 2019 und 2020 mit den Namen "Giant Serpent Burial" und "I Have The Face Of The Minotaur", sowie noch einige vereinzelte Tracks. Aufmerksam wurde ich auf DARJA KAZIMIRA durch ihren Beitrag zu den Hexenjagdzaubersprüchen im ΑΧΕΡΟΝΤΑΣ-Album "The Seven Tongues Of ΔΑΗΜΩΝ" von Mitte März. Als kurz darauf "Medea Forgives Jason" über Cyclic Law herausgegeben wurde, folgte ich meiner Neugierde und habe es bisher nicht bereut, auch wenn ich zugeben muss, dass ich nur hin und wieder in der passenden Stimmung bin, es anzuhören. So ist das Werk stellenweise eher schwer verdaulich, doch hat es auch immer wieder aufmerksamkeitsheischende Segmente. Sei es die beachtliche, unkonventionelle Nutzung ihrer durchaus anerkennenswerten Stimme oder die beigefügten, des öfteren überraschenden Geräusche.
Thematisch ist das Album von Euripides und seiner Tragödie "Medea" inspiriert. Hierzu machte die Künstlerin unter anderem folgende, ausführliche Anmerkungen: "Heute, belastet mit moderner moralischer und ethischer Einstellung, betrachtet ein Mensch Medea als eine hysterische, rachsüchtige Frau und eine mörderische Mutter. Der Körper dieses Mythos wurde so vereinheitlicht und vereinfacht, dass er eher einem biografischen Actiondrama ähnelt als einer archaischen symbolischen, allegorischen Konstruktion, die an die Weltordnung appelliert. Und der Kern des Problems liegt hier gerade in der beliebten Gleichsetzung von Medea" in Form von "ritueller Gewalt und Jason" in Form von "einfacher Gewalt, inspiriert von der naiven modernen Anziehungskraft auf ein Happy End. Deswegen würden die Handlungen von Medea und ihren Schutzgottheiten, die Jason mit einer Reihe blutiger ritueller Repressalien dafür bestrafen, dass er von heiligen Eiden abgewichen ist und Verbrechen begangen hat, zu einer vereinfachten sentimentalen Konnotation, die diese mythologische Handlung bedeutungslos macht. "Medea Forgives Jason" wiederum verwirklicht den massiven Wunsch, Medea in ein positives Szenario zu verwandeln und demonstriert nicht nur die Sinnlosigkeit dieser Absicht, sondern auch ihre zerstörerische Natur aus Sicht der Antike, wo das Gleichgewicht des archaischen Universums herrscht, verwandelt sich in eine Eskalation primitiver Gewalt. Darin ist kein heiliger Ort und nur Zerstörung, Wahnsinn und eine ominöse Hypostase des Chaos bleiben, walten und herrschen." Hiervon kann man sich im Rahmen der zehn Titel des 65-minütigen Albums überzeugen, von dem lediglich 300 Stück existieren.
Auf einzelne Tracks des Albums einzugehen, erscheint mir bei diesem komplexen Experimentalwerk fast unmöglich, weshalb ich mich ausnahmsweise auf den Gesamteindruck beschränke. "Medea Forgives Jason" mag auf so manchen teilweise verstörend wirken, wiederum für andere mit aufgeschlossenen Ohren kann solch arg experimentelle Kunst einen gewissen Reiz bergen. Neben dem Finaltrack blieben mir 'Dance Of The Obedient With Daggers', 'And The Gods Are Leaving Me' und 'A Hungry Dagger Plays With My Children' besonders im Gedächtnis haften. Der ungewohnte Einsatz unterschiedlicher Percussion und Blasinstrumente wie zum Beispiel eine Art Flöte, Tuba und Dudelsack, sowie die ungewöhnliche Artikulation der Gesangsdarbietung, welche von Flüstern und tiefem Knurren bis in höchste Stimmlagen reicht, sowie mancherorts hauptsächlich durch die Stimmtechnik gar an "The Litanies Of Satan" von Diamanda Galas Erinnerungen weckt, brauchen definitiv volle Aufmerksamkeit, um ihre Wirkung entfalten zu können. Demzufolge ist das Album nichts für den Alltag oder in geselliger Runde, sondern eher für Musestunden geeignet.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Susanne Schaarschmidt